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Weckruf Corona 

Gesellschaftliche Diagnosen für unser Leben nach der Pandemie

von Günther Sidl

ISBN: 9 783200 086012
Verlag: Urban Future
Format: Taschenbuch
Genre: Klimawandel, Nachhaltigkeit, Wirtschaft/Gesellschaft
Erscheinungsdatum: 17.11.2022
Preis: € 22,00 (zzgl. Versandkosten)

 

Das Buchprojekt von SPÖ-EU-Abgeordneten Günther Sidl soll einen breit ge­fächer­ten Dis­kussions­pro­zess an­stoßen – Bei­träge von Ex­pert­Innen aus unter­schied­lichsten Be­reichen zei­gen auf, was Corona alles ver­ändert hat und wie es jetzt weiter­gehen kann.

„Die Corona-Pandemie hat unser Leben auf den Kopf gestellt. Nicht nur die wirt­schaft­lichen und so­zi­alen Fol­gen habe viele zu spüren be­kom­men, son­dern na­tür­lich auch den Um­gang mit un­se­ren Grund- und Frei­heits­rechten und die Ver­lage­rung des so­zia­len Lebens in den vir­tuel­len Raum. Und ge­nau da­rüber müs­sen wir reden“, be­tont SPÖ-EU-Ab­ge­ord­ne­ter Günther Sidl, der vor die­sem Hinter­grund das Buch­projekt „Weckruf Corona – Ge­sell­schaft­liche Diag­nosen für unser Leben nach der Ge­sund­heits­krise“ ge­star­tet hat. Mit Bei­trägen von zahl­rei­chen Ex­pertInnen aus den ver­schie­dens­ten Dis­zi­pli­nen, soll das Buch eine Dis­kus­sion da­rüber an­stoßen, wie es jetzt weiter­gehen soll.

Von Augmented Reality bis zum Vor­sorge­denken. Die Themen der Bei­trä­ge sind breit ge­fächert und ge­hen von neues­ten techno­lo­gi­schen Ent­wick­lungen, wie der Aug­mented Rea­li­ty, über den Klima­schutz und das neu er­wachte Inter­esse an der Natur bis hin zu demo­kratie­poli­ti­schen Fra­gen und dem in­zwi­schen viel­fach aus der Mode ge­kom­menen Vor­sorge­denken. „Als über­zeug­ter Ver­fechter des Vor­sorge­den­kens, möchte ich mit diesem Buch auch einen Bei­trag da­zu leis­ten, dass wir diese vor­aus­schau­ende Hal­tung wie­der ins Rampen­licht stel­len“, so Sidl, dem es da­bei nicht nur um die best­mög­li­che Vor­be­rei­tung unse­rer Ge­sund­heits­sys­teme auf die nächs­te Pan­de­mie geht: „Es geht auch da­rum eine neue Sicht­wei­se da­rauf zu ent­wickeln, was uns in unse­rer Ge­sell­schaft wirk­lich etwas wert ist und wo­rauf wir be­son­ders ach­ten müssen.“

„Wir müssen darüber nach­denken, welche Ent­wick­lungen wir bei­be­hal­ten wol­len und wo wir wie­der zu­rück zum Sta­tus Quo vor der Pan­de­mie wol­len“, um­reißt Sidl die Idee für das Buch „Weck­ruf Coro­na“, mit dem aber auch ein lang­fris­ti­ger Blick in die Zu­kunft mög­lich wer­den soll: „Wir müs­sen uns auch über­legen, wo wir ganz neue An­sätze brau­chen, um Wirt­schaft, Ar­beit und unser Zu­sam­men­le­ben zu or­ga­ni­sie­ren. Kurz ge­sagt geht es um die Frage, wie sich un­sere Ge­sell­schaft weiter­ent­wickeln soll.“

