12-Stunden-Tag – Freiwilligkeit steht nur am Papier, Arbeitgeber drängen „Unwillige“ aus Firma.
„Hätte die Bundesregierung beim neuen Arbeitszeitgesetz gleich auf die Arbeiterkammer und die Gewerkschaften gehört, dann müsste Vizekanzler Heinz-Christian Strache jetzt den Unternehmen keine Sanktionen androhen“, sagt AK-Präsidentin Renate Anderl. „Denn“, so Anderl weiter, „dass die nach massiven Protesten letztendlich doch im Gesetz verankerte Freiwilligkeit in der Praxis nicht viel wert ist, hat sich jetzt gezeigt. Wie berichtet liegt der Arbeiterkammer ein erster Fall vor: Ein Arbeitgeber benutzte das 12-Stunden-Tag-Gesetz um eine ältere Arbeitnehmerin „los“ zu werden. Seit fast 20 Jahren arbeitete Fatma B. als Hilfsköchin in einer Wiener Restaurantkette. Dann das: Ihr Chef verlangte von der 56-Jährigen, dass sie entweder ab 1. September täglich 12 Stunden arbeiten oder man sie kündigen müsse. Der Chef hatte sie zu sich gerufen und ihr das 12-Stunden-Tags-Ultimatum gesetzt. Die 56-jährige versuchte zu argumentieren, 12 Stunden täglich – das schaffe sie gesundheitlich nicht. Der Arbeitgeber zeigte dafür kein Verständnis. Im Gegenteil der Chef legte ihr ein Schreiben vor, mit dem sie bestätigen sollte, dass das Arbeitsverhältnis mit 14. September „einvernehmlich“ beendet wird. Fatma B. wollte sich zuerst mit ihrer Schwiegertochter beraten. Doch der Chef ließ sie nicht aus dem Zimmer gehen, bis sie unterschrieb. Dann schickte er sie gleich nachhause.
Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft vida, konkretisiert: „Wir wissen, dass Fatma B. nicht die einzige Betroffene in dem Betrieb ist. Aber viele KollegInnen haben Angst, sich zu wehren. Von Freiwilligkeit kann also bei diesem Husch-Pfusch-Gesetz keine Rede sein. Die Beschäftigten sind und bleiben wirtschaftlich abhängig.“