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Der US-Dollar, eine Waffe 

[Analyse von Hannes Androsch]

zum Original - veröffentlicht in TREND Ausgabe 50/2018 ->

Analyse von Hannes Androsch: Der Dollar wird zur Verteidigung der Interessen der USA immer martialischer eingesetzt - auch gegen Europa. Die EU-Mitgliedsländer sind aber nicht bereit, wesentliche Schritte zu Stärkung des Euro zu setzen.

  • Der US-Dollar dominiert als Währung weltweit.
  • Die Vorherrschaft ist ein globaler Risikofaktor.
  • Die expansive Geldpolitik der EZB hat zahlreiche negative Wirkungen.
  • Die Eurozone ist grundsätzlich in ihrer Existenz bedroht.

In den Jahren vor Lehman wurde im hohen Leistungsbilanzdefizit der USA von bis zu sechs Prozent und in der Gefahr einer abrupten Dollarabwertung die zentrale Quelle für weltwirtschaftliche Turbulenzen gesehen. Womit die wenigsten gerechnet hatten: Der Dollar wertete nach Lehman gegenüber den wichtigsten Weltwährungen auf. Während mit Krisenausbruch prognostiziert wurde, der Dollar würde seinen hegemonialen Status verlieren, konnte er diesen behaupten, obwohl der Anteil der USA am Weltbruttoinlandsprodukt aufgrund des starken Wachstums Chinas und anderer Schwellenländer weiter auf 15 Prozent gesunken ist.

Der Dollar ist nach wie vor die mit Abstand wichtigste Reservewährung, er ist auch die bedeutende Währung, in der internationale Handelsgeschäfte wie beispielsweise Öltransaktionen abgewickelt werden. Der Anteil des Dollar am Devisenhandel beträgt fast 90 Prozent.

Im Herbst 2008 gab es zahlreiche Initiativen, die das Brechen der Dominanz der US-Währung zum Ziel hatten. Keine wurde im weiteren politischen Prozess diskutiert. Die Reformvorhaben der G-20, der Gruppe der 20 reichsten Industrie- und Schwellenländer, konzentrierten sich auf vermeintlich dringendere Fragen wie zum Beispiel die Reform der Finanzmarktregulierung sowie die geld- und fiskalpolitischen Stimuli, die letztlich eine schwere Depression verhindern konnten.

Verpasste Chance

Die Chance, die monetäre Weltordnung fundamental zu reformieren, wurde jedoch nicht ergriffen. Dies wäre sicherlich geschehen, hätte man damals nur geahnt, welch gefährliche politische Wende nur wenige Jahre später die USA nehmen würden. Grundsätzlich profitieren die USA von ihrer Sonderstellung im Weltwährungssystem: Sie können sich selbst in Krisenzeiten billig verschulden und höher rentierlich veranlagen - ein Phänomen, das bereits Valéry Giscard d'Estaing als "exorbitantes Privileg" bezeichnet hat.

Dies funktioniert trotz eines chronischen Leistungsbilanzdefizits aufgrund der hohen Nachfrage nach US- Staatsschuldtiteln, die vielen Investoren Sicherheit und Liquidität versprechen, und der damit verbundenen Stärke des US-Dollars. Die America-First-Strategie Donald Trumps, der von ihm verheißene ökonomische Nationalismus mit Handelssanktionen, scheint sich aber definitiv nicht mit der Leitwährungsrolle eines starken Dollars zu vertragen, die letztlich Defizite in der Handelsbilanz impliziert.

Gerade diese sollen ja beseitigt werden. Und die USA scheinen auch nicht mehr bereit zu sein, als Gegenleistung zum Nutzen, den sie aus dem "exorbitanten Privileg" ziehen, Verantwortung weiter tragen zu wollen; ein Beispiel ist der Rückzug aus zahlreichen multilateralen Vereinbarungen wie zum Beispiel dem Pariser Klimaschutzabkommen.

Der Dollar, ein globaler Risikofaktor

Aus der Sicht der Schwellenländer bedeutet die hegemoniale Rolle des Dollar, dass dieser, gemeinsam mit prozyklischen Kapitalströmen, zum globalen Risikofaktor schlechthin geworden ist. Die ökonomische Situation stark in US-Dollar verschuldeter Länder wie zum Beispiel der Türkei ist eng mit der Entwicklung der seit Ende 2015 ansteigenden US-amerikanischen Zinssätze sowie des Dollars verknüpft. Eine in der Regel mit einem Zinsanstieg in den USA einhergehende Aufwertung des Dollars verschlechtert die Finanzierungsbedingungen in den hoch in USD verschuldeten Länder.

