AZ-Neu

Die Informationsplattform für ArbeiterInnen, Angestellte, KMUs, EPUs und PensionistInnen

Franz Nauschnigg[1]

Die expansive Türkis/Grüne Fiskalpolitik, hohe Ausgaben, niedrigere Ein­nahmen durch  Steuer­senkungen, führt zu hohen Budget­defi­ziten und zu­sätz­licher Nach­frage, welche die In­fla­tion nach oben treibt. Zu­dem sind die hohen zu­sätz­li­chen Aus­gaben wenig ziel­genau, es re­giert die Gieß­kanne. Wir haben das Pro­b­lem das die öster­reichische Fiskal­poli­tik sehr ex­pan­siv ist, während die Geld­poli­tik mit Zins­er­höhungen die In­fla­tion zu dämpfen ver­sucht.

Ursprung der Inflation ist die  Angebots­seite (Liefer­ketten, Ener­gie, Nahrungs­mit­tel). Geld­poli­tik ist wirk­sam gegen Nach­frage­in­fla­tion, weni­ger gegen An­ge­bots­in­fla­tion, sie be­nö­tigt daher die Unter­stützung der Fiskal- und Wett­be­werbs­poli­tik. Wenn Geld- und Fis­kal­poli­tik in die ge­gen­sätz­liche Rich­tung wir­ken, wird die res­trikt­ive Geld­poli­tik durch die ex­pan­sive Fis­kal­poli­tik konter­ka­riert und damit weni­ger wirk­sam.

In anderen Ländern mit hohen Budget­defi­zi­ten wie z.B. in Frank­reich, Deutsch­land wer­den die hohen staat­lichen Aus­ga­ben hin­gegen zur In­fla­tions­dämpfung z.B. im Ener­gie­be­reich ein­ge­setzt, womit die Geld­poli­tik bei der In­flations­be­kämpfung unter­stützt wird. Öster­reich hin­ge­gen hat am Höhe­punkt der In­fla­tions­krise die CO2 Steuer ein­ge­führt und damit die In­fla­tion an­ge­heizt, während Deutsch­land die vor­ge­se­hene Er­höhung aus­ge­setzt hat und an einer Gas­preis­bremse ar­beitet.

Ich bin schon seit langem für eine CO2 Steuer, habe schon in einem Ar­tikel 2012 eine ge­for­dert, und ar­beite jetzt im Vor­stand der Euro­pean Task Force on Car­bon Pricing mit.  Aber jetzt wo Putin die fos­si­len Brenn­stoff­preise in un­ge­ahnte Höhen ge­trie­ben hat, dies noch zu ver­schär­fen, ist nicht sehr sinn­voll. Die Re­gie­rung hätte viel­mehr die Ein­führung der CO2 Steuer auto­ma­tisch machen kön­nen, wenn die In­fla­tions­rate wieder unter 3 % fällt. Zu­sätz­lich auto­ma­tische Er­höhungen, wenn der Öl­preis unter 90 Euro/Barrel und der Gas­preis unter 90 Euro/MWh fällt. Dies würde die für die Wirt­schaft ex­trem schäd­liche Vola­ti­li­tät der Ener­gie­prei­se ver­rin­gern und dem Klima über eine raschere Er­höhung der CO2 Preise wirk­lich helfen.

Österreich hat daher nach der Sommer­prognose 2022 der EU- Ko­mis­sion eine der höchsten In­flations­raten in den alten EU-Mit­glieds­ländern von 7,4 % 2022 und 4,4 % 2023. Es liegt damit heuer gleich mit Italien, auch 7,4 %, welches aber mit 3,4 % nächs­tes Jahr wesent­lich bes­ser liegt. Frank­reich liegt hier wesentlich besser 5,9 % Inflation heuer, 4,1 % nächstes Jahr. Auch letzte Daten stützen diese Prognose. Im Sept. 2022 lagen die französische In­flations­rate bei 6,2%, die ita­li­eni­sche bei 9,5% und  öster­reichi­sche bei 11,0% (nach natio­naler Be­rech­nung er­gibt sich eine Ö-In­fla­tion von 10,5%=höchster Stand seit Juli 1952).

Österreich schlechteste Reallohnentwicklung

Diese hohe öster­reichische In­fla­tion hat große nega­tive Aus­wir­kungen, ins­be­sondere für die Arbeit­nehmer und Pen­sio­nisten. Nach der Früh­jahres­pro­gnose der EU-Kom­mis­sion wer­den die  Real­löhne in Öster­reich 2022 um dra­ma­tische 3,8 % sinken und 2023 stag­nieren. Öster­reich weist damit über diese 2 Jahre ge­sehen, die schlech­teste Real­lohn­ent­wicklung im Euro­raum auf. In den Nieder­landen wo die Real­löhne heuer um 4 % sinken, werden sie 2023 um 1 % steigen, im Euro­raum heuer – 2,2 %, An­stieg um 0,7 % 2023. Frank­reich heuer durch er­folg­reiche In­flations­be­kämpfung nur -0,2 %, nächstes Jahr Anstieg um 0,2 %. Auch Deutsch­land, an dem wir uns ja immer orien­tieren, ist er­folg­reicher, heuer -2,7 %, An­stieg um 1 % 2023.

