von Michael J. Sandel
Verlag: |
S. FISCHER |
ISBN: |
9783103900002 |
Umfang: |
448 Seiten |
Genre: |
Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Gesellschaft |
Erscheinungsdatum: |
23.09.2020 |
Format |
Hardcover |
Ausgabe: |
4. Auflage |
Übersetzung: |
Helmut Reuter |
Preis: |
€ 30,90 |
Kurzbeschreibung des Verlags
Weltweit sind die Populisten auf dem Vormarsch – Michael J. Sandel erklärt, warum.
Gerade in Zeiten des Corona-Virus wird erschreckend deutlich, dass das Gemeinwohl in unseren Gesellschaften in den letzten Jahren an Bedeutsamkeit verloren hat. Die Demokratien stehen auf dem Prüfstand, wir sind Zeugen einer populistischen Revolte. Die Wahl Trumps, der Brexit, der Erfolg der AfD – das sind die wütenden Antworten auf die wachsende Ungleichheit in der Gesellschaft. Der Moralphilosoph Michael J. Sandel sieht die Ursache dafür in der Tyrannei der Leistungsgesellschaft.
Wer hat in unserer Gesellschaft Erfolg – und warum? Unter dem gesellschaftlich unumstrittenen Mantra »Wer hart arbeitet, kann alles erreichen« haben wir gelernt zu glauben, dass jeder genau das hat, was er verdient. Die Profiteure und Nutznießer dieses Systems, das Erfolg auf Leistung und Talent zurückführt, gehen darum davon aus, dass sie ihren Erfolg verdienen, dass er ihnen zusteht, eben weil sie sich angestrengt haben. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass diejenigen, die am System scheitern, selbst Schuld sind.
Die Hybris der Gewinner ebenso wie die Demütigung der Verlierer befeuern den populistischen Protest, dessen Zeugen wir aktuell weltweit sind. Im Kern zielt der Unmut gegenüber den Eliten auf eine Kritik an der Tyrannei der Leistungsgesellschaft, und diese Kritik ist berechtigt. Seit Jahrzehnten nimmt die Ungleichheit in den demokratischen Gesellschaften zu, Verlierer und Gewinner des Systems entfernen sich sowohl auf sozialer als auch auf finanzieller Ebene immer weiter voneinander.
Statt an einer trennenden Ethik des Erfolgs festzuhalten, müssen wir an einer Politik des Gemeinwohls und der Gerechtigkeit arbeiten, die allen Mitgliedern der Gesellschaft zugutekommt.
»Michael Sandel: Der Meister für die großen Fragen des Lebens« Andrew Anthony, »The Guardian«
»Wir sollten die Würde der Arbeit erneuern und sie in den Mittelpunkt unserer Politik stellen. Wir sollten uns daran erinnern, dass es bei der Arbeit nicht nur darum geht, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, sondern dass es auch darum geht, zum Gemeinwohl beizutragen und dafür Anerkennung zu bekommen.« Michael J. Sandel im TED-Talk zu »Vom Ende des Gemeinwohls«
FALTER-Rezension
Von der Würde der Arbeit
Nina Brnada in FALTER 23/2023 vom 09.06.2023 (S. 19)
Michael Sandel ist einer der bekanntesten Philosophen unserer Zeit. Der Harvard-Professor ist nicht nur ein fesselnder Vortragender, der mit seinen Vorlesungen über Gerechtigkeit weltweit ein Millionenpublikum erreicht. Sandel ist auch ein mitreißender Autor, der es versteht, auf eindringliche Weise die Verfasstheit der politischen Gegenwart zu beschreiben, zu analysieren und Vorschläge für Neues zu machen. Etwa in seinem Buch "Vom Ende des Gemeinwohls".
Es erschien 2020, am Höhepunkt der Covid-Pandemie. Zu einer Zeit, in der plötzlich Supermarktmitarbeiterinnen, Essenslieferanten und Busfahrer weltweit zu den beklatschten Heldinnen und Helden des Alltag avanciert waren. Erst die Not der Seuche hatte erkennen lassen, dass diese Menschen, auch wenn sie schlecht bezahlt sind, immens wichtige gesellschaftliche Aufgaben übernehmen.
Genau darum geht es Michael Sandel - um die Würde der Arbeit. Diese gelte es zu rehabilitieren; ebenso wie den Mythos der Leistungsgesellschaft fundamental infrage zu stellen, der den Wert der vermeintlich einfachen Tätigkeiten hintertreibt. Denn der Glaube daran, so Sandel, dass jeder alles erreichen könnte, wenn er nur hart genug arbeite, sei ein verlockender, aber trügerischer Glaubenssatz, den auch die Linke kritiklos übernommen habe.
Eine toxische Illusion, der sich weder die Privilegierten noch die Abgehängten bewusst sind und die beiden schadet. Die einen verleitet sie zur Selbstgefälligkeit, weil sie fälschlicherweise glauben einzig und allein selbst für ihren Erfolg, also ihren finanziellen Wohlstand verantwortlich zu sein. Und die anderen lässt es in Erniedrigung verharren. Das alles hat unmittelbare politische Konsequenzen und führte, so Sandel, zum rechten Backlash in den USA und der Wahl Donald Trumps zum Präsidenten.
Michael Sandel plädiert für eine moralische, ja gar spirituelle Überprüfung dieses meritokratischen Glaubenssatzes.