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Inside Fridays for Future 

Die faszinierende Geschichte der Klimabewegung in Österreich

von Benedikt Narodoslawsky

EAN: 9783854396666
Verlag: Falter Verlag
Format: Taschenbuch
Genre: Fachbücher
Umfang: 240 Seiten
Erscheinungsdatum: 09.03.2020
Preis: € 24,90

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

„Die Klimakrise zählt zu den größten Herausforderungen der Menschheit, dieser Konsens erstreckt sich vom UN-Generalsekretär über den Papst bis hin zum Weltwirtschaftsforum. Jede Woche gehen Tausende von Schüler*innen auf die Straße. Ihr Leitspruch lautet: „Fridays for Future“.

Die Fridays-for-Future-Bewegung hat global wie auch hierzulande binnen eines Jahres eine historische Dimension bekommen und das Klima-Thema zu einer politischen Top-Priorität gemacht. Das Buch ist gleichzeitig „Erklärstück“ und Standardwerk über die Bewegung in Österreich. Es bringt den Leser*innen die Thematik näher und gibt Hilfestellung, die politische Dynamik der Bewegung und die Klimakrise im Allgemeinen besser zu verstehen.

 

Rezension aus FALTER 11/2020

Die Revolution

Vor einem Jahr wurden Fridays for Future zum politischen Faktor in Österreich. Die unglaubliche Geschichte einer Jugendbewegung

Dezember 2018. Österreichs heißestes Jahr der Messgeschichte geht zu Ende. Die klimaschädlichen Gase sind auf ein Rekordhoch gestiegen. Österreichs Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) leugnet in einem Interview den menschengemachten Klimawandel. Österreichs Umweltpartei – die Grünen – ist politisch am Boden.

Seit drei Jahrzehnten liegt das Land im klimapolitischen Koma, trotz immer besserer Technologie werden hierzulande so viele Tonnen an Treibhausgasen wie 1990 in die Luft geblasen. Dabei werden die wissenschaftlichen Vorhersagen immer dramatischer: Die Klimakrise gilt als eine der größten Bedrohungen der Erde, sie wird zur Überflutung bevölkerungsreicher Küsten führen, Dürre- und Hungerwellen auslösen, Pflanzen- und Tierarten auslöschen, hunderttausende Hitzetote fordern und Millionen Menschen zu Flüchtlingen machen. Doch Staatenlenker aus aller Welt setzen im polnischen Katowice gerade die nächste UN-Klimakonferenz in den Sand.

Es scheint in diesem Dezember 2018 alles so zu sein wie immer. Bis auf eine Kleinigkeit. Während der Klimakonferenz in Katowice tritt ein Mädchen ans Rednerpult, das schon einiges hinter sich hat: von Klassenkameraden ausgegrenzt, gemobbt und geschlagen, Depression, Essstörungen. Greta Thunberg, 15 Jahre alt, Asperger-Syndrom, hat den aktuellen Stand der Wissenschaft zur Klimakrise studiert und unerträgliche Angst vor dem Weltuntergang bekommen. Die Schwedin ist unscheinbar, aber hinter dem Mikrofon in Katowice entfaltet sie eine Urgewalt, die bald Europa erschüttern wird.

„Wir sind nicht hergekommen, um die Regierungschefs der Welt zu bitten, dass sie sich kümmern. Sie haben uns in der Vergangenheit ignoriert und werden uns wieder ignorieren“, sagt sie. „Ihnen gehen die Entschuldigungen aus, und uns geht die Zeit aus. Wir sind hergekommen, um Sie wissen zu lassen, dass der Wandel kommt, ob ihnen das gefällt oder nicht.“ Ein Mädchen liest den Mächtigen die Leviten. Das Video ihrer Rede verbreitet sich viral.

Ein Jahr später. Dezember 2019. In wenigen Tagen endet Österreichs innenpolitisch heißestes Jahr der jüngsten Geschichte. Die FPÖ liegt politisch am Boden, die Partei hat sich mit dem Ibiza-Skandal aus der Regierung gesprengt und Neuwahlen ausgelöst. Die Grünen sind aus dieser Wahl so stark wie nie zuvor hervorgegangen, sie verhandeln gerade mit der ÖVP das Klimakapitel für ein neues Koalitionsprogramm.

Eine Woche nach dem Jahreswechsel gelobt Bundespräsident Alexander Van der Bellen die türkis-grüne Bundesregierung an – zum ersten Mal in der Geschichte des Landes sitzen die Ökos an den Schalthebeln der Macht. Bis 2040 soll Österreich klimaneutral werden. Gelingt das, wird Österreich in Sachen Klimaschutz vom Sorgenkind zum Musterschüler in Europa.

Es scheint, als hätte eine unsichtbare Macht die Republik an den Beinen gepackt, durchgerüttelt und auf den Kopf gestellt. Was ist da passiert?

Blicken wir noch einmal zurück, in den Dezember 2018. Nicht nur Thunberg ist ins Tagungszentrum von Katowice zur UN-Klimakonferenz gekommen, auch drei österreichische Studierende sind angereist, um dort etwas gegen die Klimakrise zu unternehmen. Sie treffen dort Thunberg, die mit ihrem Schild „Skolstrejk för klimatet“ auf dem Gang sitzt. Nur wenige Tage nachdem die Schwedin ihre Rede bei der Klimakonferenz gehalten hat, gehen die drei Studierenden mit selbstgebastelten Schildern in Wien auf die Straße. Sie haben sich Thunbergs Schulstreik fürs Klima angeschlossen, obwohl sie selbst längst nicht mehr zur Schule gehen.

Die neu gegründete Bewegung Fridays for Future Vienna ist in einem Wiener Café eher spontan entstanden und besteht zu diesem Zeitpunkt im Wesentlichen aus einer Facebook- und einer Instagram-Seite. Die erste Fridays-Demo in Österreich am 21. Dezember 2018 auf dem Wiener Heldenplatz dauert sechs Stunden, aber zu keinem Zeitpunkt werden gleichzeitig mehr als 50 Demonstranten zu sehen sein. Das sieht nicht so aus, als ob hier gerade Geschichte geschrieben würde, sondern eher wie zwei Maturaklassen, die sich dazu entschlossen haben, heute ein bisschen Lärm zu schlagen.

Genau daraus entwickelt sich binnen weniger Wochen eine Massenbewegung, die Österreichs politische und mediale Landschaft verändern wird. Von Wien schwappt die Protestwelle in die Landeshauptstädte, zunächst nach Innsbruck, dann Linz, dann Salzburg und Graz. Bis auf eine große Veranstaltung in der Steiermark bleiben die Demonstrationen bis Anfang März 2019 allesamt nahezu unter der Wahrnehmungsschwelle. Obwohl Greta Thunberg und Fridays for Future immer berühmter werden, kommen zu den Demos in Österreich nur einige Menschen. Wenn es sehr gut läuft, über 100.

Und dann macht es bumm. 15. März 2019, der erste globale Klimastreik. Rund 1,6 Millionen Menschen demonstrieren an diesem Tag auf der Welt für mehr Klimaschutz. Allein in Wien sind es – je nach Zählung – zwischen 10.500 und 30.000. Es ist die größte Klimakundgebung, die die Repu­blik bis dahin gesehen hat.

Der 15. März 2019 ist der D-Day der jungen Bewegung, er macht sie über Nacht zum innenpolitischen Faktor. Die Klimaschützer bekommen Audienzen beim Bundespräsidenten, beim Bildungsminister und bei der Umweltministerin. Mit dem Gewicht kommen die ersten Unstimmigkeiten innerhalb der einzelnen Fridays-Ortsgruppen in Österreich. Sie beginnen, sich zu vernetzen und gemeinsam das Land zu verändern. Und sie tun das gleich mehrfach.

Da ist zum Beispiel die Wissenschaftscommunity. Jahrzehntelang sprachen die Forscher zurückhaltend und leise über die zunehmend alarmierenderen Erkenntnisse zur Klimakrise. Im Jahr der Fridays verlassen sie ihren Elfenbeinturm. Als Politiker der jungen Klimabewegung die Kompetenz in Klimafragen absprechen, reicht es den Wissenschaftlern. Sie beschließen anlässlich des ersten globalen Streiks Mitte März, gemeinsam ein starkes Zeichen zu setzen und der jungen Klimabewegung den Rücken zu stärken. Sie gründen – angelehnt an den Namen der Klimabewegung – die Scientists for Future und erklären öffentlich, dass die Jugendlichen mit ihrer Kritik an der Politik recht haben. Mehr als 26.800 Wissenschaftler im deutschsprachigen Raum schließen sich Scientists for Future an.

Die Dynamik entwickelt eine derartige Wucht, dass manche von ihnen in Österreich sogar Wahlwerbung für die Grünen machen. Der Klimaforscher Gottfried Kirchengast, der als einziger Wissenschaftler im Nationalen Klimaschutzkomitee sitzt, macht hingegen genau das Gegenteil von Wahlwerbung. Er kanzelt ÖVP-Chef Sebastian Kurz öffentlich ab. Kurz sei „nicht staatsmännisch“, das Klimaschutzprogramm der ÖVP eine „ziemlich dreiste Irreführung der Bevölkerung“. Das sind völlig neue Töne aus den Universitäten. Das zivilgesellschaftliche Engagement der Wissenschaftler habe „durch Fridays for Future eine enorme Blüte erlebt“, sagt Kirchengast rückblickend, „das war eine Formung in der Community“.