Der Dollar ist aufgrund seines hegemonialen Status nicht nur Risikofaktor für aufstrebende Volkswirtschaften, er kann, wie zuletzt eindrücklich demonstriert, eine finanzpolitische Waffe sein, die nun immer martialischer eingesetzt wird, auch gegen Europa. So wurden europäische Unternehmen gezwungen, im Zuge der von den USA einseitig verhängten Sanktionen gegen den Iran ihre überwiegend in USD fakturierten Geschäfte nach Teheran abzubrechen.

Ob dies in Europa als Weckruf verstanden wurde, bleibt dahingestellt. Zwar hat die Europäische Kommission mit einer Mitteilung reagiert, wo sie wichtige Vorschläge zur Stärkung der internationalen Rolle des Euro unterbreitet - so wird etwa dafür plädiert, den Euro breiter in strategischen Sektoren, wie etwa Energie zu nützen. Derzeit werden rund 80 Prozent der Öl-und Erdgaslieferungen aus Russland, dem Nahen Osten oder Afrika in Dollar bezahlt. Weiters plant die Europäische Kommission, die Abhängigkeit von US-Zahlungsdienstleistern wie Visa, Mastercard oder PayPal zu senken und europäische Anbieter zu stärken.

Die EU-Mitgliedsländer sind aber nicht bereit, einen wesentlichen Schritt zur Stärkung der internationalen Rolle des Euro zu setzen, nämlich Eurobonds zu emittieren. Dies erfordert aber eine intern gefestigte Eurozone. Im Unterschied zu den USA, wo es einen großen, liquiden Markt für US-Treasuries gibt, emittieren im Euroraum 19 Staaten eigene Staatsanleihen. Dies macht diese nicht nur anfällig für spekulative Attacken, wie dies am Höhepunkt der Eurokrise der Fall war.

Der Euro hat an Bedeutung verloren

Das Fehlen eines liquiden Marktes für Eurobonds ist eine wesentliche Hürde für die Stärkung der finanziellen Unabhängigkeit Europas sowie zentraler Hemmschuh bei der Weiterentwicklung in Richtung einer multipolaren monetären Ordnung, die angesichts des Rückzugs der USA aus multilateralen Vereinbarungen dringend geboten scheint. Die Bedeutung des Euro, der zweitwichtigsten Währung der Welt, hat in der letzten Dekade als internationale Reservewährung sogar abgenommen.

Der Euroraum braucht dringend eine weitgehende Vertiefung, um in dieser äußerst bedrohlichen Situation seine grundlegende ökonomische Stärke bewahren zu können. Das Bruttoinlandsprodukt des Euroraums liegt nur knapp fünf Prozent über dem Vorkrisenniveau, die Arbeitslosenquote bei acht Prozent - das Ergebnis fiskalischer Austerität und unvollständiger institutioneller Reformen, wodurch die Eurozone grundsätzlich in ihrer Existenz bedroht wird.

In den USA liegt das BIP um etwa 15 Prozent über Vorkrisenniveau, die Arbeitslosenrate auf dem Rekordtief von 3,5 Prozent. Grund dafür ist allerdings auch, dass die Budgetdefizite ausgeweitet wurden, wodurch die Schuldenquote auf zuletzt 105 Prozent angestiegen ist. Im Vergleich dazu ist die Staatsschuldenquote des Euroraums mit 87 Prozent nahezu gering. Das derzeit starke Wachstum in den USA ist sicherlich nicht nachhaltig.

Wie der Währungsraum funktionieren kann

Was kann Europa in dieser Situation tun? Ein Währungsraum kann dann funktionieren, wenn ein Ausgleichsmechanismus für auftretende Spannungen innerhalb des Raumes geschaffen wird, ohne die einheitliche Geldpolitik zu stören. In vielen Fällen ist das eine "Transferunion". Geht man in eine Währungsunion ohne Transferunion, bedarf es zusätzlicher gut funktionierender Mechanismen und Abstimmungen, um diese funktionsfähig zu halten.

