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Atlas der Zukunft 

100 Karten, um die nächsten 100 Jahre zu überleben

von Ian Goldin , Robert Muggah

ISBN: 9783832199999
Verlag: DuMont Buchverlag/td>
Format: Hardcover
Genre: Reisen/Karten, Stadtpläne, Atlanten
Umfang: 512 Seiten
Erscheinungsdatum: 16.07.2021
Übersetzung: Tobias Rothenbücher
Preis: € 46,30

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

Das Leben auf unserer Welt hat sich in den letzten Jahr­zehnten deut­lich ver­än­dert, 2020 be­son­ders weit­rei­chend, und viele Um­brüche kom­men noch auf uns zu. Unsere ge­wohn­ten Land­karten, so­wohl die im Kopf als auch die phy­si­schen, sind nicht mehr zweck­dien­lich. Nicht die Auf­glie­de­rung in Staats­ge­biete, son­dern die Dar­stel­lung von grenz­über­schrei­ten­den As­pek­ten wird die Zu­kunft der Kar­to­gra­fie be­stim­men und für das ge­mein­same Han­deln nütz­lich sein. Auf der Grund­lage jahr­zehnte­lan­ger For­schung kom­bi­nie­ren Ian Goldin und Robert Muggah Sa­tel­li­ten­bil­der und Pro­jek­ti­onen mit ihren auf­schluss­rei­chen Ana­ly­sen. Sie offen­baren vie­le tief­grei­fende Un­gleich­hei­ten, die für die Men­schheit es­sen­ziell wer­den, wenn die großen The­en wie z. B. Glo­ba­li­sie­rung, Kli­ma, Ver­städte­rung, Geo­poli­tik, Mi­gra­tion, Er­näh­rung und Bil­dung nicht an­ge­gan­gen werden.
Der ›Atlas der Zukunft‹ er­mög­licht einen um­fas­sen­den Blick auf glo­ba­le Trends, die unsere Welt neu ge­stal­ten. Dieses Buch bietet eine Aus­sicht nicht nur auf die Heraus­for­de­run­gen, vor de­nen wir ste­hen, son­dern auch da­rauf, wie wir sie mit den rich­ti­gen Da­ten und In­for­ma­tio­nen in den Griff be­kom­men können.

FALTER-Rezension:

"Die Entscheidung übers Klima fällt im Amazonas"

Es sind schier unglaubliche Dimen­sionen: Der größte tro­pi­sche Regen­wald der Welt, der Ama­zo­nas, er­streckt sich über acht Län­der, be­her­bergt 60 Pro­zent der Tropen­wälder der Welt, 20 Pro­zent aller Süß­was­ser­re­ser­ven und zehn Pro­zent der ge­sam­ten Bio­di­ver­si­tät. Wie kann man diese Viel­falt schützen und gleich­zei­tig von den ge­wal­ti­gen Res­sour­cen pro­fi­tie­ren, die ein sol­cher Ort lie­fert? Der Poli­tik­wis­sen­schaft­ler, Autor und Grün­der des bra­si­lia­ni­schen Think­tanks "Igarapé Institute" Ro­bert Muggah ist für das Hu­ma­ni­ties Fes­ti­val des Insti­tuts für die Wis­sen­schaf­ten vom Men­schen in Wien. Dort spricht er über das Po­ten­tial von Bio­öko­no­mie und die Be­deu­tung des Ama­zo­nas für uns alle. Der Fal­ter hat ihn im Vor­feld ge­trof­fen.
Falter: Herr Muggah, Sie ha­ben in den letz­ten Jah­ren an allen mög­li­chen The­men ge­ar­bei­tet, von Städte­wachs­tum bis hin zu Sicher­heits­fragen. Warum kon­zen­trie­ren Sie sich jetzt auf den Ama­zonas?

Robert Muggah: Ich habe versucht, glo­bale Mega­trends zu ver­stehen, und mei­nen Fokus für mein Buch "Atlas der Zu­kunft" auf jene ge­legt, die un­auf­halt­sam sind, wie die di­gi­tale Trans­for­ma­tion und den Klima­wandel. Ich lebte ge­rade in Bra­si­lien und beim Schrei­ben wurde mir klar, dass viele die­ser Trends im Ama­zo­nas zu­sam­men­lau­fen. Er ist grund­le­gend mit der Glo­ba­li­sie­rung ver­bun­den. Wir fin­den dort sel­tene Erden wie Nickel, Li­thium, Gold, aber auch große An­bau­ge­biete für Soja, Rin­der, Zucker, Holz. Wir se­hen, dass die Leute den Ama­zo­nas als die­ses rie­sige, un­be­rühr­te Ge­biet be­trach­ten, aber tat­säch­lich ist er seit Tau­sen­den von Jah­ren be­wohnt. Die Mi­gra­tion nimmt zu, weil die Jagd nach Res­sour­cen zu­nimmt. Da­durch wurde vor allem Bra­si­lien auch zu einem der ge­walt­tä­tig­sten Orte der Welt.

Wie groß ist die ökologische Bedeutung des Amazonas?

Muggah: Er reguliert das globale Klima mit. Um das in Per­spek­ti­ve zu rücken: Der Ama­zo­nas ist rie­sig, sie­ben Mil­lio­nen Qua­drat­kilo­meter groß, Öster­reich hätte 80 Mal Platz. Er lie­fert enorm viel Sauer­stoff und spei­chert enorm viel Kohlen­stoff. Heu­te stehen wir aber vor einem so­ge­nann­ten "dieback" - Wald­ster­ben auf­grund von Hitze­stress, Trocken­heit und der fort­schrei­ten­den Ent­wal­dung. Und sind da­durch nah an einem ge­wal­ti­gen Wende­punkt: Die größte Kohlen­stoff­senke der Welt könnte zu einem der größ­ten Kohlen­stoff­emit­ten­ten wer­den. Die Wis­sen­schaft­ler Carlos Norbe und Thomas Lovejoy be­rech­neten, dass der Ama­zo­nas kip­pen könnte, so­bald 20 bis 25 Pro­zent der Wald­fläche ver­lo­ren ge­gan­gen sind. Heute pos­tu­lie­ren Wis­sen­schaft­ler, dass be­reits 18 Prozent ab­ge­holzt wur­den. Mit an­de­ren Wor­ten: Wir sind nur ein paar Pro­zent­punk­te von einem Ka­ta­s­t­ro­phen­sze­na­rio ent­fernt. Man­che Teile im Sü­den dürf­ten schon ge­kippt sein, sie pro­du­zie­ren jetzt Kohlen­stoff und sind im Über­gang zu einer Sa­van­ne. Die etwas bes­sere Nach­richt ist, dass der west­li­che Ama­zo­nas noch in­tak­ter zu sein scheint und Po­ten­zial zur Re­si­lienz zeigt, wider­stands­fähig ist.

Was bedeutet das für jemanden außerhalb des Ama­zo­nas­becken, je­manden in Öster­reich?

Muggah: Was im Amazonas passiert, bleibt nicht im Ama­zo­nas. Der Zu­sam­men­bruch wäre nicht nur für die lo­ka­len Öko­sys­teme ka­tas­tro­phal, son­dern auch für die glo­bale Erd­er­wär­mung. Wenn sich Tro­pen­wald in Sa­vanne ver­wan­delt, ver­län­gern sich Trocken­zei­ten, Nieder­schläge nehmen ab. Der Ama­zo­nas würde dann bis zu 90 Mil­liar­den Ton­nen Kohlen­stoff aus­spucken. Das ent­spricht den Emis­sio­nen der ge­sam­ten Welt­be­völ­ke­rung in sie­ben Jahren. Wenn das pas­siert, än­dern sich auch glo­ba­le Wet­ter­mus­ter, Stoff­kreis­läu­fe, Meeres­strö­mun­gen. Denn der Ama­zo­nas setzt auch eine enorme Menge Was­ser­dampf frei, wir nen­nen das flie­gen­de Flüs­se. Mil­liar­den Ton­nen Was­ser, die Re­gen­zei­ten füt­tern und Flüsse auf­füllen.

Wie schnell könnte der Wald kippen?

Muggah: Wir wissen es nicht genau, nur dass es da­durch zu Wel­len­ef­fek­ten kommt, die das Pari­ser Ab­kommen tor­pe­die­ren. Unter dem bra­si­lia­ni­schen Prä­si­den­ten Jair Bol­so­na­ro, der 2018 ge­wählt wurde, ha­ben wir eine Be­schleu­ni­gung der Ent­wal­dung ge­sehen. Wenn er die zwei­te Amts­zeit ge­winnt, ha­ben wir eine sehr be­grenz­te Chance, die­ses Ab­ster­ben rück­gän­gig zu ma­chen. Wenn sein Geg­ner Luiz Inácio Lula da Silva ge­winnt, sieht es bes­ser aus.

Sie sagen in einem TED-Vortrag, dass 95 Prozent der Ent­wal­dung im Ama­zo­nas il­legal pas­siert. Wer steckt da­hin­ter und mit wel­chen Mo­ti­ven?

Muggah: Zwischen 30 und 35 Millionen Menschen leben im Ama­zo­nas. Nach­kom­men von Euro­päern, die wäh­rend der Kolo­nial­zeit kamen, hun­der­te von in­di­ge­nen Grup­pen, man­che von ihnen un­kon­tak­tiert, afro­bra­si­lia­nische Ge­mein­schaf­ten, die ver­sklavt wur­den, um Gummi zu zap­fen oder Kaf­fee zu pro­du­zie­ren. Viele wur­den ge­zwun­gen, hier­her zu mi­grie­ren, pa­ral­lel zu einem welt­weit wach­sen­den Ap­petit auf Roh­stoffe. Frü­her war das Kaut­schuk, heute ist Bra­si­lien eine Agro­super­macht und ein Berg­bau­gi­gant. Es geht also nicht nur um Ein­hei­mische, die Bäume fäl­len, um Platz für Dör­fer zu machen, son­dern um rie­sige Unter­nehmen. Die­ses Jahr haben wir die höchste Ent­wal­dungs­rate seit 15 Jah­ren ge­sehen: 13.000 Qua­dra­tkilo­meter, etwa ein Fünf­tel der Fläche Öster­reichs. Und die Ent­wal­dung hat seit Bol­so­na­ros Amts­an­tritt um 70 Pro­zent zu­ge­nom­men. Die Haupt­ur­sache ist Land­raub, der Bo­den ist mehr wert, wenn er ab­ge­holzt ist. Da­nach wird kaum ge­fahn­det, es gibt also kaum An­reize, das legal zu tun. Zwei­tens zah­len große land­wirt­schaft­liche Er­zeu­ger Land­be­sit­zern für den Zu­gang zu Land, um­gehen so die Ge­setze. Da­zu kommt il­le­ga­les Schür­fen nach Gold, für das oft Flüs­se mit Queck­sil­ber ver­gif­tet wer­den.

Aber wie kann es sein, dass so viel davon illegal pas­siert? Den Groß­teil der Pro­dukte, von denen Sie spre­chen, im­por­tie­ren EU-Staaten täg­lich.

Muggah: Die Rohstoffe werden am Schluss einer langen il­le­galen Kette in le­gale Liefer­ket­ten ein­ge­spült. In­ves­toren zah­en Leute, um das Land zu ko­lo­nia­li­sie­ren; kor­rup­te Mak­ler lie­fern Li­zen­zen; die Poli­zei wird Kom­pli­ze bei der Zu­las­sung; und am Ende stehen Händ­ler und Käu­fer. Es ist also nicht ein ein­zel­ner Ma­fio­so, es ist eine stark ver­teil­te, de­zen­tra­li­sier­te und weit ver­brei­tete Krimi­na­li­tät mit Bra­si­lien als Ort, wo all das zu­sam­men­kommt.

Wie sehr hat Jair Bolsonaro diese illegale Abholzung in diesem Um­fang über­haupt erst mög­lich ge­macht?