Corona darf unsere Demokratie nicht krank machen

Entscheidend ist laut Sidl auch, dass die Corona-Pan­de­mie nicht un­sere Demo­kra­tie krank machen darf. „Wir dür­fen die Grund­lagen un­serer Demo­kra­tie, wie die Be­reit­schaft zum Dia­og und zur Zu­sam­men­ar­beit nicht aus den Au­gen ver­lie­ren“, er­klärt Sidl, der vor den mög­li­chen Spät­fol­gen warnt: „Was pas­siert, wenn wir auf­hören miteinander zu reden und alle in die Entscheidungen einzubinden, sehen wir an derwachsenden Skepsis vieler Menschen ge­gen­über der Politik, staatlichen Ins­tan­zen, Me­di­en und der Wis­sen­schaft. Das wurde in der Pan­de­mie sehr deut­lich sicht­bar. Diese Ent­wicklung kann und darf uns nicht egal sein, wenn wir die lang­fris­tige Sta­bi­li­tät un­serer demo­kra­ti­schen Struk­turen nicht ge­fährden wollen.“

„Ich bin sehr dankbar, dass sich so viele Ex­per­tin­nen und Ex­per­ten aus den unter­schied­lichs­ten Be­rei­chen von Poli­tik, Wirt­schaft, Wis­sen­schaft und Zi­vil­ge­sell­schaft da­zu be­reit er­klärt ha­ben, die­ses Buch­pro­jekt zu unter­stützen“, freut sich Sidl, dass es ge­lun­gen ist so viele span­nen­de Bei­träge zu sam­meln: „Mir war es be­son­ders wich­tig, die Per­spek­ti­ven von Frau­en und Män­nern, die sich in ihrem Be­rufs­leben mit unter­schied­lichs­ten The­men be­fas­sen und da­bei Zu­sammen­hänge für un­sere ge­samte Ge­sell­schaft er­ken­nen, ab­zu­bil­den. Durch ihre viel­fäl­tigen Ein­blicke und Er­fah­rungen kön­nen wir wich­tige Lehren aus der Pan­de­mie zie­hen und neue An­sätze fin­en, um un­sere ge­mein­same Zu­kunft bes­ser zu ge­stalten.“
 


Urban Future Edition

Im Jahr 2018 wurde die Urban Future Edition gegründet, um Publikationen zu stadt­forschungs­rele­vanten und kom­munal­wis­sen­schaft­lichen Themen sowie zum Bereich Public Manage­ment stra­te­gisch und ge­zielt ver­öffent­lichen zu können. Dabei sollen auch wis­sen­schaft­lich noch wenig be­leuch­tete As­pekte von Urba­ni­tät und Stadt­ent­wick­lung be­wusst auf­ge­grif­fen werden. Inter­natio­na­li­tät und ein Denken in Re­gio­nen stel­len für Urban Forum und damit auch für die Urban Future Edi­tion einen we­sent­lichen Eck­pfeiler des Han­delns dar. Der Ver­lag möchte aber auch seinem selbst ge­stell­ten Kul­tur­auf­trag nach­kommen und an­lass­be­zogen Bücher ab­seits der vor­ste­hend an­ge­führ­ten Themen­felder heraus­bringen. Denn: „Urba­ni­tät meint immer auch ein Bild vom rich­tigen Leben. Sie be­misst sich auch an den öko­no­mi­schen, so­zia­len und poli­ti­schen Chancen für ein hu­ma­nes Leben, die eine Stadt jedem ihrer Bür­ger er­öffnet.“ (Hartmut Häußer­mann, Walter Siebel).
Bestellungen an office@urbanforum.at

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Grenzen des Wachstums - Das 30-Jahre-Update 

Signal zum Kurswechsel

von Ernst F. Schumacher

Verlag: Hirzel
ISBN: 978-3-7776-2957-5
Umfang: 328 Seiten
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Erscheinungsdatum: 26.11.2020
Auflage: 6. Auflage
Übersetzer: Andreas Held
Format Taschenbuch
Preis: € 20,60
Format eBook
Preis: € 16,90

 

Beschreibung

Die Menschheit kann mehrere Ent­wicklungs­wege wählen - be­reits 1972 und 1992 haben die Auto­ren der Gren­zen des Wachs­tums solche Möglich­keiten be­schrie­ben. Dabei setz­ten sie das sys­temi­sche Den­ken in Zu­kunfts­sze­na­rien um.
Ihre Ergeb­nisse riefen schon damals zum Han­deln auf, denn wir ver­lan­gen seit den spä­ten 70er-Jah­ren der Erde so viel ab, dass ihre Tragfähigkeit überschritten ist. In den Szenarien des 30-Jahre-Update mit aktuellen Daten wird deutlich, dass wir den großen Kurswechsel dringend brauchen - eine Wende zur Nach­hal­tig­keit mit dras­ti­schen ma­teriel­len und struk­tu­rel­len Ver­ände­rungen.
Wir können diesen Weg gehen, aber wir müssen es wollen!

