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Die Kraft der Demokratie 

Eine Antwort auf die autoritären Reaktionäre

von Roger de Weck

Roger de Weck ist Publizist. Er hat als Journalist und Redakteur für Zeitungen wie Die Zeit und Die Weltwoche gearbeitet und war Generaldirektor der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft.

Dies ist ein wichtiges Buch für Demokraten. Der Schweizer Publizist Roger de Weck zeigt, welche Kräfte die Demokratie gefährden und welche schmutzigen Tricks Demagogen, Rechtspopulisten und Reaktionäre anwenden, um ihre Sache voranzutreiben. Der Autor arbeitet aber auch heraus, was Demokratien widerstandsfähig macht und wie ihre Bürger und Politiker sie stärken können. Die Kraft der Demokratie ist ein wohltuendes Gegengewicht zu dumpfen Parolen und Fake News – ein lesenswertes Buch, das Optimismus weckt.

Verlag: Suhrkamp
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 326 Seiten
Erscheinungsdatum: 08.03.2020
Preis: € 24,70

Kurzbeschreibung des Verlags:
Liberale Demokratie macht unfrei, Grüne legen Waldbrände, Feministinnen sind totalitär, Reiche werden diskriminiert – das ist die verkehrte Welt der rechten Propaganda. Und während wir hitzig über solche Verdrehungen diskutieren, mutiert die Markt- zur Machtwirtschaft: Big Data und Big Money haben die demokratische Ordnung auf den Kopf gestellt. Die Wirtschaft reguliert den Staat. Rundum bedrängen Autoritäre die Demokratie. Doch warum bleiben Liberale und Linke so defensiv? Kippen die Konservativen nach rechts? Die Schwäche der Demokraten ist viel gefährlicher als die Lautstärke der Reaktionäre, warnt Roger de Weck. Sein Buch zeigt die Methoden und Schwachstellen der Rechten. Wer will, kann sie sehr wohl stoppen in ihrem Kulturkampf wider die Liberalität. Damit Gestrige nicht die Zukunft kapern, müssen Demokraten an der Demokratie von morgen arbeiten, sie aktionsfähig machen. Nur so können wir auf die Autoritären antworten, gemeinsam mit der aufstrebenden Generation Greta. Denn die Natur, sagt Bestseller-Autor de Weck, muss zur Teilnehmerin an der Demokratie werden. Sein Buch schafft Übersicht – und Zuversicht.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 29.08.2020
Was die Demokratie unter Druck setzt, erfährt Rezensent Stefan Reinecke beim Publizisten Roger de Weck. Dass der Autor in der Art eines "ausgeruhten Leitartikels" über die digitale Marktwirtschaft und den sozialen Ausgleich schreibt und im Epilog, den Reinecke für den interessantesten Teil des Buches hält, Vorschläge zur Rettung der Demokratie macht, gefällt dem Rezensenten gut. Doch so oft er einverstanden ist mit den Ausführungen im Band, so oft hätte er sich statt knapper Skizzen mehr Tiefenbohrungen gewünscht.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.08.2020
Rezensent Cord Aschenbrenner vergleicht zwei Verteidigungsschriften der Demokratie, die gleichermaßen idealistisch argumentieren und das Primat der Politik gegenüber der entfesselten Ökonomie wieder herstellen wollen. Während Julian Nida-Rümelin mit ruhiger Klarheit an die Sache gehe, entfalte Roger de Weck in seinem Plädoyer ein mitreißendes Temperament, freut sich der Rezensent. De Weck zufolge hat sich die Politik gegenüber der Ökonomie selbst entmachtet und die Menschen ohne Schutz den globalen Mächten der Ökonomie überlassen: Kein Wunder also, dass die Reaktionären mit ihrem "Missmutsdiskurs" punkten können. Aschenbrenner gefällt, wie de Weck das Programm der neuen Reaktionäre zerpflückt, zumal er sie sorgsam von Konservativen unterscheidet.

In der ORF-TVthek steht ein Video "Wiener Vorlesungen: Kraft und Krisen der Demokratie" sieben Tage nach Ausstrahlung (Do, 19.11.2020, 23:35 Uhr, ORF III) zur Verfügung.
https://tvthek.orf.at/profile/Wiener-Vorlesungen/13886324/Wiener-Vorlesungen-Kraft-und-Krisen-der-Demokratie/14072101

Posted by Wilfried Allé Friday, November 20, 2020 12:33:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Ungleichheit in der Klassengesellschaft  

von Christoph Butterwegge

Für das bestehende Wirtschafts- und Gesellschaftssystem sind Armut und Reichtum bis zu einem bestimmten Grad funktional. Während die Armut als Drohkulisse, Druckmittel und Disziplinierungsinstrument gegenüber davon Betroffenen wirkt, erscheint Reichtum als Lockmittel, Motivator und Leistungsmotor für die Angehörigen der Mittelschicht.

Verlag: PapyRossa Verlag
Format: Taschenbuch
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Politik
Umfang: 183 Seiten
Erscheinungsdatum: 09.09.2020
Preis: € 15,40

Kurzbeschreibung des Verlags:

Sozioökonomische Ungleichheit, von den meisten Deutschen hauptsächlich in Staaten wie den USA, Brasilien oder Süd­afrika verortet, ist auch hierzulande stark ausgeprägt und nimmt weiter zu. Sie beschränkt sich nicht auf die asymmetrische Verteilung von Einkommen und Vermögen, sondern erstreckt sich auf fast alle Lebensbereiche. Christoph Butterwegge beschäftigt sich mit ihren aktuellen Erscheinungsformen, wobei neben Bildung und Wohnen die Gesundheit im Vordergrund steht. »Vor dem Coronavirus sind alle gleich«, glaubten viele. Hatten Pandemien wie die Pest einst zur Eindämmung sozioökonomischer Ungleichheit beigetragen, weil sie einen Verfall der Lebensmittel-, ­Boden- und Immobilienpreise sowie einen Anstieg der Löhne herbeiführten, so wirkte Covid-19 eher polarisierend: ­einerseits Kurzarbeit und Entlassungen für Millionen Beschäftigte sowie Konkurse kleinerer Unternehmen, andererseits Extraprofite für Konzerne krisenresistenter Branchen und Bereicherung von Finanzinvestoren, die mit Leerverkäufen auf sinkende Aktienkurse spekuliert haben.