Muggah: Bolsonaro ist der Sohn eines Gold­wäschers, hat sei­nen Wahl­kampf mit Anti-Um­welt-Themen be­strit­ten. Er leug­net nicht nur die Exis­tenz des Klima­wan­dels, er führt Krieg ge­gen die Natur. Ak­ti­vis­ten ha­ben ihm be­reits Öko­zid und so­gar Völker­mord vor­ge­wor­fen. Bol­so­na­ro hat seit sei­nem Amts­an­tritt sys­te­ma­tisch Schutz­ge­biete und indi­gene Ter­ri­to­rien ab­ge­baut. Er hat Leu­ten Am­nes­tie ge­ge­ben, denen il­le­ga­le Ab­hol­zung oder Berg­bau vor­ge­wor­fen wird. Er be­schützt die Garimpeiros, il­le­gale Gold­sucher, die seine po­li­ti­sche Basis bil­den. Er hat Be­hör­den ent­mach­tet, die Um­welt­ver­bre­chen ahnden, in­klu­sive IBAMA, die größte Um­welt­schutz­be­hörde Bra­si­liens. Er hat Kam­pag­nen ge­gen Um­welt­schützer und in­di­ge­ne Ak­ti­vis­ten hoch­ge­fahren, was Bra­si­lien mittler­weile zu einem der ge­fähr­lichs­ten Län­der der Welt macht. Und - das ist fast am schlimmsten - er hat ein Klima für Bauern und Vieh­züch­ter ge­schaf­fen, um un­ge­straft zu han­deln. Brand­ro­dung hat da­durch ein ganz neues Level er­reicht. All das hat auch Kon­se­quen­zen im Aus­land: Nor­wegen und Deutsch­land ha­ben die Fi­nan­zie­rung des Ama­zo­nas-Fonds be­endet, ein mil­liar­den­schwe­rer Wie­der­auf­fors­tungs­topf. Es ist eine Art Blitz­krieg der Richt­linien und Ge­setze.

Am 2. Oktober wählt Brasilien eine neue Regierung. Falls Bol­so­na­ro ge­hen muss: Wie könnte der Scha­den rück­gän­gig ge­macht werden?

Muggah: Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass die­se Wahl über das Schick­sal des Ama­zonas­beckens ent­schei­det. Laut ak­tu­el­len Um­fra­gen liegt Lula vor Bol­so­na­ro. Er hat be­reits Net­to-Null-Ent­wal­dung ver­spro­chen, und grüne Agrar­kre­di­te ein­zu­führen, um An­reize für nach­hal­tige Prak­ti­ken zu schaf­fen. Aber wa­rum sollten wir ihm glau­ben? Zwi­schen 2003 und 2010, als er Prä­si­dent war, ging die Ent­wal­dung um mehr als 84 Pro­zent zu­rück. Auch wenn man da­zu­sa­gen muss, dass selbst in die­sem Sys­tem nur drei Pro­zent der Buß­gel­der für ille­ga­le Ab­hol­zung ge­zahlt wur­den. Er hat rie­sige Schutz­ge­biete ge­schaf­fen, auch für die in­di­ge­ne Be­völ­ke­rung. Er er­mu­ti­gte Land­be­sitzer, ihr Land zu re­gis­trie­ren, da­vor gab es eine Menge Streit um Eigen­tum. Er hat die Wis­sen­schaft ge­stärkt, die il­le­ga­le Ab­hol­zung moni­to­ren konnte, Natio­nal­parks an­ge­legt und einen Öko­touris­mus-Boom ge­star­tet.

In einem Ihrer Projekte verwenden Sie Satellitendaten, um die Folgen dieser Um­welt­zer­stö­rung bes­ser zu ver­folgen. Was könnte sich da­durch än­dern?

Muggah: In den letzten Jahren ist der Zu­gang zu Techno­lo­gien ex­plo­diert. Da­durch haben sich auch Trans­pa­renz und Rechen­schafts­pflicht in Be­zug auf Krimi­na­li­tät und Ent­wal­dung ver­bes­sert. In Bra­si­lien haben wir ein Sys­tem ein­ge­rich­tet, um Wäl­der nahe­zu in Echt­zeit zu über­wachen. Wir ver­wen­den Satel­liten­daten der bra­si­liani­schen Wis­sen­schafts­agen­tur, aber auch aus pri­vaten Quellen, in einer Auf­lö­sung, die es bis­her nicht ge­ge­ben hat. Wir zei­gen nicht nur, dass ent­wal­det wird, son­dern auch, auf wel­che Weise. Das kom­bi­nieren wir mit Infos zu Ver­brechen. So kön­nen wir ver­stehen, wo die Hot­spots der Il­le­ga­li­tät sind. Wir wol­len Trans­pa­renz schaf­fen, für Medien, aber vor allem auch für die Fi­nanz­branche, den Roh­stoff­sek­tor. Zu lange konnten wir uns auf ge­wisse Weise vor der Rea­li­tät im Ama­zo­nas ver­stecken. Aber die Krimi­na­li­tät, der feh­lende Natur­schutz, kann nicht län­ger igno­riert wer­den.

Die EU ist für 16 Prozent der globalen Entwaldung ver­ant­wortlich. Das EU-Par­la­ment hat vor zwei Wo­chen für ein Ge­setz ge­stimmt, das die­sen Pro­zess ein­däm­men soll. Wie sehr könnte das das Pro­blem im Ama­zo­nas lösen?

Muggah: Das ist vielleicht der Lichtblick in dieser düsteren Ge­schichte. Die Be­mü­hungen der EU sind wich­tig. Das neue Anti-Ent­waldungs­ge­setz würde Pro­dukte ver­bieten, die mit der Zer­stö­rung von Wäl­dern oder Men­schen­rechts­ver­letzungen ver­bunden sind. Unter­nehmen müs­sen also Rechen­schaft ab­legen. Wir kön­nen hof­fen, dass der so­ge­nannte Brüs­sel-Effekt ein­tritt, sich die Ge­setz­ge­bung der EU also auf das Ver­hal­ten ande­rer Märkte aus­wirkt. Es sind Schrit­te in die rich­tige Rich­tung, aber wir müs­sen sicher­stel­len, dass all das in einer Ge­schwin­dig­keit er­folgt, die an­ge­sichts der Dring­lich­keit der Krise er­for­der­lich ist.

Wer kann hier Druck erzeugen?

Muggah: Am wichtigsten sind die Menschen in den Regionen selbst. Wir hö­ren im­mer mehr in­di­ge­ne Stim­men, Wis­sen­schaft­ler. Wir se­hen Wirt­schafts­führer, die Koa­li­tio­nen bil­den und in nach­hal­tige Forst­wirt­schaft in­ves­tie­ren. Selbst die Welt­bank unter­stützt eine Art Clus­ter grü­ner Fonds und ver­sucht, natur­freund­li­che In­ves­ti­tio­nen zu be­schleu­ni­gen. Wir se­hen, dass große Unter­nehmen - auch wenn ich hier zu Vor­sicht mahne - wie Black­Rock oder JBS, der größte Fleisch­pro­du­zent der Welt, be­gin­nen, in Wieder­auf­fors­tung und CO2 Aus­glei­che zu in­ves­tie­ren. Wir se­hen lo­ka­le Poli­ti­ker, die Al­li­an­zen schmie­den. Und auch Re­gie­run­gen, etwa in Ko­lum­bien unter dem Prä­si­den­ten Gustavo Petro, spre­chen sich stär­ker für den Schutz des Ama­zo­nas aus. Wir brau­chen aber kein perio­di­sches Fahnen­schwin­gen, wir brau­chen einen ste­ti­gen Trom­mel­schlag.

Sie setzen viel Hoffnung auf eine grüne Wirtschaft. Wie können wir Green­washing ver­meiden?

Muggah: Es ist eine enorme Menge an Geld für In­ves­ti­tio­nen in die­sem Be­reich im Um­lauf, der grüne An­sturm auf Kohlen­stoff und Bio­di­ver­si­täts­gut­schrif­ten, also im We­sent­li­chen der Er­halt von Wäl­dern ge­gen Be­zahlung. Und es gibt eine De­bat­te über die Rea­li­sier­bar­keit, die Ef­fek­ti­vi­tät da­von. Da muss man auf­pas­sen. Aber wir hat­ten lange eine Dicho­tomie zwi­schen Er­hal­tung und Ent­wick­lung in der Re­gion. Es gibt Pu­ris­ten, die glau­ben, dass Wäl­der in­takt blei­ben müs­sen, frei von Men­schen und ihren Inter­ven­tio­en. Und es gibt eine an­dere Grup­pe, die sagt: Wald muss auf dem Al­tar der Ent­wick­lung ge­opfert wer­den. Die Ant­wort liegt irgend­wo in der Mit­te. Wir müs­sen eine Neu­be­wer­tung vor­nehmen und ver­stehen, wel­ches Po­ten­zial nach­hal­tige Wald­wirt­schaft hat. Eine Grup­pe von Ex­per­ten spricht von "Ama­zo­nas 4.0". Eine Wald­wirt­schaft, in der man schnell wie­der auf­fors­ten kann und gleich­zei­tig die außer­ge­wöhn­liche Bio­di­ver­si­tät schätzt - von Nüs­sen und Beeren über die Basis für Kos­me­ti­ka, Bio­techno­lo­gie und bis zu pharma­zeu­ti­schen Pro­duk­ten. Auch hier be­steht die Ge­fahr des Green­washings. Des­halb ist es ja so wich­tig, Rechen­schafts­pflicht und Trans­pa­renz in die­sen Pro­zess zu brin­gen.

Nehmen wir an, Lula gewinnt die Wahl, der Ama­zo­nas wird mehr ge­schützt, die Finanz­märkte schwin­gen um. Ist es wirk­lich so ein­fach, be­reits ab­ge­holzte Ge­biete auf­zu­fors­ten und die Kom­plexi­tät der Bio­di­versi­tät, die es da­vor dort gab, wieder­her­zu­stellen?

Muggah: Die einfache Antwort auf diese Frage ist, dass wir es ver­su­chen müs­sen. Wir haben keine Alter­na­tive, wenn wir ein regio­na­les und glo­ba­les Kli­ma haben wol­len, in dem es sich zu leben lohnt. Laut der Wis­sen­schaft bleibt uns ein Jahr­zehnt, um damit zu be­gin­nen, die Ent­wal­dung auf null zu brin­gen. Oder wir wer­den Rück­kopplungs­schlei­fen se­hen und kön­nen uns vom Pari­ser Klima­ab­kom­men ver­ab­schie­den.

So wie Sie das schildern, steht gerade alles auf dem Spiel.

Muggah: Es ist das Außergewöhnliche unserer Zeit: Zu 99 Pro­zent der 300.000-jäh­rigen Ge­schich­te als Homo sapiens hat­ten wir keine Ahnung, was um uns herum pas­sier­te. Wir wis­sen heu­te nicht nur über die letz­ten 300 Jahre Be­scheid, son­dern ha­ben auch ein gu­tes Ge­spür für Lö­sun­gen, die die Zu­kunft be­tref­fen. Gleich­zei­tig ha­ben wir nur zehn bis 30 Jahre Zeit, um kri­ti­sche Pfade ein­zu­len­ken. Es ist ein furcht­er­re­gen­der Mo­ment, um am Le­ben zu sein, aber auch ein wirk­lich er­staun­licher. Die Ent­schei­dung über unser glo­ba­les Klima­sys­tem fällt hier im Ama­zo­nas.

Welche Rolle spielen indigene Völker in der Bewäl­ti­gung dieser Krisen?