Die österreichischen Arbeit­nehmer haben aber auch eine Um­ver­teilung zu den Unter­nehmen durch die Körper­schaft­steuer Senkung und die Über­förderung der Unter­nehmen und Bauern zu ver­kraften.

Es gibt nur 2 Regierungen in Europa welche der­zeit die Körper­schaft­steuer (KöSt) senken wollen. Premier­mi­nis­terin Truss in Groß­bri­tan­nien wollte die von ihrem Vor­gänger be­schlos­sene KöSt Er­höhung von 19 auf 25 % wieder rück­gän­gig machen, musste aber auf Druck der Finanz­märkte dieses nicht gegen­finan­zierte Steuer­ge­schenk an die Unter­nehmen wieder zu­rück­nehmen. Truss mußte nach ihren Steuer­senkungen - unfunded, unaudited, regressive, and ill timed - zurück­treten.

In Öster­reich wird hin­ge­gen dieses nicht gegen­finan­zierte re­gres­sive  Steuer­geschenk an die Unter­nehmen durch­ge­zogen und die KöSt von 25 % auf 23 % ge­senkt. Auch für die Krisen­gewinner, während im Rest Eu­ropas die Zufalls­ge­winne ab­ge­schöpft werden sollen.

Diese Über­förderung der Unter­nehmen  passierte schon in der Coro­na Krise und wird nun fort­ge­setzt. Es gab eine hef­tige Kri­tik des Rech­nungs­hofes an Über­för­de­rungen vieler Unter­nehmen. Deutsch­land machte mit der Luft­hansa Ret­tung einen Ge­winn von 760 Mio. Euro, Öster­reich mit der AUA Ret­tung einen Ver­lust von 150 Mio. Euro. Die Inter­essen­ver­tretung WKÖ wurde für die Ver­tei­lung der För­de­rung zu­stän­dig ge­macht, was da­für sorgte, dass es teuer wurde, da sie natür­lich vor allem auf die Inter­essen ihrer Mit­glie­der ach­tete. Öster­reich hatte in der Coro­na Krise die höchste Unter­nehmens­för­derung in Eu­ropa und trotz­dem eine der schlech­teren Wirt­schafts­ent­wicklungen. Be­zahlen dür­fen das die Arbeit­nehmer, die über 80 % der Steuern und Ab­gaben in Öster­reich zahlen.

Die Steuerkürzungs­pläne der Re­gierung - Ab­schaf­fung kalte Pro­gres­sion, KöSt Sen­kung und die Über­för­de­rung der Unter­nehmen kom­men zum aller aller­größ­ten Teil den Reichen zu­gute. Es ist eine Um­ver­tei­lung von Unten nach Oben. Die Über­för­derung be­stimmter Unter­nehmen wird nun fort­ge­setzt.

 

Wie die Regierung die Inflation senken könnte

 

Wichtig wären direkte Ein­griffe zur Senkung der In­flation.

In den 1970er Jahren nach der Öl­krise konnte Öster­reich auch durch Preis­kon­trol­len und adminis­tra­tiv fest ge­legte Preise die In­fla­tion niedrig hal­ten. Ein Ge­heim­nis der guten In­fla­tions­ent­wicklung in der Schweiz ist ja, dass dort fast ein Drit­tel der Waren preis­regu­liert sind. In den Öl­preis- und In­flations­krisen der 1970er Jahre ist es Öster­reich auch mit Hilfe von Preis­re­gu­lie­rungen ge­lungen, eine im euro­pä­ischen Ver­gleich nied­rigere In­flations­rate zu er­reichen, im Gegen­satz zu heute. Der jüngst mit einer ÖVP nahen Leitung be­setzte Tele­kom­re­gu­lator hat vor kur­zem die re­gu­lierten Preise frei­ge­geben, was in diesem Be­reich zum nächs­ten Preis­schub führen wird.

 

Nahrungsmittel temporäre Senkung der Mehrwert­steuer auf Grund­nahrungs­mittel.

Regierung fördert die Krisengewinner

Die Regierung überfördert weiter die Krisengewinner Vermieter, Stromkonzerne, Unternehmen, Bauern.

 

Vermieter  Die Erhöhung der Mieten wurde, obwohl die Inflation über­wiegend im­por­tiert ist, nicht aus­ge­setzt, was den Ver­mietern Zu­satz­ge­winne bringt.