"... das Buch eignet sich daher gut für Stu­den­ten und Wis­sen­schaft­ler. Aber auch inter­es­sierte Laien finden hier einen Zu­gang, sich in dieses ele­men­tar wich­tige Thema ein­zu­ar­beiten." Solarbrief

https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Grenzen_des_Wachstums

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A Planet to Win 

Why We Need a Green New Deal

Ein Planet zum Gewinnen: Warum wir einen grünen New Deal brauchen

von Daniel Aldana Cohen, Alyssa Battistoni, Thea Riofrancos, Kate Aronoff und Naomi Klein (Vorwort von)

Sprache: Englisch
Verlag: Verso Books
Serie: Jacobin
Genre: Politikwissenschaft/Umweltpolitik, Politische Ökonomie
Umfang: 208 Seiten
Erscheinungsdatum: 12.11.2019
Preis: € 16,50

 

Beschreibung


Im 21. Jahrhundert ist jede Politik Klimapolitik.

Das Zeitalter des Klima-Gradualismus ist vorbei, da beispiellose Katastrophen durch Ungleichheiten zwischen Rasse und Klasse verschärft werden. Wir brauchen tiefgreifende, radikale Veränderungen. Ein Green New Deal kann gleichzeitig den Klimanotfall und die weit verbreitete Ungleichheit angehen. Die Reduzierung der CO2-Emissionen bei gleichzeitiger Erzielung sofortiger Gewinne für viele ist der einzige Weg, eine Bewegung aufzubauen, die stark genug ist, um das große Öl, das große Geschäft und die Superreichen zu besiegen - und zwar ab sofort.

A Planet to Win untersucht das politische Potenzial und die konkreten ersten Schritte eines Green New Deal. Es fordert den Abbau der Industrie für fossile Brennstoffe und den Bau wunderschöner Landschaften mit erneuerbaren Energien, um klimafreundliche Arbeit, kohlenstofffreies Wohnen und kostenlose öffentliche Verkehrsmittel zu gewährleisten. Und es zeigt, wie ein Green New Deal in den USA die Bewegungen für Klimagerechtigkeit weltweit stärken kann. Wir machen keine Politik unter Bedingungen unserer Wahl, und niemand würde diese Krise wählen. Krisen bieten aber auch Chancen. Wir stehen am Rande einer Katastrophe - aber auch am Rande eines wundersamen, transformativen Wandels.

Über den Autor


Kate Aronoff ist Fellow am Type Media Center und Contributing Writer am Intercept . Sie ist Mitherausgeberin von We Own the Future und Autorin von The New Denialism . Ihr Schreiben wurde in Guardian , Rolling Stone , Harper's , In These Times und Dissent veröffentlicht .

Alyssa Battistoni ist Postdoktorandin an der Harvard University und Redakteurin bei Jacobin . Ihr Schreiben ist im Guardian , n + 1 , der Nation , Jacobin , In These Times, Dissent und der Chronicle of Higher Education erschienen .

Daniel Aldana Cohen ist Assistenzprofessor für Soziologie an der University of Pennsylvania, wo er die Socio-Spatial Climate Collaborative (SC) 2 leitet. Sein Schreiben wurde in Guardian , Nature , the Nation , Jacobin , Public Books , Dissent und NACLA veröffentlicht .

Thea Riofrancos ist Assistenzprofessorin für Politikwissenschaft am Providence College und Autorin von Resource Radicals . Ihr Schreiben erschien im Guardian , n + 1 , Jacobin , der Los Angeles Review of Books , Dissent und In These Times . Sie ist Mitglied des Lenkungsausschusses der DSA-Arbeitsgruppe für Ökosozialisten.

