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Die Frage ist nicht, ob Journalisten "links" sind, sondern ob sie ihre Aufgabe der demokratischen Kontrolle erfüllen.
In Österreich herrscht die ziemlich weitverbreitete Meinung, dass die meisten Journalisten irgendwie "links" seien. Das kann man in tausenden Postings lesen und in vielen Diskussionen hören. Das beruht teils auf einem ehrlichen Irrtum vieler eher konservativer Bürger, teils auf einer bewussten, unaufhörlich betriebenen Stimmungsmache extrem rechter Medien und Interessen, vor allem der FPÖ.
Doch für eine liberale (nicht eine autoritäre) Demokratie zu sein ist nicht "links"; für Menschenrechte und gegen Straflager für "auffällige" Flüchtlinge zu sein ist nicht "links". Gegen NS-Gerede etwa des FPÖ-Landesrats Waldhäusl ("Sonderbehandlung", "Volksschädling") zu sein ist nicht "links". Dem Polizeiminister Kickl und seinem extrem rechten Umfeld auf die Finger zu schauen ist nicht "links".
All das ist bestenfalls liberal, auf jeden Fall aber im Sinne einer demokratischen Kontrolle. Allerdings muss man den aktuellen Hintergrund sehen: Der türkise Kanzler arbeitet mit "message control": Es wird gezielt und dosiert Information gegeben oder verweigert. Kurz will subtile Kontrolle. Für die FPÖ jedoch sind kritisch-liberale Journalisten und Medien ein Hassobjekt, gegen das ein existenzieller Krieg geführt wird.
Linke Dominanz ist Fantasie
Allerdings ist die bei weitem größte Zeitung, die Krone, rechts außen und unterstützt voll die Regierung. Allein deswegen ist es lächerlich, von "linker Dominanz" in den Medien zu reden (obwohl die Krone inzwischen von einer Rekordreichweite von über 40 Prozent auf immer noch knapp 30 Prozent gesunken ist). Wolfgang Fellners Krawallblatt Österreich dreht sich nach dem Wind. Die Gratiszeitung Heute ist differenzierter, auch weil sie begriffen hat, dass man in einer Großstadt mit 40 Prozent Migrationshintergrund nicht so rabiat ausländerfeindlich sein kann.
Der große Rest ist konservativ bis liberal-konservativ, aber jedenfalls nicht "links". Die Bundesländerzeitungen wie Kleine Zeitung (zweitgrößte Zeitung!) oder die Salzburger Nachrichten sind alle demokratisch-liberal-konservativ. Die Presse ist betont konservativ, DER STANDARD betont liberal. Das Profil ist eher liberal, der Falter eher linksliberal. Der Kurier ist nach dem Chefredakteurswechsel konservativer und weniger regierungskritisch geworden, im Kern aber (noch) in seiner liberalen Tradition. Fazit: Die "linke Dominanz" in Österreichs Medien ist eine Fantasie.
Aber der "linke" ORF! Auch hier gilt: Die große Mehrheit der Journalisten ist liberal eingestellt. Das ändert die Regierung derzeit gerade. Mit neuen Personalbesetzungen – und mit einer geplanten Gesetzesänderung, die die Gebühren abschaffen soll. Letzteres bedeutet entweder Unterbrecherwerbung wie bei den Privaten – oder, wahrscheinlicher, Finanzierung aus dem Budget. Dann ist der ORF zum Bittsteller und Staatsfunk verkommen. In der Schweiz hat das Volk übrigens für eine Beibehaltung der Gebühren abgestimmt.
Schwere Fehler wie die gefälschten Reportagen im Spiegel unterstützen dieses rechte "Framing" der kritischen Medien als "Lügen-" oder "Systempresse" (übrigens NS-Begriffe). Aber wir in Österreich sind für uns verantwortlich, nicht für den Spiegel. Das Thema lautet nicht, ob wir "links" sind, sondern ob wir die Aufgabe der demokratischen Kontrolle erfüllen. (Hans Rauscher, 2.1.2019)