Muggah: Allein in Brasilien leben mindestens 300 indi­gene Ge­mein­schaf­ten, hun­derte wei­tere in Peru, Ko­lum­bien und den an­de­ren Ama­zonas­län­dern. Viele von ihnen setzen sich in­ten­siv für den Schutz der Wäl­der ein. Aber sie ge­hören auch zu den­jeni­gen, die am an­fäl­ligs­ten für die Über­grif­fe der Agrar­unter­nehmen, Berg­bau­kon­zerne oder Wild­tier­händ­ler sind. Morde an Um­welt­schüt­zern, Ein­schüchte­rungen, Be­läs­ti­gungen sind sprung­haft an­ge­stiegen.

Erst im Sommer wurden der Indigenen-Experte Bruno Pereira und der Guardian-Jour­na­list Dom Philipps er­mordet.

Muggah: Dom Philipps war ein guter Freund von mir. Es gibt Dutzende wei­tere Fälle. Bra­si­lien ist der­zeit das viert­ge­fähr­lichste Land der Welt für Um­welt­akti­vis­ten. Mein Insti­tut ver­sucht des­halb auch, direkt mit in­di­ge­nen Frauen­netz­wer­ken zu­sam­men­zu­ar­bei­ten, ihnen zu hel­fen, die Be­dro­hungen und Ri­si­ken zu do­ku­men­tie­ren, denen sie aus­ge­setzt sind.

Wie sieht es mit dem indigenen Wissen darüber aus, wie man diese Gebiete bewahrt, wieder aufforstet?

Muggah: Wir kennen nur etwa ein Prozent der Bio­di­ver­si­tät des Ama­zo­nas. Wenn Sie Zeit mit in­di­ge­nen Ge­mein­schaf­ten ver­brin­gen, mer­ken Sie, wie viel sie über ihre Um­welt wis­sen. Wir sollten in­di­ge­ne Ge­mein­schaf­ten des­halb nicht nur als Opfer, son­dern auch als wich­ti­ge Agen­ten in der Trans­for­ma­tion des Ama­zo­nas se­hen. Sie se­hen ihre Um­welt als inte­grier­tes Gan­zes, ern­ten nur das, was sie brau­chen. Und es gibt das Ver­ständ­nis, an meh­re­re zu­künf­tige Gene­ratio­nen zu den­ken. Die­ses Be­wusst­sein wird auch glo­bal im­mer wich­ti­ger: Wir müs­sen die Zu­kunft des Pla­ne­ten nicht nur für un­sere Kin­der, son­dern viele Gene­ra­tio­nen da­rü­ber hi­naus si­chern.

Katharina Kropshofer in Falter 39/2022 vom 30.09.2022 (S. 50)

Posted by Wilfried Allé Sunday, October 2, 2022 10:22:00 AM Categories: Atlanten Reisen/Karten Stadtpläne
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Wilde Genüsse 

Enzyklopädie und Kochbuch der essbaren Wildpflanzen

von Margot Fischer

ISBN: 9783854764335
Verlag: Mandelbaum Verlag eG
Format: Buch
Genre: Ratgeber/Essen, Trinken/Themenkochbücher
Umfang: 808 Seiten
Erscheinungsdatum: 15.09.2014
Reihe: Mandelbaums Feine Gourmandisen
Preis: € 59,00

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

Das Standardwerk der essbaren Wild­pflanzen
Seit Jahren empfiehlt Margot Fischer be­reits, das Un­kraut bes­ser auf­zu­essen, als che­misch zu ver­nich­ten!
Ihr umfassendes Nachschlage­werk, es ist Koch­buch und En­zy­klo­pä­die der ess­baren Wild­pflan­zen in einem, er­scheint nun in neuer, er­wei­ter­ter Auf­lage und ver­bes­ser­ter Aus­stat­tung: zwei Bän­de im Schu­ber, er­wei­tert durch Farb­foto­gra­fien, die das Er­ken­nen der Pflan­zen er­leich­tern.
Das Buch lädt gleicher­maßen zum Schmö­kern in der Kul­tur­ge­schichte, zur ge­ziel­ten In­for­ma­tion über medi­zi­ni­sche An­wen­dun­gen oder zum ge­nuss­vol­len Nach­kochen von über 500 an­re­gen­den Re­zep­ten ein.
Hinweise auf Verwechslungs­möglich­keiten und mög­liche un­er­wünschte Wir­kun­gen machen eine sichere Be­stim­mung und Ver­wen­dung der Kräu­ter ein­fach. Hin­zu kommt eine um­fang­rei­che Über­sicht über die sai­so­nale Ver­wend­bar­keit von Trie­ben, Blät­tern, Blü­ten, Früch­ten, Samen, Wur­zeln und Säf­ten der kuli­na­risch ver­wend­baren Wild­pflan­zen Mit­tel­eu­ro­pas.

FALTER-Rezension:

Die Pflanzenwissen-Zusammenfügerin

Margot Fischer hat eine äußerst bunte Berufs­karriere. Unter anderem ist sie Ex­per­tin für ess­bare Wild­pflan­zen. Und die kann man auch im Herbst sam­meln. Ein Rund­gang.
Kaum auf der großen Wiese hinterm Lust­haus an­ge­kom­men, bückt sich Mar­got Fischer schon zum ers­ten Mal und zupft ein klei­nes, ge­fie­der­tes Blätt­chen ab, das aus­sieht wie eine zar­te, grüne Feder, und hält es einem zum Kosten hin. „Schaf­garbe“, sagt sie, „sie wird jetzt im Herbst schon ein biss­chen bit­ter, aber es ist ein super Ge­würz für Kräu­ter­auf­stri­che.“ Über­haupt könne man die Ernte­sai­son für vie­le ess­bare Wild­pflan­zen ver­län­gern, wenn man noch ein­mal hin­gehe, nach­dem die Wiese so wie hier vor kur­zem ge­mäht wor­den ist und man­che Pflan­zen so­gar jetzt im Herbst in Boden­nähe noch ein bisschen fri­sches Grün an­setzen.
Margot Fischer schreitet weiter aus. Sie ist eine kleine, fili­grane Frau mit schickem, blon­dem Kurz­haar­schnitt, einem schwar­zen Lack­leder­man­tel und schwar­zen Palla­dium-Boots. Kräu­ter­frauen stellt man sich an­ders vor. Sie spricht lei­se, kon­zen­triert und ein bisschen ab­ge­hackt. Es ist ein strah­lend son­niger, kalter Okto­ber­mor­gen. Der Wind treibt Wol­ken über den Him­mel. Ab­ge­fal­lene Blät­ter spren­keln Gras und Wege. Das Laub an den Zwei­gen hat schon be­gon­nen, sich zu ver­färben.
Es ist nicht viel los im grünen Prater. Ein paar Läufer, ein paar Spa­zier­gän­ger mit Hun­den, ab und zu weht es Stimm­fetzen aus dem Kinder­garten in der Aspern­allee herü­ber. Wenn Margot Fischer ihre Ex­kur­si­onen zu ess­ba­ren Wild­pflan­zen ver­an­stal­tet, dann tut sie das meis­tens an Or­ten wie die­sem: mit­ten in der Stadt und doch am Land. In der Natur und doch mit öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln zu er­rei­chen.
Wie zum Beispiel oben am Cobenzl im Wiener Wald. Oder eben hier rund um die großen Wie­sen und die Au­land­schaft beim Lust­haus-Wasser im Prater. „Hier wächst viel auf engs­tem Raum“, sagt sie und ist auch schon am Wald­rand an­ge­kom­men, wo sie ein paar Samen vom Kleinen Spring­kraut ab­zupft. Sie schmecken nus­sig und jetzt im Herbst, wenn sie schon etwas älter sind, auch pfeffrig. Sie ent­halten viel Öl und Ei­weiß und pas­sen gut in Sa­late. Wie lange, grüne Wild­reis-Na­deln lie­gen die Spring­kraut-Samen auf Margot Fischers be­hand­schuhter Hand­fläche: „Man soll eh so viel wie mög­lich da­von auf­essen, weil das Spring­kraut ein ziem­lich in­va­si­ver Neo­phyt ist“, scherzt sie.

Wer mit Margot Fischer unter­wegs ist, für den wird die Na­tur im Hand­um­drehen zu einem äußerst gut be­stück­ten Selbst­be­dienungs­laden: Wild­ge­müse und -kräu­ter, Samen, Beeren, Wur­zeln. „Allein in Mit­tel­eu­ro­pa exis­tie­ren mehr als 1600 ess­bare Wild­pflan­zen“, schreibt Margot Fischer in ihrem zwei­bän­di­gen Buch „Wilde Genüsse. Enzy­klo­pä­die und Koch­buch der ess­ba­ren Wild­pflan­zen“, das im Mandel­baum-Ver­lag er­schie­nen ist und eins der Stan­dard­werke zum Thema ist.
Natürlich handelt es sich bei der Lehre von den ess­ba­ren Wild­pflan­zen um ur­altes Wis­sen, aber für ihr eige­nes Leben ist Margot Fischer ganz allein drauf ge­kom­men. So könnte man es zu­min­dest for­mu­lieren.
Es ist eine Geschichte über be­schwing­ten Eigen­sinn, und sie geht so: Schon mit zwölf oder 13 fing Margot Fischer selbst zu kochen an. Und zwar „weil meine Mut­ter so schlecht ge­kocht hat. Sie war System­pro­gram­miererin und keine Haus­frau“, er­zählt sie heiter. Da traf es sich gut, dass die Toch­ter neu­gie­rig aufs Kochen war, gern ex­peri­men­tierte und viel mit Kräu­tern würzte.
Irgendwann bekam sie mit, dass viele der Würz­kräu­ter zu­gleich auch als tradi­tio­nelle Heil­kräuter im Ein­satz waren. Also wünschte sie sich ein Heil­kräuter­buch, be­kam es und stol­perte in einem Ab­satz über die Kul­tur­ge­schichte der Vogel­miere (Stellaria media) über die Infor­mation, dass diese auch als Wild­ge­müse ge­ges­sen werden kann. „Da hat’s bei mir Bing ge­macht“, er­zählt Margot Fischer, Jahr­gang 1958. Von da an fing sie an, sich in der Na­tur zu be­die­nen, wann immer sie an den drei Orten, an denen sie auf­ge­wach­sen ist, unter­wegs war – in Wien oder in Graz oder in Leoben „auf der G’stät­ten der Voest“: Sauerampfer, Amaranth, Melde, Vogel­miere, Wegerich, Gänse­blümchen. „Ich hab alles ge­kostet und ge­schaut, was mir schmeckt und was nicht.“
Es waren die 1970er-Jahre. Wild­pflanzen­koch­bücher, wie es sie seit eini­gen Jah­ren zu­hauf gibt, exis­tier­ten nicht. „Wenn, dann gab’s so Hefteln aus dem Kneipp-Ver­lag mit Re­zep­ten zur no­tori­schen Brenn­nessel­suppe und, wenn’s hoch kommt, ge­backe­nen Ho­lunder­blü­ten“, er­zählt Margot Fischer. Auf der ande­ren Seite, sagt sie, sei das gar nicht so schlecht ge­wesen, „da­durch war ich freier in meinem Zu­gang“. Sie sam­melte, las nach, kos­tete, kombi­nier­te, pro­bier­te aus, was zu­sammen­passte, und er­forschte, was auch ge­kocht noch gut aus­sah. Später während der Studien­zeit dann mischte Margot Fischer stän­dig Heil­tees zu­sam­men und kochte viel für Freun­de – immer auch mit Wild­pflan­zen, die sie am Stadt­rand, im Türken­schanz­park oder in Nuss­dorf am Beet­hoven­gang selber sam­melte. „Ich wollte mir auch im­mer sel­ber hel­fen kön­nen und von nichts und nie­man­dem ab­hän­gig sein“, er­zählt sie. Die ess­baren Wild­pflan­zen passten da gut ins Kon­zept. Eben­so der Um­stand, dass sie sich viele hand­werk­liche Fähig­keiten an­eig­nete.

