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Small is beautiful 

Die Rückkehr zum menschlichen Maß: Mit einer Einführung von Niko Paech

von Ernst F. Schumacher

Verlag: oekom verlag
ISBN: 9783962381363
Umfang: 320 Seiten
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Erscheinungsdatum: 07.10.2019
Format Hardcover
Einführung von: Niko Paech
Reihe: Bibliothek der Nachhaltigkeit
Preis: € 22,70

 

Kurzbeschreibung des Verlags

Ernst F. Schumachers Plädoyer für eine Rück­kehr zum mensch­lichen Maß ist ein ech­ter Klas­siker der Nach­haltig­keit – mit hoher Aktua­li­tät. Denn die Frage nach dem rech­ten Maß in Wirt­schaft und Tech­no­lo­gie ist heute ak­tu­el­ler denn je.
Größe ist kein Wert an sich: Sie kann vor­teil­haft sein, muss es aber nicht. In der Öko­no­mie führt Größe zu Macht­kon­zen­tra­tion, ver­drängt Viel­falt und ist häu­fig nicht nach­hal­tig. Diesen Drang nach immer mehr hat Schumacher in seinem Welt­best­seller be­reits 1972 kri­ti­siert. Statt­dessen plä­diert er für eine »Mini­aturi­sierung der Tech­nik« sowie da­für, »ein Maxi­mum an Glück mit einem Mini­mum an Kon­sum zu er­rei­chen«.

Posted by Wilfried Allé Tuesday, July 19, 2022 12:37:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Eine Bohne rettet die Welt 

Warum die Billigfleisch-Ära zu Ende geht und was Soja damit zu tun hat

von Matthias Krön

Verlag: ecoWing
ISBN: 9783711003140
Umfang: 184 Seiten
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Erscheinungsdatum: 14.04.2022
Format Hardcover
Preis: € 24,00

 

Kurzbeschreibung des Verlags

Unsere Ernährung darf kein Klimakiller sein!

Die Klimakrise ist in aller Munde. Buchstäblich. In Südamerika zerstört man wertvolle Regenwälder, damit An­bau­flächen für Soja­bohnen ent­stehen. Soja wird rund um den Erd­ball trans­por­tiert und dient als Fut­ter für Tiere. Deren Fleisch lan­det zum Bil­lig­tarif in unseren Super­märkten, ge­för­dert von der euro­pä­ischen Agrar­poli­tik. Eine fa­tale Ent­wicklung, die den Klimawandel an­heizt.
Matthias Krön engagiert sich für einen regio­nalen und gen­tech­nik­freien An­bau von Soja in Euro­pa. In seinem Buch weist er einen Aus­weg aus dem Billig­fleisch-Di­lem­ma.
- Ackerbau in den Tropen: Was muss sich ändern?
- Klimafreundliche statt klimaschädliche Nahrungs­mittel­pro­duk­tion
- Regional und ökologisch: Wie gelingt Nach­haltig­keit in der Land­wirt­schaft?
- Mehr Fleischersatzprodukte statt Fleisch­konsum zum Billig­preis
- Fundiertes Sachbuch vom Gründer der Organi­sation »Donau Soja«

Nachhaltig leben gegen die Klimakrise: Was wir jetzt tun können

Mehr als 70 Prozent aller landwirt­schaft­lichen Nutz­flächen welt­weit pro­du­zie­ren Tier­futter. Das gilt auch für den euro­pä­ischen Acker­bau. Wie können Agrar­poli­tik und Ver­brau­cher ge­gen­steu­ern? Was kön­nen wir tun, um die Regen­wälder zu be­wahren und uns um­welt­be­wusst zu er­näh­ren?
Die Sojabohne steht für Matthias Krön im Zen­trum der Er­näh­rungs- und Klima­dis­kus­sion. Wenn die wer­volle Eiweiß­quelle Soja Men­schen statt Tiere er­nährt, ist ein wich­tiger Schritt zur Um­kehr ge­tan. Wir brau­chen Nah­rung ohne Öko­zid und ohne klima­schäd­liche Tier­fa­bri­ken. Der Autor zeigt, wie das – mit Hilfe von Soja aus euro­pä­ischem An­bau – ge­lin­gen kann.

FALTER-Rezension

Maria Motter in Falter 27/2022 vom 08.07.2022 (S. 43)

Posted by Wilfried Allé Saturday, July 9, 2022 12:45:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Landverstand 

Was wir über unser Essen wirklich wissen sollten

von Timo Küntzle

Verlag: Kremayr & Scheriau
ISBN: 9783218012904
Umfang: 336 Seiten
Genre: Sachbücher/Natur, Technik/Natur, Gesellschaft
Erscheinungsdatum: 24.03.2022
Format Taschenbuch
Reihe: K&S Um/Welt
Preis: € 24,00

 

Kurzbeschreibung des Verlags

„Wir Konsumenten blockieren ein nachhaltigeres globales Ernährungs­system, indem wir der Land­wirt­schaft einen Mühl­stein aus Vor­ur­teilen, Denk­ver­boten und wider­sprüch­li­chen Wün­schen um den Hals hängen.“
Über unser Essen und die Art und Weise seiner Her­stel­lung wurde nie emo­tio­naler und ver­bis­sener dis­ku­tiert als heute. Gleich­zei­tig ist die Zahl der Men­schen mit direk­tem Ein­blick in die Land­wirt­schaft auf einem his­to­ri­schen Tief­stand. Klar ist ledig­lich: Jedes Lebens­mit­tel soll makel­los und rund ums Jahr zu haben sein – aber bitte nach­haltig, regio­nal und bio. Kann das funk­tio­nieren? Natür­lich nicht, sagt Timo Küntzle. Der Jour­na­list und Land­wirt­sohn sieht genau hin, um mit roman­ti­sie­ren­den und ver­teu­felnden Vor­ur­teilen auf­zu­räumen. Welche Rolle spielt Land­wirt­schaft beim Klima­wan­del? Ist „bio für alle“ rea­lis­tisch? Wie schäd­lich sind Glypho­sat und andere Pes­ti­zi­de tat­säch­lich, was sind die Alter­na­tiven? Und nicht zu­letzt: Ist unsere Angst vor Gen­tech­nik auf dem Tel­ler be­rech­tigt, war unser Es­sen in der „guten alten Zeit“ wirk­lich bes­ser? Die Ant­wor­ten sind nicht im­mer ein­fach. Aber zwei­mal hin­se­hen lohnt sich. Nicht nur, weil es um unser täg­lich Brot geht, son­dern auch, weil etwas mehr Land­ver­stand uns allen gut­täte.

FALTER-Rezension

Maria Motter in Falter 27/2022 vom 08.07.2022 (S. 43)

Posted by Wilfried Allé Saturday, July 9, 2022 10:58:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Natur Technik/Natur
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Die dunkle Seite der Christdemokratie 

Geschichte einer autoritären Versuchung

von Fabio Wolkenstein

Verlag: C.H.Beck
ISBN: 9783406782381
Umfang: 222 Seiten
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Politik
Erscheinungsdatum: 12.05.2022
Format Taschenbuch
Preis: € 17,50

 

Kurzbeschreibung des Verlags

SÖDER, KURZ ODER ORBÁN - WOHIN STEUERT DIE EUROPÄISCHE CHRISTDEMOKRATIE?

