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Ein französischer Bürgermeister prescht vor

"Wir werden eine Gemeindecharta vorbereiten, die einem Referendum unterworfen wird", kündigte Vincent Paul-Petit (LR) an, der gegen die "stille Epidemie der Bildschirme" protestierte.

"Es ist ein Problem der öffent­lichen Ge­sund­heit. Die An­wen­dung eines ex­ter­nen Ver­bots kann die Dinge ein­facher ma­chen": Am Sams­tag, den 7. Okto­ber, hat der Bür­ger­meis­ter von Seine-Port, eine Ge­meinde in Frank­reich mit knapp 2.000 Ein­woh­nern, eine in­ten­si­ve De­bat­te aus­ge­löst, indem er sei­nen Wählern nichts Gerin­geres als ein Ver­bot von Smart­phones auf der Straße vor­schlug, wie Le Pari­sien be­rich­tet. Für Vin­cent Paul-Petit (LR), der auf einer Kon­fe­renz zu die­sem Thema sprach, ist die Lage ernst.

Worum geht es bei Ihrem Projekt?

Es besteht darin, die Aufmerk­sam­keit al­ler El­tern, Fa­mi­lien und Fach­kräfte für die Ge­fah­ren von Bild­schir­men so weit wie mög­lich zu schär­fen, in­dem am Ende einer Kon­sul­ta­tions­phase eine radi­kale Maß­nahme vor­ge­schla­gen wird: das Ver­bot von Smart­phones im öf­fent­li­chen Raum. Wir wer­den eine Ge­meinde­charta vor­be­reiten, die einem Refe­ren­dum unter­worfen wird. Es wird von El­tern, Groß­el­tern, Ge­sund­heits­fach­kräf­ten und Leh­rern der Ge­mein­de vor­be­rei­tet. Die­se Charta könnte die Idee ent­hal­ten, dass Kin­der, die in die 6. Klas­se ein­tre­ten, ein Tele­fon mit neun Tas­ten er­hal­ten, das tele­fo­niert. Das ist mehr als ge­nug. Mit die­sen Tele­fonen muss man Smart­phones alt­mo­disch aus­sehen las­sen. El­tern unter­schät­zen die Zeit, die ihre Kin­der vor Bild­schir­men ver­brin­gen, und mer­ken nicht, dass sie selbst süch­tig sind. Und in den unter­pri­vi­le­gier­ten Klas­sen, in de­nen die Bild­schirm­zeit noch hö­her ist, ist es noch gra­vie­ren­der. Als Bür­ger­meis­ter und Groß­vater hielt ich es für sinn­voll, ein Be­wusst­sein und ei­nen poli­ti­schen Alarm zu schaf­fen, da der medi­zi­ni­sche Alarm be­reits von Anne-Lise Du­canda heraus­ge­geben wor­den war. Was die Re­gie­rung tut, ist ein Schritt in die rich­tige Rich­tung, aber sie ist nicht auf der Höhe der Zeit. Alle rea­gie­ren, außer in Euro­pa, sie brin­gen wei­ter­hin Bild­schirme in Schu­len an, sie scha­den Kindern.

Warum ist es so wichtig, die Zeit auf dem Smartphone zu begrenzen?

Dies beruht auf einer schrecklichen Beo­bach­tung der stil­len Epi­de­mie von Bild­schir­men, die bei Kin­dern zu Süch­ten füh­ren. Es genügt zu se­hen, dass die durch­schnitt­liche Bild­schirm­zeit für Kin­der im Al­ter von 11 bis 14 Jah­ren in den letz­ten drei oder vier Jah­ren 8 Stun­den pro Tag be­trug (laut einer Studie, die von Ipsos für Unaf im Juli 2021 durch­ge­führt wurde). Und das ist nur ein Durch­schnitts­wert, man­che Kin­der schauen 13 Stun­den am Tag. Je­der kann Kin­der und Jugend­liche auf der Straße be­obach­ten, die in Grup­pen sind, am Ende der Schulen, mit ihren Han­dys. Sie re­den nicht mit­ei­nan­der. So ent­ste­hen Fa­mi­lien mit kran­ken Kin­dern, Kin­der ster­ben durch Cyber­mob­bing, und es be­steht die Ge­fahr des Zu­gangs zu ge­walt­tä­ti­gen Bil­dern, zu Porno­gra­fie. Und das ist die Spitze des Eis­bergs mit einem Ozean von Pro­ble­men da­run­ter: Kin­der, die ein Buch ihres Al­ters nicht mehr le­sen kön­nen, mit­einan­der kom­mu­ni­zie­ren, sich auf eine Mathe­auf­gabe kon­zen­trie­ren... Digi­tale Tech­no­lo­gie ist ein außer­ge­wöhn­li­ches Werk­zeug, wenn sie von ver­ant­wor­tungs­be­wus­sten Er­wach­senen be­herrscht wird.

Konkret würde das bedeuten, dass sich die Men­schen in Ihrer Stadt nicht mehr mit dem Tele­fon auf der Straße zu­recht­finden, dass sie mit ihrem Smart­phone keine Mu­sik mehr hö­ren würden?

Das Hauptziel ist es, Eltern zu hel­fen, die in der Lage sind, zu ihren Kin­dern zu sa­gen: "Der Bür­ger­meis­ter hat ge­sagt, dass es ver­boten ist." Es wird eine Art ex­ter­ne Auto­ri­tät ge­ben, auf die sie sich ver­las­sen kön­nen. Ein Er­wach­sener kann auf der Straße sehen, was er will, das ist nicht das Pro­blem, aber wenn wir un­se­ren Kin­dern hel­fen wol­len, müs­sen wir es auch tun. So kön­nen sie nach dem Weg fra­gen, an­statt eine On­line-Karte zu ver­wenden.

Wie viel Zeit verbringen Sie als Bürgermeister mit Ihrem Smartphone?

Ich habe drei Bildschirme: PC, Tablet, Smart­phone. Vor nicht all­zu lan­ger Zeit war ich Ge­schäfts­in­haber... Aber als ge­wähl­ter Be­am­ter gehe ich zu den Men­schen, ich ver­brin­ge viel Zeit da­mit, mit ihnen zu spre­chen. Ich muss eine Stun­de am Tele­fon und 30 Mi­nu­ten am Tag im Inter­net ver­brin­gen. Und null Minu­ten in den so­zia­len Medien.

Er ändert seine Aussage. Schließlich habe ich immer noch einen Fa­mi­lien-WhatsApp-Feed, aber es ist nicht Tik Tok oder Face­book!

Später schickte der Bürger­meis­ter einen Screen­shot sei­ner "Screen Time", einer An­wen­dung, die die am Smart­phone ver­brach­te Zeit be­rech­net. Al­lein für sein Smart­phone hat er letz­te Wo­che durch­schnitt­lich 2 Stun­den und 12 Minu­ten ge­braucht.

Es ist nicht ein­fach, Bild­schirme zu ent­fernen...!

https://www.az-neu.eu/fran%C3%A7aise-leurope

Posted by Wilfried Allé Wednesday, October 11, 2023 1:17:00 PM
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