von Bernhard Hachleitner , Alfred Pfoser , Katharina Prager , Werner Michael Schwarz
Verlag: |
Residenz |
ISBN: |
9783701735877 |
Umfang: |
328 Seiten |
Genre: |
Sachbücher/Geschichte/20. Jahrhundert (bis 1945) |
Erscheinungsdatum: |
16.05.2023 |
Format |
Taschenbuch |
Sammlung: |
Sachbücher für den Sommer |
Preis: |
€ 26,90 |
Kurzbeschreibung des Verlags
Bei der Umwandlung der demokratischen Republik Österreich in einen autoritären Staat mit faschistischem Zuschnitt wurde die Demokratie nicht mit einem einzigen Schlag zerstört, sondern zwischen März 1933 und Februar 1934 schrittweise und unter dem Anschein der Legalität. In Ruhe und Ordnung hebelte die Regierung Dollfuß mittels Notverordnungen den Parlamentarismus, den Sozialstaat, die Grundrechte, die Verfassung und das Rote Wien aus. Wie eine übermächtige Exekutive die politische Opposition mit administrativen Mitteln und staatlicher Gewalt ins Abseits drängen und sie schließlich ganz ausschalten kann, zeigt dieses knappe Jahr als durchaus aktuelles Lehrstück.
FALTER-Rezension
Playbook der Autokratisierung
Barbaba Tóth in FALTER 21/2023 vom 26.05.2023 (S. 20)
Es sind nur wenige Monate zwischen März 1933 und Februar 1934, in denen die erste österreichische Republik in die Diktatur kippt. Es lohnt sich, sie minutiös zu rekonstruieren. Diese Aufgabe haben sich das Wien Museum und die Wienbibliothek gemacht. Zur Ausstellung ist ein Sammelband mit über 50 Beiträgen erschienen, der das "Playbook der Autokratisierung", wie es die Historikerin Tamara Ehs so griffig nennt, greifbar macht. Bezüge zur Gegenwart sind ausdrücklich erwünscht, etwa wenn die Autorinnen und Autoren zeigen, dass der Zerstörung der Demokratie Kulturkämpfe vorangingen, deren Themen wir heute auch gut kennen. Geschlechterrollen, Körperkulturen, Sexualität, Familienplanung, Kunst oder schlicht Geschmacksfragen -was in den 1920er-Jahren debattiert wurde, unterscheidet sich wenig von heute. Dazu kommt Hass aufs Urbane, besonders das "Rote Wien" sowie arbeits-und sozialrechtliche Reformen. Das Parlament, die Höchstgerichte, die Medien - sie werden delegitimiert, zuerst mit Worten, dann mit Taten. "Am Beginn stehen nicht Maschinengewehre und Panzer, sondern bürokratische Verordnungen, von denen manche allein harmlos erscheinen mögen", schreiben die Herausgeber in ihrer Einleitung.
Die Ausschaltung des Parlaments ist den meisten bekannt, weniger in Erinnerung ist die Lähmung des Verfassungsgerichtshofes 1933. Die Regierung hatte zuerst per Kriegswirtschaftlichem Ermächtigungsgesetz einige Richter abberufen, die verbliebenen kamen zum (genau genommen paradoxen) Schluss, dass sie beschlussunfähig seien, wie der Rechtshistoriker Thomas Olechowski rekonstruiert.
Die Historikerin und Kulturwissenschaftlerin Katharina Prager steuert ein Generationenporträt linksintellektueller Frauen -geboren um 1900 bis in die 1920er - bei. Sie zeigt, wie sehr das Autoritäre im Privaten beginnt, immer dann, wenn es darum geht, alternative Lebens-und Geschlechterentwürfe zu bändigen.