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Wie wir die sozial-ökologische Transformation schaffen

von Nikolaus Kowall

ISBN: 9783218014342
Verlag: Kremayr & Scheriau
Umfang: 240 Seiten
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Politik
Erscheinungsdatum: 10.07.2024
Preis: € 25,00
Kurzbeschreibung des Verlags

Intervention als Chance.

Turbo-Kapitalismus, Klimakrise, Ungleichheit: Wie schaffen wir die sozial-öko­lo­gi­sche Trans­for­ma­tion der Wirt­schaft? Ein Plä­do­yer für Demo­kra­tie und Markt­ein­griff.

Ungezügelte Märkte und Hyper-Globalisierung haben uns in die to­tale Ab­hän­gig­keit des Welt­markts ge­führt. Aber wie weg­kom­men von Roh­stoff-Raub­bau, Soja, Fast Fashion und an­de­ren bil­li­gen Im­port-Dro­gen? Und jetzt auch noch die De­kar­bo­ni­sie­rung schaf­fen? Ist das der Todes­stoß für unse­re Indus­trie?

Es ist eine echte Chance, meint Nikolaus Kowall. Denn die öko­lo­gi­sche Trans­for­ma­tion führt zu hö­he­rer regio­na­ler Wert­schöp­fung. Im­por­te von Roh­stof­fen und Ener­gie wer­den durch Eigen­pro­duk­tion und Re­cyc­ling er­setzt, die Weg­werf­ge­sell­schaft durch die Kreis­lauf­wirt­schaft.

Damit der grüne Umbau der Wirtschaft nicht durch ruinösen Wett­be­werb ver­hin­dert wird, brau­chen wir aber mehr Demo­kra­tie­lo­gik und weni­ger Markt­lo­gik. Wachen wir auf, sonst pas­siert die Zu­kunft ohne uns.

FALTER-Rezension

Der Traum der ökologischen Re­indus­tria­li­sie­rung

Markus Marterbauer in FALTER 29/2024 vom 19.07.2024 (S. 19)

Deindustrialisierung, Verlust an Wett­be­werbs­fähig­keit, über­bor­den­de Um­welt­büro­kra­tie: Die Unter­neh­mer­ver­bände üben sich in Pes­si­mis­mus. Niko­laus Ko­wall tut das Ge­gen­teil. Der Wie­ner Öko­nom legt ein opti­mis­ti­sches und kon­struk­ti­ves Buch vor, das mit gu­ter Ana­lyse und muti­gen Politik­vor­schlä­gen nach vorne schaut.

Kowall unterscheidet zwei grundlegende Politik­kon­zepte: das Pri­mat der Demo­kra­tie samt Inter­ven­tion in die Märkte, das zwi­schen 1945 und 1980 einen natio­nal-und so­zial­staat­lich ge­zähm­ten Kapi­ta­lis­mus auf­bau­te; und das Pri­mat der Märk­te samt markt­kon­for­mer Demo­kra­tie in der neo­libe­ra­len Glo­ba­li­sie­rung seit den 1980er-Jah­ren. Kowall pro­pa­giert den Über­gang in eine drit­te Pha­se: ambi­tio­nier­te so­zi­al-öko­logi­sche Trans­for­ma­tion, in der die euro­pä­ische Demo­kra­tie den Märk­ten kla­re Re­geln vor­gibt, etwa kla­re so­zia­le und öko­lo­gi­sche Min­dest­stan­dards im Außen­han­del oder ei­nen ho­hen Stel­len­wert für Ver­sor­gungs­sicher­heit.

Und Österreich? Aus Kowalls Sicht war das Land in beiden Pha­sen der Ver­gan­gen­heit er­folg­reich und hat ei­ne viel­ver­spre­chen­de Aus­gangs­posi­tion für die drit­te Pha­se. Er be­legt dies mit der Me­tall­in­dus­trie, dem Herz­stück der hei­mi­schen Wirt­schaft. Die Er­folgs­ge­schichte be­ginnt im frü­hen 19. Jahr­hun­dert mit der Grün­dung der Mon­tan­uni­ver­si­tät in Leo­ben ("die Denk­fa­brik der öster­rei­chi­schen In­dus­tri­ali­sie­rung") durch Er­zher­zog Jo­hann ("die letz­te poli­tisch be­mer­kens­werte Fi­gur des Hauses Habsburg").

Österreich war ab 1970 wirtschaftlich auf der Überhol­spur, hat sich aber auch in der Glo­ba­li­sie­rung gut ge­schla­gen. Mit star­kem So­zial­staat, gu­ter Infra­struk­tur, öf­fent­li­chem Bil­dungs­sys­tem und er­folg­rei­chen Mit­tel­ständ­lern, die in ih­ren Ni­schen zu Welt­markt­füh­rern wur­den. Nun soll die Poli­tik mit dem Ziel der grü­nen Re­in­dus­tria­li­sie­rung ge­zielt je­ne techno­lo­gi­schen Vor­rei­ter­be­trie­be unter­stüt­zen, die in der treib­haus­gas­freien Pro­duk­tion Cham­pions wer­den kön­nen. Etwa das In­ves­ti­tions­pro­gramm in Elek­tro­licht­bogen und Was­ser­stoff beim Spe­zial­stahl­er­zeu­ger Voest, das Re­cycling­pro­gramm in der Alu­minium­pro­duk­tion der Amag oder die Clus­ter in der Pro­duk­tion von Schie­nen und Bahn­bau­ma­schi­nen. Die De­kar­boni­sie­rung der In­dus­trie, die Kreis­lauf­wirt­schaft und die Wen­de zu öf­fent­li­cher Mobi­li­tät und er­neuer­ba­rer Ener­gie kön­nen die Ba­sis für den star­ken In­dus­trie­stand­ort der Zu­kunft bil­den.

Doch derzeit fehlt eine vorausschauende Indus­trie­poli­tik. Die Per­spek­tive ist rück­wärts­ge­rich­tet ("Auto­land","Ver­bren­ner") und markt­gläu­big. Doch: "Der Markt kann die öko­lo­gi­sche Frage im 21. Jahr­hun­dert genau­so we­nig lö­sen wie die so­zia­le Fra­ge im 19. Jahr­hun­dert." Es braucht kla­re demo­kra­tisch er­wirk­te Vor­ga­ben für die Trans­for­mation.

Kowall sieht vor allem die EU als Vorreiter, etwa im Emissions­handel, im In­ves­ti­tions­pro­gramm Next Gene­ra­tion EU, beim Lie­fer­ket­ten­ge­setz und im CO2-Grenz­aus­gleich. Hier ist der Au­tor zu blau­äu­gig, for­mie­ren sich doch ge­ra­de kon­ser­va­ti­ve Kräf­te, die un­ter der Über­schrift von Wett­be­werbs­fä­hig­keit und Ent­büro­kra­ti­sie­rung den fun­da­men­ta­len so­zia­len und öko­lo­gi­schen Fort­schritt ver­hin­dern wollen.

Doch soll man das einem jungen Ökonomen vor­werfen, der die Welt ver­bes­sern will? Niko­laus Ko­wall kämpft um Vor­zugs­stim­men bei den Natio­nal­rats­wah­len. Die öster­rei­chi­sche Poli­tik kann von ei­nem Öko­no­men mit dem An­lie­gen der grü­nen Re­in­dus­tri­ali­sie­rung und der Fähig­keit, se­ine Ein­sich­ten über­zeu­gend vor­zu­brin­gen, nur profi­tieren.

Posted by Wilfried Allé Wednesday, July 17, 2024 9:07:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Politik
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