Mit Großdemonstrationen machen die Fridays die Klimakrise im Wahljahr zum bestimmenden Thema in den Medien. Die Aufmerksamkeitsexplosion veranschaulichen folgende Zahlen, die zeigen, wie oft die Nachrichtenagentur APA und die zehn größten österreichischen Tageszeitungen insgesamt über das Thema Klimawandel berichtet haben:

Im Jahr 2017: 5202 Artikel.

Im Jahr 2018: 5721 Artikel.

Im Jahr 2019: 14.323 Artikel.

„Es sind irre Zugriffszahlen, die sich da entwickelt haben“, sagt Standard-Redakteurin Nora Laufer, die regelmäßig über Klimathemen berichtet, „das können wir genau nachverfolgen. Ich schreibe die gleichen Klimageschichten wie vor zwei Jahren, aber auf einmal lesen das um ein Vielfaches mehr Leute.“

International schließen sich 250 Medien zur Klimajournalismus-Initiative „Covering Climate Now“ zusammen. Auch hierzulande setzt es Schwerpunkt um Schwerpunkt. Der ORF erschafft etwa den „Klima-Tag“ und sendet zehn Stunden Programm zum Klimawandel, die Kronen Zeitung startet die Kampagne „Klimakrise“ und ändert ihre Sprache. „Die Formulierung ,Klimawandel‘ wird man in der Krone in der Regel jetzt nicht mehr finden“, sagt Krone-Chefredakteur Klaus Herrmann, „wir sehen das als Klimakrise oder Klimaschock.“ Österreichs bekannteste Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb bekommt eine eigene Krone-Kolumne – und das ist ihre Idee. „Es war uns irgendwie klar, dass wir an die Menschen herankommen müssen, an die wir sonst nie herankommen“, sagt die Klimaforscherin, „denn die kommen nicht zu unseren Vorträgen.“

Zwei Tage vor der Nationalratswahl 2019 geht die bislang größte Machtdemonstration der Klimabewegung über die Bühne. Je nach Zählung bringen die Fridays mit ihren Allianzpartnern beim Earth Strike zwischen 70.000 und 150.000 Menschen in Österreich auf die Straße. Am 28. September 2019 – also einen Tag vor der Wahl – füllen die Bilder der Massenkundgebung die Titelseiten quer durch die Zeitungslandschaft.

Die Nationalratswahl einen Tag später wird zur Klimawahl. Die Wahlbefragung zeigt: Über kein Thema haben die Menschen mehr gesprochen als über Umwelt- und Klimaschutz. „Es wäre ja nicht so gewesen, dass dieser Wahlkampf nicht ein Thema gehabt hätte: Ibiza, die Parteifinanzen, die Spesendebatte um Strache – das war durchaus ein starkes Konkurrenzthema“, sagt der Politikexperte Christoph Hofinger vom Sora-Institut, „aber Umwelt- und Klimaschutz sind im Verlauf des Sommers über die anderen Themen hinausgewachsen.“

Noch am Wahlabend des 29. September stellt ein ORF-Journalist dem grünen Spitzenkandidaten Werner Kogler folgende Frage: „War das eigentlich Ihr Sieg, oder ist das auch ein bisschen der von Greta Thunberg?“ Kogler, der drei Monate später als erster grüner Vizekanzler der Republik angelobt wird, antwortet: „Es war jedenfalls ein ,Sunday for Future‘.“

Benedikt Narodoslawsky in FALTER 11/2020 vom 13.03.2020 (S. 22)

Posted by Wilfried Allé Saturday, June 6, 2020 2:34:00 PM Categories: Fachbücher
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Das Glücksdiktat 

Und wie es unser Leben beherrscht

von Edgar Cabanas, Eva Illouz

Übersetzung: Michael Adrian
Verlag: Suhrkamp
Format: Taschenbuch
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Gesellschaft
Umfang: 242 Seiten
Erscheinungsdatum: 27.10.2019
Preis: € 15,50

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

Glück lässt sich lernen. Das will uns die boomende Glücksindustrie weismachen. Und so explodiert seit den neunziger Jahren die Zahl der Glücksseminare, Glücksratgeber und Happiness-Indizes. Heute liegt es an uns selbst, negative Gefühle zu blockieren, uns selbst zu optimieren und Achtsamkeit zu praktizieren. Dann – so das Heilsversprechen – kommt auch das Glück. Doch was bedeutet es für unsere Gesellschaft, wenn der Staat sich zunehmend nicht mehr für soziale Gerechtigkeit oder ein funktionierendes Gesundheitssystem zuständig fühlt und den Bürgerinnen und Bürgern einer ultra-individualistischen Gesellschaft die gesamte Verantwortung für das eigene Schicksal übertragen wird?Die israelische Soziologin Eva Illouz und der spanische Psychologe Edgar Cabanas beschreiben in ihrem scharfsinnigen Essay erstmals das gefährliche Potential, das sich hinter der millionenschweren Glücksindustrie verbirgt – und zeigen auf, wer die Nutznießer und wer die Verlierer dieses vermeintlich positiven Trends sind. Edgar Cabanas ist Professor für Psychologie an der Camilo-José-Cela-Universität in Madrid und assoziierter Wissenschaftler am Zentrum für Geschichte der Gefühle des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin. Eva Illouz, geboren 1961, ist Professorin für Soziologie an der Hebräischen Universität von Jerusalem sowie Studiendirektorin am Centre européen de sociologie et de science politique, CSE-EHESS in Paris.

 

Rezension von Stephanie Metzger

Jeder ist seines Glückes Schmied: Dieses Sprichwort hat derzeit Hochkonjunktur. Glück ist eine Art Lifestyle geworden, wer keins hat, ist selbst Schuld. In "Das Glücksdiktat" zeigen Eva Illouz und Edgar Cabanas, wie verhängnisvoll dieses Ideen sind.

Es gibt sie, die Formel für das Glück: Glück = V + L + W. Aufgestellt hat sie Martin Seligman, Chefalchimist der sogenannten "Positiven Psychologie". Die Ingredienzien: vererbtes Glückspotential, Lebensumstände und der Willen zum Glück. Gemischt im prozentualen Verhältnis von 50 zu 10 zu 40 wird Glück in dieser Formel zu einer ziemlich individuellen Sache, die wir herstellen können – und die nur wenig von sozialen Umständen abhängt.

Die Message: Glück ist steuerbar

Eine echte Glücks-Verheißung, diese Glücksformel, könnte man meinen. Und in Zeiten analoger, viel lieber aber noch digitaler Selbstdarstellung und Selbstoptimierung der Baustein für ein gelungenes Leben. Denn, so die Diagnose von Eva Illouz und Edgar Cabanas in ihrem Buch "Das Glücksdiktat": Wir alle wollen oder besser sollen heute vor allem eines: glücklich sein! Oder mit anderen Worten: narzisstische Konsumenten. "Glück ist zu einer Art Lifestyle geworden," erklärt Edgar Cabanas, "individualistisch, konsumorientiert und uns immer auf unser Innenleben zurückwerfend. Permanent sollen wir auf unsere Gefühle, Gedanken, Empfindungen usw. hören. Das ist auch eine sehr konservative Idee, die sagt, man kann sein Leben einfach dadurch ändern, dass man sich selbst ändert und nicht die Verhältnisse".

"Glücksdiktat" nennen der spanische Psychologe Cabanas und die israelische Soziologin Illouz den Motor hinter einem Lifestyle, der die Kategorie "Glück" zu seinem obersten Prinzip erklärt. Sie zeichnen nach, wie sich die Positive Psychologie seit den 1990er-Jahren mit ihren Lehren von Selbstwirksamkeit, Achtsamkeit und der Transformation negativer Gefühle im akademischen Feld etablieren konnte. Und wie sie zugleich im Verbund mit Glücksforschung und Glücksökonomie Glück zu einer steuerbaren, berechenbaren und vor allem verkäuflichen Variablen formte. Ein Prozess, methodisch gestützt von Stimmungsanalysen und digitaler Selbstvermessung, bildgebenden Verfahren in der Hirnforschung und Big Data. Erst so konnte Glück überhaupt zum messbaren Gegenstand einer ganzen Industrie werden.

Das Geschäft mit dem Glück

Glück bestimmt den Markt und wird ein Mitspieler der Macht, so Edgar Cabanas: "Glück ist tief verstrickt in die Strukturen der Macht. Es wird zum Argument in Entscheidungsprozessen, etwa im Unternehmensmanagement. Dann soll Glück dafür stehen, was gut für uns ist, was gesund ist, was uns zum Erfolg bringt. Mit Glück wird aber auch Ungerechtigkeit gerechtfertigt. Und es wird zum Schlüsselbegriff bei der Lösung komplexer politischer Probleme, die aber eben nicht nur dadurch gelöst werden können, dass man sich auf das Wohlergehen oder die Gefühlslage der Bevölkerung beruft."