Sie legte es definitiv nicht stromlinienförmig an. Im Rahmen eines selbst zu­sam­men­ge­stell­ten Stu­dium irregu­lare stu­dierte sie Er­näh­rungs­wissen­schaf­ten und jobbte da­neben als For­schungs­assis­ten­tin auf der Inten­siv­sta­tion des AKH. Aus die­ser Zeit sind ihr die Kon­takte zur Medi­zin ge­blie­ben. Bis heute ver­dient sie ein Gut­teil ihres Ein­kom­mens als „scien­ti­fic author“, indem sie für Ärzte etwa medi­zi­ni­sche Stu­dien de­signt oder engli­sche Fach­maga­zin­arti­kel schreibt. Sie ist Wis­sen­schaft­lerin, Pflan­zen­kun­dige und Köchin in Per­so­nal­union. Da über­rascht es kaum, dass sie auch zwei Res­tau­rants ge­führt hat – das Bayou am Karme­liter­markt in der Leo­pold­stadt, das auf Cajun-Kitchen aus Loui­siana spezia­li­siert war, und das Con­tor, eben­falls am Karme­liter­markt, eine klei­ne, fei­ne Wein­bar mit eini­gen aus­ge­suchten Speze­reien, die – unter an­derer Füh­rung – immer noch exis­tiert. Zu­dem ar­bei­tet sie als Er­nährungs­be­ra­terin, gibt Koch­kurse (siehe Margi­nal­spalte), stellt eine ei­gene klei­ne Spezi­ali­täten-Pro­dukt­linie her, führt Wild­pflan­zen-Ex­kur­sio­nen und schreibt Bücher. Neben der En­zy­klo­pädie und dem Koch­buch zu den Wild­pflan­zen hat sie auch ein Cajun-Kitchen-Koch­buch, Kin­der- und Jugend­bücher oder eine Reihe klei­ner, fei­ner kuli­na­risch-kul­tur­his­tori­scher Pflan­zen-Mono­gra­fien aus der „kleine gour­man­disen“-Reihe des Mandel­baum-Ver­lags ge­schrie­ben. Es ist ein ver­schlun­gener, höchst eigen­wil­liger Lebens­weg. Die ess­ba­ren Wild­pflan­zen haben sie im­mer da­bei be­glei­tet. Man kann ge­trost be­haup­ten, dass sie in puncto ess­barem Wild­ge­müse dem ak­tuel­len Boom gleich ein paar Jahr­zehnte vor­aus ist.
Inzwischen ist Margot Fischer im tiefsten Au­wald des Lust­haus-Was­sers an­ge­kom­men, dort wo Biber-Fraß­spuren den Fuß dicker Pappel­stämme zie­ren und um­ge­fal­lene Bäume kreuz und quer lie­gen. Sie zeigt auf die rei­fen, roten Beeren des Weiß­dorns, die früher zu Mehl­er­satz ver­ar­bei­tet und zum Kuchen- und Brot­backen ­ver­wen­det wur­den, und be­rich­tet auch von der blutdruckregulierenden Wirkung der Weißdornblätter und -blüten. Dann zieht sie eine oberirdisch fast schon zur Gänze vertrocknete Nelkenwurz mit brau­nen, klet­ten­arti­gen Samen­stän­den aus dem Bo­den und er­zählt, dass man die Wur­zel trock­nen und als Ge­würz­nel­ken­er­satz ver­wen­den kann. Und tat­säch­lich: Wenn man ein Stück­chen Wur­zel kaut, brei­tet sich nach und nach ein deut­li­ches Ge­würz­nel­ken­­aro­ma im Mund aus.
Wer es sich wie Margot Fischer seit so langer Zeit an­ge­wöhnt hat, Wild­pflan­zen genau zu beo­bach­ten, der sieht Dinge, die an­dere nicht se­hen. Etwa in wel­cher Weise sich der Klima­wan­del an ihnen be­merk­bar macht. Seit fünf, sechs Jah­ren, sagt sie, falle ihr deut­lich auf, dass viele Wild­pflan­zen um Wo­chen, manch­mal auch gleich um bis zu zwei Mo­na­te frü­her blühen, als das ehe­mals der Fall war: Die Gundel­rebe, frü­her ein klassi­scher April-Blüher, blüht nun schon im Februar. Eben­so das Schar­bocks­kraut – der klassi­sche Vita­min-C-Spen­der unter den ers­ten grü­nen Früh­lings­blät­tern. Mittler­weile muss man sich mit dem Blät­ter­sam­meln im Vor­früh­ling schon be­eilen, weil diese nur gut schmecken, so­lange die Pflan­ze noch nicht blüht.

Freilich, wer anfangen möchte, sich ein bisschen nä­her mit ess­baren Wild­pflan­zen zu be­schäf­ti­gen, wird sein Ge­schmacks­empfi­nden ver­mut­lich etwas adap­tie­ren müs­sen, denn die meis­ten Wild­pflan­zen schmecken bit­te­rer, als wir es von unse­ren Kultur­pflan­zen ge­wohnt sind. „Als Mensch ist man auf süß ge­trimmt, weil süß sel­ten gif­tig ist. Aus die­sem Grund wer­den Kultur­pflan­zen nicht nur auf mehr Er­trag hin ge­züch­tet, son­dern auch auf weni­ger Bitter­stoffe“, er­klärt Margot Fischer. Was auch des­wegen nicht ideal ist, weil Bitter­stoffe Galle und Ver­dauung an­regen und gleich­zei­tig des­in­fi­zie­rend wir­ken.
Und nicht selten verbirgt sich hinter einem ersten bitteren Ge­schmacks­ein­druck etwas höchst Über­raschen­des. Zu­rück auf der Wiese ver­teilt Margot Fischer ein paar junge Blätt­chen aus ei­ner der vie­len Spitz­wege­rich-Blatt­ro­set­ten, die hier wach­sen. Tat­säch­lich, man kaut ein biss­chen und plötz­lich taucht ein star­kes Wald­pilz­aroma – irgend­wo zwi­schen Eier­schwam­merl und Stein­pilz – auf.
Aber solche speziellen Geschmacks­nuancen allein ma­chen die Be­son­der­heit von ess­ba­ren Wild­pflan­zen noch nicht aus. Ganz ins­ge­samt ist die Dichte der wert­vol­len In­halts­stof­fe in ihnen wesent­lich höher als bei Kultur­pflan­zen. „Das hängt damit zu­sam­men, dass sie auf un­ge­düng­ten Bö­den ge­deihen und nicht auf ra­sches Wachs­tum ge­züch­tet sind“, er­klärt Pflan­zen­ex­per­tin Margot Fischer. Eigent­lich sei es ziem­lich ein­fach, sagt sie: „Das Zeit­alter der Ana­ly­se, in dem wir le­ben, hat da­zu ge­führt, dass alles aus­einander­ge­hackt wird. Ich bin eine Zu­sammen­fügerin. Jedes natur­be­las­sene Lebens­mit­tel ist auch Medi­zin. Und wenn ich mit einem Essen, das mir schmeckt, zu­gleich auch mei­nem Kör­per etwas Gutes tue, dann ist das doch ideal.“

Julia Kospach in Falter 41/2016 vom 14.10.2016 (S. 51)

Posted by Wilfried Allé Friday, September 30, 2022 2:18:00 PM Categories: Ratgeber/Essen Trinken/Themenkochbücher
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Angst und Angstmacherei 

Für eine Wirtschaftspolitik, die Hoffnung macht

von Markus Marterbauer , Martin Schürz

ISBN: 9783552073111
Verlag: Zsolnay, Paul
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 384 Seiten
Erscheinungsdatum: 26.09.2022
Preis: € 26,80

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

Wie bezahlen wir die wirtschaftlichen Folgen von Pandemie und Krieg? Markus Marter­bauers und Martin Schürz’ Plä­do­yer für einen besseren Sozial­staat.

Neoliberale Wirtschaftspolitik betrachtet Angst als mobili­sieren­den Faktor. Sie schürt Angst vor Alters­armut, sozia­lem Ab­stieg und dem be­vor­mun­den­den Staat. Doch ist es das, was wir an­ge­sichts von Pan­de­mie, Krieg und Kli­ma­kri­se brau­chen? Mar­kus Marter­bauer und Mar­tin Schürz plä­die­ren für eine Wirt­schafts­po­li­tik, die be­grün­de­ten Ängs­ten ge­zielt ent­ge­gen­wirkt, die Ver­ängs­tig­ten be­stärkt, Hoff­nung weckt und Frei­heit schafft.
In einer Gesellschaft, in der Weni­ge Mil­li­arden be­sit­zen, darf es keine Ar­mut ge­ben, und es darf nicht mit Angst­mache­rei Poli­tik be­trie­ben wer­den. Ein Plä­do­yer für hohe Min­dest­stan­dards in ei­nem bes­seren So­zi­al­staat, Löhne, von denen man gut le­ben kann, und eine Be­gren­zung des Reich­tums.

"Mit Freude lese ich, dass Marter­bauer und Schürz hier zu einem An­satz fin­den, wie Poli­tik wie­der in­halt­lich be­grün­det wer­den kann. Die­ses mate­rial- und facet­ten­rei­che Buch strotzt vor Bei­spie­len für sol­che Grenz­zie­hungen, und ich plä­diere da­für, dass Sie es er­wer­ben und es selbst le­sen." Armin Thurnher

https://awblog.at/angst-und-angstmacherei/?jetztlesen

Posted by Wilfried Allé Monday, September 26, 2022 2:30:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik
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Geld 

von Marlene Engelhorn

ISBN: 9783218013277
Verlag: Kremayr & Scheriau
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Gesellschaft
Umfang: 176 Seiten
Erscheinungsdatum: 26.09.2022
Reihe: übermorgen
Preis: € 20,00

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

„Es ist wichtig zu verstehen, worum es bei politischer Vermögensverteilung geht: Recht, Macht und Ressourcen. Dass diese Verteilung transparent und demokratisch stattfinden sollte, muss außer Frage gestellt werden. Vermögensungleichheit zerreißt das Miteinander.“

Zaster, Moneten, Knete, Marie: Wer Geld hat, redet nicht darüber; wer es nicht hat, jagt einem meist unerreichbaren Heilsversprechen hinterher. Immer jedoch geht Geld mit Macht Hand in Hand und ist oft ein Mittel, um Beziehungen zu führen, ohne sich auf Augenhöhe auf diese einlassen zu müssen. Nicht umsonst heißt es oft: Wer das Gold hat, macht die Regel. Warum eigentlich?

Marlene Engelhorn tut etwas, was so einigen Schweiß auf die Stirn treibt: Als Erbin eines beträchtlichen Vermögens redet sie über Geld – und besteht darauf, dass wir alle es tun. Wie viel ist genug? Was ist das gute Leben für alle? Wie wollen wir teilen? In wessen Händen liegt das Recht, zu entscheiden? Wenn wir nachhaltige Antworten wollen, müssen wir uns persönlich sowie gesellschaftlich damit auseinandersetzen, was Geld eigentlich ist. Ein Druckmittel? Eine sichere Bank? Ein erstrebenswertes Ziel oder der direkte Weg ins Verderben? Marlene Engelhorn seziert mit spitzer Feder unser Verhältnis zu Geld – und entwirft eine Vision, die zeigt, dass gerechte Umverteilung nur demokratisch wirken kann.