In Ungarn wickelt Viktor Orbáns Fidesz-Partei gerade die Demo­kra­tie ab und be­ruft sich da­bei be­son­ders empha­tisch auf die christ­demo­kra­tische Tra­di­tion. Ein un­ge­höri­ger Affront, könnte man mei­nen. Aber wie ernst war es christ­demo­kra­ti­schen Par­teien in der Ver­gan­gen­heit eigent­lich mit der libe­ra­len Demo­kra­tie?
Nach Ende des Zweiten Welt­kriegs fei­er­te die Christ­demo­kra­tie in Eu­ro­pa ihren Sieges­zug. Da­bei setz­ten sich be­son­nene Staats­män­ner wie Kon­rad Ade­nauer, Alcide de Gas­peri oder Robert Schuman auf einem vor­mals von Krieg und Gewalt ge­präg­ten Kon­ti­nent nach­drück­lich für Frie­den, Wie­der­auf­bau und Sta­bi­li­tät ein. Dennoch hatte die Christ­demo­kra­tie im Nach­kriegs­eu­ro­pa auch eine dunkle Seite: Der auto­ri­täre Geist des reak­tio­nären poli­ti­schen Katho­li­zis­mus wirkte in ihr wei­ter, was sich etwa an der un­ver­hoh­le­nen Be­wun­de­rung vie­ler Christ­demo­kra­ten für Dik­ta­to­ren wie Franco und Salazar oder einem an­ge­spannten Ver­hält­nis zur frei­en Pres­se und den Ins­ti­tutio­nen der libe­ra­len Demo­kra­tie offen­barte. Durch die schritt­weise Ab­kehr von kon­ser­va­ti­ven Posi­tio­nen – in Deutsch­land vor al­lem in der Ära Kohl voll­zogen – er­fuhr die Christ­demo­kra­tie schließ­lich einen nach­hal­ti­gen Demo­kra­ti­sierungs­schub. Aller­dings war der Preis da­für eine ideo­lo­gi­sche Ent­ker­nung. Fabio Wolken­stein blickt in seinem Buch auf die lange und wechsel­volle Ge­schich­te der Christ­demo­kra­tie in Eu­ro­pa zu­rück und fragt, wel­chen autori­tä­ren Ver­suchungen sie wider­stan­den, aber auch wel­chen sie nach­ge­ge­ben hat. Da­bei spannt er einen wei­ten Bo­gen bis zur Gegen­wart: Wel­che Stra­te­gien des Macht­er­halts wäh­len christ­demo­kra­tische Par­teien heute?

Lupenreine Demokraten? Das ambi­va­lente Ver­hält­nis der euro­päi­schen Christ­demo­kratie zum rech­ten Rand

Welche Strategie wird sich in den kommenden Jahren in der Union durch­setzen?
 

FALTER-Rezension

Die autoritäre Versuchung der Christ­demo­kratien

Religion, die Dominanz des katholischen Christen­tums und die macht­volle Ver­bin­dung von staat­licher und reli­gi­öser Herr­schaft, war in Euro­pa ein zen­tra­ler Fak­tor bei der Heraus­bil­dung der po­li­ti­schen Par­teien­sys­teme. Die Gegen­spieler der Christ­demo­kra­tien, die sozial­demo­kra­ti­schen Par­teien, ver­lang­ten Säku­lari­sierung und insti­tutio­nelle Tren­nung von Kirche und Staat. Die Christ­demo­kra­tie ver­stand sich nicht als Vor­rei­terin in Sachen indi­vi­duel­ler Frei­heit und Emanzi­pa­tion, sie stand viel­mehr für un­glei­che Ge­sell­schafts­vor­stel­lungen, für hierar­chi­sche Fami­lien-und Ge­schlechter­be­ziehungen. Um sym­bo­lisch mit dem poli­ti­schen Katho­li­zis­mus der Christ­lich-So­zia­len Par­tei der Zwi­schen­kriegs­zeit zu brechen, mied in Öster­reich im Jahre 1945 die ÖVP zwar das C im Par­tei­namen, die ge­sell­schafts­po­li­ti­schen Posi­tio­nen blie­ben aber über Jahr­zehnte dem reak­tio­nä­ren Welt­bild ver­haf­tet. Den­noch, schreibt Fabio Wolken­stein in sei­nem neuen Buch, feier­ten nach 1945 die christ­demo­kra­ti­schen Par­teien an den Wahl­ur­nen und in den Macht­zen­tra­len zahl­rei­che Sieges­züge.
Wolkenstein widmet sich den christ­demo­kra­ti­schen Par­teien und ihrem Ver­hält­nis zur libe­ra­len Demo­kra­tie. Genauer gesagt: Das Buch be­schäf­tigt sich mit einem Partei­en­typus, der sich als christ­demo­kra­tisch ver­steht bzw. so ver­stan­den wer­den will, ohne je­doch not­wen­di­ger­weise auch die christ­liche Sozial­lehre zu ver­inner­lichen. Die funk­tio­nale Di­men­sion des Chris­ten­tums über­la­gert bei zahl­rei­chen Par­teien die sub­stan­zielle.

Der Buchtitel "Die dunkle Seite der Christ­demo­kratie" legt eine Art Ab­rech­nung mit den demo­­kra­tie­­poli­­tisch heikl­en Sei­ten nahe. Diese Er­war­tung wird nicht ganz er­füllt. Wolken­stein setzt seine Ana­lyse zwar in den Rah­men der Ge­schichte einer auto­ri­tä­ren Ver­su­chung. Kon­kret wer­den so­wohl ver­gan­gene als auch aktu­elle Ent­wick­lungen in euro­pä­ischen Län­dern in den Blick ge­nom­men, die nicht zu­letzt mit Re­ferenz auf christ­li­che Wer­te und Tradi­tion­en da­bei sind, wesent­liche Ele­men­te der libe­ralen Demo­kra­tie zum Ein­sturz zu brin­gen. Ungarn ist das illustrative Beispiel. Die Erkenntniskraft des Buches liegt aber in der Wechselhaftigkeit einer Longue durée. Die europäische Christ­demo­kra­tie ent­wickelte und prak­ti­zierte ihre dunk­len Sei­ten, sie er­fuhr und er­mög­lichte aber auch Re­form und Demo­­kra­­ti­­sierungs­­schübe. Das euro­pä­ische Pro­jekt gilt als das visio­näre Pro­jekt der "Väter" der Christ­demo­kratie.

Das Buch wählt den Zugang auf die demo­kra­ti­schen und auto­ri­tären Ver­su­chungen über die "großen" männ­li­chen Re­prä­sen­tan­ten der euro­pä­ischen Christ­demo­kratie -und tat­säch­lich spiel­ten, ab­ge­sehen von Angela Merkel, Frauen an vor­ders­ter Front kaum eine Rol­le. Die nicht sel­ten be­wun­dern­den Posi­tio­nen und Par­teinahmen für auto­ri­tä­re Re­gime und deren Dik­ta­toren (z.B. Franco) unter­mauern die demo­kra­tie­poli­tisch problema­tische Aus­rich­tung.
Die sozial-und politik­wissen­schaft­liche For­schung zeigte bis­lang wenig Inter­esse an der Christ­demo­kra­tie. Die Bücher­regale sind viel mehr ge­füllt mit Lite­ra­tur zu Popu­lis­mus, kon­ser­va­tive Par­teien kom­men da­bei als ver­stär­kende und nor­ma­li­sie­rende Kräfte in den Blick. Das an­ge­spannte Ver­hält­nis zu Demo­kra­tie, Plu­ra­lis­mus und indi­vi­duel­len Rechten wurde bis­lang kaum sys­te­ma­tisch unter­sucht. Das vor­lie­gende Buch füllt die­ses Vaku­um. Elo­quent ge­schrie­ben, be­leuch­tet es die Span­nungs­li­nien zwi­schen Demo­kratie­ent­wicklung und Demo­kratie­ge­fähr­dung - wo­bei Letz­teres hier und heute die be­son­dere Auf­merk­sam­keit ver­dient.

Sieglinde Rosenberger in Falter 25/2022 vom 24.06.2022 (S. 20)

Posted by Wilfried Allé Tuesday, June 28, 2022 12:07:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Politik
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Wenn nicht jetzt, wann dann? 

Handeln für eine Welt, in der wir leben wollen

von Harald Lesch , Klaus Kamphausen

Verlag: Penguin
ISBN: 9783328600213
Umfang: 368 Seiten
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Erscheinungsdatum: 17.09.2018
Format Hardcover
Preis: € 29,90
Preis-Kindle: € 12,99

 

Kurzbeschreibung des Verlags

Geben wir unser Bestes für eine bessere Welt!