Ein Beispiel: Die österreichische Hartwährungspolitik war nichts anderes als eine Währungsunion mit Deutschland ohne Transferunion. Sie hat deswegen so gut funktioniert, weil die Lohnpolitik auf jene Deutschlands Rücksicht genommen hat. Zusätzlich wurden auch Produktivitätsdifferenzen berücksichtigt. In der Eurozone ist hingegen ein multilateraler, koordinierter Lohnprozess weit und breit nicht zu sehen. Viel mehr hat sich im letzten Jahrzehnt gezeigt, dass hier schmerzhafte, erzwungene Anpassungen in den Peripheriestaaten vollzogen wurden, die zu hohen Arbeitslosenraten geführt haben.

Wahrscheinlich hätten höherer Lohnabschlüsse in Deutschland und damit verbunden höhere (mögliche) Abschlüsse in den Südländern die Anpassungsprozesse erleichtert, ebenso eine expansive Fiskalpolitik in Deutschland, etwa mit Investitionen in die Infrastruktur.

Arbeitslosigkeit, Verarmung und Radikalisierung

Während die Peripheriestaaten mittlerweile Leistungsbilanzüberschüsse erwirtschaften, hat Deutschland seine hohen Leistungsbilanzüberschüsse von derzeit knapp acht Prozent nicht abgebaut. Dabei ginge es primär darum, über fiskalische Impulse und höhere Lohnabschlüsse die Importnachfrage auch aus anderen Euroraumländern zu erhöhen. Eine der Folgen ist die angesichts von hoher Arbeitslosigkeit und Verarmung erfolgte extreme politische Radikalisierung in einigen Ländern des europäischen Südens.

Abgesehen von der Notwendigkeit der Bewältigung der Finanzkrise des letzten Jahrzehnts hat daher die EZB eine extrem expansive Politik eingeschlagen, um ihr Preisstabilitätsziel von knapp unter zwei Prozent zu erreichen. Die für die Geldpolitik relevante Kerninflationsrate, die volatile Komponenten wie Energie und Nahrungsmittel nicht enthält, beträgt nur knapp über ein Prozent.

Mit ein Grund dafür ist die über Jahre viel zu schwache Lohnentwicklung. Die expansive Geldpolitik hat zahlreiche negative Wirkungen wie die Enteignung der Sparer, die einer unsozialen Vermögenssteuer gleichkommt, die Gefährdung kapitalgedeckter Vorsorgeeinrichtungen und die Explosion der Preise auf den Immobilienmärkten. Geldpolitik kann die Probleme alleine nicht lösen. Sie bräuchte Unterstützung durch eine koordinierte Wirtschafts- und Finanzpolitik.

Der viel gescholtenen Brüsseler Bürokratie sind all diese Probleme bewusst, und die Europäische Kommission hat viele Vorschläge zur dringend notwendigen Vertiefung der Eurozone gemacht. Es scheint aber, als würden sich einige Staats- und Regierungschefs Europas wie Schlafwandler in eine Lage manövrieren, die sie so sicherlich nicht im Sinne hatten.

Der Autor

Hannes Androsch , Ökonom und Industrieller, war von 1967 bis 1981 Abgeordneter zum Nationalrat, von 1970 bis 1981 Finanzminister sowie von 1976 bis 1981 Vizekanzler unter Bruno Kreisky. Der Ökonomie-Doyen aus den Reihen der Sozialdemokratie schreibt regelmäßig Gastkommentare und Essays für den trend.

Posted by Wilfried Allé Wednesday, January 2, 2019 1:22:00 PM

Rückkehr der Währungskrisen 

Franz Nauschnigg[1]

Rückkehr der Währungskrisen

In jüngster Zeit sind welt­weit die Wech­sel­kurse wieder vo­la­tiler ge­worden. Es häuft sich die Zahl von starken Wech­sel­kurs­schwan­kungen. In einigen Fällen ist es zu Währungs­kri­sen mit extremen Aus­schlägen der Wech­sel­kurse ge­kommen. Auch in Eu­ro­pa – Russ­land, Ukraine werteten mas­­siv ab, die Schweiz mas­­siv auf, mit ne­ga­tiven Wir­kungen auf die je­wei­lige Volks­wirt­schaft. Andere Länder wie Däne­mark müssen mit massiven Inter­ventionen, un­­kon­­ven­ti­o­nellen Maß­nahmen und Ne­ga­tiv­zinsen ihre Wech­­sel­kurse ver­tei­di­gen.