Millionenerbin Marlene Engelhorn: "Besteuert mich endlich!"
Buchpräsentation ->

Posted by Wilfried Allé Monday, September 19, 2022 11:21:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Gesellschaft
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Grenzland Ukraine 

Unterdrückte Potenziale, drastische Gewalterfahrungen. Mit einem Essay von Wolfgang Petritsch

von Christian Reder

ISBN: 9783854769262
Verlag: Mandelbaum Verlag eG
Format: Buch
Genre: Geschichte/Kulturgeschichte
Umfang: 204 Seiten
Erscheinungsdatum: 01.09.2022
Preis: € 19,00

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

Wie in kaum einer anderen Weltregion hat die Bevöl­ke­rung der Ukraine im letzten Jahr­hundert Tod und Leid er­fah­ren müs­sen: als zen­tra­ler Schau­platz der Ver­wüs­tungen bei­der Welt­kriege, durch die ge­plan­te Hungers­not 1932/33, die Juden­ver­nich­tung, die po­li­ti­schen Ver­fol­gun­gen, die Lang­zeit­fol­gen von Tscher­no­byl. Um die­se Ge­schich­te be­wuss­ter zu ma­chen, als Hin­ter­grund­wis­sen zur aku­ten Kriegs­si­tua­tion, lie­fert Chris­tian Reder essa­is­ti­sche Hin­weise für ein bes­se­res Ver­ständ­nis, kon­zen­triert auf wenig Ge­läu­fi­ges und die dem Land durch Flucht und Emi­gra­tion ver­loren­ge­gan­genen Poten­ziale.
Der in vielen inter­natio­nalen Funk­ti­onen er­fah­rene Spitzen­diplo­mat Wolf­gang Pet­ritsch kom­men­tiert die durch Russ­lands Krieg in Eu­ro­pa dras­tisch ver­än­der­te Welt­lage.

Posted by Wilfried Allé Sunday, September 11, 2022 12:47:00 PM Categories: Geschichte/Kulturgeschichte
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Auf Schiene 

33 Bahnreisen durch Österreich und darüber hinaus. Ein Reisebuch

von Othmar Pruckner

EAN: 9783854397076
Verlag: Falter Verlag
Format: Taschenbuch
Reihe: Kultur für Genießer
Umfang: 320 Seiten
Erscheinungsdatum: 24.05.2022
Preis: € 29,90

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

Achtung, Zug fährt ab!

Mit der Bahn geht es ans Schwäbische Meer und ins liebens­werte Kamp­tal, auf die Spitze der Zug­spitze, für ein Bud­weiser nach Bud­weis,  mit dem Reb­laus­ex­press von Retz ins kleine Drosen­dorf so­wie mit der Wachau­bahn nach Spitz. Das welt­be­rühmte Hall­statt wird per Zug und Schiff er­reicht. Fritz von Herz­ma­nov­sky-Or­lando be­glei­tet uns auf einer Wald­bahn-Rad­tour im Hinter­ge­birge, wir be­su­chen mit Thomas Bern­hard Schloss Wolfs­egg, rei­sen auf den Spuren von Fer­di­nand Rai­mund nach Guten­stein und mit Gus­tav Klimt an den Atter­see. Die klei­ne Tau­rach­bahn im Lun­gau ist eben­so Ziel wie die Zahn­rad­bahn auf den Schnee­berg. Eine Pil­ger­reise nach Maria­zell und eine Be­ge­hung der Sem­me­ring­strecke sind wei­tere Höhe­pun­kte im Fahr­plan dieses Buchs.

Für all, die zur Abwechslung einen Aus­flug, eine kurze Reise, ein Week­end, eine Ver­gnü­gungs­fahrt mit der Bahn ab­sol­vieren wol­len. Die­ses Buch be­schreibt schöne Bahn­strecken und emp­fiehlt di­ver­se An­schluss­pro­gram­me: Stadt- und Land­be­sich­ti­gungen, Spa­zier­gänge, Wan­de­rungen, Rad­touren quer durch Öster­reich, vom Neu­sied­ler- bis zum Boden­see, von Süd­kärn­ten bis zum nörd­li­chen Wald­vier­tel, vom ho­hen Schnee­berg bis zum fröh­li­chen Ziller­tal. Na­tür­lich, man kommt mit Zü­gen nicht über­all hin, aber es über­rascht immer wieder, wie viele funk­tio­nie­rende Ver­bin­dun­gen es gibt, wo­hin über­all man be­quem auto-, stau- und ab­gas­frei reisen kann.

Inhaltsverzeichnis
1 Der Semmering, eine Bahnlandschaft Die Ghega-Bahn – Kurort Semmering – Südbahnhotel – Kurhaus –Bahnwanderweg zu Tale – Payerbach-Reichenau und weitereWanderziele
2 Ans Schwäbische Meer Bodensee – Bregenz – Lindau – Rhein und Bregenzerwald –Das Schweizer Bahnparadies – Bludenz – Arlberg
3 König Schneeberg Wiener Neustadt – Hohe Wand – Puchberg am Schneeberg –Der Schneeberg mit seiner Zahnradbahn
4 Das Marchfeld. Eine Reise in die Frühgeschichte der Bahn Deutsch-Wagram – Das Heizhaus in Strasshof – Ein Abstecher an die March – Valtice und Lednice – Brno
5 Gutenstein und Ferdinand Raimund Das Piestingtal – Bad Fischau – Gutenstein –der Raimundsitz am schönen Mariahilfberg
6 Im Arbeiter- und Arbeiterinnenparadies Triestingtal – Krupp-Stadt Berndorf – Aufs Hocheck
7 Ein Spaziergang von Mödling nach Baden Mödling und seine Künstler – Die Wanderung über den Anninger –Südbahnwein – Die Welt-Kurstadt Baden bei Wien
8 Wiener Melange Der Hauptbahnhof – der Westbahnhof – Otto Wagners Stadtbahn –das Technische Museum – die Liliputbahn und ein Modellbahn-Königreich im Prater
9 Alle Wege führen nach Bratislava Petronell-Carnuntum – Hainburg und der Braunsberg –Bratislava-Petržalka – Marchegg und seine Störche –Stadtbummel in Bratislava
10 Kleine Klösterrundfahrt Stift Klosterneuburg – Strandbad Kritzendorf – Tulln –Stift Göttweig –Eine Nebenbahn zwischen zwei Hauptstädten –Stift Herzogenburg – St. Pölten
11 Die drei Hauptstädte des Burgenlands Neusiedl am See – Um den See – Esterházy-Stadt Eisenstadt – Sopron und ein Abstecher nach Győr
12 Die Donau abwärts Von Passau nach Linz – Linzer Lokalbahn – Pöstlingbergbahn – Die Reste der Donauuferbahn – Grein – Melk – Wachaubahn und Wachau – Krems und Stein
13 Weinviertel, du schönes Sonderzug nach Ernstbrunn – Die Leiser Berge – Nitsch in Mistelbach – Um die Staatzer Klippe – Laa an der Thaya
14 Die große Runde in den Norden Die Nordwestbahn – Retz und sein herrlicher Hauptplatz – Der Reblaus Express nach Drosendorf – Stippvisiten in Znojmo/Znaim und Mikulov/Nikolsburg
15 Lovely Kamptal Mit Bahn und Rad durchs Tal – Die Weinstadt Langenlois – Zöbing und der Heiligenstein – Sommerfrische in Gars – Die stolze Rosenburg und Stift Altenburg – Kunststadt Horn
16 Hinauf ins Waldviertel Die Franz-Josefs-Bahn – Eggenburg am Manhartsberg – Radfahren auf alten Gleisen – Kulturstadt Slavonice
17 Gmünd und die Waldviertelbahnen Die Grenzstadt Gmünd und die berühmte Blockheide – Die Waldviertler Schmalspurbahnen nach Weitra, Groß-Gerungs, Litschau und Heidenreichstein
18 Auf ein Budweiser nach Budweis České Velenice – Třeboň – Budweis – Die Reste der Pferdeeisenbahn von Budweis nach Linz – Das Mühlviertel im Eilzugstempo
19 Durch das Hintergebirge Steyr – Reichraming – Eine Radtour auf der Trasse der Hintergebirgs-Waldbahn – Waidhofen an der Ybbs
20 Hinein in den Attersee Mit der Atterseebahn nach und zum Attersee – Unterwegs mit dem Rad, zu Fuß und zu Schiff – Seewalchen und Gustav Klimt
21 Hallstatt und das Salzkammergut Gmunden und die Traunseetram – Kaiserstadt Bad Ischl – Herrliches Hallstatt – Obertraun – Bad Aussee und der Grundlsee
22 Im Hausruck Eisenbahn- und Bergbaumuseum Ampflwang – Der Hausruck – Mit Thomas Bernhard nach Wolfsegg, Ungenach und Ohlsdorf
23 Das Hochhausdorf und die Tauernbahn Bad Gastein – Sportgastein, das Niedersachsenhaus und andere Hütten – Die Heilstollenbahn von Böckstein – Die Tauernbahn und ihre „Südrampe“
24 Innsbrucker Bahnerkundungen Hungerburgbahn – Mittelgebirgsbahn nach Igls – Stubaitalbahn nach Fulpmes – Das Wipptal, der Brenner und der Basistunnel
25 Tiroler Schönheiten und die deutsche Zugspitze Inn-Radweg – Zillertalbahn und Zillertal – Achensee-Zahnradbahn – Karwendelbahn – Seefeld, Garmisch-Partenkirchen und die Zugspitze
26 Das Vulkanland und die Riegersburg Feldbach – Gleichenberger Bahn und Bad Gleichenberg – Bad Radkersburg – Die Riegersburg
27 Fürstenfelder Erkundungen Die Aspangbahn und der Wechsel – Fürstenfeld und das Thermenland – Therme Bad Blumau – Radrunde durch die Oststeiermark
28 Auf den Erzberg Leoben, Donawitz, Vordernberg – Eisen- und Stahlproduktion – Die Bahn auf den Präbichl – Der Erzberg – Eisenerz und Leopoldsteiner See
29 Die schmale Spur entlang der Mur Mit der Murtalbahn, planmäßig und mit Dampf – Murau – Tamsweg – Dampfen auf der Taurachbahn – Der Murtalradweg
30 Im stillen Osten des freundlichen Südens Von Graz über die Pack nach Wolfsberg – Wolfsberg und Christine Lavant – Bleiburg und Werner Berg – Die Petzen – Die neue Koralmbahn
31 Lustiges Villach, schönes Gailtal und zwei hübsche Seen Eisenbahnerstadt Villach – Villacher Alpe – Mit der Gailtalbahn zum Presegger See – Faaker See – Radstadt Villach
32 Süd-Osttiroler Abfahrt und die Kärntner Seenwelt Sextener Dolomiten – Drautal-Radweg – Weißensee – Millstätter See – Ossiacher See – Von Villach nach Klagenfurt – Am noblen Wörthersee
33 Pilgerreise nach Mariazell Die Pilger und die Bahn – Das Pielachtal und die Bergstrecke – Die Basilika und die Gnadenmutter – Die Museumstramway und der Erlaufsee – Der Ötscher und die Heimfahrt nach St. Pölten

 

Rezension von Gertrude Schopf, NÖN

Der Gobelsburger Autor Othmar Pruckner ist mit dem Zug durch Öster­reich – und da­rü­ber hi­naus – ge­fahren und hat da­rüber ge­schrie­ben.

Er fährt oft und gern Bahn, und er schreibt genau­so gern da­rüber: „Auf Schiene – 33 Bahn­rei­sen durch Öster­reich und da­rüber hi­naus“ ist die neu­este Publi­ka­tion von Othmar Pruckner.

Mit Railjet und Regionalexpress, mit Diesel­trieb­wagen und Dampf­zug war der Jour­na­list und Autor vom Boden­see bis zum Neu­sied­ler­see, vom Wald­vier­tel bis nach Süd­kärnten, vom Zil­ler­tal bis nach Bratis­lava unter­wegs, er stieg an ver­schie­denen Or­ten aus und stellt deren pro­mi­nente und auch weni­ger be­kannte Be­sonder­heiten vor, lädt vor Ort zu Spa­zier­gän­gen, Wan­de­rungen oder Rad­touren.

„Dieses Buch soll einfach ,Lust auf Zug‘ machen und ist für jene ge­dacht, die zur Ab­wechs­lung einen Aus­flug, eine kurze Reise, ein Week­end, eine Ver­gnü­gungs­fahrt mit der Bahn ab­sol­vie­ren wollen“, so Pruckner. Man kennt ihn be­reits als Autor di­ver­ser Sach- und Reise­bücher („Kamp­tal – NÖ Kul­tur­wege“, „Das Wald­vier­tel – Natur, Kultur, Essen, Trinken, Sport“ ...).