An jeder Ecke scheint es zu brennen: Die Menschen haben einen drama­ti­schen Klima­wan­del in Gang ge­setzt. Rück­sichts­los wer­den Mensch und Na­tur aus­ge­beu­tet. Das Le­ben ist bis zum Zer­reißen durch­öko­no­mi­siert, die Ge­sell­schaft ge­spal­ten. Über­all stecken wir in läh­men­den Wider­sprü­chen. Rat­losig­keit macht sich breit. Was kön­nen wir, was kann je­der Ein­zel­ne tun? Wir ha­ben kei­ne Zeit zu ver­za­gen, sa­gen Harald Lesch und Klaus Kamp­hausen. An zahl­rei­chen Bei­spie­len zei­gen sie, wie wir mit Wider­sprü­chen um­ge­hen kön­nen, und er­ör­tern mit nam­haf­ten Ex­per­ten wie Ottmar Eden­hofer, Karen Pit­tel und Ernst Ulrich von Weizsäcker Lö­sungs­an­sätze, Hand­lungs­mög­lich­kei­ten und Ideen für ein ge­deih­liches Zu­sam­men­leben. Ein Weck­ruf und ein Mut­mach­buch!
Ge­druckt wird das Buch nach dem welt­weit ein­zig­ar­ti­gen Druck­ver­fahren Cradle-to-Cradle TM auf höchs­tem öko­lo­gi­schem Ni­veau. Auf ein Ein­schweißen wird da­her ver­zich­tet. Pa­pier, Druck­far­ben und wei­tere Druck­kom­po­nen­ten sind für den bio­lo­gi­schen Kreis­lauf opti­miert und zu 100% re­cycling­fähig. Das Buch wurde in Öster­reich auf Pa­pier aus nach­hal­ti­ger Forst­wirt­schaft ge­druckt.
Ausstattung: zahlreiche Ab­bil­dun­gen und Gra­fi­ken.

Bewertung von MelaKafer am 26.03.2019

Wenn man ein Buch von Harald Lesch in die Hand nimmt, dann ist eines klar. Die An­sprü­che, die man an dieses Werk stellt, wer­den sehr, sehr hoch sein. Man er­war­tet fun­dier­tes Fach­wis­sen, das locker und für jeder­mann ver­ständ­lich auf­be­rei­tet ist und einen unter­hält.
All das liefert dieses Buch wie neben­bei. Aber das ge­ballte Wis­sen, das Harald Lesch und Klaus Kamp­hausen mit Gra­fi­ken, Ta­bel­len, Re­den be­rühm­ter Men­schen, Anek­do­ten und tol­len Bil­dern ver­mit­teln, sprengt alles, was ich bis­her ge­le­sen habe. Es ist das um­fang­reichs­te, was ich zum Thema Ret­tung des Pla­ne­ten und so­zia­le Ge­rech­tig­keit ge­le­sen habe. Es zeigt, wo­hin wir steu­ern, wenn wir nichts an unse­rem Ver­hal­ten ändern und ist doch ein durch und durch posi­ti­ves Werk, das uns Lö­sun­gen aus die­sem Di­lem­ma auf­zeigt.
Jeder einzelne kann und muss sich über­legen, was er dazu bei­zu­tra­gen im Stande ist, da­mit auch unsere Kin­der noch eine Welt vor­fin­den, in der sie leben wol­len und kön­nen.
Das Generationen-Manifest am Ende des Buches ist eine wun­der­bare Über­ein­kunft und eine Richt­schnur, um un­se­ren Kin­dern eine gute und ge­rech­te Welt zu hinter­las­sen.
Ein ganz großes Buch, dass ich wirk­lich jedem ans Herz legen möchte.

Posted by Wilfried Allé Sunday, June 12, 2022 10:19:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Das Blaue Buch der Fahrradtechnik 

von C. Calvin Jones

Verlag: Delius Klasing
ISBN: 9783667118844
Ausgabe: 4. Auflage 2020
Umfang: 252 Seiten
Genre: Ratgeber/Fahrzeuge/Fahrrad
Erscheinungsdatum: 23.01.2020
Format Taschenbuch
Preis: € 30,80

 

Kurzbeschreibung des Verlags

Das Blaue Buch der Fahrradtechnik BBB-4 von Calvin Jones ist vollgepackt mit leicht nachvollziehbaren Schritt-fu¨r-Schritt-Anleitungen, Farbfotos und Reparaturtipps, damit Sie mit auf dem Fahrrad auf der Straße oder im Gelände komfortabel und problemfrei unterwegs sind. Reifenpanne, Bremse oder Schaltung justieren, Laufrad zentrieren, Naben, Steuersatz oder Innenlager warten? Mit dem BBB-4 sind Sie auf der sicheren Seite.

Sorgfältig recherchiert und u¨berarbeitet, enthält die 4. Auflage des Blauen Buchs neben aktualisierten Fotos, Drehmomentwerten und Tabellen zur schnellen Fehlerbehebung zusätzliche Informationen zu Laufradbau, elektronischen Kettenschaltungen, 12-fach und 1-X Antrieben, Tubeless-Reifen, Scheibenbremsen, Steuersatz- sowie Innenlagerstandards und mehr. Ein unverzichtbares Nachschlagewerk fu¨r Neulinge und erfahrene Fahrradschrauber.

Seit Jahrzehnten anerkannte Autorität auf dem Gebiet der Fahrradwartung und -reparatur, startete Calvin Jones seine Karriere als einfacher Fahrradmechaniker und Servicemanager. Es folgten Stationen als Teammechaniker der US-Mannschaften bei Olympia und diversen Weltmeisterschaften, Redner, Ausbilder und Industrieberater. Inzwischen verfolgt eine wachsende Fan-Community seine populären Videos auf dem YouTube-Channel von Park Tool. Er hat 10 Bu¨cher zu seinem Lieblingsthema geschrieben und ist seit 1997 Director of Education bei der Park Tool Company.

Rezension von Caspar Gebel

Caspar Gebel sitzt seit fast 40 Jahren auf dem Rennrad. Der Fachjournalist und Sachbuchautor arbeitet für Velomotion und auch für die Zeitschriften Procycling und Fahrrad News. mehr ->

Posted by Wilfried Allé Saturday, June 4, 2022 10:27:00 AM Categories: Ratgeber/Fahrzeuge/Fahrrad
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Genug gejammert! 

Warum wir gerade jetzt ein starkes soziales Netz brauchen.

von Martin Schriebl-Rümmele , Martin Schenk

Verlag: Ampuls Verlag
ISBN: 9783950450903
Umfang: 176 Seiten
Genre: Sozialwissenschaften allgemein
Erscheinungsdatum: 11.09.2017
Format Hardcover
Illustrationen: Gerhard Haderer
Preis: € 18,90

 

Kurzbeschreibung des Verlags

Österreichs Sozialsystem ist eine Erfolgsgeschichte. Lange war es Garant für Wohlstand und sozialen Aufstieg für breite Bevölkerungsschichten. Doch anstatt die Stärken des Sozialstaats in wirtschaftlich schwierigen Zeiten abzusichern, wird er oft krankgeredet und ausgehöhlt. Der soziale Friede wird aufs Spiel gesetzt, Grundrechte werden in Frage gestellt, sozialer Abstieg bis weit in die Mittelschichten hinein wird in Kauf genommen. Solidarität schwindet, wird uns eingeredet und dabei Neid gesät: Junge gegen Alte, Gesunde gegen Kranke, Arbeitssuchende gegen Arbeitsplatzbesitzer, Inländer gegen
Zugezogene.
„Hören wir auf das soziale Netz krank zu jammern und verbessern wir es dort, wo bereits Lücken entstanden sind“, fordern der Sozialexperte Martin Schenk und der Gesundheitsjournalist Martin Schriebl-Rümmele. Die positiven Wirkungen des Sozialstaats gehören gestärkt, die Fehlentwicklungen korrigiert. Die Autoren gehen dabei auch auf zentrale Emotionen
der Debatte ein, wie Kränkung, Ohnmacht und Kontrollverlust. Zusammen mit der Pensionsexpertin Christine Mayrhuber und dem Wirtschaftsforscher Alois Guger zeigen sie, warum gerade jetzt ein starkes, soziales Netz wichtig ist und wie wir es gemeinsam verbessern können.