Wenn Glück höchst individualistisch aufgefasst, als solches aber zugleich zum Index des gesellschaftlichen Gemeinwohls erklärt wird, ist Sozialabbau leicht zu rechtfertigen. Wenn Entlassungen zur Chance in der persönlichen Entwicklung und diese wiederum zur Voraussetzung von Glück mutiert, können sich Arbeitgeber aus sozialer Verantwortung zurückziehen. Noch dazu, wenn der neue "Psychobürger", den die Autoren mit dem Glücksdiktat aufsteigen sehen, gerade deshalb glücklich ist, weil er seine Gefühle im Griff hat, sich im "personal branding" seinem authentischen Selbst anzunähern glaubt oder nach persönlicher Optimierung strebt. Alles Eigenschaften, die sich sehr geschmeidig ins neoliberale Narrativ von Flexibilität, Mobilität und Wettbewerb einpassen. Wer glücklich ist, ist selbst dafür verantwortlich. Aber, wer leidet eben auch. Eine gefährliche Idee: "Wenn man Glück als eine Wahl versteht," so Canabas, "dann wird auch das Leiden zu einer Wahl. Dann leidet man entweder, weil man leiden möchte, oder, weil man es verdient hat, weil man eben nicht alles dafür tut, das Leid zu überwinden."

Die Jagd nach Glück entpolitisiert und entsolidarisiert

Mit viel Engagement für eine solidarische Gesellschaft machen Eva Illouz und Edgar Cabanas die Jagd nach dem Glück als Prozess der Entpolitisierung transparent. Soziale Verantwortung, Empathie oder gesellschaftskritisches Denken gehen in diesem Prozess verloren, der selbst nur immer mehr Unglück erzeugt. Weil es eben immer noch besser, harmonischer und authentischer geht. Es sind keine unbekannten Diskurs-, Macht- und Marktmechanismen, die die Autoren aufschlüsseln. Aber wie präzise und mit welcher politischen Schärfe sie aufzeigen, was eine reduktionistische Auffassung von Glück an sprachlicher Manipulation in Unternehmenskulturen, an Entsolidarisierung oder Vermarktung ermöglicht, ist so erhellend wie alarmierend.

Denn eigentlich wissen wir ja nicht erst, seitdem wütende junge Menschen eine entschiedene Klimapolitik einfordern, dass "unglückliche" Gefühle wie Frust, Angst oder Wut sozialen Wandel, oder sollte man sagen "Glück" befördern können. Glück, so anstrengend das sein mag, ist eben doch keine Formel, sondern das Ergebnis politischer Aushandlung: "Wir sehen ja, dass die Menschen Veränderung wollen und gegen diese Ideen zu kämpfen beginnen. Sie wehren sich gegen all die Konzepte und falschen Versprechungen. Nur so kann das Glücksdiktat torpediert werden. Und um das zu befördern, muss man diese falschen Versprechungen erst einmal durchdringen, die Lügen und die Konzepte von Glück dahinter. Wir Wissenschaftler können keine Definition von Glück liefern, denn Glück ist eine politische Idee, sie muss demokratisch ausgehandelt werden. Die Bürger, nicht Soziologen müssen entscheiden, was Glück ist."

Posted by Wilfried Allé Wednesday, June 3, 2020 9:11:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Gesellschaft
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Mythos Bildung 

Die ungerechte Gesellschaft, ihr Bildungssystem und seine Zukunft

von Aladin El-Mafaalani

Verlag: Kiepenheuer & Witsch
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 320 Seiten
Erscheinungsdatum: 13.02.2020
Preis: € 20,60

 

Rezension aus FALTER 23/2020

Vom Start weg nicht mit gleichen Chancen unterwegs

Seit es internationale Bildungsvergleichsstudien gibt, vor allem seit der ersten PISA-Testung im Jahr 2000, wissen wir, dass hierzulande die Bildungsungerechtigkeit größer ist als in den meisten vergleichbaren Ländern. Daran hat sich seither wenig geändert. In den letzten Wochen hat uns die Coronakrise mit aller Vehemenz darauf hingewiesen. Einige Wochen vorher ist dazu ein Buch erschienen, das aktueller nicht sein könnte. Der Erziehungswissenschaftler und Soziologe Aladin El-Mafaalani, der an der Universität Osnabrück den Lehrstuhl für Erziehung und Bildung in der Migrationsgesellschaft innehat, behandelt zwar die Situation in Deutschland, doch lässt sich fast alles eins zu eins auf Österreich übertragen, mit Ausnahme der weitaus höheren Kompetenzen der deutschen Länder. El-Mafaalani weist anhand von zahlreichen Studien (beeindruckende 20 Seiten Literaturverzeichnis) nach, dass der Zusammenhang zwischen Herkunft und Zukunftschancen in kaum einem anderen vergleichbaren (OECD-)Land so hoch ist wie in Deutschland. Von Chancengleichheit könne aber nach wie vor keine Rede sein. Diese Ungleichheit ist strukturell zugrunde gelegt. Ein in den Grundzügen meritokratisches System wie das deutsche fokussiert auf die tatsächlich entwickelten Kompetenzen und Leistungen und sieht Chancengleichheit dann gegeben, wenn jeder Mensch nach seinen Fähigkeiten in der Gesellschaft positioniert ist. Inwieweit aber wirklich gleiche Startchancen vorlagen, wird nicht gefragt. Hier beginnen aber genau die Probleme, denn Kinder mit schlechten Startchancen kommen bereits mit erheblichen Entwicklungsrückständen in die Grundschule, an deren Ende sind es zwei Jahre. Aber nicht nur das: Studien (auch für Österreich) weisen nach, dass diese Kinder selbst bei gleichen Leistungen strenger beurteilt werden. Besonderes Gewicht hat auch die Rolle der Eltern, deren aktive ­Mitarbeit an der ­Leistungsentwicklung der Schüler und Schülerinnen im System vorausgesetzt wird, wodurch sich die Tendenz zur „Vererbung“ von Bildungsaffinität und sozialer Ungleichheit weiter verstärkt. ­Gleichzeitig wird das traditionelle Familienbild konserviert, klassische Rolle der Frau inbegriffen. Scharf kritisiert El-Mafaalani auch das Festhalten an der Halbtagsschule, die die Institution Schule bis heute prägt und die Gleichstellung von Mann und Frau nachhaltig beeinträchtigt. Die frühe Trennung im Alter von zehn Jahren hat klar belegbare Effekte hinsichtlich sozialer Ungleichheit, wenngleich keine Wirkung auf die Leistungsfähigkeit eines Schulsystems insgesamt nachgewiesen werden konnte. Wie kann man es besser machen? Dazu bringt der Autor im letzten Kapitel eine Reihe von sehr brauchbaren Ansatzpunkten, wie die Fokussierung auf den Bereich der Frühkindförderung und die Grundschule sowie darauf, was er die „Mikrosysteme“ von Schulen nennt. Interdisziplinäre und multiprofessionelle Teams arbeiten an den jeweiligen Standorten in unterschiedlichen Zusammensetzungen. Elterngespräche müssen verstärkt stattfinden, allerdings anlasslos und niederschwellig. Das Ziel, die Chancen von Kindern aus benachteiligten Elternhäusern und Milieus zu verbessern, darf nicht gegen die Eltern verfolgt werden, sondern muss mit ihnen umgesetzt werden. Dafür braucht es einen grundlegenden Paradigmenwechsel. Nicht nur in Deutschland, sei mit Nachdruck angemerkt. Fazit: „Mythos Bildung“ ist ein ausgesprochen wichtiges Buch und nicht nur allen Interessierten zur Lektüre empfohlen, sondern vor allem den politisch Verantwortlichen. Höchste Zeit nämlich, dass das Thema Gerechtigkeit und Chancengleichheit in der Bildung endlich zum vorrangigen Bildungsziel wird.

Heidi Schrodt in FALTER 23/2020 vom 05.06.2020 (S. 15)

Posted by Wilfried Allé Wednesday, June 3, 2020 7:36:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Resilienz im Krisenkapitalismus 

Wider das Lob der Anpassungsfähigkeit

von Stefanie Graefe

Verlag: transcript
Format: Taschenbuch
Genre: Soziologie/Sonstiges
Umfang: 234 Seiten
Erscheinungsdatum: 01.09.2009
Preis: € 19,99

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

Ob Stress, Erschöpfung, Armut, Klimawandel oder Neoautoritarismus: Die Krisenförmigkeit des Gegenwartskapitalismus ist unübersehbar. Mit »Resilienz« wird vor diesem Hintergrund nicht zufällig eine Norm der Selbst- und Menschenführung populär, die die flexible Anpassungsfähigkeit von Subjekten und Systemen an eine prinzipiell krisenförmige Umwelt propagiert. Wer resilient ist, so die Botschaft, bleibt auch in unsicheren Zeiten erfolgreich, glücklich und gesund. Gesellschaftliche Strukturbedingungen werden dabei tendenziell unsichtbar.
Stefanie Graefe unterzieht die aktuelle Konjunktur der Resilienz einer kritischen Überprüfung und fragt nach dem Preis, den wir für das Lob der Krisenfestigkeit zahlen müssen. Stefanie Graefe ist Privatdozentin und Soziologin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Sie forscht und lehrt mit den Schwerpunkten Arbeit und Gesundheit, Politische Soziologie, Subjekttheorie, Biopolitiken und Qualitative Sozialforschung.