Die Währungskrisen führen zu negativen Wirkungen auf die jeweilige Volkswirtschaft. Dies da sie die wirtschaftliche Unsicherheit erhöhen und viele Länder zur Verteidigung ihrer Währungen die Zinsen hochhalten müssen. Die Abwertungsländer gewinnen zwar kurzfristig an internationaler Wettbewerbsfähigkeit, diese geht aber durch die durch die höheren Importpreise verursachte Inflation bald wieder verloren.  Durch die hohen Zinsen die Abwertungsländer zur Verteidigung ihres Wechselkurses einsetzen müssen, leiden insbesondere die Investitionen und das Wachstum. Die Aufwertungsländer verlieren internationale Wettbewerbsfähigkeit und kämpfen mit Deflation, Rezession  und  steigender Arbeitslosigkeit.

Aber auch auf mit von Währungskrisen betroffenen Ländern verflochtene andere Volkswirtschaften sind durch die erhöhte Wechselkursunsicherheit, sowie das in diesen Ländern im Allgemeinen schwächere Wirtschaftswachstum negativ betroffen. Sogar wenn sie über verstärkte Exporte in die Aufwertungsländer gewinnen sollten, kann es zu negativen Effekten kommen. Für Österreich trat dieser Fall für die Schweizer Franken Kreditnehmer ein, deren Verschuldung und Zinszahlungen durch die Aufwertung des Franken gegenüber dem Euro massiv anstiegen. Es ist durchaus möglich das diese negativen Effekte die für die österreichische Volkswirtschaft positiven Effekte der Franken Aufwertung - mehr Exporte, mehr Einkäufe von Schweizern in Österreich, Österreich wird als Wirtschaftsstandort gegenüber der Schweiz attraktiver - überkompensieren.

Finanzkrisen werden mit dem Zusammenbruch des Bretton Wood Systems, mit seinem stark regulierten Finanzsystem, im Jahre 1971 wieder häufiger, wobei Währungskrisen die häufigsten Finanzkrisen sind. Der Internationaler Währungsfonds (IWF) hat festgestellt, dass es von 1970 - 2011 weltweit 218 Währungskrisen mit einer dramatischen Abwertung meist mit spekulativen Attacken auf den Wechselkurs verbunden, 147 Bankenkrisen eine systemische Krise ist nicht nur der Zusammenbruch einzelner Banken, sondern eine Beeinträchtigung des gesamten Bankensystems, 66 Staatsschuldenkrisen wenn ein Staat seine Schulden nicht mehr finanzieren kann, gab. Diese Krisen führten zu schweren wirtschaftlichen Verlusten, insbesondere Wachstumsverluste, Anstieg der Staatschulden und Arbeitslosigkeit.

Wie ich schon 2003 feststellte[2], verursachen neoliberale Reformen wie Deregulierung des Finanzsektors, Liberalisierung des Kapitalverkehrs verbunden mit großen Kapitalflüssen, Finanzkrisen. Die Umkehr der Kapitalflüsse verschlechtert die makroökonomischen Bedingungen, nicht wirtschaftspolitische Fehler. „Die Finanzkrisen treten insbesondere in Form von Währungs- und Banken Krisen auf. Die Frage ist nicht ob, sondern wann die nächste Krise, der nächste Crash kommt und wie wir darauf vorbereitet sind.“

In der aktuellen Diskussion wird auch sehr oft vergessen, dass es auch in der EU bis zur Schaffung des Euro 1999 immer wieder Probleme mit Währungskrisen und Wechselkursschwankungen gab. Am dramatischten waren die Währungskrisen im Europäischen Währungssystem (EWS) von 1992 bis 1995. In der EWS Krise wurde gegen fast alle Währungen spekuliert. Es begann mit dem britischen Pfund das trotz Interventionen und einer Zinserhöhung auf 15 % stark abwerten und das EWS verlassen musste. Dann wurde immer das nächst schwächere Land angegriffen. Damals wurden z.B. auch Frankreich und Österreich mit spekulativen Attacken auf ihre Währungen angegriffen. Wie die Spekulation vom August 1993 gegen den Schilling zeigte, sind auch gute Fundamentaldaten, eine hohe Glaubwürdigkeit, sowie hohe Währungsreserven keine Garantie, dass nicht gegen eine Währung spekuliert wird. Durch die entschlossene Haltung der Oesterreichischen Nationalbank bei der Verteidigung des Schilling konnte die Spekulation damals aber rasch  gestoppt werden.