FALTER-Rezension

Der Trick, der aufgeht wie Unkraut

Was, die anderen sollen auch mehr kriegen? Eine Gruppe englischer Arbeiter, die eine Lohnerhöhung wollte, verzichtete letztlich auf diese – nur damit eine andere Gruppe, die sie nicht mochte, sie auch nicht bekam. Dieses Beispiel schildern Martin Schenk, stv. Direktor der Diakonie Österreich, und der Gesundheitsjournalist Martin Schriebl-Rümmele, um die perfide Wirkung des Neids deutlich zu machen. Die Autoren vergleichen das mit der Debatte um die Mindestsicherung: Da präsentieren Politiker Asyl als Grund für Kürzungen, doch am Ende trifft es alle – Familien mit mehreren Kindern, Alleinerziehende, pflegende Angehörige. Es sei ein politischer Trick, Neid unter Leuten zu säen. Wir richten diesen nämlich gegen Menschen, die uns ähnlich sind. Deswegen haben auch die millionenschweren Steuertricks der Superreichen, wie sie mit den Panama Papers enthüllt wurden, keine große Empörungswelle ausgelöst. Wer kennt schon jemanden, der eine Briefkastenfirma besitzt? Aber „Sozialschmarotzer“, da fiele einem schon jemand ein ... Und schon sind die weniger Mächtigen gespalten, während die wirklich Gutgestellten ihre Ruhe haben.
In der Verteidigung des Sozialstaats weist der gelernte Psychologe Schenk auf die Rolle der Emotionen hin. Neben Neid seien das Ohnmacht und Kränkung, wenn etwa aus Arbeitern in der öffentlichen Debatte „sozial Schwache“ werden, „defizitäre Unterschichtsdeppen, die nichts können“. Menschen müssten wieder Selbstwirksamkeit erleben können, in der Arbeit, im Dorf. Der Sozialstaat selbst liege keinesfalls darnieder, er stütze die Wirtschaft und den sozialen Frieden. Zur Untermauerung warten die Autoren mit einer geballten Datenladung auf, die Pensionsexpertin Christine Mayrhuber steuerte ein Kapitel bei, ihr Wifo-Kollege Alois Guger gab ein Interview. Das gut lesbare Buch, das durch Karikaturen von Gerhard Haderer aufgelockert wird, setzt Killerphrasen handfeste Argumente entgegen. Warnung: Die Wucht an Fakten plus ihrer gängigen Umdeutungen kann grantig machen.

Gerlinde Pölsler in Falter 50/2017 vom 15.12.2017 (S. 26)

FRAGE: Was ist heute anders als vor 5 Jahren?

Nichts! Nichts ist anders.
Und dass es so ist, wie es ist, dafür dürfen wir uns bei Schwarz, bei Türkis, bei Blau und bei Grün bedanken </Satire>.

Es ist höchst an der Zeit, dass es anders, dass es besser wird. Besser für die Vielen, nicht nur für ein paar Wenige.
Die Zeit ist vorbei, wo uns Schalmeienklänge aus Message-Control und heilsbringende Botschaften von klientelfreundlichen Medien aufgetischt wurden. Viele, sehr viele Chats zeigen schonungslos Gegenteiliges auf. Diese mitunter garstigen Unterhaltungen für Vorhaben und Machenschaften können nicht mehr länger verborgen gehalten werden. Tag für Tag apern neue Ungeheuerlichkeiten aus konservativ dominierten Kreisen heraus. Selbst noch so viel Kunstschnee kann ihre Tiraden nicht mehr länger zugedeckt halten.

Rund um uns, in Europa, ja weltweit werden politischen Weichen bereits anders gestellt.
Wann folgt Österreich?
Jeder weitere Tag der ins Land zieht, ist ein verlorener Tag.

Posted by Wilfried Allé Monday, May 30, 2022 5:11:00 PM Categories: Sozialwissenschaften allgemein
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Radikalisierter Konservatismus 

Eine Analyse

von Natascha Strobl

Verlag: Suhrkamp
ISBN: 9783518127827
Umfang: 192 Seiten
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Erscheinungsdatum: 12.09.2021
Format Taschenbuch
Preis: € 16,50
Reihe: edition suhrkamp

 

Kurzbeschreibung des Verlags

Von der Krise der Sozialdemokratie ist allerorten die Rede. Doch auch viele tra­di­tions­reiche Mitte-rechts-Par­teien be­fin­den sich im Nieder­gang oder zu­min­dest in einer Zwick­mühle: Sollen sie sich für pro­gres­sive ur­bane Mi­li­eus öffnen? Oder lieber ihr kon­ser­va­tives Pro­fil schär­fen? Während Angela Merkel für das eine Modell steht, re­prä­sen­tieren Poli­ti­ker wie Do­nald Trump oder Sebas­tian Kurz das andere. Sie sind Ver­tre­ter eines radi­ka­li­sier­ten Kon­ser­vatis­mus. Nata­scha Strobl ana­ly­siert ihre rhe­to­ri­schen und poli­ti­schen Stra­tegien. Sie zeigt, wie sie Res­sen­ti­ments be­die­nen, um ihre An­hän­ger­schaft zu mo­bi­li­sieren, oder eigene Nar­ra­tive er­schaf­fen, um »Mes­sage Con­trol« aus­zu­üben und Kri­tik als Fake News ab­zu­tun. Statt in­halt­licher Aus­ein­ander­setzung suchen sie die Kon­fron­ta­tion. In ihren ei­genen Par­teien re­du­zieren sie die Demo­kratie, setzen auf kleine Be­rater­zir­kel und Per­so­na­li­sierung. Da­bei grei­fen sie, so Strobl, immer wie­der auch auf die Metho­den rechts­radi­ka­ler Be­we­gun­gen und Or­gani­sationen zu­rück.

FALTER-Rezension

Der neue alte paranoide Stil

Natascha Strobl seziert den radikalisierten Konser­vativis­mus, der vom Rechts­ex­tremis­mus nur schwer zu unter­scheiden ist

Rechter Konser­vativis­mus und Rechts­extre­mis­mus sind vieler­orts un­unter­scheid­bar ge­worden. Das be­trifft natür­lich nicht alle Kon­ser­va­tiven, aber in vie­len kon­ser­va­tiven Par­teien machen sich extrem rechte Flü­gel breit. In man­chen Län­dern wer­den die tradi­tio­nel­len kon­ser­va­tiven Par­teien von den Radi­kalen regel­recht ge­kapert und über­nom­men, man denke nur an die ameri­ka­ni­schen Repu­bli­kaner oder die Öster­reichische Volks­par­tei unter ihrem Chef Sebas­tian Kurz seit 2017.

Anderswo wiederum entstehen Parteien des "radi­kali­sier­ten Kon­ser­va­tis­mus", oft als "Popu­lis­ten" apo­stro­phiert, die den klas­sischen Kon­ser­va­ti­vis­mus er­setzen und ver­drän­gen. Diese Welt "radi­kali­sierten Kon­ser­vatis­mus" unter­zieht die Wiener Poli­tik­wissen­schaft­lerin Nata­scha Strobl in ihrem schmalen Suhr­kamp-Bänd­chen einer kom­pak­ten und weit­gehend ein­leuch­tenden Ana­lyse.

"Die staatstragenden Parteien einer ge­dach­ten Mitte hat­ten im­mer das Ziel, die Ge­sell­schaft mit der in ihr gül­tigen Ord­nung zu be­wahren. Es war eine im Wort­sinn kon­ser­va­tive Hal­tung. Da­rum geht es im radi­kali­sier­ten Kon­ser­va­tis­mus nicht mehr. Viel­mehr wer­den Löcher in die aktu­elle Ge­sell­schaft ge­ris­sen oder be­ste­hende Dif­feren­zen ver­größert. Polari­sierung ist für den radi­kali­sierten Kon­ser­va­tismus der (...) Normal­zu­stand."

Ein wenig ist das eine Reaktion auf ein Problem, das der Kon­ser­va­tivis­mus im­mer schon, aber in den ver­gan­genen Jahr­zehnten zu­nehmend hatte: Er findet nichts mehr Be­wahrens­wertes. Irgend­wie ist das lo­gisch, da er im­mer schon eine Reak­tion auf die Mo­der­ne war. Nach 150 Jah­ren Mo­der­ne ist das Eden des Kon­ser­va­ti­vis­mus end­gül­tig perdu. Er ist nicht nur wü­tend auf das, was ist, son­dern auch auf das, was ges­tern schon war.

So fordern diese neuen Konservativen nicht die Ver­tei­di­gung des Be­ste­hen­den, son­dern be­kla­gen einen all­ge­meinen Ver­fall, sie geben sich volks­tüm­lich und kämpfen ge­gen die "libe­ra­len Eli­ten", die seit dem gegen­kul­tu­rel­len Auf­bruch der 1960er-Jahre ent­stan­den sind.

Aber nicht jeder, der die ökonomischen Rezepte des Neo­libera­lis­mus ver­kündet, ist des­wegen schon da­für, dass man den jun­gen Leu­ten mehr Ma­nie­ren ein­trich­tern muss. Nicht je­der, der da­für plä­diert, den Sozial­staat ab­zu­räumen, um Härte ins Leben der ver­weich­lich­ten Wohl­fahrts­staat-Be­wohner und -Be­wohner­innen zu bringen, meint auch, dass "wir" die Mos­lems "hin­ter das Mit­tel­meer" zu­rück­werfen müs­sen. Aber er­staun­lich viele ver­schrei­ben sich diesem ge­samten "Paket".