Posted by Wilfried Allé Sunday, May 31, 2020 6:16:00 PM Categories: Soziologie/Sonstiges
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Das große Welttheater 

Von der Macht der Vorstellungskraft in Zeiten des Umbruchs

von Philipp Blom

Verlag: Zsolnay, Paul
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Gesellschaft
Umfang: 128 Seiten
Erscheinungsdatum: 25.05.2020
Preis: € 18,50

 

Kurzbeschreibung des Verlags:


„Das große Welttheater ist ein Ort, an dem die Welt sich neu erfinden kann.“ Philipp Bloms Analyse der gegenwärtigen Umbrüche

Wir leben in der besten aller Welten: Nie zuvor gab es so lange Frieden bei uns, nie waren wir so reich, so sicher. Diese Geschichten erzählen wir uns selbst. Was aber, wenn sie nicht der Wirklichkeit entsprechen? Wenn die Demokratien bröckeln, der Hass zwischen den sozialen Gruppen wächst, das Wirtschaftswachstum stagniert, die Gefahr einer Klimakatastrophe steigt? In seinem großen Essay zeigt Philipp Blom, wie es möglich ist, dass der Westen nicht trotz, sondern wegen Frieden und Wohlstand in einer Krise steckt. Nichts in unserer Vergangenheit hat uns darauf vorbereitet. Die Zeichen stehen auf Sturm, und der Kampf um die Zukunft wird auch ein Kampf der Geschichten sein, vor aller Augen, auf der Bühne des Welttheaters.

Posted by Wilfried Allé Saturday, May 30, 2020 11:55:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Gesellschaft
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Warten 

Eine verlernte Kunst

von Timo Reuter

Verlag: Westend
Format: Taschenbuch
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Gesellschaft
Umfang: 240 Seiten
Erscheinungsdatum: 04.11.2019
Preis: € 18,50

 

Rezension aus FALTER 20/2020


Warten müssen wir alle lernen: sei es auf den Zug, den mächtigen Ansprechpartner oder auf bessere Zeiten. Timo Reuter, der zuletzt ein Plädoyer für das bedingungslose Grundeinkommen vorgelegt hat, beschäftigte sich bereits vor dem Ausbruch der Corona-Krise, die viele als kollektiven Wartesaal erleben, mit der Unruhe, die durch äußere Ruhigstellung entsteht. Dabei verarbeitet er psychologische Studien und ergänzt sie durch viele präzise Alltagsbeobachtungen, historische Beispiele sowie griffige Zitate.

„Geduld ist die Tür zur Freude“ lautet ein altes Sprichwort. Und so gibt es abschließend noch zehn „Lektionen gegen die Zeitnot“: Bei Empfehlungen von Achtsamkeit bis Langsamkeit neigt sich das Ende des Buchs steil Richtung Ratgeber. Doch man kann es dem ambitionierten Autor nicht übelnehmen. Reuters Auseinandersetzung mit allen Schattierungen des Wartens verleiht der zähen Zeit Farbe.

Andreas Kremla in FALTER 20/2020 vom 15.05.2020 (S. 34)

Posted by Wilfried Allé Wednesday, May 13, 2020 12:08:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Gesellschaft
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Populismus für Anfänger 

Anleitung zur Volksverführung

von Walter Ötsch, Nina Horaczek

Verlag: Westend
Format: Taschenbuch
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Politik
Umfang: 256 Seiten
Erscheinungsdatum: 01.08.2017
Preis: € 18,50

 

Rezension aus FALTER 32/2017

Steh zu deinen Werten!

Walter Ötsch und Nina Horaczek sezieren die Tricks der Demagogen – und erklären, wie man mit ihnen umgehen soll

Sie mögen sich vielleicht fragen, ob es ein solches Buch in Österreich unbedingt gebraucht hat: „Populismus für Anfänger. Anleitung zur Volksverführung“. Wir hier in Österreich sind ja ohnehin unfreiwillige Experten auf diesem Feld: Seit 30 Jahren, seit dem Amtsantritt Jörg Haiders, sind wir den rhetorischen und den narrativen Tricks der Demagogen ausgesetzt und entsprechend mit ihnen vertraut.
Wozu das also? Und außerdem, mögen Sie schließlich zu bedenken geben, wollen Sie ja gar kein Populist und Volksverführer werden. Wozu also eine Anleitung dazu?

Aber die Antwort ist einfach: Weil man die Tricks durchschauen muss, um auf sie angemessen reagieren zu können. Der Populist will spalten – und wer rein emotional reagiert, läuft ihm schon ins Messer.
Hier haben sich zwei Autoren gefunden: Nina Horaczek, Falter-Journalistin, eine Expertin auf dem Gebiet der rechten Politik und exzellente Schreiberin. Walter Ötsch wiederum ist Universitätsprofessor, Kommunikationstrainer, wahrscheinlich der ausgewiesene linke NLP-Trainer. Er hat schon Politiker gegen Jörg Haider erfolgreich gecoacht und vor einem Jahr in Falter-Videos die Hofer-Auftritte minutiös seziert.
Das Buch ist nun tatsächlich im Stil der Ratgeberliteratur geschrieben. „Wenn sie Populist werden wollen, dann tun sie dies und das ...“
Man kann das einen erzählerischen Kunstgriff nennen: denn natürlich richtet sich das Buch nicht an Möchtegern-Populisten. Aber gerade der Kunstgriff erlaubt eine Nüchternheit. Nie wird die Schrecklichkeit der Populisten gegeißelt, sondern deren Geschick herausgestrichen.

Die populistische Rhetorik spaltet die Welt in ein „Wir“ und ein „Sie“. Wir – „das Volk“ – gegen sie – „die Anderen“ (Ausländer, Flüchtlinge, Eliten, der politische Gegner, die Gutmenschen ...). Reines Schwarz-und-Weiß.
Das Volk, das eigentlich nicht existiert (in der Realität gibt es nur eine buntscheckige Bevölkerung), wird gleichsam erfunden, und oft wird die große Mehrzahl der Bevölkerung aus dem Volk ausgemeindet. Eine absurde Operation – aber sie funktioniert.
Konzentriere dich auf Einzelfälle. Verwandle Sachprobleme in Personenprobleme.
Wenn in einer komplexen Welt manche Dinge nicht gut funktionieren, erzähle, dass irgendein korrupter Typ dafür verantwortlich ist, den man auf der menschlichen Ebene unbedingt abwerten muss. Dinge sind nicht einfach schlecht, jemand muss auf persönlicher Ebene unbedingt Schuld daran tragen. Geriere dich als Opfer. Dann ist selbst die aggressivste Rhetorik nichts als Notwehr einer verfolgten Unschuld. ­Spiele auf der Klaviatur der Gefühle, auf Body-Talk. Dominanzgesten, Erfolgsgesten, Aggressivität und Schwung zeigt man am besten nonverbal. Verstehe, dass man „sprechen“ kann, ohne auch nur ein Wort zu sagen.

Erst im letzten Kapitel springen Autor und Autorin in die andere Perspektive – wie man kontern soll.
Zeige nicht deinen Ärger, bleibe ruhig. Nichts hilft dem Populisten mehr, als wenn er dich auf sein Terrain lockt und dort zur Weißglut treibt.
Unterlaufe seinen Stil, wechsle die Ebene, etwa, indem man direkt anspricht, dass er mit permanenten persönlichen Unterstellungen kommt.
Hinterfrage sein Schwarz-Weiß-Bild.
Und vor allem: Stehe zu deinen Werten. Passe dich dem Diskurs, den der Populismus etabliert, nicht an. Schon aus dem einen Grund: „Wer schon bei leichtem Gegenwind ins Wanken gerät, darf sich nicht wundern, wenn ihm niemand vertraut.“
Denn das Publikum, mag es auch anderer Meinung sein als du, wird nichts mehr verabscheuen als Wendehalsigkeit. Wenn du zeigst, dass du nicht zu deinen Werten stehst, kann der Populist eine Champagnerflasche aufmachen – dann hast du nämlich seine Behauptung bestätigt, dass du für nichts stehst und für den Machterhalt alles tun würdest.

Robert Misik in FALTER 32/2017 vom 11.08.2017 (S. 15)

 

Rezension aus FALTER 8/2020

Einmal Diskurs zertrümmern, bitte

Message-Control, das konzertierte Durchhalten einer Botschaft auf allen Kanälen durch alle Protagonisten, ist das eine. Aber wie versuchen sich Politiker einer Partei mit ihrer Sicht der Dinge in der veröffentlichten Meinung durchzusetzen? Welche rhetorischen Techniken wenden sie an, wie weichen sie Kritik aus, welche übergeordneten Kommunikationsziele verfolgen sie dabei? Anhand der – durch einen Bericht des Falter ausgelösten – Debatte über die Unabhängigkeit der österreichischen Justiz lässt sich das exemplarisch darstellen.

Zur Erinnerung: In einem Hintergrundgespräch hat Kanzler Sebastian Kurz seinen Unmut über die seiner Meinung nach schleppende und parteiisch agierende Justiz, allen voran die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), geäußert. Der Falter-Bericht führte zu einer breiten Debatte, in der Folge gab Kurz mehrere Fernsehinterviews im ORF und bei den Privatsendern Puls 4 und Servus TV, Kanzleramtsministerin Karoline Edt­stadler verteidigte die ÖVP-Linie in der ORF-Diskussionssendung „Im Zentrum“.