Posted by Wilfried Allé Thursday, November 5, 2020 8:00:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Politik
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321 superschlaue Dinge, die du unbedingt wissen musst 

von Mathilda Masters

Illustrationen: Louize Perdieus
Übersetzung: Stefanie Ochel
Verlag: Hanser, Carl
Format: Hardcover
Genre: Kinder- und Jugendbücher/Sachbücher, Sachbilderbücher
Umfang: 288 Seiten
Erscheinungsdatum: 24.09.2018
Preis: € 22,70

 

Rezension aus FALTER 50/2018

Was man wissen muss

Ein Sachbuch für Buben und Mädchen, in dem sie die 312 wichtigsten Dinge über Tiere, Menschen, Sprache und vieles mehr erfahren. Da können auch Eltern etwas lernen. Oder wussten Sie, dass Giraffen sich die Ohren auslecken können? (Ab 10 Jahren)

Nina Horaczek in FALTER 50/2018 vom 14.12.2018 (S. 43)

Posted by Wilfried Allé Thursday, November 5, 2020 12:30:00 PM Categories: Sachbilderbücher
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321 superschlaue Dinge, die du über Tiere wissen musst 

von Mathilda Masters

Illustrationen: Louize Perdieus
Übersetzung: Stefanie Ochel
Empf. Lesealter: ab 11 Jahre
Verlag: Hanser, Carl
Format: Hardcover
Genre: Kinder- und Jugendbücher/Sachbücher, Sachbilderbücher
Umfang: 312 Seiten
Erscheinungsdatum: 21.10.2019
Preis: € 22,70

Kurzbeschreibung des Verlags:

Band 2 des Bestsellers "321 superschlaue Dinge, die du unbedingt wissen musst" mit überraschenden Fakten über Tiere Wusstest du, dass Hummeln hervorragende Fußballer sind? Und dass Weißwangengänse das Wetter vorhersagen können? Dass Hühner keinesfalls dumm sind? Dass Schlangen mit der Zunge riechen und Weiße Haie dreitausend Zähne haben? Und dass Ottermütter im Schlaf ihre Jungen an der Hand halten? Oder dass Elefanten Angst vor Bienen haben und Heringe mit Fürzen kommunizieren? 321 erstaunliche und amüsante Fakten über Säugetiere, Vögel, Fische, Insekten, Amphibien und Reptilien. Ein Wissensbuch, das nicht nur Kindern Spaß macht. Zum Lernen, Lachen und um andere zu verblüffen.

Posted by Wilfried Allé Thursday, November 5, 2020 12:00:00 PM Categories: Kinder- und Jugendbücher Sachbilderbücher Sachbücher
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123 superschlaue Dinge, die du über das Klima wissen musst 

von Mathilda Masters

Illustrationen: Louize Perdieus
Übersetzung: Stefanie Ochel
Empf. Lesealter: ab 11 Jahre
Verlag: Hanser, Carl
Format: Hardcover
Genre: Kinder- und Jugendbücher/Sachbücher, Sachbilderbücher
Umfang: 144 Seiten
Erscheinungsdatum: 21.09.2020
Preis: € 18,50

Kurzbeschreibung des Verlags:

Band 3 des Bestsellers der "Superschlaue Dinge"-Reihe mit überraschenden und wissenswerten Fakten über das Klima und die Umwelt Nach den Bestsellern über "321 superschlaue Dinge" enthüllt dieses originell gestaltete Sachbuch 123 überraschende, witzige und wissenswerte Fakten zum Thema Klima und Umwelt. Wusstest du zum Beispiel, dass Haie das Überleben der Menschheit sichern? Oder dass jede Minute 17 Fußballplätze Wald verschwinden? Wusstest du, dass das Wasser, das du trinkst, geschmolzenes Eis aus einem Gletscher sein könnte? Vielleicht hast du schon mal gehört, dass das Rülpsen und Pupsen von Kühen schädliches Methangas erzeugt. Und dass deine Zahnpasta, dein Shampoo und dein Pullover vielleicht Plastik enthalten. In diesem Band kann der Leser viel Wissenswertes über die Welt entdecken – und er kann erfahren, wie wir sie lebenswert erhalten können.

Posted by Wilfried Allé Thursday, November 5, 2020 10:00:00 AM Categories: Kinder- und Jugendbücher Sachbilderbücher Sachbücher
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Coronakontrolle 

Nach der Krise, vor der Katastrophe

von Georg Seeßlen

Biografie
Georg Seeßlen, geb. 1948, studierte Malerei, Kunstgeschichte und Semiologie in München. Er ist Dozent an verschiedenen Hochschulen im In- und Ausland gewesen und arbeitet als freier Autor für u.a. DIE ZEIT, Frankfurter Rundschau, epd-Film, Freitag, Tagesspiegel.§Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zum Film und zur populären Kultur.