Wofür Lob gebührt…


Ein Planet zum Gewinnen kommt im perfekten Moment und fordert uns heraus, Hoffnung zu finden und angesichts von Catas-Trophe eine gerechtere Welt aufzubauen. Die Autoren skizzieren transformative Lösungen für die Klimakrise, die wirtschaftlich tragfähig und politisch möglich sind - wenn wir uns organisieren und um den Sieg kämpfen.
- Varshini Prakash, Exekutivdirektor der Sunrise Movement

„Die Klimakrise stellt unsere Spezies vor eine enorme existenzielle Herausforderung. Aber wir haben keine Zeit, überwältigt zu werden. Die enorme Aufgabe erfordert noch größere Ideen, Strategien und Taktiken. In diesem Buch greifen einige unserer schärfsten und klarsten Stimmen über das Klima kritisch in die aufkeimende Bewegung ein, um unseren Planeten zu retten. Lies ihr Buch und nimm am Kampf teil. “
- Keeanga-Yamahtta Taylor, Autorin von From #BlackLivesMatter to Black Liberation

"Dieses Buch ist dringend, mit klaren Augen und voller Energie. Es ist ein starkes Beispiel für das radikale kollaborative Denken, das wir dringend brauchen, um Klimadystopie zu vermeiden und eine Welt zu gewinnen, in der viele überleben und gedeihen können."
-Astra Taylor, Direktor von Was ist Demokratie?

„Der Klimawandel ist jetzt todernst. Deshalb ist dieses todernste Buch gerade jetzt so willkommen und so wichtig. Kein Knabbern mehr an den Rändern - es ist Zeit, diesen Moment tatsächlich zu nutzen. “
Bill McKibben, Autor von Falter , Mitbegründer von 350.org

„Eine hervorragende Orientierung an der ökologischen Krise, mit der wir konfrontiert sind, und der Green New Deal, der der notwendige Beginn unserer Reaktion ist. Dieses Buch ist genau am Puls unserer Zeit. “
- Kim Stanley Robinson, Autor von New York 2140

" Ein Planet zum Gewinnen hilft uns, uns das Leben unter dem Dach eines radikalen Green New Deal vorzustellen."
- Sierra Magazine

"Bietet eine schillernde Reihe konstruktiver Projekte, die den Verlust des grünen Übergangs aus wirtschaftlicher Vergeltung begleiten. A Planet to Win ist der amerikanische Kern einer Vision für eine Post-Carbon-Zukunft, und sein Optimismus ist inspirierend."
- Quin Slobidian, Außenpolitik


Rezension aus FALTER 9/2020

Denkimpulse am Weg zu einem Green New Deal

Zwei neue Bücher liefern programmatischen Stoff für die Sehnsucht nach einer umfassenden Ökologisierung à la Millennial Socialism

Wie sieht ein politisches Programm zur Abwendung des Klimakollapses aus? Diese Frage stimulierte eine Revitalisierung linken Denkens im angelsächsischen Raum. Dazu gehören Thinktanks wie Common Wealth und das Institute for Public Policy Research im Vereinigten Königreich oder People’s Policy Project, New Consensus und Data for Progress in den USA. Es kommt nicht von ungefähr, dass der Green New Deal (GND) einen neuen Schwerpunkt in der Verlagslinie von Verso bildet, welches mit dem Monatsmagazin Jacobin das publizistische Sprachrohr des Millennial Socialism bildet. Vor allem in den USA gewinnt der GND zunehmend an Popularität, getragen von den Post-2000er-Bewegungen aus Occupy Wall Street, Black Lives Matter und den Democratic Socialists of America (DSA) rund um Alexandria Ocasio-Cortez. „A Planet to Win: Why We Need a Green New Deal“ sowie „The Case for the Green New Deal“ wurden von zentralen Ideengebern der GND-Kampagnen von Alexandria Ocasio-Cortez, Bernie Sanders und Jeremy Corbyn geschrieben.