Gemeinsam mit dem Kommunikationsexperten Walter Ötsch (Autor des Buches „Populismus für Anfänger. Anleitung zur Volksverführung“, zusammen mit Falter-Autorin Nina Horaczek) haben wir Edtstadlers Auftritt am Sonntag, dem 9. Februar, und Kurz’ Auftritt bei Armin Wolf in der „ZiB 2“ tags darauf am Montag, dem 10. Februar, analysiert, zehn typische Kommunikationsmuster herausgegriffen und sie als Anleitung zur Diskurszertrümmerung aufgeschrieben.

1. Basteln Sie sich eine Verschwörungstheorie!

„Jetzt gibt es ein Dokument, das das belegt, und der Justizsprecher der SPÖ hat das sogar zugegeben.“ (Kurz zu Wolf)

„Jarolim (…) hat auch gesagt, es gab eine Strategie. Das ist die Gefahr, dass von einer Parteizentrale aus hier Richterinnen, Staatsanwältinnen geleitet und gelenkt werden sollen.“

(Edtstadler bei „Im Zentrum“)

„Also schauen Sie, Herr Wolf, wenn jemand mit 25 gepusht worden ist von der Sozialdemokratie vor 20 Jahren in die Justiz, dann rechnen wir gemeinsam einmal nach, wie alt der 20 Jahre später ist, dann ist der heute 45, also im besten Alter …“

(Kurz zu Wolf, wortgleich auch im Interview mit Corinna Milborn auf Puls 4)

Erinnern Sie sich an Ihre Gesprächsstrategie (Punkt 2): Für Ihre gezielte Aktion bzw. Attacke ist es am besten, wenn Sie einen vermeintlichen Beleg in der Hand haben. Medien lieben Aktenstücke, Verschriftlichtes, noch besser sind Bewegtbilder. In Ihrem Fall ist es zwar ein schon etwas angejahrter Aktenvermerk aus der Anwaltskanzlei Gabriel­ Lansky aus dem Jahr 1997, aber das ist fürs Erste egal. Spielen Sie es am besten Journalisten Ihres Vertrauens zu und verkaufen Sie es ihnen als „Skandal“. Dann bringen Sie Ihren politischen Gegner dazu, die Authentizität des Schriftstücks nicht widerlegen zu können, und wiederholen Sie Ihre Verschwörungstheorie in weiterer Folge, so oft es geht (Kanzleramtsministerin Edtstadler schaffte es im Zentrum drei Mal, das ist die goldene Regel!). Immer mit dem Hinweis, die SPÖ habe es ja gar nie bestritten. Bei Zweifel argumentieren Sie mit vermeintlicher Evidenz. Kopfrechnungen, die jeder nachvollziehen kann. Oder eine gefällige Studie oder Statistik, die Sie selektiv wiedergeben.

2. Stay on the message!

„Herr Wolf, Ihre erste Frage war, ob ich belegen kann, was ich kritisiert habe, und ich kann nur sagen, ja, ich kann es belegen, und ich finde es gut, dass es die Debatte gegeben hat …“

(Kurz zu Wolf)

„Ich glaube, keiner in dieser Runde würde behaupten, dass das BVT-Verfahren so abgelaufen ist, wie es lege artis ablaufen sollte.“

(Edtstadler bei „Im Zentrum“)

„Es hat mir keiner widersprochen, dass das BVT-Verfahren ordnungsgemäß gelaufen ist.“

(Edtstadler bei „Im Zentrum“)

Das ist Ihre Gesprächstaktik: Bleiben Sie bei Ihrer allgemeinen Botschaft, und wiederholen Sie sie mindestens drei Mal, gleich am Anfang, am Ende und idealerweise zwischendurch einmal mit dem unterstützenden Hinweis, dass Sie doch alles schon beantwortet und aufgeklärt haben und Ihnen niemand widersprochen hat.

Und das ist Ihre Kommunikationsstrategie: 1) Sie haben eine Hidden Agenda, also eine Grundintention, die aber nicht offengelegt wird. Im aktuellen Fall: Sie wollen das Vertrauen in die Justiz schwächen. 2) Sie überlegen sich dazu eine gezielte Aktion, konkret:
Sie greifen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft an. 3) Sie kreieren eine allgemeine Botschaft, die das Gegenteil Ihrer Hidden Agenda ist: Ich bin gegen politische Einmischung in die Justiz, sie muss unabhängig sein.

Dazu analysiert Walter Ötsch: „Nach diesem Muster laufen viele politische Kampagnen ab. Die eigentliche politische Absicht wird verschleiert.“

3. Kontrollieren Sie das Gespräch!

Also zunächst möchte ich auf das eingehen …“

(Kurz zu Wolf)

„Ich fand den heutigen Termin sehr positiv – darf ich Ihnen nur ein paar Punkte nennen?“

(Kurz zu Wolf)

Nicht der Moderator, sondern Sie kon­trollieren das Gespräch. Lassen Sie sich nicht moderieren, sondern moderieren Sie selbst. Geben Sie sich selbst recht, schaffen Sie Konsens, agieren Sie auf der sogenannten „Prozessebene“ des Gesprächs. Bleiben Sie dabei aber stets freundlich und höflich. Legen Sie diese Gesprächsrangordnung gleich am Anfang fest, indem Sie auf die erste Frage nicht direkt antworten, sondern Ihre zentrale Botschaft absondern (siehe Punkt 2).

„Sebastian Kurz versteht es sehr gut, mit sogenannten ,Prozesskommentaren‘ die Gesprächskontrolle zu behalten“, sagt Walter Ötsch, „Moderator Armin Wolf hält klug dagegen, indem er selbst Kurz’ Verhalten auf der Prozessebene thematisiert. Als Reaktion wechselt Kurz dann gerne zurück auf die inhaltliche Ebene, um – wenn es für ihn gewinnbringender ist – zurück auf die Prozessebene zu gehen. So entsteht am Ende natürlich nie ein tatsächliches Gespräch, sondern eine Art Pingpong auf zwei Ebenen.“

4. Lenken Sie bei Angriffen ab!

„Ja, was soll ich zu einem Berlusconi-Vergleich sagen? Ich glaube, Berlusconi ist über zehn Mal in einem Strafverfahren verurteilt worden, mich jetzt mit Berlusconi zu vergleichen …“ (Kurz zu Wolf)

„Ich finde ja eine Diskussion über diese Prozedere sehr, sehr sinnvoll.“ (Kurz zu Wolf)

Ideal ist es, wenn Ihre Gegner zu Metaphern greifen wie etwa der erste Chef der Korruptionsstaatsanwaltschaft, Walter Geyer, der gemeint hat, der Druck, der jetzt durch Sie auf die Justiz aufgebaut werde, erinnere ihn an Silvio Berlusconi. Greifen Sie die Metapher auf und interpretieren Sie sie falsch oder andersrum und stilisieren Sie sich dabei auch gleich zum Opfer. Wenn Sie von Ihrem Gegenüber in die Enge getrieben wurden, berufen Sie sich umgehend darauf, wie wichtig und sinnvoll es doch ist, über all das zu sprechen.

5. Greifen Sie auch einmal den Moderator an!

„Sie können mir viel unterstellen, Herr Wolf, nur das macht es nicht richtiger.“ (Kurz zu Wolf)

„Ja, dann geben Sie mir eine Chance, das zu beantworten.“ (Kurz zu Wolf)

Wenn es Ihnen zu bunt wird, schüchtern Sie den Moderator ein, indem Sie ihn direkt angreifen, mit Namen, auf Augenhöhe. Die Zeiten, in denen sich Politiker von den Medien, vor allem dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, alles gefallen lassen mussten, sind vorbei. Sie sind selbst das Medium, Sie können Ihre Botschaften auf Ihren eigenen Kanälen trommeln, in Sendungen gehen, die Ihnen mehr Spielraum geben, etwa ins Privatfernsehen. Zeigen Sie also Ihren Anhängern, wie unfair die abgehobene, linke Medienelite mit Ihnen umgeht.

6. Lassen Sie sich überhöhen!

„Ich habe Ihnen gesagt, dass der Bundeskanzler das auch so nicht gesagt hat.“ (Edtstadler zu Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger in „Im Zentrum“)

Sie müssen der unumstrittene Star sein, Ihre Minister umringen Sie wie „Jünger“. Eine Kanzleramtsministerin wie Karoline Edtstadler erfüllte diese Rolle in „Im Zentrum“ geradezu musterhaft. Immer wenn Sie angegriffen wurden, etwa durch die sehr gut vorbereitete Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger, schritt sie als Chefverteidigerin ein.