Posted by Wilfried Allé Monday, September 5, 2022 8:31:00 PM Categories: Kultur für Genießer
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Das Kapital im 21. Jahrhundert 

von Thomas Piketty

ISBN: 9783406671319
Übersetzung: Ilse Utz, Stefan Lorenzer
Verlag: C.H.Beck
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Umfang: 816 Seiten
Erscheinungsdatum: 07.01.2016
Preis: € 30,80

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

"Das Kapital im 21. Jahrhundert" ist ein Werk von außer­ge­wöhn­lichem Ehr­geiz, von großer Ori­gi­na­li­tät und von be­ein­drucken­dem Ri­go­ris­mus. Es lenkt un­ser gan­zes Ver­ständ­nis von Öko­no­mie in neue Bahnen und kon­fron­tiert uns mit er­nüch­tern­den Lek­ti­onen für un­sere Gegen­wart.
Wie funktioniert die Akkumulation und Dis­tri­bution von Kapi­tal? Welche dy­na­mi­schen Fak­to­ren sind da­für ent­schei­dend? Jede po­li­ti­sche Öko­no­mie um­kreist die Fra­gen nach der lang­fris­ti­gen Evo­lu­tion von Un­gleich­heit, der Kon­zen­tra­tion von Wohl­stand und den Chan­cen für öko­no­mi­sches Wachs­tum. Aber be­frie­di­gen­de Ant­wor­ten gab es bis­lang kaum, weil ge­eig­nete Da­ten und eine kla­re Theo­rie fehl­ten. In "Das Kapi­tal im 21. Jahr­hun­dert" unter­sucht Thomas Piketty Da­ten aus 20 Län­dern, mit Rück­grif­fen bis ins 18. Jahr­hun­dert, um die ent­schei­den­den öko­no­mi­schen und so­zia­len Mus­ter frei­zu­legen. Sei­ne Er­geb­nis­se wer­den die De­bat­te ver­än­dern und setzen die Agen­da für eine neue Dis­kus­sion über Wohl­stand und Un­gleich­heit in der nächs­ten Gene­ra­tion.
Piketty zeigt, dass das moderne öko­no­mi­sche Wachs­tum und die Ver­brei­tung des Wis­sens es uns er­mög­licht haben, Un­gleich­heit in dem apo­ka­lyp­ti­schen Aus­maß ab­zu­wen­den, das Karl Marx pro­phe­zeit hat­te. Aber wir haben die Struk­turen von Kapi­tal und Un­gleich­heit nicht in dem Um­fang ver­än­dert, den uns die opti­mis­ti­schen Jahr­zehnte nach dem Zwei­ten Welt­krieg sug­ge­riert haben. Der Haupt­trei­ber der Un­gleich­heit - dass Ge­win­ne aus Kapi­tal höher sind als die Wachs­tums­ra­ten - droht heu­te viel­mehr ex­tre­me For­men von Un­gleich­heit her­vor­zu­brin­gen, die den so­zia­len Frie­den ge­fähr­den und die Wer­te der Demo­kra­tie unter­mi­nie­ren. Doch öko­no­mi­sche Trends sind keine Hand­lungen Got­tes. Poli­ti­sches Han­deln hat öko­no­mi­sche Un­gleich­heiten in der Ver­gan­gen­heit kor­ri­giert, sagt Piketty, und kann das auch wie­der tun.

FALTER-Rezension:

Der Erfolg von Thomas Pikettys "Kapital im 21. Jahr­hundert" wurde zum Aus­gangs­punkt einer "Piketty-Schule der Öko­no­mie" und der World In­equali­ty Data­base (WID), der um­fas­send­sten Samm­lung von Daten zur Ver­tei­lung von Ein­kom­men und Ver­mögen. Er be­schreibt die Ge­sell­schaft des 19. Jahr­hun­derts, als das reichste Pro­zent der Haus­halte mehr als die Hälfte des Ver­mö­gens be­saß und nur durch Erb­schaft und Hei­rat reich werden konnte. Die im Buch dar­ge­stellte For­mel r > g zierte so­gar T-Shirts: Die Ren­dite auf Ver­mögen ist größer als das Wachs­tum der Wirt­schaft, die Ver­mögens­kon­zen­tra­tion ver­stärkt sich. Piketty bie­tet Ab­hil­fe: pro­gres­sive Steu­ern auf Erb­schaf­ten und Ver­mögen.

Markus Marterbauer in Falter 34/2022 vom 26.08.2022 (S. 22)

Posted by Wilfried Allé Sunday, August 28, 2022 10:18:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
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Eine kurze Geschichte der Gleichheit 

von Thomas Piketty

ISBN: 9783406790980
Übersetzung: Stefan Lorenzer
Verlag: C.H.Beck
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Geschichte/Allgemeines, Nachschlagewerke
Umfang: 264 Seiten
Erscheinungsdatum: 25.08.2022
Preis: € 25,70

 

Kurzbeschreibung des Verlags:

 

DAS NEUE GROSSE BUCH DES BESTSELLER-AUTORS THOMAS PIKETTY

"Das ist ja interessant, was Sie schreiben, aber können Sie es viel­leicht auch kürzer sagen?" Diese Frage ist Thomas Piketty, der mit seinen vo­lu­mi­nösen Best­sel­lern "Das Kapi­tal im 21. Jahr­hun­dert" und "Kapi­tal und Ideo­lo­gie" eine inter­na­tio­nale De­batte über die Ur­sachen so­zi­aler Un­gleich­heit in Gang ge­bracht hat, oft ge­stellt wor­den. Piketty hat diese Bit­ten ernst ge­nom­men und sich an die Ar­beit ge­macht. Das Er­geb­nis ist eine Welt­ge­schichte der so­zi­alen Kon­flikte und Kon­stel­la­tionen und eine Lek­tion in glo­ba­ler Ge­rech­tig­keit: das eine Öko­no­mie-Buch, das wirk­lich je­der ge­le­sen ha­ben sollte.

Thomas Piketty hat mit seinen Büchern die so­zi­ale Un­gleich­heit wieder zu­rück ins Zen­trum der po­li­ti­schen De­bat­ten ge­bracht. Er sieht und be­nennt den Fort­schritt in der Ge­schich­te, und er zeigt uns, mit wel­chen Mit­teln er er­zielt wurde. Aber zu­gleich ver­wan­delt er die his­to­ri­schen Ein­sich­ten in ei­nen Auf­ruf an uns alle, den Kampf für mehr Ge­rech­tig­keit ener­gisch fort­zu­setzen, auf sta­bi­leren his­to­ri­schen Fun­da­men­ten und mit einem ge­schärf­ten Ver­ständ­nis für die Macht­struk­turen der Gegen­wart. Denn auf dem lan­gen Weg zu einer ge­rech­teren Welt stellt sich für jede Gene­ra­tion die Frage, ob sie ein neues Ka­pi­tel der Gleich­heit auf­schlägt – oder eines der Un­gleich­heit.

Ein ökonomischer Crashkurs – von Thomas Piketty
Die Quintessenz aus «Kapital im 21. Jahrhundert» und «Kapital und Ideologie»

FALTER-Rezension:

Auf dem Weg zu mehr Gleichheit
Thomas Piketty ist der wohl einflussreichste Ökonom der Gegen­wart. "Eine kur­ze Ge­schichte der Gleich­heit" er­scheint am 25. Au­gust

Er schreibt millionenfach verkaufte Best­steller und in den Fach­jour­nalen der Wirt­schafts­wis­sen­schaft; er schlägt kon­krete ge­sell­schafts­ver­än­dernde Poli­tik vor und re­vo­lutio­niert die Ver­tei­lungs­for­schung. Thomas Pikettys "Eine kurze Ge­schichte der Gleich­heit" ist eine Kurz­fas­sung seiner Standard­werke "Kapital im 21. Jahr­hundert" (2014) und "Kapital und Ideo­lo­gie" (2020), aber sie ist mehr als das. Be­schrie­ben die bei­den Bücher Ur­sachen und ideo­lo­gische Ab­siche­rung der Ver­mögens­kon­zen­tra­tion in den Hän­den weni­ger, geht es nun um die Ent­wick­lung zu mehr Gleich­heit.

Dabei zeigt sich Piketty als "radikaler Opti­mist" (Falter 11/2020). Er sieht die Ge­schichte trotz aller Un­ge­rech­tig­keiten als Ent­wick­lung hin zu mehr Gleich­heit. Etwa wenn es um die De­kon­zen­tra­tion von Ver­mö­gen geht: Der An­teil des reichs­ten Pro­zents am Ver­mögen lag in Frank­reich von 1780 bis zum Vor­abend des Ers­ten Welt­kriegs bei mehr als der Hälfte. Bis 1980 wurde er unter 20 Pro­zent ge­drückt, als Folge von Kriegen und Wirt­schafts­krisen, aber auch des Auf­stiegs der Ar­beiter­klasse, die in po­li­ti­schen Kämpfen mehr Gleich­heit und Frei­heit er­rang. Un­gleich­heit ist nicht die Folge öko­no­mi­scher Ge­setze, son­dern ideo­lo­gi­scher Weichen­stel­lungen und mensch­licher Ent­schei­dungen. Um Ent­schei­dungs­macht zu er­langen, muss man aus der Ver­gan­gen­heit lernen.

Militärische Übermacht, Kolonialismus, Sklaverei, Protek­tio­nis­mus und Aus­beu­tung des Pla­neten waren be­stim­mend für die euro­pä­ische Domi­nanz auf den Welt­märkten und den Reich­tum der euro­pä­ischen Eli­ten. So­zi­ale Kämpfe in Eu­ro­pa und den Ko­lo­nien be­en­deten die­se Domi­nanz und re­du­zier­ten den wirt­schaft­lichen und poli­ti­schen Ein­fluss der Ver­mö­gen­den. Diese Er­folge waren ambi­va­lent, selbst nach der Ab­schaf­fung der Skla­verei wur­den nicht die Opfer, son­dern die bri­ti­schen und fran­zö­si­schen Skla­ven­hal­ter für ihren Ver­lust ent­schä­digt. Die Spuren der Skla­ve­rei prä­gen noch heute Ver­mö­gens­ver­hält­nisse und Ge­sell­schaf­ten. Repa­rations­leis­tungen sind offen, die Fra­ge von Gleich­heit und Demo­kra­tie stellt sich in den welt­wirt­schaft­lichen Be­zie­hungen. Schwe­den zählte noch 1900 zu den un­gleichsten Ge­sell­schaf­ten Euro­pas. Das ex­treme Zensus­wahl­recht gab einem ver­mö­genden Fabriks-oder Grund­be­sitzer bei Gemeinde­wahlen mehr als die Hälfte aller Stim­men. Die staat­li­chen Ins­ti­tu­tionen dien­ten den Inter­es­sen der Rei­chen. Doch inner­halb we­ni­ger Jahr­zehnte wur­de Schwe­den zu einer der egali­tärs­ten Ge­sell­schaf­ten der Welt. Sozial­demo­kra­tie und Ge­werk­schaf­ten er­kämpf­ten Demo­kra­tie, Wohl­fahrts­staat und pro­gres­sive Steu­ern. Der Staat wurde zum Ins­tru­ment der ar­bei­ten­den Be­völ­kerung.