Verlag: bahoe books
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Politik
Umfang: 140 Seiten
Erscheinungsdatum: 25.08.2020
Preis: € 15,00

Kurzbeschreibung des Verlags:

Zu Beginn der Pandemie, die als «Coronakrise» in die Geschichte eingehen soll, gab es noch eine Reihe von Hoffnungen. Die Krise würde zu mehr Einsicht in die Notwendigkeit gesellschaftlich-solidarischer Einrichtungen führen, zu mehr Wertschätzung für Ärzte und P egepersonal, zu mehr Solidarität in den Bevölkerungen.
Als kleines Nebenprodukt würde sie die Frage erlauben, ob der Kapitalismus in seiner aktuellen Form wirklich die beste Weltordnung liefere, sie würde Autokraten enttarnen, den Populismus über üssig machen, die Wertschätzung für Kultur und Kritik wieder beleben, soziales Verantwortungs- gefühl und ein Bewusstsein für den Kampf gegen die Umweltzerstörung erzeugen ... Kurz: Die Krise wäre zugleich mit den Gefahren vielleicht auch eine Geburtshilfe für neue Chancen.
Mit zunehmender Dauer müssen wir uns indes auch von den Hoffnungen auf eine bessere Post-Krisen- Welt verabschieden. Denn bereits als viele Menschen nur mit ihrem persönlichen Überleben, mit ihren Einschränkungen und mit der Verantwortung für die Nächsten zu tun hatten, setzt die Bewegung von Reaktion und Restauration ein. Die Hoffnungsblasen platzen und es zeichnet sich ab: Die Gewinner der Vor-Krise werden wieder die Gewinner der Nach-Krise sein (mit etlichen Verschiebungen, Verstärkungen und Vermittlungen). Die Verlierer sollen weitere Verluste in Kauf nehmen – ganz im Dienste des «Systems».
Möglicherweise aber ist der Kipppunkt noch nicht erreicht, noch sind die Chancen, die für Kritik und Widerstand in einer Krise stecken, nicht endgültig vertan.
Deswegen ist eine Analyse notwendig, die sich keine Illusionen macht, aber auf «tätige Hoffnung» (Bloch) nicht verzichtet. Dafür liefert das vorliegende Buch Material und Ansatzpunkte.

Posted by Wilfried Allé Friday, October 16, 2020 12:14:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Politik
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Faszinierende Wege 

Brücken, Stege und legendäre Stiegen in Wien

von Gabriele Hasmann, Charlotte Schwarz

Ein Buch über ganz besonders bezaubernde Flecken Wiens: verborgene Durchhäuser, romantische Innenhöfe und stille Gassln, durch die man abseits der Touristenströme entspannt schlendern kann.  Legenden, Anekdoten und viele interessante Geschichten zu den historischen Orten ergänzen die Beschreibungen und die beeindruckenden Fotos machen Lust auf das Erkunden dieser einmaligen Kleinode und Farbtupfen im Grau der Großstadt.

EAN: 9783854396789
Verlag: Falter Verlag
Format: Gebundene Ausgabe
Umfang: 248 Seiten
Erscheinungsdatum: 28.09.2020
Preis: € 29,90


Der Nachfolgeband zu Geheime Pfade führt zu legendären Stiegen, stille Stegen und verbindende Brücken.

Die Strudlhofstiege ist sicherlich die am häufigsten besuchte Stiege in Wien. Bereits Heimito von Doderer hat ihr in seinem gleichnamigen Roman ein literarisches Denkmal gesetzt. Aber die prachtvollen Stiegenanlagen – von denen es in Wien einige gibt – sind nicht nur Zeitzeugen, die den Geist vergangener Epochen atmen, sondern natürlich auch praktische Zweckbauten, die den Weg durch die Stadt erleichtern. Bei einer Erkundungstour entlang der schmucken Stiegenanlagen lernen wir die schönsten Ecken Wiens kennen.

Auch die zahlreichen Wiener Brücken prägen die Stadtlandschaft. Die Brücken, die über die Donau führen, verbreiten manchmal sogar ein wenig Urlaubsfeeling und verleiten zum Innehalten, Genießen und entspanntem Rasten. Sie gestatten eine kleine Auszeit vom Alltag, wenn man den Blick auf den unaufhörlich dahinfließenden Strom und das glitzernde Wasser gleiten lässt und dem Geräusch der glucksenden Wellen für einen Moment lauscht.

Das Buch stellt die schönsten, geheimnisvollsten, verborgensten aber auch die bekanntesten Stiegen und Brücken in Wort und Bild vor.

Posted by Wilfried Allé Saturday, October 3, 2020 11:09:00 AM Categories: Bezaubernde Flecken Wiens Kultur für Genießer
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Die Rettung der Arbeit 

Ein politischer Aufruf

von Lisa Herzog

Verlag: Hanser Berlin in Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 224 Seiten
Erscheinungsdatum: 18.02.2019
Preis: € 22,70


Rezension aus FALTER 40/2020

„Raus aus dem darwinistischen Dschungel“

Lisa Herzogs Karriere kennt viele „Die Erste“- und „Die Jüngste“-Momente. Sie war eine der jüngsten Philo­sophie­pro­fes­sorinnen Deutsch­lands (mit 32), sie war die erste Frau, die den Trac­ta­tus-Preis des Phi­lo­sophi­cum Lech erhielt (mit 35, im Jahr 2019). Herzogs Schwer­punkte sind po­li­tische Phi­lo­so­phie und Öko­nomie, ihr Buch „Die Zu­kunft der Ar­beit“ stand wochen­lang auf der Sach­buch-Besten­lis­te und machte sie zur Vor­den­kerin einer so­zi­aleren, ge­mein­ ohl­orien­tier­ten, fairen Ar­beits­welt.

Falter: Frau Professor Herzog, Ihr Buch „Die Rettung der Arbeit“ könnte nicht aktu­eller sein, über­all in Eu­ro­pa be­mühen sich Re­gie­rungen, Ar­beits­plätze zu ret­ten, mit im­mer neu­en Hilfs­pa­ke­ten, mit der Ver­län­ge­rung der Kurz­ar­beit – sind es am Ende die fal­schen In­stru­mente?

