Verstöße gegen das Unabhängigkeits- und Pluralismusgebot nach dem BVG Rundfunk
Der VfGH hat einzelne Bestimmungen des ORF-Gesetzes über die Bestellung und die Zusammensetzung des Stiftungsrats und des Publikumsrats als verfassungswidrig aufgehoben. Die Bestimmungen verstoßen gegen das in Art I Abs 2 des Bundesverfassungsgesetzes über die Unabhängigkeit des Rundfunks (BVG Rundfunk) verankerte Gebot der Unabhängigkeit und pluralistischen Zusammensetzung dieser Organe.
Stiftungsrat:
- Die Bundesregierung nominiert derzeit neun Mitglieder des Stiftungsrats, während der Publikumsrat nur sechs Mitglieder bestellt. Es verstößt gegen das Pluralismusgebot des Rundfunk-BVG, wenn die Bundesregierung mehr Mitglieder bestellen kann als der Publikumsrat.
- Verfassungsrechtlich unbedenklich ist die Bestellung von neun Mitgliedern durch die Bundesländer sowie die Bestellung von sechs Mitgliedern des Stiftungsrats auf Vorschlag der im Nationalrat vertretenen Parteien und von fünf Mitgliedern durch den Zentralbetriebsrat des ORF.
- Die Mitglieder des Stiftungsrats werden für vier Jahre bestellt. Die insgesamt 18 von der Bundesregierung und den Ländern sowie die sechs vom Publikumsrat bestellten Stiftungsräte können nach Bildung einer neuen Regierung bzw. nach einer Neukonstituierung des Publikumsrats vor dem Ende ihrer Funktionsperiode abberufen werden. Dies verstößt gegen das Unabhängigkeitsgebot.
- Keine Bedenken bestehen gegen eine vorzeitige Abberufung der sechs Parteienvertreter und der fünf Belegschaftsvertreter im Stiftungsrat.
Publikumsrat:
- Der Bundeskanzler (derzeit: die Medienministerin) bestellt 17 Publikumsräte, während 13 Mitglieder von im Gesetz festgelegten anderen Stellen (Kammern, Kirchen, Parteiakademien) nominiert werden. Es verstößt gegen die verfassungsrechtlichen Gebote der Unabhängigkeit und pluralistischen Zusammensetzung des Publikumsrats, wenn die Medienministerin mehr Mitglieder bestellen kann als die anderen Stellen.
- Die 17 von der Medienministerin zu bestellenden Mitglieder des Publikumsrats sollen 14 gesellschaftliche Gruppen repräsentieren. Es verstößt gegen das Unabhängigkeits- und Pluralismusgebot, dass das ORF-G nicht genau genug regelt, wie viele Mitglieder der einzelnen Gruppen zu bestellen sind und welche Vorschläge von welchen Organisationen berücksichtigt werden.
Nach dem Bundesverfassungsgesetz vom 10. Juli 1974 über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks (BVG Rundfunk) ist es Aufgabe des Gesetzgebers, nähere Bestimmungen für den Rundfunk und seine Organisation festzulegen. Diese Bestimmungen müssen insbesondere vier Punkte gewährleisten: Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Berücksichtigung der Meinungsvielfalt, die Ausgewogenheit der Programme sowie die Unabhängigkeit der Personen und Organe (Art. I Abs. 2 BVG Rundfunk).
Daraus folgt für den VfGH: Die Bestellung und Zusammensetzung des ORF Stiftungs- und Publikumsrats muss so geregelt sein, dass keinem staatlichen Organ ein einseitiger Einfluss auf die Zusammensetzung dieser kollegialen Leitungsorgane des ORF zukommt, der ihre Unabhängigkeit gefährden kann. Auch ist sicherzustellen, dass unterschiedliche Interessen und Sichtweisen in die Willensbildung einfließen (Pluralismus) und sachfremde Interessen die Entscheidungsfindung nicht dominieren können.
https://www.vfgh.gv.at/medien/ORF_Gesetz_Gremien.php
Fordern wir deshalb Medienministerin Susanne Raab und die Regierung auf, ein Gesetz umzusetzen, das die Unabhängigkeit des ORF sichert.
Raus mit der Politik aus dem ORF! Unterzeichne jetzt unseren Appell:
https://actions.aufstehn.at/orf-gesetz?source=wp
Posted by Wilfried Allé
Sunday, March 10, 2024 10:31:00 AM
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