„The Case for the Green New Deal“ ist ein Manifest für die Umleitung von überschüssigem Finanzkapital in den klimagerechten Umbau der Weltwirtschaft. Dabei greift Pettifor auf ihren ursprünglichen GND-Entwurf zurück, den sie mit Richard Murphy – dem Hauptverfasser von Corbyns 2015-Programm – sowie weiteren Mitstreitern in London verfasst hat. Ihr Argument: „We can afford what we can do.“ Geld ist keine endliche Ressource, sondern ein soziales Konstrukt, das sich durch eine Reihe an politischen Interventionen im Interesse des GND mobilisieren lässt. Darunter fallen etwa schärfere Kapitalverkehrskontrollen, Finanztransaktionssteuern sowie Alternativen zum US-Dollar als internationaler Leitwährung. Als Gegenkonzept zur Fokussierung auf „Wirtschaftswachstum“ – sie verweigert sogar die Verwendung des Begriffs – bemüht Pettifor das von Herman Daly entwickelte Konzept der „Steady
State Economy“, wonach wirtschaftliche Kapazitäten mit ökologischen Kapazitäten abgestimmt werden müssen, etwa indem Finanzbudgets durch Emissionsbudgets ergänzt werden.

„A Planet to Win“ fordert eine grüne Infrastrukturoffensive in der Tradition von
Roosevelts „New Deal“ sowie die Entmachtung der fossilen Brennstoffindustrie. Die Klimakrise sei nicht auf das Konsumverhalten der breiten Masse zurückzuführen, sondern im Interesse einflussreicher Kapitalfraktionen, woraus die Forderung nach einer Verstaatlichung des Energie- und Stromsektors abgeleitet wird.

Während sich das Buch vor allem auf die Situation in den USA konzentriert, widmet sich das vermutlich spannendste Kapitel der sogenannten „supply chain justice“; also der Frage, wie der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen nicht durch den unkontrollierten Rohstoffabbau im globalen Süden kompensiert wird. Anhand von ethnografischen Forschungen in chilenischen Lithiumgebieten werden die Potenziale einer solidarischen grenzüberschreitenden Wertschöpfungskette ausgelotet.

Der Guardian bezeichnete letztes Jahr den GND als „most fashionable policy in the English-speaking world“. Der Begriff scheint tatsächlich über die politischen Lager hinweg zunehmend positiv besetzt zu sein. Selbst die Europäische Kommission stellte kürzlich ihre Version eines „Green Deal“ vor (ohne das Attribut „new“, um nicht mit Roosevelt assoziiert zu werden).

Die Lektüre beider Bücher verdeutlicht, dass es sich beim GND nicht um eine bloße Chiffre handelt, sondern einen konkreten politischen Plan, über den es sich in Europa ernsthaft zu diskutieren lohnt.

Philip Rathgeb in FALTER 9/2020 vom 28.02.2020 (S. 23)

Posted by Wilfried Allé Thursday, February 27, 2020 11:44:00 AM Categories: Politikwissenschaft/Umweltpolitik Politische Ökonomie
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Karl Polanyi 

Wiederentdeckung eines Ökonomen

von Armin Thurnher (Hg.), Brigitte Aulenbacher (Hg.), Andreas Novy (Hg.), Markus Marterbauer (Hg.)

EAN: 9783854396277
Verlag: Falter Verlag
Format: Gebundene Ausgabe
Umfang: 216 Seiten
Erscheinungsdatum: 29.04.2019
Preis: € 19,90


Karl Polanyi (1886–1964) gilt als einer der großen Denker der Sozialwissenschaft und Ökonomie. Geboren in Wien, aufgewachsen in Budapest, kehrte er nach dem Ersten Weltkrieg in seine Geburtsstadt zurück. 1933 emigrierte er nach England und ging später in die USA. Dort verfasste er während des Zweiten Weltkriegs sein bekanntestes Werk „The Great Transformation. Politische und ökonomische Ursprünge von Gesellschaften und Wirtschaftssystemen“, das heute zu den Klassikern der Soziologie zählt.
Polanyi betätigte sich als Sozialwissenschaftler, Ökonom, Journalist, Historiker und Anthropologe. Er prägte Kategorien wie jene von der „Einbettung der Wirtschaft in die Gesellschaft“ oder der „Doppelbewegung“, die längst Standard im sozialwissenschaftlichen Diskurs sind. Die Tatsache, dass seine Arbeiten auch fünfzig Jahre nach seinem Tod immer noch aktuell sind, resultiert auch aus der Bedeutung, die marktfundamentalistische Ideen erneut gewonnen haben.
Mit Beiträgen u.a .von Michael Brie, Sabine Lichtenberger, Peter Rosner, Elisabeth Springer, Claus Thomasberger u.v.a. sowie einem Interview mit Kari Polanyi Levitt, der Tocher Karl Polanyis, geführt von Michael Burawoy.