„Das ist ein klassisches rechtspopulistisches Momentum“, analysiert der Kommunikationsexperte Ötsch, „Ziel ist die Überhöhung der führenden Person in der Partei bis hin zum Kult.“

7. Sie sind nie Teil des Systems, nie!

„Herr Wolf, bei allem Respekt, aber das System habe nicht ich erfunden, das ist eben gelebte Praxis in der Zweiten Republik.“ (Kurz zu Wolf)

„Ihre Frage war, warum habe ich die Kritik jetzt geäußert? (…) Ja, Herr Wolf, da haben Sie recht, mich hat das durchaus emotionalisiert (…) man kann schon das Gefühl haben, dass viele Verfahren nicht nur zu lange dauern, sondern dass es da durchaus zu einer medialen Vorverurteilung kommt.“ (Kurz zu Wolf)

Das haben Sie von den Rechtspopulisten erster Generation wie Jörg Haider gelernt: Sie dürfen sich nie als Teil des politischen Systems darstellen, als Mitglied der Politikkaste, selbst wenn Sie seit über einem Jahrzehnt im Geschäft sind. Sie stehen außerhalb, Sie müssen der neue, junge, unbefleckte Kandidat bleiben, als der Sie 2017 bei Ihrer ersten Kanzlerwahl angetreten sind.

„Rechtspopulisten betreiben Gefühlspolitik“, sagt Ötsch, „sie inszenieren sich als Alternative zum herkömmlichen System, dazu gehört auch, stark emotionalisiert zu argumentieren. Gewissermaßen aus dem Bauch des Volkes heraus.“

8. Das wird man doch noch sagen dürfen!

„Meiner Meinung nach ist keine In­stitution sakrosankt.“ (Kurz zu Wolf)

„Und diese Kritik muss auch eine Institution wie eine Staatsanwaltschaft aushalten.“ (Edtstadler)

Denk- und Redeverbote sind Teile des linken Mainstreams, diese ganze Political-Correctness-Bewegung gehört wie vieles aus der Zweiten Republik, wenn nicht entsorgt, so doch radikal reformiert. Dafür stehen Sie mit Ihrem neuen Stil, und das sprechen Sie auch immer wieder klar aus. Das beginnt bei gesetzt geglaubten Institutionen wie der Sozialpartnerschaft, den Sozialversicherungen, dem Arbeitsmarktservice, dem gebührenfinanzierten öffentlichen Rundfunk, der großen Koalition und ihrer politischen Konsenssuche sowieso. Es macht auch nicht halt vor der Justiz, den Höchstgerichten und internationalen Standards wie der Genfer Flüchtlingskonvention.

9. Verbünden Sie sich mit dem Publikum!

„Ich glaube, für einen Rechtsstaat wie Österreich ist es wichtig, (…) dass jeder ein faires Verfahren bekommt, Sie, ich, der Kameramann da hinten und jeder andere auch.“ (Kurz zu Wolf – und wortgleich bei Milborn auf Puls 4)

Wenden Sie sich an Ihr Publikum und binden Sie es ein. Aber legen Sie sich dafür Formulierungen zurecht, die nicht so abgedroschen sind wie „die Menschen da draußen“ oder „die Österreicherinnen und Österreicher“. Es ist egal, wenn Sie in Interviews die gleichen Satzbausteine verwenden, das fällt nur ein paar Journalisten auf.

10. Und jetzt: Genießen Sie Ihre Präsenz durch „Earned Media“!

Als Politmarketing-Experte wissen Sie ja bereits: Jede erfolgreiche Kampagne funktioniert über drei Ebenen – Paid, Owned und Earned Media. Also über klassische Bezahlwerbung in fremden Medien, Werbung und Inserate. Dann über Verbreitung auf Ihren eigenen Kanälen, da sind Sie ja auf Face­book und Instagram gut aufgestellt. Und schließlich, im aktuellen Fall besonders wichtig, über fremdgenerierte Beiträge.

Hier gilt: je kontroversieller, strittiger, empörender, umso mehr Aufmerksamkeit. Sie müssen nur darauf achten, dass am Ende Ihre Version der Geschichte übrig bleibt.

Barbaba Tóth in FALTER 8/2020 vom 21.02.2020 (S. 22)

Posted by Wilfried Allé Wednesday, April 22, 2020 10:19:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Politik
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Antifragilität 

Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen

von Nassim Nicholas Taleb

Übersetzung: Susanne Held
Verlag: Pantheon
Format: Taschenbuch
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 688 Seiten
Erscheinungsdatum: 27.08.2018
Preis: € 16,50


Rezension aus FALTER 16/2020

Talebs Gesetz

Corona ist kein schwarzer Schwan. Nassim Nicholas Taleb, Professor für Risikoanalyse, beschäftigt sich mit Ereignissen, die höchst unwahrscheinlich und deswegen nicht vorhersagbar sind. Er nennt sie „Schwarze Schwäne“. Mit Pandemien müsse die vernetzte Menschheit hingegen rechnen, deswegen sei die Covid-19-Pandemie kein schwarzer, sondern ein weißer Schwan, bekräftigte er unlängst in der Neuen Zürcher Zeitung. Durch die globalisierte, Struktur der modernen Welt sei die rasante Ausbreitung solcher Krankheiten unvermeidlich.

Obwohl Taleb Prognosen grundsätzlich skeptisch gegenübersteht, war er einer der wenigen, die den Zusammenbruch der weltgrößten Hypothekenbank Fannie Mae und damit die Finanzmarktkrise von 2008 schon fünf Jahre zuvor angekündigt hatten – und dafür herbe Kritik einstecken mussten.

Sein Buch „Der Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse“, das bereits im April 2007 erschienen ist, avancierte zum Bestseller, der Begriff „Schwarzer Schwan“ ist seitdem in aller Munde. Corona könnte Taleb erneut zum Denker der Stunde machen.

Der libanesisch-amerikanische Autor warnte bereits im Jänner gemeinsam mit dem Physiker und Systemwissenschaftler Yaneer Bar-Yam vor der Gefahr, die von einem der am stärksten vernetzten Staaten der Welt, China, ausgeht. „Es wird kurzfristig einiges kosten, die Mobilität einzuschränken. Das aber zu unterlassen, wird irgendwann alles kosten, wenn nicht durch die aktuelle Pandemie, dann durch eine in der Zukunft“, sagt Taleb. Deswegen sei es besser, früher Panik zu bekommen als später. Die Regierung von Singapur, die sich von Taleb beraten ließ, hatte übrigens bereits 2010 einen Notfallplan für eine Pandemie aufgestellt.

Geboren 1960 in eine libanesische griechisch-orthodoxe Politiker- und Ärztefamilie, studierte Taleb an der Wharton School der University of Pennsylvania. Anschließend arbeitete er für große Banken wie die Schweizer UBS. So lernte er das derzeitige Finanz- und Risikosystem von innen kennen, eine Voraussetzung dafür, dessen Schwachstellen zu kritisieren.

Als radikaler Querdenker und Freigeist lehnt der zur Praxis bekehrte Ivy-League-Absolvent alles theoretische, bloß akademische Wissen ab und warnt vor dem platonischen Fehlschluss, die Welt als geordnet und grundsätzlich verstehbar anzusehen.

Talebs in Bezug auf die Corona-Krise aktuellstes Werk ist das 2012 erschienene Buch „Antifragilität“. Darin geht der Autor der Frage nach, wie Systeme stressresistenter gemacht werden können. Der 680-Seiten-Wälzer rollt die „Dreifaltigkeit des Missverstehens“ auf.

Darunter versteht Taleb die Illusion, gegenwärtige Ereignisse zu durchschauen. Das zweite Missverständnis besteht darin, dass historische Ereignisse retrospektiv verzerrt werden. Drittens warnt er davor, Sachinformationen sowie die intellektuelle Elite überzubewerten.

Als Finanzmathematiker beschäftigt sich Taleb mit Statistiken und versucht, den Zufall zu berechnen. Wahrscheinlichkeit, Ungewissheit und Unordnung gehören zu seinen Forschungsschwerpunkten. Das heißt aber nicht, dass seine Bücher für Laien unlesbar wären. So komplex er argumentiert, so süffig schreibt er. Anhand von Parabeln und autobiografischen Anekdoten – einer seiner Protagonisten ist etwa der antiintellektuelle Börsenhändler Fat Tony – macht er Abstraktes anschaulich. Dadurch wird der Autor als Mensch greifbar und angreifbar.

Taleb schimpft und wütet, versprüht Zorn und Sarkasmus und pflegt seine Vorliebe für drastischen Humor. Trotzdem sind seine Bücher strukturiert aufgebaut, sein monumentales Vorhaben wird in einem Kapitelüberblick vorgestellt, und im Glossar kann man seine griffigen, aber oft neuen Begriffe nachschlagen, etwa „Extremistan“ für die globalisierte Moderne oder „Flugunterricht für Vögel“ (auch „Sowjet-Harvard-Illusion“ genannt).

Das Agency-Problem stellt für Taleb eine Hauptquelle für die Fragilität von Systemen dar, insbesondere für das derzeitige Finanzsystem. Es besteht darin, dass der Manager eines Unternehmens, der nicht dessen Besitzer ist, eine Strategie verfolgt, die nur ihm selbst nützt.

Der polyglotte Generalist spricht neben Arabisch, Französisch und Englisch auch mehrere Sprachen der Antike. Wenn er gegen den naiven Rationalismus vieler Zeitgenossen vom Leder zieht, greift er auf die skeptische Philosophietradition zurück, auf Sokrates, Al-Ghazali, Michel de Montaigne oder Karl Popper.