Lisa Herzog: So pauschal lässt sich das nicht sagen. Die Poli­tik ver­sucht vor allem, Be­ste­hen­des zu be­wahren. Sie agiert im Not­fall­modus und ver­sucht, Schäden zu mini­mieren. In mei­nem Buch schla­ge ich da­ge­gen vor, Ar­beit an­ders zu ge­stal­ten, bes­ser, ge­rech­ter. The­men wie Demo­kra­ti­sie­rung, Be­fähi­gung der Ar­bei­ten­den oder alter­na­tive Fir­men­mo­del­le sind im Mo­ment lei­der nicht auf der po­li­ti­schen Agen­da.

Sind Krisenzeiten nicht auch Zeiten, auf die ge­sell­schaft­liche Um­brüche fol­gen?

Herzog: Am Ende von Krisen­phasen stehen oft größere poli­ti­sche Ver­schie­bungen. Nehmen Sie zum Bei­spiel die Ein­führung des Frauen­wahl­rechts am Ende des Ers­ten Welt­kriegs. In Kri­sen­pha­sen wer­den Selbst­ver­ständ­lich­keiten, die vor­her un­hinter­fragt wa­ren, als ver­änder­bar er­lebt, man merkt, es könnte auch ganz an­ders sein. Da­mit fal­len ge­wis­se Ta­bus, und das kann Macht­ver­hält­nis­se ver­än­dern. Ich habe die Hoff­nung noch nicht auf­ge­geben, dass wir auch aus die­ser Kri­se etwas ler­nen und nach­hal­tige Ver­ände­rungen an­ge­stoßen wer­den. Den­ken wir nur an den Ap­plaus und die Mu­sik für die system­rele­van­ten Be­rufe. Bis dato gab es für die­se Grup­pe aber allen­falls ein­ma­li­ge Boni, keine struk­turel­len Ver­bes­se­rungen.

Das Beispiel der Super­markt­kas­sie­rerin brin­gen Sie ger­ne – aber nicht, um Aus­beu­tung zu zei­gen, son­dern dass Men­schen auch in die­sen Be­ru­fen glück­lich sind, wenn die Rahmen­be­din­gungen pas­sen. Was braucht es also?

Herzog: Es gibt eine sehr spannende Stu­die dazu, die zeigt, dass auch Super­markt­kas­siererinnen ihren Job gerne machen. Es geht ihnen nicht nur ums reine Geld­ver­dienen, son­dern auch da­rum, aus dem rein pri­va­ten Um­feld heraus­zu­kom­men, in eine Art von Öffent­lich­keit, und da­rum, einen Bei­trag für die Ge­sell­schaft zu leis­ten. Wenn Sie etwas be­klagen, dann nicht die Ar­beit an sich, son­dern die Be­din­gungen: zu wenig Mit­spra­che, Wert­schätzung, Rück­griff auf ihre Er­fah­rungen und Wis­sen. Das ist auch mein An­satz. Ar­beit ist mehr als ka­pi­ta­lis­tisches Geld­ver­dienen, es ist ein so­zia­ler Akt, den wir mit an­deren Men­schen tei­len wol­len.

Deswegen sind Sie auch gar keine flammende Befür­wor­terin eines be­dingungs­losen Grund­ein­kommens?

Herzog: Genau. Ich finde es wichtiger, um es mal in ein Wort­spiel zu fassen, statt Leute von der Ar­beit zu be­frei­en, die Ar­beit zu be­freien. In dem Sin­ne, dass sie ge­rech­ter und stär­ker parti­zi­pa­tiv und demo­kra­tisch ge­stal­tet wird. Der über­ra­schendste Zu­spruch zum Grund­ein­kom­men kommt ja aus den Vor­stands­etagen des Silicon Valley. Da deuten sich aber sehr düstere Sze­na­rien an: Stel­len wir uns vor, es gibt ein be­din­gungs­loses Grund­ein­kom­men auf einem nied­rigen Niveau, das alle an­deren So­zial­leis­tungen er­setzt und den Fir­men er­laubt, sich aus aller Ver­ant­wor­tung heraus­zu­stehlen mit dem Ar­gu­ment: Wer nicht bei uns ar­bei­ten will, kann ja mit dem be­dingungs­losen Grund­ein­kommen le­ben. Die wirt­schaft­liche Macht kon­zen­triert sich dann ganz stark auf der Ka­pi­tal­seite, die Kon­trol­le der Pro­duk­tions­mit­tel ist in der Hand ganz weni­ger, wei­te Tei­le der Be­völ­ke­rung sind da­von ab­hän­gig, dass Fir­men weiter­hin be­reit sind, ihre Steu­ern zu zah­len. Das würde die po­li­ti­schen Ab­hän­gig­keits­ver­hält­nis­se doch noch ein­mal mas­siv ver­ändern.

Was ist Ihre Alternative?

Herzog: Interessanter als das bedingungs­lose Grund­ein­kommen finde ich die Idee einer Job­ga­ran­tie. Also öffent­liche Be­schäf­ti­gungs­opti­onen zu­sätz­lich zur Grund­si­che­rung, zum Bei­spiel im So­zial- oder Um­welt­bereich. Wer seinen Job ver­liert, kann sich dann dort ein­brin­gen und weiter­ent­wickeln.

Klingt ein wenig nach real existierendem Sozia­lis­mus, würde eine Markt­libe­rale jetzt sagen.