Wir verzichten bei diesem Buch im Sinne der Umwelt auf die Verpackung mit Plastikfolie.
 

Rezension aus FALTER 18/2019

Schlag nach bei Karl Polanyi

Eine Konferenz und ein Buch widmen sich dem bedeutenden Ökonomen

Es gehört zu den typischen Wendungen im Gespräch mit rechten Partnern, dass sie einem Linken sogleich unterstellen, er sei ein Feind der Freiheit. Der Neoliberalismus, die seit den 1970er-Jahren im atlantischen Westen dominierende Ideologie, führt sie ja schon im Namen, libertas, die Freiheit, und er bezieht einen guten Teil seiner Attraktivität aus dem Versprechen, das er vermeintlich bietet: mehr Freiheit.

Die Linke aller Schattierungen befindet sich dagegen in der Defensive. Es gibt genug am Neoliberalismus zu kritisieren, seine falsche Voraussetzung (das rational handelnde Individuum), seine überbordende Ungerechtigkeit (allzu ungleich verteilte Einkommen), seine offensichtlich falsche Verteufelung alles Staatlichen (man denke an all die privat verantworteten Desaster, von der Reaktorkatastrophe in Fukushima über den Börsenkrach von 2008 bis zur eingestürzten Autobahnbrücke in Genua). Aber was immer die Linke kritisiert, wird durch die stereotype Behauptung entkräftet, sie sei die Feindin der Freiheit.

Voller Verzweiflung blickt die Linke auf eine „Neue Rechte“, die sich in Gestalt des französischen Intellektuellen Alain de Benoist oder der amerikanischen Alt-Right neuerdings wieder antikapitalistisch gibt. Deren Galionsfigur Steve Bannon versuchte sogar, den Erzschwindler Donald Trump als Antikapitalisten zu verkaufen. Selbst hier schüttelte die Linke besorgt das Haupt, als die Menschen an den Kohlegruben und im Rust Belt den Donald wählten. Dessen Antikapitalismus hat sich als kolossaler Humbug herausgestellt, keine Rede von der versprochenen Regulierung der Wall Street und der Trockenlegung der Washingtoner Lobbyistensümpfe. Aber er besetzte erfolgreich linke Themen bis hin zum Protektionismus.

Was soll die Linke tun, wenn die Rechte nun beginnt, Liberalismus und Kapitalismus zu kritisieren oder gar darangeht, linke Theoretiker wie Antonio Gramsci linkisch einzugemeinden? Sie sollte sich nach Karl Polanyi umsehen. Dieser in Wien geborene, 1933 nach London emigrierte Österreicher war Ökonom und Historiker und publizierte in den USA ein Buch, das die Londoner Times 1977 zu den „größten Büchern des 20. Jahrhunderts“ zählte. „The Great Transformation“, so heißt es auch auf Deutsch, handelt von der großen Umwandlung, die alles dem Markt unterwirft. Und es erzählt von der Gegenbewegung gegen diese Vermarktlichung von allem, die alles zur Ware machen möchte. Diese Gegenbewegung fällt immer doppelt aus, als Doppelbewegung. In den 1930er-Jahren bildeten die Totalitarismen Faschismus und Stalinismus und zugleich auch die Versuche, sich auf nichttotalitäre Weise vom Marktzwang zu befreien, wie etwa das Rote Wien, das Polanyi zeitlebens als prägend betrachtete, eine solche Gegenbewegung.

Das Wichtigste an Polanyis Thesen: Es geht ihm immer um Freiheit. Sein Buch sollte als Gegenbuch zu dem eines anderen Österreichers gelesen werden, zu Friedrich August Hayeks „Weg zur Knechtschaft“. Beide Werke erschienen 1944, beide standen unter dem Eindruck von Faschismus und Kommunismus. Hayek setzte sein Werk als Ausgangspunkt einer durchchoreografierten intellektuellen Offensive in die Welt, die zuerst in akademischen Kreisen Anerkennung finden sollte, ehe sie politisch zu wirken begann.