Euro schützt vor Währungskrisen

Die Einführung des Euro beendete die Gefahr von Währungskrisen für die Länder des Euro Raums.  Der Euro schützt die Euroländer vor Währungskrisen, die die häufigsten Krisen sind, nicht jedoch vor Bankenkrisen, hier soll die EU Bankenunion helfen und Staatsschuldenkrisen, wo der gestärkte EU Stabilitäts- und Wachstumspakt vorbeugen soll. Der Euro wirkt damit als Schutzschirm in der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise.

Mit dem Euro entfallen teure Maßnahmen zur Absicherung von Wechselkursrisiken und der Binnenhandel im Euroraum kann sich ungestört von Devisenmarktturbulenzen und Wechselkursschwankungen entwickeln. Der Großteil des Handels Österreichs erfolgt innerhalb des gemeinsamen Währungsraums.

Der Euro hat sich als stabile internationale Währung etabliert und ist nach dem Dollar die zweite Weltwährung. Der Euro wird zunehmend als Anker-, Reserve-, Anlage- und Transaktionswährung verwendet. Der Euro ist heute mit einem Anteil von etwa einem Viertel auch die zweitwichtigste Reservewährung nach dem Dollar. Er spielt vor allem in Europa eine zentrale Rolle als stabile Ankerwährung an die viele andere Währungen gebunden sind. Der Euro wird insbesondere in Zentral- und Osteuropa weit verwendet. Der Euro hat damit die Rolle einer regionalen Reservewährung in Europa übernommen.

Der Euroraum wächst und umfasst mit dem Beitritt Litauens am 1. 1. 2015,  19 Länder mit über 300 Millionen Menschen. Diese profitieren von einer weltweit verbreiteten, international akzeptierten und stabilen Währung. Der Euro stärkt auch den Einfluss Europas weltweit. Die Krise im Euroraum ist daher nicht, wie verschiedentlich dargestellt, eine Krise des Euro, sondern einige Mitgliedsländer sind von Banken- und Staatsschuldenkrisen betroffen.

 

 

 

[1] Franz Nauschnigg  ist Leiter der Abteilung für Europäische Integration und Internationale Finanzorganisationen in der Oesterreichischen Nationalbank. Der Artikel stellt seine persönliche Meinung dar und nicht jene der Oesterreichischen Nationalbank.

 

[2] Beitrag zum Sammelband  Alternativen zum Neoliberalismus im Zeitalter der Globalisierung

Posted by Wilfried Allé Sunday, September 13, 2015 7:59:00 PM Categories: Währungsunion

Währungskrise in Russland, Euro schützt vor Währungskrisen 

Mag Franz Nauschnigg[1]

 

Währungskrise in Russland, Euro schützt vor Währungskrisen

 

Die Russische Währung ist auch nach einer starken Leitzinserhöhung von 10,5 % auf 17 % massiv unter Druck und hat am 16. Dezember 2014 bis zu 20% zu Dollar und Euro abgewertet. Insgesamt ist der Rubel auf einem Rekordtief zum Dollar und Euro und hat heuer bisher 50 % zum Euro und 55 % zum Dollar abgewertet. Seit Mitte 2008 hat der Rubel um 61 % zum Euro und um 68 % zum US-Dollar an Wert verloren. Viele haben die Befürchtung das zur Stabilisierung der Lage und um die Kapitalflucht einzudämmen, wie bei anderen Währungskrisen, Kapitalverkehrskontrollen eingeführt werden müssen. Die hohen Zinsen werden die sowieso schon schlechte Wirtschaftsentwicklung in Russland weiter bremsen. Auch die Russische Börse ist eingebrochen.

Währungskrisen häufigste Finanzkrisen

Finanzkrisen werden mit dem Zusammenbruch des Bretton Wood Systems, mit seinem stark regulierten Finanzsystem, im Jahre 1971 wieder häufiger, wobei Währungskrisen die häufigsten Finanzkrisen sind.

Der Internationaler Währungsfonds (IWF) hat festgestellt, dass es von 1970 - 2011 weltweit 218 Währungskrisen mit einer dramatischen Abwertung meist mit spekulativen Attacken auf den Wechselkurs verbunden, 147 Bankenkrisen eine systemische Krise ist nicht nur der Zusammenbruch einzelner Banken, sondern eine Beeinträchtigung des gesamten Bankensystems, 66 Staatsschuldenkrisen wenn ein Staat seine Schulden nicht mehr finanzieren kann, gab. Diese Krisen führten zu schweren wirtschaftlichen Verlusten, insbesondere Wachstumsverluste, Anstieg der Staatschulden und Arbeitslosigkeit.