Herzog: Das stimmt aber nicht, denn es käme ja zu keiner Ver­staat­lichung, die Pri­vat­wirt­schaft bliebe ja be­stehen. Um­ge­kehrt kommt von lin­ker Sei­te oft die Kri­tik, meine Vor­schläge würden nicht weit genug gehen, weil ich nicht da­für bin, alle Pro­duk­tions­mit­tel kom­plett zu ver­staat­lichen und ganz auf die Pri­vat­wirt­schaft zu ver­zich­ten. Aber ich glau­be, dass Märkte mas­siv ein­ge­hegt wer­den müs­sen, dass immer das Pri­mat der Poli­tik gel­ten muss und dass durch­aus mehr in der öffent­lichen Hand pas­sie­ren kann, als wir das in den letz­ten Jahr­zehnten an­ge­nom­men ha­ben.

Ist eine 35-Stunden-Woche für Sie eine Ant­wort?

Herzog: In der besten aller mögli­chen Wel­ten wäre es so, dass Men­schen fle­xi­bel ent­schei­den könn­ten, wie vie­le Wo­chen­stun­den oder auch wie viele Wo­chen im Jahr sie ar­bei­ten wol­len. Aber de facto ist es so, dass bei die­sen Fra­gen oft star­ker so­zi­aler Druck herrscht. Des­wegen sind all­gemein ver­bindl­iche Re­geln wie die 35-Stun­den-Woche sinn­voll, auch weil sie die Fra­gen nach der Ver­ein­bar­keit von Er­werbs­ar­beit und an­deren For­men von Ar­beit und damit die Ge­schlech­ter­ge­rech­tig­keit po­si­tiv be­ein­flus­sen könnten.

Wenn wir Arbeit nur als sozial und als wechsel­sei­tiges Ge­mein­schafts­pro­jekt ver­stehen, wo bleibt dann der An­trieb durch Kon­kur­renz und Ehr­geiz?

Herzog: Wir haben in vielen Be­ru­fen eher das um­ge­kehrte Pro­blem, dass es zu viel Wett­be­werb und zu viel Druck gibt. Aus der For­schung heraus ist un­klar, ob uns Wett­be­werb po­si­tiv an­treibt oder eher dazu führt, Wege ab­zu­kür­zen oder Kon­kur­ren­ten zu schaden – klar ist aber, dass ge­rade für krea­tive Tä­tig­kei­ten und für alle Ar­beiten, die in­trin­sische Mo­ti­va­tion be­nö­tigen, Druck von außen eher schäd­lich ist. Ohne ein ge­wis­ses Maß an Wett­be­werb wird es in vielen Be­rei­chen so­wie­so nie ge­hen, allein schon des­wegen, weil es mehr Be­wer­ber für be­gehr­te Po­si­­tionen gibt, als wir tat­säch­lich Leu­te in be­stimm­ten Jobs brau­chen. Das kann pro­duk­tiv sein, wenn es da­rum geht, die bes­ten Be­wer­ber für be­stimmte Po­si­tio­nen zu fin­den. Aber so wie Wett­be­werb in vie­len Be­rei­chen in den letz­ten Jahr­zehn­ten ver­stan­den und ge­lebt wurde, war es ein all­um­fas­sen­der Kampf aller gegen alle, wie in einem dar­wi­nis­tischen Dschun­gel, und das ist we­der pro­duk­tiv noch ge­recht.

Ein Rezept dagegen, das Sie zur Ein­hegung vor­schla­gen, nennt sich „Work­place Demo­cra­cy“. Unter­nehmen sollen sich digi­tal selbst or­ga­ni­sieren, Mit­ar­beiter ihre Chefs wählen kön­nen. Aber wol­len das auch die Chefs?

Herzog: Gute Chefinnen und Chefs sollten eigent­lich keine Angst da­vor ha­ben, von ihren Mit­ar­beiten­den auch ge­wählt zu wer­den! Digi­tale Mit­tel kön­nen ein­fach die Trans­aktions­kos­ten sen­ken und Ab­stim­mungen er­leich­tern und damit hierar­chi­sche Struk­turen an vielen Stel­len un­nötig ma­chen. Im All­tag er­lebt man das in­zwi­schen stän­dig: dass man sich über Chats schnell ab­stimmt, In­for­ma­tionen aus­tauscht, Auf­gaben ver­teilt. Das wird in vie­len Fir­men längst ge­macht. Die Fra­ge ist aber immer, wer letzt­lich das Sagen hat. Die Digi­tali­sierung führt sicher nicht auto­ma­isch zu mehr Demo­kra­ti­sie­rung und Par­ti­zi­pa­tion. Aber wenn man die Fra­ge um­ge­kehrt stellt und fragt, was hin­dert uns denn da­ran, Fir­men demo­kra­ti­scher zu ge­stal­ten, heißt es oft: Das funk­tio­niert nicht, Ent­scheidungs­pro­zes­se dauern viel zu lang. Da kommt die Digi­ta­li­sie­rung ins Spiel, denn sie bie­tet so vie­le Mög­lich­kei­ten des Tei­lens von Infor­mati­onen und der Trans­pa­renz. Das wäre zu Zei­ten der Papier­akten­sta­pel so gar nicht ge­gan­gen. Wir unter­schätzen da viel­leicht auch manch­mal, wie an­ders die Ar­beits­wei­sen schon sind.

Sie stehen gedanklich linken Parteien sicher näher als kon­ser­va­ti­ven, aber wie ste­hen Sie zu tra­di­tio­nel­len Mit­be­stim­mungs­kon­zep­ten wie Be­triebs­räten und Ge­werk­schaf­ten?