Ab Anfang der 1970er-Jahre war es dann so weit. Polanyi hingegen, zeitlebens mehr als Volksbildner und akademischer Lehrer denn als Ideologe unterwegs, fand seine Vorstellungen im Wohlfahrtsstaat der Nachkriegsjahre ansatzweise verwirklicht und wollte sich nicht vorstellen, dass diese sozialstaatliche Einhegung des Kapitalismus je wieder zurückgenommen werden würde. Er gehört in die Bretton-Woods-Ära (1945–73) und zum Keynesianismus. Vielleicht hat nicht nur das verspätete Erscheinen einer deutschen Übersetzung (erst 1977!) die Rezeption seines Werks hierzulande behindert und verzögert. Im angelsächsischen Raum war das anders; dort wird Polanyi seit Jahrzehnten intensiv diskutiert. In den letzten Jahren ist sogar eine deutliche Belebung dieser Debatte zu verzeichnen.

Polanyis Konzept einer in das Wirtschaftsleben eingebetteten Gesellschaft (statt einer in die Gesellschaft eingebetteten Wirtschaft) ist Ausgangspunkt zahlreicher kritischer Diskurse. Das Programm der britischen Labour Party beruft sich ebenso auf Polanyi wie der demokratische Präsidentschaftskandidat und Senator Bernie Sanders. Das konservative Magazin Economist widmete Polanyi ebenso große Artikel wie der New Yorker oder die New York Times. Diese erklärte dessen Buch zu den bedeutendsten Werken der Emigration. Dass Polanyis Tochter Kari Polanyi-Levitt in Kanada lehrte und den Nachlass und das Werk ihres Vaters betreute, trug vielleicht zu diesem Überwiegen der Polanyi-Rezeption im angelsächsischen Raum bei.

Österreich wird nun zum Ausgangspunkt einer europäischen Polanyi-Renaissance. Die Soziologin Brigitte Aulenbacher, Professorin an der Johannes Kepler Universität Linz, organisierte 2017 einen Polanyi-Kongress in Linz; 2018 wurde in Wien im Rahmen eines zweiten Polanyi-Kongresses die International Karl Polanyi Society gegründet. Ort der Gründung war die Wiener Arbeiterkammer, als Reverenz an das von Polanyi so sehr geschätzte Rote Wien. Präsident der Gesellschaft wurde der Ökonom Andreas Novy, Professor am Department für Sozioökonomie an der Wirtschaftsuniversität Wien; Aulenbacher wurde Vizepräsidentin.

Angeregt durch diesen Kongress erschien im Falter die Beilage „Transformation des Kapitalismus?“, die Werk und Wirkung Polanyis dokumentierte. Pünktlich zum dritten Polanyi-Kongress, der von 1. bis 5. Mai in Wien und Budapest stattfindet, erscheint diese Beilage, überarbeitet und um einige Texte erweitert, nun als Buch.

Zum Kongress selbst, der ab 3. Mai im Wiener Radiokulturhaus Station macht, werden Kari Polanyi-Levitt und der in Harvard lehrende Ökonom Dani Rodrik mit Keynotes erwartet. Der ehemalige EU-Kommissar László Andor wird ebenso sprechen wie Polanyis englischer Biograf Gareth Dale (mit einem Essay auch im Buch vertreten), der in Vancouver lehrende Geograf Jamie Peck und Marguerite Mendell, Direktorin des Karl Polanyi Institute of Political Economy in Montreal.

„Wenn die Wirtschaft und der Markt zu Taktgebern der Gesellschaft werden und alles zur Ware gemacht wird, werden die Lebensgrundlagen zerstört. Karl Polanyi hat dies für die bloß ‚fiktiven Waren‘ Land (Natur), Arbeit, Geld eindringlich beschrieben. Statt das Leben zu ‚vermarkten‘, muss Wirtschaft lebensdienlich sein“, stellt Brigitte Aulenbacher gleichsam als Motto der Polanyi-Konferenz voran.

Armin Thurnher in FALTER 18/2019 vom 03.05.2019 (S. 16)

Posted by Wilfried Allé Thursday, May 2, 2019 8:21:00 AM Categories: Politische Ökonomie Wirtschaftssoziologie
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