Seit Mitte der 1970er geht der Anteil der ArbeitnehmerInnenentgelte am Volkseinkommen zurück, d.h. die Lohnquote sinkt. Die Finanzierung der Sozialversicherungssysteme (Arbeitslosigkeit, Alter, Gesundheit, Unfall) wird also von einem immer kleiner werdenden Anteil des Volkseinkommens finanziert. Wenn die Lohnquote sinkt, steigt natürlich der Anteil der Kapitalseite. Seitdem wird in Deutschland und Österreich über eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage, durch die sogenannte Wertschöpfungsabgabe, debattiert. In Italien wurde 1999 unter Ministerpräsident Prodi eine Form der Wertschöpfungsabgabe, die Imposta regionale sulle attività produttive (IRAP), eingeführt.
Durch die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe soll der größer werdende Teil am Volkseinkommen, nämlich die Gewinn- bzw. Kapitalquote, einen Beitrag zur Finanzierung der sozialen Absicherungssysteme leisten. Zusätzlich soll es zu einer faireren Aufteilung der Finanzierungskosten zwischen personalintensiven Branchen, wie z.B. dem Bauwesen, und kapitalintensiven Branchen, wie z.B. den Versicherungen, kommen.
Georg Ortner, 6. Februar 2015 in ->
Die Wirtschaftsseite argumentiert kontroversiell. Sie stellt Fragen um diese auch gleich selbst zu beantworten.
Was ist ökonomisch davon zu halten? Zunächst scheint die Argumentation etwas schief zu sein: Angenommen, menschenleere Fabrikshallen und eine sinkende Lohnquote würden wirklich insgesamt weniger Arbeitnehmer bedeuten. Dann gäbe es auch weniger Versicherte, deren Ansprüche es zu finanzieren gälte – außer bei der Arbeitslosenversicherung, für die wegen der Massen an Anwärtern bald der Staat einspringen müsste. Das Problem hätte sich unschön erledigt. Tatsächlich aber steigt die Beschäftigung. Die Erwartung, dass die Automatisierung in Summe Jobs vernichtet, hat sich seit den „Maschinenstürmern“ im 19. Jahrhundert immer wieder widerlegt. Damit wäre die spöttische Bezeichnung „Maschinensteuer“, mit der Gegner die Idee diffamieren, gut motiviert. Zugleich sinken die Anreize für die Industrie, in Maschinen und damit in den technischen Fortschritt zu investieren – umso mehr in Zeiten, in denen die Investitionstätigkeit ohnehin zu flau ist, wie heute. Auf längere Sicht (zehn Jahre und mehr) sinken damit Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit.
Karl Gaulhofer (Die Presse) am 10.04.2015 | 16:30 ->
Mache sich jeder ein Bild ob dieser abstrusen Aussagen und Behauptungen des Sprachrohrs der Wirtschaft in der Person Karl Gaulhofers:
- Dann gäbe es auch weniger Versicherte, deren Ansprüche es zu finanzieren gälte - und die jetzt nicht mehr Versicherten (=Arbeitslosen) werden dann einfach nicht mehr krank, bekommen auch keine Pensionen mehr, usw. ?!?!
- Na ja, der Staat müsste einspringen, der vorher schon weniger Einnahmen aus der sinkenden Arbeitnehmerschaft beklagen musste. Unschön erledigtes Problem halt !!
- Automatisierung vernichtet keine Jobs. Woher will der Gute das so genau wissen?
- Anreize in technische Fortschritte zu investieren werden sinken. Seit wann läßt sich die Wirtschaft daran hindern, sich (technisch) weiter zu entwickeln, wenn sie dadurch besser verdienen kann?!?
Oder man macht sich schlau zu diesem Thema und diskutiert mit beim Gesellschaftspolitischen Frühschoppen am 10. April 2016 zu Thema "Wertschöpfungsabgabe" ->