Abhängig beschäftigte Frauen arbeiteten beispielsweise in Deutschland im Jahr 2016 durchschnittlich 30,2 Stunden in der Woche. Im Vergleich dazu betrug die Arbeitszeit der abhängig beschäftigten Männer im Durchschnitt 38,3 Stunden pro Woche. Damit lag die sogenannte Gender Time Gap, das heißt die Differenz der Arbeitszeiten von Frauen und Männern im Mittel bei 8,1 Stunden. Die Zahlen für Österreich liegen in einem ähnlichen Bereich. In der EU 28 beträgt die durchschnittliche Gender Time Gap im Jahr 2015 5,7 Stunden.
Der kontinuierlich hohe Abstand zu den Arbeitszeiten der Männer zeigt, dass es für Männer und Frauen unterschiedliche Strategien gibt, erwerbstätig zu sein – und dass diese geschlechtsspezifischen Strategien ein hohes Niveau an Änderungsresistenz aufweisen. Männer sind nach wie vor nahezu ausschließlich in Vollzeit erwerbstätig, während Frauen zumindest in bestimmten Lebensphasen auf Beschäftigungsverhältnisse mit einer geringeren Stundenanzahl setzen, z.B. um sich verstärkt der Kinderbetreuung widmen zu können. Diese Teilzeitstrategie, mit den bekannten Auswirkungen eines geringeren Einkommens und schlechteren Karriereaussichten, führt zu einer nicht ausreichenden eigenständigen sozialen Absicherung der Frauen sowohl in der Erwerbsphase als auch bei Krankheit, Arbeitslosigkeit oder im Alter. Damit wird der Preis für eine bessere Vereinbarkeit und ein entspannteres Familienleben von den Frauen gezahlt, indem sie nicht über die Rolle der Hinzuverdienerinnen im Haushalt hinaus kommen. Allerdings weisen Befragungen nach den Arbeitszeitwünschen von Frauen auch darauf hin, dass vielfach Teilzeitarbeit deshalb ausgeübt wird, weil eine adäquate Vollzeitstelle nicht gefunden wird.
Auch deutet vieles darauf hin, dass kulturspezifische normative Einstellungen zum Verständnis der Rolle der Frau als Mutter Arbeitszeitentscheidungen von Frauen beeinflussen. In Ländern mit konservativer Einstellung sind die Arbeitszeiten von Frauen häufig kürzer als in Ländern mit progressiver Einstellung.
Dieser Beitrag ist eine gekürzte Version des Editorials der Ausgabe von http://www.sozialpolitik-aktuell.de