Herzog: Das sind unglaublich wichtige his­to­rische Errungen­schaften, die aber auch weiter­ent­wickelt wer­den müssen und können. Ich glau­be, wir brau­chen eine Zu­sammen­füh­rung von unter­schied­lichen Din­gen, die im Mo­ment neben­einan­derher exis­tieren: einer­seits die eta­blier­ten Mit­be­stim­mungs­struk­turen und anderer­seits all diese neu­en An­sätze wie Holo­cracy, die sich oft auch di­gi­tal unter­stützen las­sen. Der große Wert der tra­di­tio­nel­len Mit­be­stim­mung und des Ge­werk­schafts­wesens ist, dass sie wirk­lich Rechte ein­ge­for­dert ha­ben. Und ohne ge­sicherte Rechte, die man auch ein­klagen kann, wer­den auf Dauer all diese di­gi­talen, schönen par­ti­zi­pa­ti­ven Me­tho­den unsere Welt nicht wirk­lich ver­ändern, weil die Ge­schäfts­lei­tung im­mer dann, wenn es irgend­eine heikle Ent­schei­dung zu tref­fen gibt, sagen kann: An der Stel­le machen wir das nicht so.

Für Sie sind anonyme Whistleblower Helden, große Wirt­schafts­kapitäne aber nicht. Wieso?

Herzog: Wenn man sich anschaut, wie über bestimmte Leute aus der ­High­tech­in­dus­trie be­rich­tet wur­de, ist das, als wären das die neuen Royals. Die Art und Wei­se, wie Ein­zel­ne heraus­ge­hoben wer­den, ver­kennt, dass Men­schen ihre Rolle nur ­ein­nehmen können, weil andere Men­schen ­an­dere Auf­ga­ben er­fül­len und ihnen den Rücken frei­hal­ten. Wir ar­bei­ten in ­so­zi­alen ­Kon­tex­ten und bauen auf dem auf, was andere schon ge­macht ha­ben. In der Wissen­schaft wurden viele Durch­brüche ­his­to­risch ­pa­ral­lel von mehre­ren Per­so­nen er­reicht. Wenn Mark Zucker­berg Face­book nicht ­ge­star­tet ­hät­te, bin ich mir ziem­lich si­cher, dass andere etwas Ähn­liches ge­star­tet hät­ten. Und Whistle­­blower sind für mich die ­wahren Hel­den, weil sich in großen, ­kom­plexen, ar­beits­tei­ligen Sys­temen For­men von Miss­brauch sehr lange hal­ten kön­nen. Es kommt zu Kompli­zen­schaft und ­Grup­pen­den­ken. Es ist oft sehr viel ein­facher, da mit­zu­schwim­men, als zu sa­gen: „Hej, das ist ein­fach falsch und ich sage das jetzt öffent­lich.“

Warum profitieren sozialdemokratische Parteien so wenig von den Kri­sen der letzten Jahr­zehnte?

Herzog: Die Sozialdemokratie hatte sich in vielen euro­pä­ischen Län­dern auf ein eher markt­freund­liches Pro­gramm ein­ge­las­sen, damit ging der so­zial­demo­kratische Mar­ken­kern ver­loren. Viel­leicht ist auch ein Fak­tor, dass die Sozial­demo­kra­tie immer auch da­ran er­innert, dass man als Mensch ein Gemein­schafts­wesen ist und dass es auch den gemein­schaft­lichen Ein­satz für die eige­nen Rechte braucht. Da steckt viel­leicht für manche Men­schen eine ge­wis­se Kränk­ung ihrer Eitel­keit drin. Nach dem Mot­to: Du schaffst es nicht alleine. Das ist ja das, was uns der neo­li­be­rale Zeit­geist jahre­lang ein­ge­impft hat: dass man für sich alleine kämpfen müsse. Ich frage mich, ob sich das nicht lang­sam aus­ge­wach­sen hat und diese hyper­in­di­vi­dua­lis­tische Bot­schaft an Attrak­ti­vi­tät ver­loren hat. Bei Co­ro­na war ja auch sehr klar: Wir sind alle Teil einer Ge­sell­schaft. So­gar Boris Johnson hat, als er aus dem Kran­ken­haus ent­las­sen wur­de, fest­ge­stellt, dass der alte Spruch von Mar­garet Thatcher nicht stimmt, und öffent­lich ge­sagt: „There is such a thing as society.“

Barbaba Tóth in FALTER 40/2020 vom 02.10.2020 (S. 20)

Posted by Wilfried Allé Wednesday, September 30, 2020 5:29:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie  

Mit einer Einführung von Heinz D. Kurz

von Joseph A. Schumpeter

Einleitung von: Heinz D. Kurz
Verlag: UTB
Format: Taschenbuch
Genre: Politikwissenschaft/Politische Theorien, Ideengeschichte
Umfang: 650 Seiten
Erscheinungsdatum: 08.06.2019
Preis: € 37,00

Rezension aus FALTER 39/2020

Kapitalismus oder Sozialismus?

Joseph A. Schumpeter, der weltweit vielleicht bekannteste öster­reichische Öko­nom des 20. Jahr­hun­derts, war Uni­versi­täts­pro­fes­sor in Czer­no­witz, Graz und Har­vard, kurz­zei­tig so­gar Bank­direk­tor und Fi­nanz­mi­nis­ter. Sein Durch­bruch ge­lang mit dem 1942 in den USA pu­bli­zier­ten Buch „Ka­pi­ta­lis­mus, So­zi­alis­mus und Demo­kra­tie“, des­sen The­ma den Nerv der Zeit traf, weil es die große Fra­ge nach der Weiter­ent­wick­lung der mo­der­nen Zi­vi­li­sa­tion stellte.

Im Jahr 2020 erscheint nun erst­mals die voll­stän­dige, auch den wich­tigen fünf­ten Teil um­fas­sende, zehnte deutsch­sprachige Auf­lage des Klas­si­kers. Diese ist das Ver­dienst von Heinz D. Kurz, eme­ri­tier­ter Öko­no­mie­pro­fes­sor an der Uni­ver­si­tät Graz und Doyen der öko­no­mi­schen Theorie­ge­schichte.