Für Nerds und Politikprofis fallen Strobls minu­ti­öse Rück­schauen auf die ver­schie­denen Polit-Akti­onen von Sebas­tian Kurz und Donald Trump etwas zu breit aus -jeden­falls dann, wenn man das schon alles kennt.

Wer wenig Zeitung liest, erhält dafür eine gute Zu­sam­men­fas­sung. Etwas kurz ge­raten die Hin­weise auf die his­to­ri­sche Her­kunft dieses Kon­ser­va­ti­vis­mus, etwa der Stahl­helm-Rechten der "kon­ser­va­ti­ven Re­vo­lution" und (proto-)fa­schis­tischer Be­we­gungen von vor 100 Jahren.

Gänzlich ignoriert und womöglich unter­schätzt wird der Bei­trag des ameri­ka­ni­schen "Neo-Kon­ser­vati­vis­mus", der seit den 1960er-Jahren den US-Kon­ser­vati­vis­mus radi­kali­sierte. Das, was Richard Hof­stet­ter schon vor Jahr­zehnten den "para­noi­den Stil" nannte.

Natascha Strobl dekliniert den Politik­stil dieses Kon­ser­vati­vis­mus auf ihre Art durch. Die Po­lari­sierung und Er­regungs­be­wirt­schaf­tung, die er braucht. Die Auf­ganse­lei gan­zer Ge­sell­schaf­ten. Dieses Sprechen im Namen einer ver­meint­lich schwei­gen­den Mehr­heit, der "regu­lar guys", der "nor­ma­len Leute". Der Führer­kult und die In­sze­nie­rung des An­führers als Star. Die Ein­tei­lung in Fleißige und Faule, die öko­no­mi­sche Benach­tei­li­gung gerne als Cha­rak­ter­schwäche inter­pre­tiert. Die Rhe­torik der Härte.

Ihr Fazit: "Im radikalisierten Kon­ser­va­tis­mus ver­schmel­zen die Feind­bilder der tradi­tio­nel­len ex­tremen Rech­ten mit jenen des Neo­libera­lis­mus."

Robert Misik in Falter 39/2021 vom 01.10.2021 (S. 15)

Posted by Wilfried Allé Monday, May 23, 2022 7:39:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Wenn das in die Hose geht, sind wir hin 

Chats, Macht und Korruption. Eine Spurensuche

von Florian Scheuba

ISBN: 9783552073166
Erscheinungsdatum: 11.04.2022
Umfang: 160 Seiten
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Politik
Format: Taschenbuch
Verlag: Zsolnay, Paul
Preis: € 18,50

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

„Noch komischer als in der österreichischen Polit-Realität von Bussi-Chats und Liebesschwüren wird es nur, wenn Florian Scheuba sich einmischt. Lesen, lachen, lernen!“ Bastian Obermayer, Frederik Obermaier (Süddeutsche Zeitung)
Hunderttausende Chat-Nachrichten auf einem Mobiltelefon aus dem nächsten Umfeld des mittlerweile zurückgetretenen österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz erschütterten im Herbst 2021 die Republik. Sie lösten ein politisches Erdbeben aus, das noch stärker nachwirkt als das berüchtigte „Ibiza“-Video. Gekaufte Medien, perfide Intrigen, schamloser Postenschacher und Korruption verschiedener Ausprägung treten darin zutage. Es ist ein Lügengebäude, das seinen zuvor stets auf Message Control bedachten Erbauern nun um die Ohren fliegt.
Der investigative Kabarettist Florian Scheuba hat sich auf eine so spannende wie satirische Spurensuche begeben. Was er dabei fand, ist ein von Nebelgranaten verdunkeltes Trümmerfeld, das so manche Überraschung aus dem Innenleben der türkisen Parteifamilie bereithält.
 

FALTER-Rezension:

Anekdoten zum U-Ausschuss

Es sei für die Arbeit eines Kabarettisten nicht zwingend notwendig, dass man auch beim Lesen laut lache, aber ein Qualitätskriterium sei es allemal: Das schreibt der Schriftsteller Daniel Kehlmann ins Vorwort von Florian Scheubas neuem Buch. Scheuba liefert mehr als das. Seine Sammlung an Betrachtungen über die meist türkise und noch ein bisschen bläuliche Welt und ihre Gepflogenheiten (man will ja nicht Machenschaften sagen) liefert den anekdotischen Bass für den derzeit laufenden U-Ausschuss, salopp ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss genannt. Scheuba trifft auf Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz, dient als "unbotmäßiger österreichischer Innenpolitikbeobachter", seziert, erzählt die ungeheuerlichsten Geschichten, entführt in die Märchenwelt, und alles stellt sich als wahr heraus. Zur Ehrenrettung der Sozialdemokratie kommt der Dosko irgendwann auch noch vor. Schönste Analogie: als Scheuba das Zeitschinden der ÖVP im vorherigen U-Ausschuss (mit ähnlichem Thema) mit der Fußballschande von Gijón von 1982 vergleicht. Einziger Unterschied: Damals gewannen alle Beteiligten.

Eva Konzett in Falter 20/2022 vom 20.05.2022 (S. 23)


Die größte Freude, die man TATSÄCHLICHEN GAUNERN machen kann, ist zu sagen, dass eh alle Gauner sind

Die Intellektuellen, die Künstler, sie haben einen Vorteil: Sie sind keiner Partei Rechenschaft schuldig, über sie wachen keine Institutionen oder Lobbyistenverbände. Das macht ihre Aussagen mächtig. Wie mächtig, das haben zwei offene Briefe bewiesen, die vergangene Woche deutsche Feuilletons veröffentlicht haben. Ihr Adressat: der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD). Ihr Ziel: Waffenlieferungen an die Ukraine zu verhindern beziehungsweise anzutreiben. Das Ergebnis: eine breite, kontrovers geführte, manchmal untergriffige, mitunter faktenwidrige, aber notwendige Debatte des "Wie stehst du zu diesem Krieg?".

Zu den Mitunterzeichnern des zweiten offenen Briefes zählen der deutsch-österreichische Schriftsteller Daniel Kehlmann und der österreichische Kabarettist und Publizist Florian Scheuba.

Die beiden hat der Falter zum Gespräch geladen. Über die Pflicht des Künstlers und Humor als Sicherheitsnetz. Zu viert trifft man sich über Zoom. Kurze technische Probleme. Schwarze Kacheln. Dann endlich erscheinen Scheubas Umrisse: "Grüß' Sie!", tönt es einem entgegen. "Ich freue mich auch", erwidert Kehlmann.

Falter: Herr Kehlmann, in Deutschland richten sich Intellektuelle über offene Briefe ihre Haltung zum Ukraine-Krieg, besonders zu deutschen Waffenlieferungen, aus. Sie haben den Brief unterzeichnet, der sich für Waffenlieferungen ausspricht. Warum?

Daniel Kehlmann: Der offene Brief, den Alice Schwarzer in der Zeitung Emma initiiert hat und der die Ukraine zur Kapitulation auffordert, hat viele meiner osteuropäischen Freunde wirklich entsetzt und getroffen. Dann ist der Journalist Deniz Yücel auf mich zugekommen und hat gefragt, ob ich nicht den Antwortbrief unterzeichnen möchte. Meine erste Reaktion war: "Um Gottes willen, ein zweiter offener Brief, das hat doch etwas Albernes." Ich glaube, den meisten, die da unterschrieben haben, ist nicht entgangen, dass das etwas unfreiwillig Komisches hat: "The Battle of Open Letters." Aber ich habe nun einmal das Entsetzen vieler Menschen aus Osteuropa über den ersten Brief gesehen und gedacht, dass es in diesem Fall wohl wirklich wichtig ist zu zeigen, dass es auch die andere Meinung gibt, nämlich die, dass wir der Ukraine auf jede Weise helfen müssen. Natürlich ohne selbst Kriegspartei zu werden.

Österreich als neutraler Staat darf keine Waffen liefern. Ist deshalb die Diskussion hier leiser, Herr Scheuba?