In der aktuellen Diskussion wird auch sehr oft vergessen, dass es auch in der EU vom Zusammenbruch des Bretton Woods Systems 1971 bis zur Schaffung des Euro 1999 immer wieder Probleme mit Währungskrisen und Wechselkursschwankungen gab.

Am dramatischten waren die Währungskrisen im Europäischen Währungssystem (EWS) von 1992 bis 1995. In der EWS Krise wurde gegen fast alle Währungen spekuliert. Es begann mit dem britischen Pfund das trotz Interventionen und einer Zinserhöhung auf 15 % abwerten und das EWS verlassen musste. Dann wurde immer das nächst schwächere Land angegriffen. Damals wurden z.B. auch Frankreich und Österreich mit spekulativen Attacken auf ihre Währungen angegriffen. Wie die Spekulation vom August 1993 gegen den Schilling zeigte, sind auch gute Fundamentaldaten, eine hohe Glaubwürdigkeit, sowie hohe Währungsreserven keine Garantie, dass nicht gegen eine Währung spekuliert wird. Durch die entschlossene Haltung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) bei der Verteidigung des Schilling konnte die Spekulation damals aber rasch  gestoppt werden.

Andere waren nicht so erfolgreich. Anfang der 1990er Jahre wurden auch Schweden und Finnland von Währungskrisen betroffen und mussten trotz heftiger Gegenwehr gegen die Spekulation, Schweden hob damals seine Zinsen auf 500 % an, abwerten und erlitten auch Bankenkrisen mit desaströsen wirtschaftlichen Auswirkungen.

In Island verstärkten sich ab 2008 eine Währungs- und Bankenkrise gegenseitig, da durch die starke Abwertung die Fremdwährungskredite für die Kreditnehmer in nationaler Währung explodierten. Erst als die Währungs- und Bankenkrise auch eine Staatsschuldenkrise verursacht hatte und die Verschuldung des isländischen Staates von etwas über 20 % auf über 100 % der BIP explodiert war, wurde der Kapitalverkehr entliberalisiert, die Banken verstaatlicht und viel zu spät der IWF zu Hilfe gerufen.

Die Währungsturbulenzen im EWS haben wesentlich zur schlechten Wirtschaftsentwicklung und damit hohen Arbeitslosigkeit in Europa in den 1990er Jahren beigetragen. Dies da sie die wirtschaftliche Unsicherheit erhöhten und viele Länder zur Verteidigung ihrer Währungen die Zinsen hochhalten mussten. Dadurch wurden Wachstum und Beschäftigung geschwächt. Hohe Zinsen und die Währungsturbulenzen im Jahre 1992 führten zur Rezession 1992/1993 und auch der folgende Aufschwung wurde durch die Währungsturbulenzen 1995 unterbrochen.

Die Währungskrisen wurden durch die Einführung des Euro gelöst – der Euro schützt aber nur vor Währungs-, nicht jedoch vor Banken- und Staatschuldenkrisen. Der Euro bietet damit für die Länder des Euro Raumes Schutz vor Wechselkursschwankungen und Währungskrisen. Die EU Länder außerhalb des Euro Raumes, oder EWR Länder waren jedoch teilweise mit spekulativen Attacken auf ihre Währungen und Wechselkursschwankungen und Währungskrisen konfrontiert. Währungskrisen führen oft zu Bankenkrisen, wobei meist Fremdwährungskredite eine zentrale Rolle spielen.

Wie ich schon 2003, in einem Beitrag zum Sammelband  Alternativen zum Neoliberalismus im Zeitalter der Globalisierung feststellte, verursachen neoliberale Reformen wie Deregulierung des Finanzsektors, Liberalisierung des Kapitalverkehrs verbunden mit großen Kapitalzuflüssen, Finanzkrisen. Die Umkehr der Kapitalflüsse verschlechtert die makroökonomischen Bedingungen, nicht wirtschaftspolitische Fehler. „Die Finanzkrisen treten insbesondere in Form von Währungs- und Banken Krisen auf. Die Frage ist nicht ob, sondern wann die nächste Krise, der nächste Crash kommt und wie wir darauf vorbereitet sind.“

Euro schützt vor Währungskrisen

Der Euro schützt die Euroländer vor Währungskrisen, die die häufigsten Krisen sind, nicht jedoch vor Bankenkrisen hier soll die EU Bankenunion helfen und Staatsschuldenkrisen wo der gestärkte EU Stabilitäts- und Wachstumspakt vorbeugen soll. Der Euro wirkt damit als Schutzschirm in der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise.