Progressive Steuern auf Ein­kommen, Ver­mögen und Erb­schaf­ten so­wie der Aus­bau des Wohl­fahrts­staates sind Kern­ele­mente in Pikettys Pro­jekt eines "demo­kra­ti­schen, öko­lo­gi­schen und multi­kul­tu­rel­len So­zia­lis­mus". Ein fort­schritt­liches Pro­jekt braucht auch eine inter­natio­nale Vi­sion, die die Macht multi­natio­naler Kon­zerne und der Mil­liar­däre welt­weit be­grenzt. Piketty ent­wirft post­kolo­niale Re­pa­rationen, ein glo­bales Ver­mögens­re­gister und neue For­men inter­natio­naler Demo­kra­tie, um der glo­bali­sier­ten Wirt­schaft Leit­plan­ken zu geben. Covid-und Ener­gie­krise ver­schär­fen Un­gleich­heit. Während Arme und die ar­beitende Be­völ­ke­rung ver­lieren, wach­sen Über­ge­winne der Kon­zerne und Über­reich­tum der Mil­liar­däre. Viel­leicht ist das ein ent­schei­den­der Mo­ment, in dem auf Ba­sis der Er­fah­rungen ver­gan­ge­ner Ver­teilungs­kämpfe so­zia­ler Fort­schritt er­reich­bar ist.

Markus Marterbauer in Falter 34/2022 vom 26.08.2022 (S. 22)

Posted by Wilfried Allé Wednesday, August 24, 2022 5:59:00 PM Categories: Nachschlagewerke Sachbücher/Geschichte/Allgemeines
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10.000 Schritte in Wien 

Zum Gehen verführt

von Inge Fasan

Verlag: Kneipp Verlag in Verlagsgruppe Styria GmbH & Co. KG
ISBN: 9783708808109
Umfang: 208 Seiten
Genre: Reisen/Reiseführer/Sportreisen, Aktivreisen/Europa
Erscheinungsdatum: 14.03.2022
Format Taschenbuch
Reihe: 10.000 Schritte
Preis: € 24,00

 

Kurzbeschreibung des Verlags

Täglich 10.000 Schritte zu gehen gilt als gutes Maß, um sich all­tags­fit zu hal­ten und das Wohl­be­fin­den zu stei­gern. Der Kreis­lauf kommt in Fahrt, die Mus­ku­la­tur wird trai­niert und der Geist wach. Also: Run­ter von der Couch und rein in die Schuhe! Es gibt so viel zu ent­decken – zu je­der Jahres­zeit, bei jedem Wet­ter und gleich vor der Haus­türe.
Dieses Buch liefert 15 Touren quer durch Wien, auf denen die „10.000“ leicht­füßig und mit Genuss zu er­wan­dern sind. Inner­städ­tisch, im Grünen, for­dernd oder ganz sanft – und im­mer in­for­ma­tiv: Ent­lang der Routen ent­rollt sich so manche Ge­schich­te, die für Be­sucher:­innen der öster­reichi­schen Haupt­stadt, aber auch für Wiener:­innen Neu­land ist.

Posted by Wilfried Allé Monday, August 15, 2022 10:07:00 AM Categories: Aktivreisen/Europa Reisen/Reiseführer/Sportreisen
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Wien 

Was nicht im Baedeker steht

von Ludwig Hirschfeld

Verlag: MILENA
ISBN: 9783903184572
Umfang: 240 Seiten
Genre: Reisen/Hotelführer, Restaurantführer/Europa
Erscheinungsdatum: 15.09.2020
Format Hardcover
Nachwort von: Martin Amanshauser
Preis: € 23,00

 

Kurzbeschreibung des Verlags

Ludwig Hirschfelds charmanter feuilletonistischer Reiseführer entführt uns in das Wien der 1920er Jahre. Als im Sacher noch keine alleinsitzenden Frauen bedient wurden. Als es kaum Bierlokale in der Stadt gab. Als man sich noch Eintänzer beim Kellner bestellen konnte, wenn der Gatte keine Lust hatte.
Im Jahr 1927 erschien dieser köstliche Wien-Reiseführer. Autor Ludwig Hirschfeld, der bereits in Karl Kraus’ "Die letzten Tage der Menschheit" Erwähnung findet, beschreibt in sehr launigem, charmantem Stil seine Stadt. In 19 Kapiteln wird uns das alte Wien nähergebracht: Essen und Trinken, die angesagtesten Lokale, Kunst & Kultur, die Parks, das Burgtheater, die Nacktrevuen – alles, was der Tourist und Einheimische wissen muss. Aber Hirschfeld hat auch damals Veränderungen zu beklagen: Die Bankenhäuser verdrängen die Kaffeehäuser. Die Wiener trinken fast kein Bier mehr! Es gibt viel zu schmunzeln für den heutigen Leser.
Apropos, wussten Sie:
… Was ein Schnitzel mit Charlestongarnierung ist?
… Dass der Ober im Kaffeehaus „Zahlmarkör“ genannt wurde?
… Dass in den meisten großen Lokalen Salonkapellen oder Jazzbands spielten?
Erinnern Sie sich noch an das Café Lurion in der Siebensterngasse? An das Café Arlon in der Rothgasse? An das Krystallcafé auf dem Aspernplatz?
Der beliebteste Reiseführer der 1920er Jahre.

FALTER-Rezension

Untergang und Überschwang

Das gewesene Wien, in dem wir zu Hause und an­säs­sig zu sein wähn­ten, ist ein­fach ver­schwun­den, hat sich be­schämt zu­rück­ge­zo­gen und ist nur noch da und dort zwi­schen den ei­ge­nen vier Wän­den zu fin­den. Das sind die­sel­ben vier Wän­de, vor denen man […] eine so merk­wür­di­ge Angst hat­te. Zu Hause blei­ben, den Abend ganz sim­pel und still bei sich selbst zu ver­brin­gen, das galt da­mals als un­mög­lich und rück­stän­dig. Jeden An­laß be­nütz­te man, um aus den vier Wän­den in die Öffent­lich­keit zu flie­hen, von einem Lo­kal ins an­dere zu bum­meln und mög­lichst spät schla­fen zu gehen: das war da­mals fesch, mo­dern und welt­städtisch.[…] Auch hier hat sich eine große Um­kehr voll­zo­gen: man sehnt sich nach der ei­ge­nen Woh­nung, man flüch­tet in die Häus­lich­keit […]. Wel­che Wohl­tat, ein Stu­ben­hocker zu sein und ein Spießer­leben zu führen, wel­ches Glück, von der Welt nichts zu wis­sen und gründ­lich zu ,ver­sumpern‘.“

Das Loblied auf den Lockdown, das hier ge­sun­gen wird, klingt nicht so, als käme es aus vol­lem Herzen. Es be­singt die keines­wegs frei­wil­lige „Flucht in die Häus­lich­keit“ mit einer Mi­schung aus Sar­kas­mus und Senti­men­ta­li­tät. Als sein ver­gleichs­weise epi­sches Feuille­ton am 17. Sep­tem­ber 1918 in der Neuen Freien Presse er­scheint, ist des­sen Ver­fas­ser, Lud­wig Hirsch­feld (1882–1942), einer der be­kanntes­ten und arri­vier­tes­ten Jour­na­listen des Lan­des. Be­reits 1909, da ist er ge­rade ein­mal 27 und drei Jahre im Ge­schäft, er­scheint mit „Wir ken­nen uns“ ein ers­ter Sam­mel­band mit sei­nen Feuille­tons, zwei wei­tere fol­gen im Zwei­jahres­takt.

„Ein Feuilleton schreiben heißt auf einer Glatze Locken drehen“, ätzte Karl Kraus 1911 in der Fackel. Hirsch­feld be­herrschte die­se Wort­frisier­kunst aus dem Eff­eff. Der ein­same Feld­herr im Krieg ge­gen die Phrase hatte für Hirsch­feld keines­wegs nur, aber immerhin auch wohlwollende Worte über, bezeichnete ihn einmal als „liebe[n] Schneck“ und charakterisierte ihn in der Fackel vom 12.12.1912 wie folgt: „Immer vif, immer flott, immer bereit, die Schwä­chen zu geißeln, aber durch­aus liebens­wür­dig, Schwere­nöter, aber kein Spiel­ver­der­ber, schein­bar nur der mon­däne Causeur mit dem Haut­gout, aber doch einer, der la­chend die Wahr­heit sagt. Er kennt die Tor­heiten, aber er ver­zeiht sie, wo­bei ihm der Schalk aus dem Auge lacht […].“

Was Kraus übersehen oder jeden­falls nicht er­wähnt hat, ist Hirsch­felds un­über­seh­barer Hang zur Melan­cho­lie. Nicht um­sonst trägt der Sam­mel­band mit Feuille­tons, den der His­to­ri­ker und Stadt­for­scher Peter Payer so­eben heraus­ge­ge­ben hat, den Titel „Wien in Moll“.

Angelehnt ist dieser an jenen des ältes­ten und ers­ten von ins­ge­samt 43 Feuille­tons, die hier ab­ge­druckt sind – eine aus­ge­spro­chen schmale Aus­wahl, wenn man be­denkt, dass allein die An­zahl der Ar­ti­kel, die der rast­lo­se Viel­schrei­ber für die Neue Freie Presse ver­fasste, in die Vier­stellig­keit geht.

„Fiakerlied in Moll“ belegt, dass die scharfe Beo­bach­tungs­gabe und die ein bis­serl bos­hafte, aber nie in Zynis­mus um­schla­gende Spott­lust Hirsch­felds schon früh aus­ge­prägt war. Ein Jahr­zehnt be­vor die „Roa­ring Twen­ties“ an­brechen, regis­triert er, dass nun ein „ganz anderes Tempo, ein neuer Rhyth­mus“ die Straßen be­herrscht – etwa vor der Oper: „Man fährt jetzt nicht nur viel ra­scher in Wien, man geht auch viel eili­ger, ge­schick­ter, weil sich die Men­schen immer den Fuhr­werken an­passen.“

Der Welt von Gestern, von der sich der beschleunigte Feuille­to­nist an­läss­lich der Ver­ab­schie­dung eines Fia­kers „draußen in Her­nals, beim Stah­lehner“, seiner­seits ver­ab­schie­det, wird keine Träne nach­ge­weint. Miss­trau­isch „gegen diese Fia­ker- und Wäscher­mädel­herr­lich­keit“ stellt Hirsch­feld der Pro­fes­sion der Fia­ker durch­aus kalt­her­zig ein bal­di­ges Ab­lauf­da­tum in Aus­sicht: „Eine Pepi­ta­hose […] und ein wit­ziger und sin­gen­der Mund allein ge­ben noch keine Exis­tenz­be­rech­ti­gung. So hübsch und amü­sant das alles war, es muß ver­schwin­den oder sich ver­wan­deln, wie das ganze pa­schen­de, schnal­zen­de und du­deln­de Wien.“

Der Topos einer sterbenden Epoche zieht sich durch Hirsch­felds ganzes Œuvre. Dem „ges­tri­gen Wien“, so kons­ta­tiert er im April 1913, „geht’s seit eini­ger Zeit be­ängs­ti­gend an den Kra­gen“. Acht Jahre spä­ter stellt er in dem Feuille­ton „Musku­löser Sonn­tag“ sar­kas­tisch fest, dass alle Ver­suche, „nach alt­ge­wohn­ter Jung-Wie­ner Weise empfind­sam, nach­denk­lich und fein­sin­nig zu sein“, an der phy­si­schen Ro­bust­heit eines Fuß­ball­spiels zu­schan­den würden. Eine Spitze, die er 1927 noch ein­mal in seinem Wien-Führer an­brin­gen kann, der in der Reihe „Was nicht im Baedeker steht“ er­schien und so­eben vom Milena-Ver­lag neu auf­ge­legt wurde. Da­rin macht sich Hirsch­feld über den My­thos vom Litera­ten­café lus­tig, der „ei­gent­lich nur mehr in den in Berlin ge­schrie­benen Litera­tur­ge­schichten“ über­lebt habe: „Die Jung­wiener Dich­ter Bahr, Schnitz­ler, Hof­manns­thal, Beer-Hof­mann sind heute wür­dige, ab­ge­klärte Her­ren, die sich in ihre Cottage­villa oder in eine mit allem kirch­li­chen Kom­fort aus­ge­stat­tete Welt­an­schauung zu­rück­ge­zogen haben.“

Tatsächlich fällt der Abschied von Good Old Vienna Hirsch­feld selbst aber schwerer, als er ein­ge­stehen möchte. Ängst­lich be­obach­tet er, „ob man mir die lieben al­ten Bastei­häuschen in der Schrey­vogel­gasse noch hat stehen lassen“; be­dauernd nimmt er zur Kennt­nis, dass auch „das ältere Wienerisch“ ver­schwindet, „das so feiner, viel sympa­thischer klang als der heu­tige, ver­wil­derte Groß­stadt­dia­lekt“.