Florian Scheuba: Ich glaube, die Diskussion wird noch bei uns ankommen. Seit vergangener Woche ist auch eine neue Qualität der Verblödung aufgetaucht, in Form des Interviews, das Peter Weibel (österreichischer Konzeptkünstler, Anm.) im Standard gegeben hat. Weibel ist einer der Initiatoren des Emma-Briefes. Er hat erklärt, dass die Menschen aus der Ukraine auch vor der Korruption flüchten würden. Fragt sich, warum sie damit gewartet haben, bis sie von Putin überfallen wurden. Dann hat er noch gesagt, Russland habe das Recht, sich bedroht zu fühlen. Diese völlige Faktenbefreitheit kann man nicht hinnehmen. Da muss man aufstehen und sagen: Freunde, jetzt wird's lächerlich! Und so habe ich den Brief auch unterschrieben. Den zweiten natürlich.

Was können diese Briefe bewirken?

Scheuba: Der Sinn der Übung ist, dass die Leute darüber zu reden beginnen. Vielleicht bin ich Peter Weibel später dafür dankbar, dass er auch breitere Bevölkerungsschichten wie mich mit in die Diskussion hineingezogen hat, weil es offensichtlich notwendig war, ein paar primitiv-selbstverständliche Sachen zu formulieren. Bei einer Opfer-Täter-Umkehr mitzumachen ist einfach so was von daneben!

Kehlmann: Die Sache wird noch ein wenig absurder dadurch, dass ja in dem Moment, als die offenen Briefe geschrieben wurden, eigentlich alles schon entschieden war. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hatte die Waffenlieferungen an die Ukraine wenige Tage zuvor beschlossen. Es ging also eigentlich nur noch um die Meinung in der Öffentlichkeit. Wobei: Öffentlichkeit klingt gleich so großspurig. Mir ging es wirklich darum, den Polen und Ukrainern, die ich kenne, zu zeigen, dass es den anderen Standpunkt auch gibt.

Der deutsche Historiker und Osteuropaexperte Karl Schlögel kritisiert, Westeuropa habe die Ukraine nie auf der "Mental Map" gehabt. Erst das Schlachtfeld habe uns die Ukraine ins Bewusstsein gerufen. Haben wir wirklich den Krieg gebraucht, um zu verstehen, dass es da ein sehr großes Land an der EU-Außengrenze gibt, das nicht Russland heißt?

Kehlmann: Die Deutschen blenden Osteuropa gerne aus. Besonders ältere Intellektuelle haben oft das Bild von Deutschland auf der einen Seite, gleich daneben Russland, und über den chaotischen Flickenteppich von Osteuropa hinweg kommuniziert man miteinander. Die vitale Präsenz von Osteuropa fehlt in ihrem Weltbild. Das ist in Österreich zum Glück anders, in Österreich war aus historischen Gründen die Ukraine auch immer viel präsenter. Aber ich will mich da gar nicht ausnehmen. Mein Großvater wurde in Sawallja in der Westukraine geboren, ein jüdischer Deutschösterreicher, wie das damals hieß, noch zu Zeiten der Monarchie. Und trotzdem lese ich Karl Schlögels Buch über die Ukraine erst jetzt. Ich hätte es lesen können, als es herauskam, vor inzwischen auch schon ein paar Jahren. Habe ich leider nicht gemacht.

Auf beiden Briefen finden sich Namen von Personen, die sich durchaus vernünftig in diese Debatte eingebracht haben. Beide Positionen sind sehr klar und wirken unverrückbar. Ist das nicht auch Ausdruck einer großen Ratlosigkeit?

Kehlmann: So unverrückbar ist es gar nicht. Man muss nicht aus allem tiefste Spaltungen konstruieren. Die Schriftstellerin Juli Zeh, die den ersten Brief unterschrieben hat, hat mir gestern gesagt, wie gut formuliert, abgewogen und wichtig sie den zweiten fand und wie wichtig sie findet, dass alle Standpunkte zur Diskussion kommen. Und vielleicht haben einige den ersten Brief auch nur unterschrieben, weil sie die militärischen Entwicklungen nicht so genau mitverfolgt haben. Die Idee, dass die Ukraine nur verlieren könne und deswegen besser gleich kapitulieren sollte, hätte ich unter Umständen am zweiten Kriegstag auch für richtig gehalten. Aber jetzt, nach all diesen militärischen Erfolgen der Ukraine, sieht es doch etwas anders aus.

Scheuba: Die Diskussion mit Peter Weibel kann man vielleicht Nina Proll oder Roland Düringer überlassen. Aber für alle, die sich mit lauteren Motiven an dieser Debatte beteiligen, könnte man es ja auch so zuspitzen, dass es letztlich um zwei positive Begriffe geht und um die Frage, wie man sie gegeneinander abwägt und welchem man in welcher Situation den Vorrang gibt. Der eine ist der Begriff Pazifismus und der andere ist der Begriff Antifaschismus.

Kehlmann: Man kommt dann unvermeidlich doch wieder zu dem Philosophen Isaiah Berlin zurück und seiner Ansicht, dass die Demokratie sich dadurch auszeichne, dass in ihr die Werte kollidierten. Dieses Aufeinanderprallen kann man nicht sauber aus der Welt schaffen, sondern immer nur in Form von Kompromissen wegarbeiten, mit denen dann natürlich alle Beteiligten unzufrieden sind. Und das ist das Problem unserer Diskussionen, wie sie besonders in den sozialen Medien heute stattfinden: Niemand duldet unordentliche Kompromisse, überall herrschen radikale Reinheitsfantasien. Da scheint dann nur eine Meinung akzeptabel, und wer davon abweicht, den schreit man an. Ich erinnere mich, wie ich als Kind im österreichischen Fernsehen den "Club 2" gesehen habe. All diese kettenrauchenden Menschen, die miteinander diskutierten. Auch wenn viele sicher Blödsinn geredet haben, die unendliche Diskussion selbst hatte etwas Herrliches.

Scheuba: Die haben auch noch Alkohol trinken dürfen dort. Das hat das Niveau der Diskussion durchaus gesteigert.

Kehlmann: Sehr.

Inwiefern muss denn der Künstler, die Intellektuelle Position beziehen?

Scheuba: Ein Künstler muss grundsätzlich überhaupt nichts zu irgendetwas sagen, er hat keine prinzipielle Verpflichtung. Ich finde es dennoch legitim, eine Künstlerin wie Anna Netrebko zu fragen, wie sie die ganze Sache jetzt sieht. Es ist legitim, das zu fragen, weil sie vorher aktiv Propaganda für Wladimir Putin und die Abspaltung des Donbass gemacht hat. Es ist ebenso legitim, Herrn Waleri Gergijew (russischer Stardirigent, Anm.) rauszuhauen, weil er Teil des kriminellen Systems Putin ist. Das hat eine andere Qualität.

Kehlmann: Als Romanautor sollte ich eigentlich versuchen, nicht zu viele Meinungen zu haben. Nehmen wir "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" von Marcel Proust: Da spielt der Dreyfus-Prozess eine entscheidende Rolle. Proust hielt den Prozess, in dem ein jüdischer Offizier 1894 ohne ausreichende Beweise der Spionage angeklagt wurde, für eine antisemitische Katastrophe. Aber wenn man nur das Buch liest, würde man nicht draufkommen, welche Haltung Proust hat. Ich sehe das als eine Stärke, weil Proust so zeigen kann, wie dieser Konflikt in alle Verästelungen der Gesellschaft hineinwirkte. Oder denken Sie an Kafka, der auf faszinierende Weise unfähig war, eine abstrakte politische Meinung zu haben. Es liegt eine literarische Stärke in dieser Abstinenz von Meinungen. Das sage ich als jemand, der gerade einen offenen Brief unterschrieben hat (lacht). Das erste Mal zur Politik habe ich mich damals zur Zeit der Kurz-Strache-Regierung geäußert. Für mich war das eine Bedrohung der Demokratie. Dass Putins Feldzug nun ebenfalls eine Bedrohung der Demokratie ist, muss man nicht weiter erklären. Aber unterhalb solcher Bedrohungen ist es für einen Romanautor wohl doch besser, sich zurückzuhalten. Und zwar besser für die künstlerische Arbeit, für den unbeteiligten Blick, den sie braucht.

Bleiben wir bei Österreich. Herr Kehlmann, Sie schreiben im Vorwort zum neuen Buch von Florian Scheuba (siehe Seite 17), dass "Länder, in denen es mit rechten Dingen zugeht, zwar eine hohe Lebensqualität haben, aber ein schwaches Kabarett". Jetzt haben wir in Österreich ein sehr tolles Kabarett, was sagt das über das Land aus?