Mit dem Euro entfallen teure Maßnahmen zur Absicherung von Wechselkursrisiken und der Binnenhandel im Euroraum kann sich ungestört von Devisenmarktturbulenzen und Wechselkursschwankungen entwickeln. Der Großteil des Handels Österreichs erfolgt innerhalb des gemeinsamen Währungsraums. Der Euro ist damit einer Tobin Steuer, die seinerzeit vom Ökonomen James Tobin vorgeschlagen wurde um Wechselkursschwankungen besser beherrschbar zu machen, in jeder Hinsicht überlegen. Durch den Euro werden ja durch die Abschaffung der einzelnen Währungen Wechselkursschwankungen zwischen den am Euro teilnehmenden Ländern überhaupt beseitigt.  

Der Euro hat sich als stabile internationale Währung etabliert und ist nach dem Dollar die zweite Weltwährung. Der Euro wird zunehmend als Anker-, Reserve-, Anlage- und Transaktionswährung verwendet. Der Euro ist heute mit einem Anteil von etwa einem Viertel auch die zweitwichtigste Reservewährung nach dem Dollar. Er spielt vor allem in Europa eine zentrale Rolle als stabile Ankerwährung an die viele andere Währungen gebunden sind. Der Euro wird insbesondere in Zentral- und Osteuropa weit verwendet. Der Euro hat damit die Rolle einer regionalen Reservewährung in Europa übernommen.

Der Euroraum wächst und umfasst mit dem Beitritt Litauens am 1.1. 2015,  19 Länder mit über 300 Millionen Menschen. Diese profitieren von einer weltweit verbreiteten, international akzeptierten und stabilen Währung. Der Euro stärkt auch den Einfluss Europas weltweit. Die Krise im Euroraum ist daher nicht, wie verschiedentlich dargestellt, eine Krise des Euro, sondern einige Mitgliedsländer sind von Banken- und Staatsschuldenkrisen betroffen.

Die Vorschläge einiger rechtpopulistischer Parteien wie der FPÖ in Österreich oder der Front National in Frankreich zum Austritt aus dem Euro und Rückkehr zur früheren nationalen Währung, oder Teilung in Nord und Süd Euro sind wirtschaftspolitisch nicht durchdacht und gefährlich. Der Spekulation gegen einzelne Währungen, wie im EWS, wäre damit Tür und Tor geöffnet und es könnte wieder zu Währungskrisen kommen.

FPÖ Obmann Strache sollte sich vielleicht von seinen russischen Freunden die Entwicklung in Russland und die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen einer Währungskrise erklären lassen und dann seine währungspolitische Geisterfahrt einstellen.

Ich habe schon im Oktober 1992 in der WirtschaftsWoche in einem Artikel, als Reaktion auf fachlich inkompetente populistischen Äußerungen von Straches Vorgänger Dr. Haider zu Finanz- und Währungspolitischen Fragen, festgestellt „In den meisten Industrieländern wäre Dr. Haider nach Aussagen, die von solcher wirtschaftspolitischer Unkenntnis zeugen, politisch erledigt“. Dann geradezu Prophetisch „fachliche Inkompetenz in einem derart sensiblen Bereich kann allerdings zu fatalen Konsequenzen führen. Es ist daher zu hoffen, daß Dr. Haider kein wirtschaftspolitisch wichtiges Regierungsamt erlangt. Dann könnten nämlich derart unqualifizierte, unbedachte und stabilitätsgefährdende Stellungsnahmen eine ernste Gefahr für Österreich darstellen“. Wir werden noch lange an dem von Haider verursachten Hypo Desaster zahlen.

Der Schaden den Strache mit seinen währungspolitischen Ambitionen verursachen könnte, wäre größer als der, den sein Vorgänger Dr. Haider mit der Hypo angerichtet hat.

 

[1] Abteilungsleiter in der Oesterreichischen Nationalbank, Abteilung für Integrationsangelegenheiten und Internationale Finanzorganisationen. Die im Artikel vertretenen Positionen stellen die persönliche Meinung des Autors dar.

Posted by Wilfried Allé Sunday, September 13, 2015 7:52:00 PM Categories: Währungsunion

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