Stromkonzerne Bei der von der Türkis/Grünen Regierung  be­schlos­senen Strom­preis­bremse zahlt der Steuer­zahler die Dif­fe­renz zwi­schen dem Markt­preis, bis zu 40 Euro/Kilo­watt­stunde (KWh) und den 10 Euro/KWh, welche die Kon­su­menten bis zu einem Jahres­ver­brauch von 2900 KWh be­zahlen. Damit werden die Zufalls­ge­winne (wind fall Profite) der Strom­kon­zerne durch die Türkis/Grünen Re­gie­rung stark ge­fördert. Es be­steht die Ge­fahr das die Strom­kon­zerne die Markt­preise bis auf 40 Euro an­heben, da sie da­durch auf Kosten der Steuer­zahler hohe Ge­winne machen kön­nen. Die Mana­ger, deren Bonus­zah­lungen meist an die Gewinn­ent­wicklung ge­bunden ist, kön­nen da­durch ihre Mil­lio­nen­gagen noch er­höhen. Die Kos­ten für das Budget wer­den sich auf 3 – 4 Mrd. Euro be­laufen. Da die Arbeit­nehmer über 80 % der Steuern und Ab­gaben tragen, be­zahlen sie sich die  Strom­preis­bremse der Türkis/Grünen Re­gie­rung selbst. Es kommt zu einer Um­ver­teilung von den Steuer­zahlern zu den Strom­kon­zernen, deren Mana­ger und Aktio­näre pro­fi­tieren. Durch die hohen Kos­ten steigen Budget­defi­zit und Staats­chulden und das nächste Spar­paket ist vor­pro­gram­miert.

Die Regierung könnte Mil­liarden ein­sparen, wenn sie den Strom­kon­zernen nur die Dif­ferenz zwi­schen ihren Kos­ten und den 10 Euro/KWh er­setzen. Es wäre weni­ger büro­kra­tisch als zu­erst even­tuell die über­mäßigen Zu­falls­ge­winne steuer­lich ab­zu­schöpfen und dann staat­lich um­zu­ver­teilen. Zu­sätz­lich sollte noch ein Aus­gleichs­mecha­nis­mus für unter­schied­lich be­trof­fene Strom­firmen ein­ge­rich­tet werden.

Weiters Senkung der über­mäßig hohen Netz­ge­bühren bei Strom und Gas. Ich habe in einem Artikel „Inflation be­kämpfen durch Senkung der Mono­pol­renten“, im deutschen Wirt­schafts­dienst schon dafür plä­diert.

 

Unternehmen Obwohl die meisten Unter­nehmen durch Preiserhöhungen die gestiegenen Energiekosten ja schon weitergegeben haben, manchmal auch schon wesentlich mehr, sollen sie zusätzlich noch För­de­rungen für ihre Ener­gie­kosten er­halten. Die In­fla­tion wird wesent­lich durch eine Gewinn/Preis Spi­rale ge­trie­ben, mit Rekord­ge­winnen vie­ler Unter­nehmen.

Förderungen für ihre Energie­kosten nur für jene Unter­nehmen die ihre Preise um nicht mehr als 2 % (Inflations­ziel des Euro­sys­tems) er­höht haben.

Bauern Die Nahrungs­mittel­preise ge­hören zu den Preis­trei­bern und die Ein­kommen der Bauern sind 2021 um 41 % ge­stiegen, trotz­dem wer­den die Bauern noch zu­sätz­lich hoch ge­fördert. Förder­kürzungen statt zu­sätz­licher För­de­rungen, wie Steuer­ge­schenke durch Er­höhung der Pau­scha­lierungs­grenzen, wären an­ge­bracht.

 

Durch die nicht finan­zierten Steuer­ge­schenke und hohen Aus­gaben steigt das Budget­defi­zit und daher zahlt Öster­reich nun wesent­lich höhere Zinsen. Es fällt zu­neh­mend aus dem EU Niedrig­zins­block heraus. Viele Länder die tradi­tio­nell höhere Zin­sen als Öster­reich zahlten, haben uns nun­mehr über­holt. Dies be­deutet eine größere Budget­be­las­tung durch die hohen Staats­schul­den und diese wer­den auch zu­rück­ge­zahlt werden müs­sen. Das nächste Spar­paket ist ob des ge­ringen Budget­spiel­raums pro­gram­miert. Dies weil ins­bes­ondere die  Schul­den durch die höheren Zin­sen zu einer größeren Budget­be­lastung werden.

Die Arbeitnehmer und die Armen werden zur Finan­zierung dieser För­derung der Krisen­ge­winner, wahr­schein­lich wieder ge­schröpft werden, da die Arbeit­nehmer über 80 % der Steuern und Ab­gaben in Öster­reich zahlen.

 

 

 

 

[1]War Abteilungsleiter in der Oester­reichi­schen National­bank (OeNB), Ab­teilung für Inte­grations­an­ge­legen­heiten und Inter­natio­nale Finanz­or­gani­sationen. In den 1990er Jahren wirt­schafts­poli­ti­scher Be­rater der Finanz­minis­ter Stari­bacher, Klima, Ed­linger und in die Schaf­fung der ASFINAG in­vol­viert. Mit­glied des Boards der „Euro­pean Task Force on Carbon Pricing”.

Posted by Wilfried Allé Tuesday, October 25, 2022 10:06:00 AM
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