Kehlmann: Na genau das! Kabarettisten stellt man ja gern die Frage, ob sie überhaupt noch Kabarett machen können, wenn die Wirklichkeit ohnehin schon so absurd ist. Meiner Meinung nach ist das eine dumme Frage, ein reines Klischee. Natürlich kann man besseres Kabarett machen, wenn die Wirklichkeit aberwitzig ist, als wenn man Satire über die Straßenplanung in Oslo macht, die ich mir jetzt sehr vernünftig vorstelle. Natürlich war in Amerika politische Comedy in der Trump-Zeit besser als in der Obama-Zeit. Dort, wo Absurdität, Korruption, Gemeinheit und Dummheit herrschen, sind Kabarettisten am meisten gefragt.

Scheuba: Es gibt einen Unterschied zwischen freiwilliger und unfreiwilliger Komik. Die Politiker wollen ja nicht Satire machen. Die sitzen nicht da und überlegen sich besonders Lustiges, damit das Volk etwas zum Lachen hat, auch wenn es manchmal so wirken könnte. Sie meinen das ernst.

Warum lassen sich die Österreicherinnen und Österreicher das eigentlich gefallen?

Scheuba: Ich erkenne einen gewissen Spin à la "Das machen eh alle so","Es sind ja alle Gauner". Das ist grundfalsch. Die größte Freude, die man tatsächlichen Gaunern machen kann, ist zu sagen, dass eh alle Gauner sind. Diese Verallgemeinerung greift leider in Österreich. Aber es ist nicht aussichtslos, wenn selbst Heinz-Christian Strache in der Lage ist zu differenzieren. Das wissen wir seit dem Ibiza-Video, wo er am Anfang sagt, dass die Novomatic alle zahle. Und später sagt er: Sie zahlt alle drei. Er meint damit die Sozialdemokraten, die Volkspartei und die Freiheitlichen. Wenn also sogar Strache in der Lage ist, bei politischer Verantwortung zu differenzieren, kann man es auch der österreichischen Bevölkerung zumuten und erst recht unseren Politikern.

Als die Justiz das Handy von Strache konfiszierte, meinte dessen Parteikollege Andreas Mölzer, das Gerät würde Stoff für die kommenden zehn Jahre liefern. Dann kam das Handy von Thomas Schmid. Haben Sie angesichts von 340.000 sichergestellten Chatnachrichten jemals gedacht: Florian, jetzt hast du ausgesorgt?

Scheuba: Letztlich hängt alles zusammen. Es hätte ohne Ibiza weder ein Schmid-noch ein Strache-Handy gegeben. Die aktuelle Diskussion um die Inseratenkorruption durch Wirtschaftsbund, durch Vereine, die Parteizeitungen herausgeben, etc. liegt auch im Ibiza-Video angelegt, wo Strache erklärt, dass verdeckte Spenden an die Parteien über die Vereine am besten funktionieren. Deshalb hat eine Korruptionsstaatsanwaltschaft angefangen, sich das genauer anzuschauen, und langsam kommen die Ergebnisse daher. Sie sind derart einschneidend, dass ich nur hoffen kann, dass sie tatsächlich etwas bewirken. Momentan schaut es danach aus, als würde ein System, das über viele, viele Jahre völlig unbeachtet gelaufen ist, zumindest einmal einen Rechtfertigungsdruck bekommen. Das sehe ich als eine sehr positive Entwicklung.

Kehlmann: Und vergessen wir nicht, der Mann, der das Ibiza-Video gemacht und all das ins Rollen gebracht hat, sitzt aufgrund eines -ich würde sagen -lächerlichen Beweises im Gefängnis. Für mich ist das einer der größten Justizskandale der Zweiten Republik, und ich kann nicht verstehen, wie die Öffentlichkeit einfach achselzuckend darüber hinweggeht.

Sie sprechen den Prozess gegen Julian Hessenthaler an, der wegen des Handels mit 1,25 Kilo Kokain (nicht rechtskräftig) verurteilt worden ist. Das Urteil beruht vor allem auf sich widersprechenden Aussagen zweier suchtkranker Zeugen. Einer bekam vor der Aussage massive Geldzahlungen vom Novomatic-Lobbyisten Gert Schmidt. Das Gericht sah ausgerechnet in der Widersprüchlichkeit der Aussagen den Beweis, dass die beiden sich nicht abgesprochen hätten und deshalb die Wahrheit sagen.

Kehlmann: Genau. Ich habe die Urteilsbegründung gelesen, es ist überhaupt nicht zu fassen. Es ist ein echtes Schandurteil.

Herr Scheuba, Sie widmen dem Hessenthaler-Prozess ein Kapitel in Ihrem Buch und zitieren aus Unternehmensdokumenten, die Ihnen zugespielt wurden. Da steckt viel Recherchearbeit dahinter. Wie viel Präzision braucht es für eine richtig gute Pointe?

Scheuba: Zuallererst muss mich eine Geschichte interessieren, ich muss das Gefühl haben, dass das mehr Leute wissen sollten. Da finden sich laufend zu wenig beachtete Sachen. Das ist ein Phänomen der an sich kleinen Medienszene in Österreich, aber auch ein ganz generelles Problem. Es passiert so wahnsinnig viel, dass auch gutwillige und idealistische Journalisten nicht mehr damit nachkommen, alles abzudecken. Zwangsläufig gehen Sachen dabei unter. Die reizen mich dann oft besonders. Ein Beispiel: Momentan ist unsere Gasabhängigkeit von Russland ein Riesenthema. Wie ist es denn dazu gekommen? Wer hat das damals in der OMV verantwortet, welche Rolle hat der umtriebige Investor Sigi Wolf gespielt, welche Rolle der ehemalige OMV-Chef Rainer Seele?

Haben Sie schon eine Antwort?

Scheuba: Im Fall von Seele ist die Putin-Unterwerfung so weit gegangen, dass er sogar Putins Lieblingsfußballklub eine 25-Millionen-Euro-Spende für "Nachwuchsförderung" geschenkt hat. Von unserem Geld natürlich.

Sie beschreiben die Zustände mit Neologismen wie "Damokles-Handy", "Meinungsdesigner" und "Kanzler-Culture". Reicht denn der Duden nicht aus, um Österreich beizukommen?

Scheuba: Der Journalist Paul Lendvai hat in einer Rede kürzlich das Wort "Zudeckungsjournalismus" verwendet, das ich entworfen haben dürfte. Wenn es gelingt, solche Vorgänge in einen Begriff zu gießen, freue ich mich schon sehr. Natürlich habe ich da auch meinen Spaß daran. Ich habe Lust an einer Pointe, das ist ja auch meine Aufgabe. Wenn das auf fruchtbaren Boden fällt und Leuten gefällt, umso besser. Sätze wie "Vergiss nicht, du hackelst für die ÖVP, du bist die Hure für die Reichen"(Thomas Schmid an einen Kabinettsmitarbeiter im Finanzministerium, 2018, Anm.) hätte ich mich aber selbst in einer satirischen Überhöhung nie zu schreiben getraut. Das ist definitiv zu platt als Pointe. Und dann liefert der Chat-Partner noch die fantastische Antwort "Danke, dass wir das so offen besprechen können"!

Kehlmann: Deine Stärke, Florian, ist, dass du nie wütend wirst. Die Haltung und die Stimme in deinem Podcast beispielsweise ist immer eine von heiterem Amüsement. Dadurch entsteht eine künstlerisch produktive Reibung zwischen einem Inhalt, der Zorn erzeugt, und einem Vortrag, der überhaupt nicht zornig ist. Und ich denke mir schon, dass es schwer ist, da nicht zornig zu werden.

Warum werden Sie nicht zornig, Herr Scheuba?

Scheuba: Vielleicht, weil Humor für mich so wie Musik ein Grundlebenselement ist. Den Humor zu verlieren wäre für mich, wie das Gehör zu verlieren. Bei Themen, die mich ärgern, ist der Humor einfach Schutz und Waffe gleichermaßen. Humor ist auch eine Form von Notwehr. Wenn ich diese Notwehrwaffe nicht mehr hätte, würde ich mich sehr geschwächt fühlen.

