So schlitterte Österreich in die Corona-Katastrophe: Wie Kurz sich noch jüngst über Experten-Fehlprognosen lustig machte. Weshalb Mücksteins Krisenplan erst verwässert und dann aus Angst vor der FPÖ wochenlang auf Eis gelegt wurde. Warum Schallenberg & Kurz einen österreichweiten Lockdown noch verhindern wollten.
Zwar ist Kurz nicht mehr Kanzler, aber aus Alexander Schallenberg spricht weiterhin Sebastian Kurz und damit His Masters Medial Voice, Gerald Fleischmann. Der Ersatzspieler im Kanzleramt stimmt sich beim neuen und alten Megathema Corona vor und nach Verhandlungen mit dem Koalitionspartner, Landeshauptleuten und anderen Top-Playern im Polit-Betrieb mit Kurz & Co penibel ab.
Wolfgang Mückstein wollten Kurz & Co erst gar nicht als Konkurrenten im Popularitäts-Barometer aufkommen lassen. Anläufe von Wolfgang Mückstein - ähnlich wie Michael Ludwig in Wien - in ganz Österreich schon im Laufe des Sommers und vor allem mit Schulbeginn vorsorglich Corona-Schutzmaßnahmen wieder zu beleben, schmetterten Kurz & Co intern wiederholt ab. Das hätte zum einen der ÖVP-Propaganda-Parole widersprochen, die Kurz im Sommer groß plakatieren ließ: "Wir haben die Pandemie gemeistert".
Mückstein blitzte in der samstäglichen Koalitionsrunde, 13..11.2021 mit seinen Verschärfungsmaßnahmen ab: Nächtliche Ausgangssperre für alle zwischen 22 Uhr und 6 Uhr früh; Comeback des Home-Office, generelle FFP2-Maskenpflicht in Innenräumen und bei größeren Menschenansammlungen auch Outdoor; Einschränkungen bis Verbote größerer Veranstaltungen ohne fixe Sitzplätze. Tags darauf wollte Mückstein dafür beim Bund-Länder-Gipfel weiter dafür werben. Doch Mückstein ist mit seinen Warnungen beim Bund-Länder Videogipfel vornehmlich bei ÖVP-Länderchefs abgeblitzt.
Alexander Schallenberg tat zudem alles, um eine Debatte darüber erst gar nicht aufkommen zu lassen. Als Mückstein Stunden danach im ZiB-2-Interview en passant wissen ließ, dass er einen nächtlichen Lockdown wolle, war Feuer am Dach. Alexander Schallenberg schmetterte den Wunsch seines Gesundheitsministers öffentlich ab. Elisabeth Köstinger und Margarete Schramböck legen wie zu Kurz-Fleischmanns Message-Control-Hochblüte-Zeiten mit persönlicher Kritik am Regierungskollegen nach.
Das Gesundheitsministerium hatte schon im Laufe des Sommers auf einen Maßnahmenplan für den Corona-Herbst gedrängt.
Strittig war zwischen Grün und Türkis intern aber, ob sich die Maßnahmen wie bisher an entsprechenden Prognose-Rechnungen oder an bereits schlagend gewordenen Fallzahlen richten sollen. Die Kurz-Truppe traute Mücksteins Prognostikern auch in dem Fall nicht. Ergebnis war ein politischer Deal, dessen Ergebnis jetzt fatale Folgen hat.
Und da waren dann auch noch die Landtagswahlen in Oberösterreich. Die Türkisen würden daher den Teufel tun, vor der Landtagswahl der FPÖ und der neuen Impfgegner-Partei unnötig Munition zu liefern. Mit dem Outing der dramatischsten Maßnahmen wartete die Regierung also wochenlang zu. Das beförderte auch die von Türkis gewünschte aber gefährlich trügerische Stimmung: "Die Pandemie ist gemeistert". Mitnichten!
Schwarzer Corona-Freitag [Politik Backstage von Josef Votzi]
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