Das Buch stellt zwei Fragen: Erstens, kann der Ka­pi­ta­lis­mus wei­ter­leben? Zwei­tens, kann der So­zia­lis­mus funk­tio­nieren? Schum­peter, um­fas­send ge­bil­deter So­zial­wissen­schaft­ler, liebte de­tail­lier­te Ana­lyse und inno­va­tive Ge­dan­ken­kombi­na­tionen, aber auch star­ke Sprü­che. Seine Ant­wor­ten auf die bei­den Fra­gen fielen eben­so pro­vo­kant wie nüch­tern aus. Zu eins: „Nein, meines Er­ach­tens nicht.“ Zu zwei: „Selbst­ver­ständl­ich kann er es.“

Das ist eine für einen Konser­va­ti­ven über­raschende These. Schum­peter singt ein Lob­lied auf den Kapi­ta­lis­mus, preist des­sen Dy­na­mik, Inno­va­tion, Wohl­stands­schaf­fung und ana­ly­siert Vor­aus­setzungen wie Pri­vat­eigen­tum, Ver­trags­frei­heit und Ban­ken­kre­dit­schöp­fung. Den­noch sieht er sein Ende kom­men. Mit dem Ent­stehen von Mono­po­len und Groß­unter­nehmen ver­liert das Unter­nehmer­tum an Be­deu­tung, des­sen Inno­vations­kraft von techno­kra­tischen For­schungs­ab­tei­lungen über­büro­kra­ti­sier­ter Aktien­ge­sell­schaf­ten über­nom­men wird. Auch Pri­vat­eigen­tum und Ver­trags­recht schwin­den an­ge­sichts der Tren­nung von Eigen­tum und Kon­trol­le in großen Unter­nehmen. Und In­tellek­tuelle wen­den sich we­gen der kras­sen Un­gleich­heit bei Ein­komm­en und Ver­mö­gen ab.

Joseph Schumpeter nimmt das Werk von Karl Marx ernst, dis­ku­tiert den in Schum­peters Ge­burts­jahr 1883 ge­stor­benen Vor­gänger als Pro­pheten, So­zi­olo­gen, Natio­nal­öko­nomen und Leh­rer und ist voll des Lobes. Doch weder zum Unter­nehmer­tum noch zur Funk­tions­fähig­keit einer alter­na­ti­ven so­zia­lis­tischen Wirt­schafts­ord­nung hatte Marx viel zu sagen.

Das besorgt dann lieber Schum­peter selbst. Im So­zi­alis­mus seien die wich­tigen Preis­sig­nale setz­bar, die wirt­schaft­liche Effi­zi­enz mach­bar und die für den Ka­pi­ta­lis­mus so typi­schen Ver­geu­dungen von pro­duk­tiver Ar­beits­kraft ver­meidbar. Gerät er in Kon­flikt mit der Demo­kra­tie? Schum­peter be­legt diese Ge­fahr im fünf­ten Teil des Ban­des mit dem Irr­weg der bol­sche­wis­ti­schen Dik­ta­tur in der Sowjet­union, die nicht hin zum So­zia­lis­mus führt, son­dern weg von ihm.

Doch wie der Herausgeber Heinz Kurz in seiner Ein­führung aus­führt, hat er kein Auge für das pa­ral­lel zu den vielen Auf­lagen seines Werkes ent­ste­hende so­zial­demo­kra­tische Pro­jekt von So­zial­staat und ge­misch­ter Wirt­schaft mit Pri­vat- und öffent­lichem Ei­gen­tum, so­zia­ler Um­ver­tei­lung, Sta­bi­li­sie­rung der Kon­junk­tur und Be­reit­stel­lung öffent­licher Gü­ter. In die­ser Hin­sicht war Schum­peter wohl zu sehr vom ei­genen Genie ein­ge­nom­men, wollte und konnte den Bei­trag des li­bera­len bri­ti­schen Öko­no­men John M. Keynes, nicht ent­sprechend wür­digen.

Dennoch gehört „Kapitalis­mus, So­zia­lis­mus und Demo­kra­tie“ zu den in­spi­rierendsten öko­no­mi­schen Wer­ken des 20. Jahr­hun­derts, Schum­peter zu den größ­ten Öko­no­men des klei­nen Öster­reich. Nun endl­ich voll­ständig in deut­scher Sprache.

Markus Marterbauer in FALTER 39/2020 vom 25.09.2020 (S. 20)

Posted by Wilfried Allé Wednesday, September 23, 2020 5:18:00 PM Categories: Ideengeschichte Politikwissenschaft/Politische Theorien
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Wie Demokratien sterben 

Und was wir dagegen tun können

von Steven Levitsky, Daniel Ziblatt

Übersetzung: Klaus-Dieter Schmidt
Verlag: Pantheon
Format: Taschenbuch
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 320 Seiten
Erscheinungsdatum: 26.08.2019
Preis: € 14,40

Rezension aus FALTER 38/2020

Steven Levitsky und Daniel Ziblatt analysieren in ihrem Bestseller aus dem Jahr 2018 Stationen auf dem Weg ins Autoritäre. Sie bringen historische und aktuelle Beispiele wie Hugo Chávez in Venezuela und Viktor Orbán in Ungarn, sie nennen die Philippinen, Polen oder die Türkei und Deutschland der 1930er. Solide, gute Verfassungen sind immens wichtig, ebenso wichtig sind aber die ungeschriebenen Regeln und Normen der politischen Auseinandersetzung. Dazu gehört etwa, den politischen Gegner zwar scharf zu kritisieren, ihm aber nicht die grundsätzliche Legitimität, am politischen Prozess teilzunehmen, abzusprechen. Dazu gehört auch, schiedsrichterartige Institutionen wie Höchstgerichte nicht infrage zu stellen. Aber auch die Presse, Interessenvertretungen und die Geheimdienste. „Wer ein Fußballspiel manipulieren will, nimmt sich zuerst die Schiedsrichter vor“, schreiben die Autoren. Mainstream-Parteien, also Volksparteien der Mitte, kommt dabei eine „Wächterfunktion“ zu. So loben die Autoren etwa jene hochrangigen ÖVPler, die sich in der überparteilichen Wahlbewegung für Bundespräsident Alexander Van der Bellen engagierten, um den Extremisten Norbert Hofer zu verhindern.