Dabei entstehen Sentenzen, von denen man sich einige gerne über das Bett hängen möchte, etwa: „Man kann nie etwas über den Charakter von jemandem wissen, bevor er nicht die Möglichkeit hatte, moralische Regeln zu verletzen.“ Oder: „Man soll die eigenen Überzeugungen und Handlungen so ausrichten, als hätte man keinen Gesamtüberblick. Um klug zu sein, muss man sich damit abfinden, dass man es nicht ist.“

Talebs Vorliebe für Faustregeln, von denen er viele aus der Antike bezieht, hat philosophische Gründe. Alles, was lange überlebt habe, sei antifragil, sagt er. Antifragilität bezeichnet die Fähigkeit, robust auf Störungen und Stress zu reagieren.

Darüber hinaus ermöglicht es, gestärkt aus Krisen hervorzugehen. Antifragilität bedeutet auch, von Ungewissheit und Chaos bis zu einem gewissen Maß profitieren zu können. Das betrifft unterschiedliche Bereiche, von der Evolution über die Gesundheit und Erziehung bis zur Technik, der Kultur, Politik und Wirtschaft.

Die zentrale These lautet, dass die Zukunft nicht vorhersehbar sei und Prognosen daher gefährlich werden könnten. Menschen würden nämlich dazu tendieren, sich auf sie zu verlassen. Taleb schlägt statt der üblicherweise geforderten Verbesserung von Daten und Berechnungsmethoden eine Erhöhung der Stressresistenz, sprich der Antifragilität von Systemen, vor.

Denn das Antifragile könne auf nichtlineare Prozesse besser reagieren als das Fragile. Die globalisierte Wirtschaft beruht auf schierer Größe, Technikabhängigkeit und maximaler Effizienz. In der Corona-Krise zeigen sich die Schwachstellen dieses Systems. Die Schlussfolgerung ist klar: Wir brauchen mehr Sicherheitspuffer und weniger Effizienz.

Für den aktuellen Zusammenbruch ließe sich daraus folgern, dass die Auslagerung von Grundversorgung, sprich Nahrungs- und Medikamentenproduktion, in Zukunft überdacht gehört. Auch die globalen Lieferketten und die Verantwortlichkeiten in den Finanzsystemen stehen auf dem Prüfstand.

Während jeder Flugzeugabsturz aufgrund der darauffolgenden Fehleranalyse die Wahrscheinlichkeit des nächsten verringere, erhöhe jeder Bankenzusammenbruch die Wahrscheinlichkeit eines weiteren, moniert Taleb. „Der Aktienmarkt ist der größte, in industriellem Ausmaß betriebene Antifragilitätstransfer in der Geschichte der Menschheit – und beruht ausschließlich auf einer bösartigen Form von Asymmetrie hinsichtlich der Bereitschaft, seine Haut aufs Spiel zu setzen“, konstatiert er.

Auch den eigenen Berufsstand spart Taleb aus seiner Kritik nicht aus, die Wirtschaftswissenschaftler. Es sei falsch, dass Professoren, die Inhalte unterrichten, mit denen das Finanzsystem notwendig hochgehe, keine Konsequenzen zu spüren bekämen.

Taleb und sein Co-Autor Mark Spitznagel beanstanden in einem NZZ-Artikel, dass Banker mehr Geld verspielt hätten, als in der gesamten Geschichte des Bankwesens verdient worden sei. Dennoch durften sie sich 2010 aus dem größten Bonustopf bedienen, den es bis dato gab. „Es sollte keine Hilfsmaßnahmen geben, wo Finanzinstrumente wie Hedge-Funds und hochriskante Investitionsstrategien im Spiel sind. Denn dort gibt es keine ehrlich gemeinte Strategie zur Risikominderung, sondern lediglich ein gewollt naives Gottvertrauen, dass es am Ende der Staat schon richten wird.“

Es gibt kein Leben ohne Risiko. Taleb begann seine Berufslaufbahn als Trader und Hedgefonds-Manager und hatte dort naturgemäß mit Risiken zu tun, die seiner Meinung nach aber falsch verstanden und analysiert wurden. In der Antike, betont Taleb, seien Gesellschaften von Menschen gelenkt worden, die Risiken trugen. Heute hingegen streifen Manager unverschämt hohe Bonuszahlungen ein, auch wenn sie ein Unternehmen in den Ruin getrieben haben.

Ohne Bereitschaft zum Risiko und Scheitern gibt es für Taleb keine Moral, das gelte auch für Wissenschaftler, Intellektuelle und Journalisten.

Statt Top-down-Konzepten – also Verordnungen von oben – propagiert Taleb Bottom-up-Systeme wie das politische System der Schweiz, die keine zentrale Führung hat. Er schätzt Regionalität und grundsätzlich alle Methoden, die auf Tüfteln, Versuch und Irrtum beruhen, sowie das Prinzip Selbstregulation. Denn es sei viel leichter und sicherer, die fragilen Teile eines lecken Systems ausfindig zu machen und zu entfernen, als Risiken vorauszusagen.

Überlieferten Weisheiten vertraut er mehr als den Einsichten von Elfenbeinturm-Akademikern. Eine seiner Lieblingsfaustregeln kommt von den alten Römern: Baumeister müssten eine bestimmte Zeit unter der Brücke verbringen, die sie gebaut haben. Von den antiken Autoren übernahm Taleb auch einen gewissen Stoizismus, die Fähigkeit, seine Emotionen zu regulieren.

Risikobereitschaft endet für ihn im Angesicht eines Ruins, ob von Privatpersonen, Firmen oder unserer Lebenswelt durch eine Öko-Katastrophe. Und, möchte man heute hinzufügen: einer Pandemie. Denn dann sind auch für den Finanzmathematiker keine Kosten-Nutzen-Analysen mehr möglich. „Rationalität ist die Vermeidung eines systemischen Ruins“, lautet sein Fazit.

Neben Risikobereitschaft und Mut braucht es auch die klassische Tugend der Besonnenheit. Von Nassim Nicholas Taleb kann man lernen, in einer Welt zu handeln, die man nicht zur Gänze versteht.

Kirstin Breitenfellner in FALTER 16/2020 vom 17.04.2020 (S. 32)

Posted by Wilfried Allé Wednesday, April 15, 2020 7:29:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Politik
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Kapital und Ideologie 

vom Author des Weltbestsellers "Das Kapital im 21. Jahrhundert"

von Thomas Piketty

ISBN: 9783406745713
Übersetzung: André Hansen
Übersetzung: Enrico Heinemann
Übersetzung: Stefan Lorenzer
Übersetzung: Ursel Schäfer
Übersetzung: Nastasja S. Dresler
Verlag: C.H.Beck
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Wirtschaft
Umfang: 1.312 Seiten
Erscheinungsdatum: 11.03.2020
Preis: € 41,10

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

Mit dem Weltbestseller
"Das Kapital im 21.Jahrhundert" hat Thomas Piketty eines der wichtigsten Bücher unserer Zeit geschrieben. Jetzt legt er mit einem gewaltigen Werk nach:
Kapital und Ideologie ist eine so noch niemals geschriebene Globalgeschichte der sozialen Ungleichheit und ihrer Ursachen, eine unnachsichtige Kritik der zeitgenössischen Politik und zugleich der kühne Entwurf eines neuen und gerechteren ökonomischen Systems.

Nichts steht geschrieben: Der Kapitalismus ist kein Naturgesetz. Märkte, Profite und Kapital sind von Menschen gemacht. Wie sie funktionieren, hängt von unseren Entscheidungen ab. Das ist der zentrale Gedanke des neuen Buches von Thomas Piketty. Der berühmte Ökonom erforscht darin die Entwicklungen des letzten Jahrtausends, die zu Sklaverei, Leibeigenschaft, Kolonialismus, Kommunismus, Sozialdemokratie und Hyperkapitalismus geführt und das Leben von Milliarden Menschen geformt haben. Seine welthistorische Bestandsaufnahme führt uns weit über Europa und den Westen hinaus bis nach Asien und Afrika und betrachtet die globalen Ungleichheitsregime mit all ihren ganz unterschiedlichen Ursachen und Folgen. Doch diese eindrucksvolle Analyse ist für Thomas Piketty kein Selbstzweck. Er führt uns mit seinen weitreichenden Einsichten und Erkenntnissen hinein in die Krise der Gegenwart. Wenn wir die ökonomischen und politischen Ursachen der Ungleichheit verstanden haben, so Piketty, dann können wir die notwendigen Schritte für eine gerechtere und zukunftsfähige Welt konkret benennen und angehen.
Kapital und Ideologie ist das geniale Werk eines der wichtigsten Denker unserer Zeit, eines der Bücher, die unsere Zeit braucht. Es hilft uns nicht nur, die Welt von heute zu verstehen, sondern sie zu verändern. Thomas Piketty ist Direktor an der École des hautes études en sciences sociales und Professor an der École d’économie in Paris. Sein Buch «Das Kapital im 21. Jahrhundert» wurde in 40 Sprachen übersetzt und weltweit mehr als 2,5 Millionen mal verkauft.

