Lieferketten sind global und so gestaltet, dass Güter dort produziert werden wo Löhne und Rohstoffe billig und Umweltauflagen niedrig sind – Leidtragende dabei sind aber viel zu oft die Menschen vor Ort und die Umwelt: „Entlang dieser Lieferketten kommt es immer wieder zu Verletzungen von Menschenrechten, Ausbeutung, Gesundheitsgefährdung und zu enormen Schäden für Umwelt und Klima, die oft nicht mehr repariert werden können“, betont Wiens Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky.
Deshalb fordert Wien schon seit längerem die bundesweite Einführung eines Österreichischen Lieferkettengesetzes. „Unternehmen einer bestimmten Größe sollen dabei verpflichtet werden, ihre Lieferketten laufend auf eine mögliche Verletzung von Menschen-, Arbeits- und Umweltrechten zu überprüfen“, so Czernohorszky. Im Fokus stehen dabei Unternehmen aus den Bereichen Bekleidung, der Palmölproduktion, Futtersoja, aber auch der Elektroindustrie.
„Konzernen geht es in erster Linie um den Profit. Die Rechte von ArbeiterInnen und Kindern, der Schutz der Umwelt und des Klimas kommen dabei unter die Räder. Ein Lieferkettengesetz schiebt dieser Praxis den Riegel vor“, so Julia Herr, SP-Umweltsprecherin, die im Nationalrat gemeinsam mit Abg. Petra Bayr bereits einen entsprechenden Antrag eingebracht hat. „Mit einem Lieferkettengesetz können Konzerne, die gegen Menschen- und Umweltrechte verstoßen, sanktioniert und von Betroffenen verklagt werden“, erklärt Herr weiter. Die NR-Abgeordnete berichtet auch über ihre Eindrücken von der UN-Klimakonferenz: „Wir hören immer die tollsten Versprechen und schönsten Ziele. Aber Worte allein reichen beim Klimaschutz nicht, wenn danach keine Taten folgen. Die Erfahrung zeigt: Wir müssen Konzerne endlich in die Pflicht nehmen, damit sich wirklich was ändert! Genau das schafft ein Lieferkettengesetz!“
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Gegen Gewinne ohne Gewissen hilft nur ein gesetzlicher Rahmen
Unser nördlicher Nachbar Deutschland ist schon einen Schritt weiter.
Der Bundestag hat am Freitag, 11. Juni 2021, den Gesetzentwurf der Bundesregierung über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (19/28649) in der vom Ausschuss für Arbeit und Soziales geänderten Fassung (19/30505) angenommen. Ziel ist es, Menschenrechte und Umwelt in der globalen Wirtschaft besser schützen.
Das deutsche Lieferkettengesetz im Überblick:
- Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verpflichtet Unternehmen mit Hauptverwaltung, Hauptniederlassung, Verwaltungssitz, satzungsmäßigem Sitz oder Zweigniederlassung in Deutschland zur Achtung von Menschenrechten durch die Umsetzung definierter Sorgfaltspflichten.
- Zu den Kernelementen der Sorgfaltspflichten gehört die Einrichtung eines Risikomanagements, um die Risiken von Menschenrechtsverletzungen und Schädigungen der Umwelt zu identifizieren, zu vermeiden oder zu minimieren. Das Gesetz legt dar, welche Präventions- und Abhilfemaßahmen notwendig sind, verpflichtet zu Beschwerdeverfahren und regelmäßiger Berichterstattung.
- Die Sorgfaltspflichten beziehen sich auf den eigenen Geschäftsbereich, auf das Handeln eines Vertragspartners und das Handeln weiterer (mittelbarer) Zulieferer. Damit endet die Verantwortung der Unternehmen nicht länger am eigenen Werkstor, sondern besteht entlang der gesamten Lieferkette.
- Das Gesetz gilt ab 2023 zunächst für Unternehmen mit mindestens 3.000, ab 2024 auch für Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmer*innen im Inland.
- Das Lieferkettengesetz enthält einen abschließenden Katalog von elf international anerkannten Menschenrechtsübereinkommen. Aus den dort geschützten Rechtsgütern werden Verhaltensvorgaben bzw. Verbote für unternehmerisches Handeln abgeleitet, um eine Verletzung geschützter Rechtspositionen zu verhindern. Dazuzählen insbesondere die Verbote von Kinderarbeit, Sklaverei und Zwangsarbeit, die Missachtung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, die Vorenthaltung eines angemessenen Lohns, die Missachtung des Rechts, Gewerkschaften bzw. Mitarbeitervertretungen zu bilden, die Verwehrung des Zugangs zu Nahrung und Wasser sowie der widerrechtliche Entzug von Land und Lebensgrundlagen.
- Kommen Unternehmen ihren gesetzlichen Pflichten nicht nach, können Bußgelder verhängt werden. Diese können bis zu 8 Millionen Euro oder bis zu 2% des weltweiten Jahresumsatzes betragen. Der umsatzbezogene Bußgeldrahmen gilt nur für Unternehmen mit mehr als 400 Millionen Euro Jahresumsatz. Außerdem ist es bei einem verhängten Bußgeld ab einer bestimmten Mindesthöhe möglich, von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen zu werden.
- Für die Überwachung des Lieferkettenmanagements der Unternehmen wird eine Behörde mit effektiven Durchsetzungsinstrumenten ausgestattet. Die zuständige Behörde, das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, hat weitgehende Kontrollbefugnisse. Sie kann etwa Geschäftsräume betreten, Auskünfte verlangen und Unterlagen einsehen sowie Unternehmen auffordern, konkrete Handlungen zur Erfüllung ihrer Pflichten vorzunehmen und dies durch die Verhängung von Zwangsgeldern durchsetzen.