Barbaba Tóth in FALTER 38/2020 vom 18.09.2020 (S. 21)
 

Rezension von: Timo Brandt

25.10.2018

"Demokratien können nicht nur von Militärs, sondern auch von ihren gewählten Führern zu Fall gebracht werden, von Präsidenten oder Ministerpräsidenten, die eben jenen Prozess aushöhlen, der sie an die Macht gebracht hat. […] Der demokratische Rückschritt beginnt heute an der Wahlurne. […] Wenn die Zusammenbrüche von Demokratien in der Geschichte uns eines lehren, dann, dass extreme Polarisierung für Demokratien tödlich ist.” Aus dem Vorwort des Buches “So geht also die Freiheit zugrunde – mit donnerndem Applaus.” Padmé Amidala, Star Wars Episode III Wenn man popkulturelle Referenzen nicht scheut, dann könnte man die letzten 20 Jahre als palpatinische Periode bezeichnen. Viktor Orbán, Recep Tayyip Erdoğan, Wladimir Putin, Hugo Chávez und nicht zuletzt Donald Trump – dies nur die populärsten Beispiele für Staatschefs, die demokratisch gewählt wurden und danach begangen, die demokratischen Strukturen so zu schwächen oder zu verbiegen, dass sie ihren Machterhalt sichern und keine offene, pluralistische Demokratie mehr gewährleisten. Auch in Ländern, in denen noch keine Autokraten regieren, gibt es verstärkt autokratische Bewegungen. Noch ist die Welt nicht so düster wie das Titelblatt, aber wer wirklich in einer offenen Gesellschaft leben will, der hat es dieser Tage in vielen Ländern der Welt immer schwerer. Von einer Krise der Demokratie zu reden ist also angebracht, aber letztlich steckte die Demokratie schon immer in der Krise – nur weil sie das fairste und vernünftigste, ja sogar beste politische System ist, heißt das nicht, dass sie auch das einfachste ist oder das am wenigsten anfällige. Ganz im Gegenteil. Demokratien sind komplex und stets bedroht. Schon kleinste Ungleichgewichte oder kurzfristige Veränderungen können sie aus der Bahn werfen. Und die Demokratie ist zwar oft gegen Angriffe von außen, aber meist sehr schlecht gegen Angriffe von innen gewappnet. Was einmal demokratisch legitimiert ist, kann die Demokratie an empfindlichen Stellen erreichen und ihr dort schaden. “Wer nicht aus der Geschichte lernt, der ist gezwungen, sie zu wiederholen” – dieser Aphorismus könnte in fetten Lettern als Credo auf der ersten Seite dieses Buches stehen. Denn die Autoren unternehmen nicht nur eine Analyse der Gegenwart, die sich vor allem auf Trump und seine Gefahr für die amerikanische Rechtsstaatlichkeit konzentriert, sondern greifen viele anschauliche Beispiele aus der Historie auf, um zu zeigen, wie Demokratien in den letzten 100 Jahren “gestorben” sind, wie es dazu kommen konnte. Dabei werden im Akkord Nägel auf dem Kopf getroffen. Zu sagen, dieses Buch sei schlicht gut, wäre eine Untertreibung und doch könnte man es eigentlich dabei belassen: es ist schlicht ein gutes Buch, im Schreibstil, in der Argumentation, in der Anschaulichkeit. Die Autoren argumentieren keinen Moment lang ideologisch, sondern stellen lediglich fest, führen an, belegen. Sie weisen undemokratisches Verhalten nicht nur in den faschistischen Regimen der 20er, 30er und 40er Jahre oder den heute von Autokraten regierten Staaten nach, sondern auch in den US-amerikanischen Südstaaten der 1880er und 1890er Jahre und an anderen, teilweise überraschenden Orten. Das ganze Buch erarbeitet ein klares Spektrum antidemokratischer Instrumentarien und ermittelt viele alarmierende Beispiele für ihre Anwendung in unserer Zeit. Dabei ergeben sich (zumindest für mich) wie von selbst Parallelen zu anderen Erscheinungen, auch in der eigenen Demokratie. So martialisch der Titel auch klingen mag – er ist gerechtfertigt. Demokratien können sterben und wer ihre drohende Anfälligkeit nicht bemerkt oder sich nicht dagegen wehrt, sie als krank oder als angeschlagen zu betrachten, der hilft durchaus dabei sie zu töten. Donald Trump kam an die Macht, obgleich er in vielerlei Hinsicht als problematische Figur bekannt war – viel zu selten wurde er als antidemokratisch wahrgenommen und von diesem Aspekt geht die eigentliche Gefahr bei ihm aus. Wieder mal so ein Buch, das eigentlich jeder lesen sollte. Es werden wohl wieder nur die lesen, die eh schon ahnen, was auf uns zurollt. Vielleicht ist dies hier nur ein weiteres Testament. Ich hoffe, dem ist nicht so.

Posted by Wilfried Allé Thursday, September 17, 2020 2:09:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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