Herr Kehlmann, Sie haben den früheren österreichischen Kanzler Sebastian Kurz einmal das "größte politische Talent unserer Zeit" genannt.

Kehlmann: Sie müssen den zweiten Teil des Satzes aber auch zitieren, da meinte ich: "Schade, dass so jemand keine Prinzipien hat." Aber auch das mit dem Talent muss ich auf dem gegenwärtigen Wissensstand etwas modifizieren. Ich hätte mir diesen ganzen Blödsinn mit dem Beinschab-Österreich-Tool nicht träumen lassen. Ich verstehe noch nicht einmal, warum sie das ganze Theater gemacht haben. Die Idee, über gefälschte Umfragen in der Gratiszeitung Österreich an die Kanzlerschaft zu kommen, ist doch völlig absurd. Das wäre so, als wenn ich die Furche für eine gute Rezension bestechen wollte, um so an einen Literaturnobelpreis zu kommen. Es wäre illegal, aber vor allem so untauglich! Nein, wenn man sich ansieht, wie Sebastian Kurz sich bewegt hat, wie er aufgetreten ist, wie er immer wieder unter Druck nicht zusammengebrochen ist, wie gut er kommuniziert hat, dann muss man doch anerkennen, dass da ein echtes politisches Talent war. Kurz hat mich fasziniert, ja. Aber seine Leere und völlige Skrupellosigkeit haben es eben dann doch völlig ruiniert. So ein Talent war er dann eben doch nicht. Da wissen wir jetzt mehr.

Taugt er zur literarischen Figur?

Kehlmann: Für eine Hauptfigur ist er zu glatt. Menschliche Wahrhaftigkeit ist bei ihm nie sichtbar geworden. Sehen Sie sich im Vergleich dazu jemanden wie den deutschen Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen an. Auch das ist ein politischer Profi, aber man empfindet immer ein echtes menschliches Gegenüber. Und das macht Habeck dann letztlich auch zum größeren politischen Talent. Ich höre immer wieder Leute sagen: "Ich wähle nicht die Grünen, aber Habeck ist wirklich ehrlich, dem glaube ich." Können Sie sich diesen Satz über Kurz vorstellen? Wahrhaftigkeit gehört eben doch dazu, irgendeine Form von Tiefe. Dass sie bei Kurz so sehr gefehlt hat, macht ihn zu einer tauglichen literarischen Nebenfigur, aber als Hauptfigur disqualifiziert es ihn.

In Deutschland und in Österreich regieren die Grünen mit. In Deutschland seit langem wieder, in Österreich das erste Mal. Wo machen sie es besser?

Scheuba: Ich kann es nur für Österreich beantworten: Das Positive, das die Grünen in Österreich vollbracht haben, war das Zurückdrängen des Systems Pilnacek. Das ist für die österreichische Justiz eine enorme Befreiung. Ohne diesen Schritt wären wohl all die Geschichten, über die wir heute reden, wegadministriert worden wie damals die Eurofighter-Causa. Dass Alma Zadić im Justizministerium zumindest das ermöglicht hat - und es war ein schwieriger Kampf -, ist für mich der zentrale Punkt. Natürlich wäre mehr drin gewesen und ist auch noch mehr drin für die Unabhängigkeit der Justiz. Diese Leistung rechtfertigt für mich aber bis zu einem gewissen Grad die Arbeit der Grünen in der Regierung, die ja doch am Anfang sehr defensiv angelegt war.

Herr Scheuba, Herr Kehlmann, zum Schluss noch zurück zur Ukraine. Kannten Sie Wolodymyr Selenskyj vor dem Februar 2022?

Scheuba: Ich habe 2018 über ihn recherchiert. Damals hatten wir als "Staatskünstler" die Programmidee: Was würde passieren, wenn wir in die Politik gingen? Und da habe ich mich mit Selenskyj beschäftigt, der ja erst einen Präsidenten gespielt hat, bevor er selbst Präsident der Ukraine wurde. Mit den "Staatskünstlern" haben wir es dann nicht weiter verfolgt, weil der Ibiza-Skandal öffentlich wurde. Ich finde es interessant, dass Selenskyjs Erfahrung in der Showbranche bei manchen Kommentatoren jetzt so eine große Rolle spielt. Mir scheint das nicht relevant für die aktuelle Situation in der Ukraine zu sein. Diese Fixierung auf "den Comedian" empfinde ich eher als einen Putin-Propaganda-Spin. Im Sinne von: Dieser Mann kann keine seriöse Politik machen, er ist ein Gaukler. In der Lesart Moskaus ein "faschistischer Nazi-Antisemiten-Gaukler".

Kehlmann: Mir war Selenskyj sehr präsent, weil ich ja in den USA gelebt habe. Erinnern Sie sich an den berühmten Erpressungsanruf Donald Trumps bei Selenskyj am 25. Juli 2019? Der hat letztlich zum ersten Impeachment geführt. Mir ist damals aufgefallen, wie klug und schlitzohrig im guten Sinne Selenskyj Trump da vorgeführt hat. Er hatte ja nie im Sinn, eine unbegründete Untersuchung gegen Hunter Biden, den Sohn von Joe Biden, einzuleiten, obwohl Trump ihn zu erpressen versucht und zugesagte Waffenlieferungen eingefroren hat - wären übrigens die Javelin-Raketen, um die es damals ging, wirklich nicht geliefert worden, hätten die Russen jetzt Kiew eingenommen. Jedenfalls hat Selenskyj in der ganzen Sache sympathisch, geschickt und klug agiert, und seither hatte ich ihn auf dem Schirm. Im Gegensatz zu Sebastian Kurz wäre Wolodymyr Selenskyj natürlich eine große Romanfigur. Ein Comedian, der eine eher alberne, sehr breite, ein bisschen vulgäre Comedy-Show hat, dann halb zum Scherz zur Wahl antritt, schließlich Präsident wird. Und dann im Krieg zu einem großen Präsidenten - also zu jemandem, der dem historischen Moment, auf den er nicht vorbereitet war, plötzlich gewachsen ist. In einem Roman von mir würde er alles überleben und danach wieder schlechte Comedy machen. Aber es wäre nur ein guter Roman, wenn man es erfindet. Jetzt hat die Wirklichkeit uns Autoren diesen Stoff weggenommen. Der Krieg geht weiter. Die Geschehnisse werden sich in die Geschichte einschreiben. Die ukrainische Stadt Mariupol wird in der Topografie der verbrecherisch vernichteten Städte neben Coventry und Guernica stehen, jenen von der NS-Luftwaffe zerstörten Städten, deren Namen sprichwörtlich wurden.

in Falter 19/2022 vom 13.05.2022 (S. 14)


Peter Kern, geb. 1954 in Rodalben/Pfalz, Studium der Philosophie, Politik, Theologie in Frankfurt am Main, Redaktionssekretär beim Sozialistischen Büro, politischer Sekretär beim Vorstand der IG Metall, jetzt Leiter einer Schreibwerkstatt.

Posted by Wilfried Allé Thursday, May 19, 2022 10:16:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Politik
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Wien für Entdecker 

Schotti to go

von Michael Schottenberg

Verlag: Amalthea Signum
ISBN: 9783990502211
Umfang: 224 Seiten
Genre: Reisen/Reiseberichte, Reiseerzählungen/Europa
Erscheinungsdatum: 21.04.2022
Format Hardcover
Preis: € 25,00
Reihe: Schotti to go

 

Kurzbeschreibung des Verlags

WIEN IST ANDERS
»Wien ist Orient und Okzident, Gemütlichkeit und Perfidie, eine Melange aus himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt, eine Personalunion zwischen Ratte und sinkendem Schiff.« Reisephilosoph Michael Schottenberg hat eine besondere Beziehung zu der Stadt, in deren schummrig beleuchteten Nachkriegsgassen er einst das Licht der Welt erblickte. Mit liebevoller Zuneigung und doch kritischem Blick trifft er hier neben Wiener Grant und Heurigenglück auf alteingesessene Originale, versteckte Friedhöfe und Märkte sowie bewegende Orte der Erinnerung …
»Wien für Entdecker« ist die Liebeserklärung eines Weltenbummlers an seine Heimatstadt: ein Kaleidoskop von menschlichen Begegnungen, persönlichen Momentaufnahmen und überraschenden Entdeckungen.

Posted by Wilfried Allé Monday, May 16, 2022 9:07:00 AM Categories: Reisen/Reiseführer/Europa
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