Posted by Wilfried Allé Saturday, March 14, 2020 9:22:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Politik
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Tiere im Nationalsozialismus 

von Jan Mohnhaupt

Sprache: Deutsch
Verlag: Hanser, Carl
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Geschichte/20. Jahrhundert (bis 1945)
Umfang: 256 Seiten
Erscheinungsdatum: 09.03.2020
Preis: € 22,70


Rezension aus FALTER 11/2020

Menschenrechte und „Herrentiere“

Nationalsozialismus: Jan Mohnhaupt über das Verhältnis zu Tieren in der NS-Ideologie

Auch heute noch wird von Tierfreunden gerne – wenn auch hinter vorgehaltener Hand – darauf hingewiesen, dass während des Naziregimes wesentliche Verbesserungen zum Tierwohl eingeführt worden seien. Hitler hatte im ersten Jahr seiner Herrschaft ein neues Tierschutzgesetz erlassen, das damals als fortschrittlich galt und in der Bundesrepublik Deutschland bis 1972 unverändert in Kraft war. Tiere sollten damit „um ihrer selbst willen geschützt werden“, ein Anspruch, den die Nazis aber vielen Menschen nicht zugestanden. Hermann Göring hatte bereits als preußischer Ministerpräsident gegen jede Form von Tierversuchen Position bezogen und den „Vivisektionisten“ mit dem Konzentrationslager gedroht. Dies war zugleich auch eine der ersten Erwähnungen dieser Vernichtungseinrichtungen des Dritten Reichs.

Der Journalist Jan Mohnhaupt zeigt in seinem neuen Buch eine bisher von der Forschung nur mit Zurückhaltung beachtete Seite der NS-Zeit auf, in der ausgesuchte Tiere zu „Herrentieren“ erhoben wurden und gleichzeitig manche Menschen weniger Rechte als Tiere besaßen.

Für Nationalsozialisten stellten Tierschutz und Verbrechen gegen die Menschlichkeit offenbar keinen Widerspruch dar. Heinrich Himmler, Reichsführer SS, formulierte dies in einer seiner Reden so: „Ob beim Bau eines Panzergrabens 10.000 russische Weiber an Entkräftung umfallen oder nicht, interessiert mich nur insoweit, als der Panzergraben für Deutschland fertig wird. Wir werden niemals roh und herzlos sein, wo es nicht sein muss: Das ist klar. Wir Deutsche, die als Einzige auf der Welt eine anständige Einstellung zum Tier haben, werden auch zu diesen Menschentieren eine anständige Einstellung einnehmen.“

Wie eng der Tierschutz mit den Grundüberzeugungen der NS-Ideologie verknüpft war und wie sehr es dem Regime half, damit auch im Alltag Terror auszuüben, das erzählt Mohnhaupt im Stil einer Reportage, die stets durch umfangreiche Quellenangaben belegt wird. Das Buch macht sichtbar, wie der auf den ersten Blick paradoxe Tierschutzgedanke dazu beitrug, die Gesellschaft auf völkisch-rassistischer Grundlage neu zu gestalten. Ein zentraler Bestandteil der braunen Gedankenwelt war es vor allem, den „Nutzen“ jedes Lebewesens für die Gesellschaft einzuschätzen und dann darüber zu urteilen, ob Tier oder Mensch ein Recht auf Leben habe oder als „Schädling“ systematisch zu vernichten sei.

Die Basis dafür bildeten krude Ableitungen aus Darwins Evolutionstheorie, die die rassische Zuchtwahl bei Tieren auf Menschen ausweiten sollten. Eine führende Rolle dabei spielte der Arzt und „Rassenhygieniker“ Alfred Ploetz. Auch die SS ging bei der Auswahl ihrer Rekruten wie ein „Saatzüchter“ vor und siebte die Menschen danach aus, ob sie „gebogene Nasen, markante Wangenknochen oder dunkle Haare“ hatten.

Rhetorische Techniken, die in der heutigen politischen Diskussion als „Framing“ Beachtung finden, wurden von den Nazis geschickt eingesetzt, indem etwa Juden im Kontext der Hygiene und von Infektionskrankheiten genannt wurden. Hitler bezeichnete sie in „Mein Kampf“ als „Bazillen, die sich immer weiter ausbreiten“, und Himmler stilisierte sie zu Parasiten: „Mit dem Antisemitismus ist es wie mit der Entlausung. Es ist keine Weltanschauungsfrage, dass man Läuse entfernt. Das ist eine Reinlichkeitsangelegenheit.“

Vielleicht auch deswegen überdachte der Pädagoge Janusz Korczak die Beziehung zu diesen Tieren neu. Er schrieb in seinem „Tagebuch aus dem Warschauer Ghetto“: „Gestern habe ich eine Laus gefangen und sie ohne Skrupel mit einer einzigen schnellen Bewegung der Fingernägel zerquetscht. Wenn ich dazu komme, schreibe ich eine Apologie der Laus, denn unser Verhältnis zu diesem schönen Insekt ist ungerecht und unwürdig. Wer wird den Mut haben und vortreten, um sie zu verteidigen?“

Diese Entmenschung wird auch Kindern kommuniziert. Ernst Hiemer, Chefredakteur der Wochenzeitung Der Stürmer, wies in seinem Kinderbuch „Pudelmopsdackelpinscher“ Tieren „jüdische Eigenschaften“ zu. Neben schmutzigen Mischlingshunden kamen unnütze Drohnen, Heuschrecken und Wanzen vor. Auch die jungen „Pimpfe“ sollten von früh an mit der entmenschlichenden Ideologie der Nazis in Berührung kommen.

Im Unterschied zu reinrassigen, sich unterordnenden Hunden galten Katzen als eine „fremde, unberechenbare Rasse aus dem Orient“. Der Katzenjäger und Journalist Willi Vesper erklärte seinem Sohn, dass man Katzen „keinen menschlichen Charakter anerziehen könne und sie als reine Stadttiere tückisch, falsch, asozial, also die Juden unter den Tieren“ seien. Dies stieß auch auf Resonanz bei den Vogelschützern. Während den Singvögeln „bürgerliche“ Eigenschaften wie Monogamie, Fürsorge und Hausmusik nachgesagt wurden, standen Katzen für alles Zügellose und Lasterhafte. Für viele war daher die Katze niemals ein echtes deutsches Haustier, sondern ein aus dem Osten eingewanderter Feind. Jäger bekamen 1934 daher das (bis heute bestehende) Recht, jede Katze zu erschießen, die sich weiter als 200 Meter vom nächsten bewohnten Haus aufhielt.

Dem Thema der Jagd widmet das Buch einen ausführlichen Teil, denn die Ansichten der Jägerschaft passten bestens in das Konzept von „Blut und Boden“. Die sogenannte Hege mit der Büchse entsprach dem Selektionsprinzip der „Rassenhygiene“. Hermann Göring erkannte die Möglichkeit, eine weitere Bevölkerungsgruppe ideologisch auf die NS-Ideologie einzuschwören. In seiner Funktion als Reichsjägermeister konstruierte er ein „Deutsches Jagdliches Brauchtum“ und neue Begriffe wie die „deutsche Waidgerechtigkeit“, die bestimmte Gruppen wie die Bauernschaft vom Zugang zum Wildbret fernhalten sollte.

Viele angeblich traditionelle Bräuche wurden erfunden und als altdeutsche Tugenden ausgegeben. Und einige NS-Rituale leben bis heute in der Jägerschaft weiter. Etwa dass dem erlegten männlichen Hirsch ein „letzter Bissen“ in den Äser, das Maul, gelegt wird. Meist handelt es sich dabei um einen nadeligen Fichtenzweig, ein Futter, das der Hirsch zu Lebzeiten nie gefressen hätte. Im Vergleich zu Göring, der die Trophäenjagd liebte, erscheint Hitler – so schwer es auch fällt, das zu sagen – mit seiner Abneigung gegen „den letzten Überrest einer abgestorbenen, feudalen Welt“ fast ein wenig sympathisch. Von ihm ist das Zitat überliefert, dass „das Anständigste bei der Jagd das Wild“ sei. Auch hegte er für Wilddiebe eine vermutlich romantisch verklärte Sympathie, weil diese seiner Meinung nach bei der Jagd noch ihr Leben riskieren würden.

Das Buch überzeugt mit seiner geschickten Verflechtung von angenehm lesbaren Geschichten mit gut recherchierten historischen Fakten. Jedes Kapitel befasst sich mit einer bestimmen Tiergruppe, wie zum Beispiel Hunden, Schweinen oder Pferden, der in der Nazizeit besondere Bedeutung zukam. Man begleitet dabei eine konkrete Person wie den Literaturwissenschaftler Victor Klemperer durch diese Terrorjahre und erfährt etwa am Schicksal seines Katers Mucius, wie scheinbar nur dem Naturschutz dienenden Gesetze als Repressionsmittel gegen die jüdische Bevölkerung eingesetzt wurden.

Egal, ob Seidenraupen zu kriegswichtigen Lebewesen gemacht wurden oder Hundezucht als Vorbild für die Rassengesetzgebung diente, das Buch zeigt eine weitere, bisher vernachlässigte Facette davon auf, wie sehr die NS-Ideologie alle Bereiche der Gesellschaft durchdrang.

Peter Iwaniewicz in FALTER 11/2020 vom 13.03.2020 (S. 40)

Posted by Wilfried Allé Wednesday, March 11, 2020 3:59:00 PM Categories: 20. Jahrhundert (bis 1945) Geschichte Sachbücher
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