Als am 25. Juli 1914 das Ultimatum Österreich-Ungarns an Ser­bien ab­läuft, be­schreibt Hirsch­feld in seinem Feuille­ton „Die letzte Stunde“ die kollek­tive Gemüts­lage: „Keine Spur von Schrecken, kein Ge­fühl der Be­klom­en­heit, eher das der Er­leich­terung. […] Die letzten Stunden der jahre­langen De­pres­sion sind da, und wir kön­nen es nicht mehr er­war­ten, daß es heute abends 6 Uhr schlägt.“

Bewegt vom Gang der Geschichte verliert Hirsch­feld die ge­wohnte iro­ni­sche Dis­tanz und mobi­li­siert das Pathos des Ernst­falls. Fallen die Res­tau­rant­be­sucher in den von der Mili­tär­ka­pelle in­to­nier­ten Prinz-Eugen-Marsch ein, spürt auch er, „dass dies kein leerer Hurra­patrio­ti­smus ist, son­dern der wirk­liche Aus­druck einer er­reg­ten Stim­mung, eine zu Tönen ge­wor­dene Über­zeu­gung“. Zwei Wochen später – Deutsch­land ist in Bel­gien ein­mar­schiert, Bel­grad steht unter Be­schuss – nimmt er im Strom der nach Wien zu­rück­kehren­den Som­mer­frisch­ler er­staunt zur Kennt­nis, dass der eine oder andere Be­kannte nicht an­zu­tref­fen, weil doch tat­säch­lich ein­ge­rückt ist, „und wir Un­taug­lichen und Staats­krüp­pel kom­men uns be­schämt ein bißchen minder­wer­tig und un­nütz vor“.

Während des Krieges bewegt sich Hirsch­feld weiter in seinem an­ge­stammten Habi­tat. Im Gast­haus regis­triert der pas­sio­nierte „Semmelesser“, wie die Brotkörberln von den Tischen verschwinden; im Gänsehäufel beobachtet er das von ihm geradezu obsessiv kommentierte Ritual des Son­nen­badens, auf Som­mer­fri­sche die ver­bo­tene Praxis des Hams­terns: „Manche Frauen sollen sich […] so gründ­lich er­holt ha­ben, daß sie mit einer Ge­wichts­zu­nahme von fünf Kilo Speck und zwan­zig Kilo Erd­äpfel in die Stadt zu­rück­ge­kehrt sind.“

Was sich hier harmlos liest, verbreitet an anderen Stel­len einen un­an­ge­nehmen miso­gynen Haut­gout, denn die Leib­lich­keit der Wie­ne­rin ist Hirsch­felds abso­lu­tes Leib-und-Magen-Thema. Recht machen kann es ihm keine. Durch­aus wohl­wol­lend be­äugt er in den Bade­an­stal­ten die „schlanken Trikot­ge­stalten“ gut­ge­wach­sener Mäd­chen, wohin­gegen ihm der ero­ti­sche Prag­ma­tis­mus kurz­be­rockter Girls mit Bubi­kopf nicht ge­heuer ist. Die Vor­stadt­mädel fin­det er „voll­stän­dig ent­süßt“, den Typus der „Sport­frau“ und der „Berufs­frau“ un­mög­lich. Er be­klagt einer­seits das Ver­schwin­den der „Mehl­speis­figur“, die ihm anderer­seits stets will­kom­mener Anl­ass des Gewitzels ist: „Wien ohne Kaf­fee: man kann es sich gar nicht vor­stellen“, be­klagt er im Mai 1917 die stei­gen­de Knapp­heit an Nahrungs- und Genuss­mit­teln. „Eben­so könnte der Kahlen­berg ab­ge­tra­gen werden oder eine Ver­ord­nung er­scheinen, daß die Wiener Frauen und Mäd­chen nicht mehr als 45 Kilo wiegen dürfen.“

Ludwig Hirschfeld ist eine schwer zu fassende Figur voller Wider­sprüche. Er will im „Nichts­tun die ein­zi­ge na­tür­liche Be­schäf­ti­gung des Men­schen“ er­blicken, schreibt selbst aber wie ein Beses­sener nicht nur Feuille­tons, son­dern neben­her auch Lust­spiele, Operet­ten­li­bretti, Film­dreh­bücher und Chanson­texte.

Er ist am Puls der Zeit, zuständig für alles „Mondäne“ – und kulti­viert doch von An­fang an die Atti­tüde des früh Ge­al­terten, der als 42-Jähri­ger den Wech­sel von der Kro­nen- zur Schil­ling­wäh­rung mit fata­lis­ti­schem Opi-Phleg­ma kom­men­tiert: „Sehr trau­rig, liebe Kin­der, aber da kann man nichts machen.“

Als dezidierter „Schwächling“ mit „No Sports“-Attitüde be­sucht Hirsch­feld Fußball­spiele und Pferde­rennen. Als „reisen­der Eigen­bröt­ler“ be­gibt er sich auf eine „Fahrt nach X-Belie­big“, um end­lich der groß­städti­schen Betrieb­sam­keit zu ent­lie­hen. In sei­nem Wien-Führer er­weist er sich wiederum als hoch­kom­pe­ten­ter Ada­bei, der genau weiß, wer wann und mit wem über den Ring­straßen­korso fla­niert oder beim Gerst­ner sitzt.

Ausgestattet mit einem scharfen Auge für die feinen Unter­schiede mo­kiert sich Hirsch­feld über den Müßig­gang der oberen Zwei­tau­send, sorgt sich zu­gleich aber auch um das Wohl­er­gehen der Haus­be­sitzer (er selbst ist „ganz un­schul­di­ger­weise“ einer). Nach dem Krieg, den er an­fangs wie so viele be­grüßt hat, be­fleißigt er sich eines etwas selbst­mit­lei­di­gen Aller­welts­humanis­mus: Täter, Schul­dige oder Ver­ant­wort­liche gibt es keine; „die Mensch­heit [ist] vom Kriege über­rascht und über­fal­len wor­den“, heißt es in dem ein­gangs zi­tier­ten Feuille­ton vom 17. Sep­tem­ber 1918.

In seinem Wien-Führer stellt Hirschfeld seinen Leser­innen und Lesern das ge­samte Kul­tur- und Unter­haltungs­an­ge­bot der Stadt vor, von der Oper bis zu den Prater­wirten. Auch das Kaba­rett darf nicht fehlen: „Ich möchte Ihnen Fritz Grün­baum vor­stellen. Er sieht wie ein klei­ner zer­tep­sch­ter Privat­do­zent semi­ti­scher Kon­fes­sion aus, mit einer Brille auf der Nase, die sein Ge­sicht nicht ge­rade ver­schönert.“

An anderer Stelle fällt der sonst so samtpfötige Feuille­to­nist auf ein­mal mit der Tür ins Haus, um „auf die spezi­fisch wieneri­sche Juden­frage“ auf­merk­sam zu machen: „Sie hat gar nichts mit Poli­tik und Rassen­anti­semi­tis­mus zu tun, denn die­se Frage wird hier von allen, ohne Unter­schied der Kon­fes­sion, ge­stellt, von Haken­kreuz­lern wie von Juden: ,Ist er ein Jud?‘ Alle anderen Fragen kom­men nach­her: Ob der Kom­po­nist, der Schrift­stel­ler wirk­lich Ta­lent hat, ob der be­rühmte Arzt schon viele Patien­ten ge­heilt, der Fußball­champion schon viele Goals ge­schos­sen hat. Die pri­mä­re Fra­ge lau­tet: ,Ist er ein Jud?‘“

Politisch ist Hirschfeld von einer Naivi­tät, die mit­unter an Igno­ranz rührt, er ver­fügt aber über ein höchst sen­sib­les Sen­so­rium für Stim­mungen. Als er im Sep­tem­ber 1937 die Ruine der so­eben aus- und nieder­ge­brannten Ro­tunde im Prater be­sucht, steht er „vor etwas Un­faßbar-Ge­spens­tischem. Einer Art ver­wahr­losten Theater­de­ko­ration zu einem Römer­drama“. Noch ein­mal schwingt er sich zu Fort­schritts­opti­mis­mus auf, ist be­geis­tert von der „stil­vollen und an­mu­ti­gen Sach­lich­keit“ der neuen Reichs­brücke und da­von über­zeugt, dass der anti­kisierende archi­tek­to­nische Pomp der Grün­der­zeit end­gül­tig der Ver­gan­gen­heit an­ge­hört: „Das neue Wien baut anders: […] ein­fach, sach­lich, ge­die­gen und vor allem nicht feuer­ge­fähr­lich.“

Gleichzeitig lösen die schwelenden Trümmer des Gebäudes unheilvolle Ahnungen aus, die sogar Hirschfelds ansonsten makelloses Deutsch beeinträchtigen: „In dieser grauenvollen Oedigkeit, die einst die Rotunde war, bekommt man plötz­lich einen vi­sio­nären Be­griff von dem, was der nächste Welt­krieg ims­tande wäre …“

Wenige Tage nach dem „Anschluss“ wird Ludwig Hirsch­feld – auf­grund einer Ver­wechs­lung mit Oskar Hirsch­feld, dem Heraus­geber der jüdi­schen Wochen­zeit­schrift Die Wahr­heit – von den Nazis ver­haftet und für acht Wochen in Dachau inter­niert. Auf­grund der Für­sprache von Freun­den frei­ge­las­sen, flie­hen Ludwig, seine Frau Elly und die bei­den Kinder Eva und Her­bert nach Frank­reich und wer­den dort 1942 ins An­halte­lager Drancy bei Paris ver­bracht, von wo aus sie am 6. November des Jahres nach Auschwitz trans­por­tiert und er­mor­det werden.

Das letzte erhaltene Dokument Ludwig Hirschfelds ist eine Post­karte an das Ehe­paar Any und Karl Farkas: „Wir fahren vor­­aus­sicht­lich diesen Nach­mit­tag, Be­stim­mungs­ort un­be­kannt. […] Wir hoffen, dass es eines Tages ein Wieder­sehen gibt.“

Klaus Nüchtern in Falter 49/2020 vom 04.12.2020 (S. 30)


Was das Wien von 1927 mit dem heutigen verbindet
Der Baedeker nötigt Bildungsbeflissene seit jeher, das Wichtige zu be­trachten. In diesem Sinn be­schreibt Ludwig Hirsch­feld in neun­zehn schwung­voll ver­fassten, feuille­to­nis­tischen Kapi­teln das Wien des Jahres 1927 und das, was da­von bis heute inter­es­sant ge­blie­ben ist: Die rohe Garten­mauer um das Palais Roth­schild, Kraft­kutscher, die Charleston­gar­nierung zum Wiener Schnitzel, Ab­steige­quar­tiere Öster­reich-Ungarns, den Zahl­markör, Max Rein­hardt in der Josef­stadt und warum hier so oft ge­fragt wurde: „Ist er ein Jud?“ Samt Nach­wort zum Autor, der 1942 in Auschwitz ver­starb.

Erich Klein in Falter 43/2020 vom 23.10.2020 (S. 9)

Posted by Wilfried Allé Sunday, August 14, 2022 10:20:00 PM Categories: Reisen/Hotelführer Restaurantführer/Europa
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