Fiskalratspräsident Christoph Badelt erklärt, wie es zu dem Milliardenloch kam
Die Regierungsverhandler von ÖVP, SPÖ und NEOS ringen mit einem historischen Budgetdefizit. Fiskalratspräsident Christoph Badelt erklärt, wie es zu dem Milliardenloch kam, was jetzt auf dem Spiel steht und wie wir da wieder herauskommen.
- Wie groß ist das Budgetloch eigentlich?
Der Konsolidierungsbedarf, den die EU jetzt von Österreich für das Jahr 2025 verlangt, liegt bei 3,1 bzw. 6,3 Milliarden Euro. Ökonomisch wäre es natürlich sinnvoller, einen viel höheren Betrag einzusparen, weil ja damit nur die EU-Fiskalregeln erfüllt werden. Wolle man aber auch ein Konjunktur- oder Zukunftsprogramm ins Auge fassen, müsste man noch mehr Geld auftreiben.
- Warum sind die Zahlen so unterschiedlich?
Finanzminister Brunner verwies vor der NR-Wahl auf ein Defizit zwischen 2,5 und 2,9 Prozent hin. Der Fiskalrat kam auf 3,9 Prozent und warnte: „Wir glauben die Werte des Finanzministeriums nicht. Arbeiteten im Finanzministerium einfach zu viele Optimisten oder gab es kurz vor der Nationalratswahl ein handfestes Interesse daran, nicht allzu negative Prognosen veröffentlichen zu müssen?"
- Wer ist an dieser Entwicklung schuld?
„Es ist zweifellos so, dass dieses Budgetdefizit durch das Verhalten der Regierung, die jetzt noch verwaltungsmäßig im Amt ist, verursacht worden ist. Vor den Krisen hatten wir ein ausgeglichenes Budget“, sagt Badelt. „Eine andere Frage ist, wie man dieses Budgetdefizit bewertet. Faktum ist, dass sehr viele Ausgaben zur Krisenbewältigung getätigt wurden. Faktum ist aber auch, dass gleichzeitig Steuern reduziert wurden und durch die Abschaffung der kalten Progression eine Dynamik der Einnahmenseite herausgenommen wurde. Das passt schlussendlich nicht zusammen.“ Zahlreiche Ökonomen wiesen auf Grundsatzreformen hin, nur seitens der zuletzt tätigen Regierungen ist nie etwas passiert.
- Was passiert, wenn nichts passiert?
Faktum ist, die Einhaltung der Fiskalregeln ist eine rechtliche Verpflichtung gegenüber der Europäischen Union. Andererseits, wenn nicht entschlossen gehandelt wird, verschlechtert sich Österreichs Bonität am Kapitalmarkt. Der reagiert dann mit höheren Zinsen, die die Republik für ihr aufgenommenes Geld bezahlen muss.
- Wie saniert man einen Staatshaushalt?
Wo konkret setzt man den Sparstift an? Oder sind Steuererhöhung inkl. neuer Steuern der richtige Weg? Das Moment-Institut hat zum Beispiel einen Plan für ein Sparpaket vorgelegt, bei dem eine allgemeine Vermögensteuer mit Einnahmen von 5,6 Milliarden Euro den größten Posten darstellt. Der wirtschaftsliberale Thinktank Agenda Austria wiederum schlägt eine Einsparungsliste vor, die ausschließlich bei den Staatsausgaben ansetzt und u. a. eine Anhebung des Pensionsantrittsalters auf 67 Jahre vorsieht.
- Wie verhindert man so eine Situation künftig?
Wo Badelt dagegen Reformpotenzial sieht: „Ich bin überzeugt, dass wir mit Änderungen im föderalen System – indem wir die Verantwortung für die Einnahmen und für die Ausgaben mehr zusammenführen – Anreize setzen würden, sparsamer zu sein.“ Sprich, die Bundesländer geben nicht nur Geld aus, sondern heben es dann auch ein. Ein System, welches es in anderen Ländern bereits gibt. In Österreich, räumt Badelt ein, würde es eine Revolution bedeuten. „Man fragt sich, wie schlecht es den Staatsfinanzen gehen muss, damit man die innere Kraft entwickelt, diese Reformen anzugehen.“
Den vollständigen Artikel findet ihr hier ->
Posted by Wilfried Allé
Wednesday, December 18, 2024 10:54:00 AM
Rate this Content
0
0 Votes