Große Ernten auf kleinster Fläche mit den richtigen Sorten und Pflanzgefäßen, natürlichem Dünger und Pflanzenschutz. Alles für den nachhaltigen Naschbalkon
von Ursula Kopp
Verlag: |
Bassermann |
Format: |
Hardcover |
Genre: |
Ratgeber/Natur/Garten |
Umfang: |
96 Seiten |
Erscheinungsdatum: |
08.03.2021 |
Preis: |
€ 9,99 |
Ernte in Balkonien
Fensterbank, Balkon, Terrasse, Hinterhofgärtchen: Keine Fläche ist zu klein, um auch in der Großstadt eigenes Gemüse, Kräuter oder Beeren zu ziehen. Aber wie geht man es an? Eine Anleitung in fünf Schritten für Urban Gardener mit Selbstversorgersehnsucht.
Erst einmal einlesen
Je kleiner die Fläche, desto wichtiger die Planung. Deshalb hilft zum Einstieg eine Aufwärmrunde Armchair-Gardening, sprich Lektüre: Unübertroffen umfassend ist immer noch Andrea Heistingers „Handbuch Bio-Balkongarten“. Kein Aspekt, der dort nicht beleuchtet würde. Kurz gefasstes Know-how zu Balkongemüse, -obst und -kräutern bietet auch das neue „Alles Bio vom Balkon“ von Ursula Kopp.
Ebenso lohnend ist der Blick in einschlägige Balkongarten- und Selbstversorger-Blogs, etwa kistengruen.de, hauptstadtgarten.de oder wurzelwerk.net. Ganz neu ist die Garten-App Gardify (www.gardify.de), eine Art Smart-Gardening-Tool, das einem mit To-do-Erinnerungen, Ökoscans, Pflanzen-Doc oder ortsgenauen Frostwarnungen virtuell zur Hand geht.
Was es zu vermeiden gilt
Man mag es noch so bedauern, aber auf einem dunklen Nordbalkon werden nie Paradeiser reifen. Sie benötigen – wie die meisten Fruchtgemüse – sechs Stunden Sonne pro Tag. Halbschattentolerant sind Blattgemüse wie Mangold, Salat oder Gartenampfer. Hellerer Schatten funktioniert etwa auch für Radieschen, Gurken oder Himbeeren. Und im tiefen Schatten kann man es immerhin noch mit Pilzen probieren. Wobei in der Stadt Schattenlage sowieso nicht gleich Schattenlage ist: Denn wenn rundum Fensterscheiben Sonnenlicht reflektieren, schaut die Sache schon wieder besser aus.
Ebenso sind in der Stadt Hitze und Wind ein Thema. Beide lassen Pflanzgefäße rasch austrocknen. Daher lieber wenige größere Topfe als viele kleine, in denen die Erde in Windeseile steinhart wird und man mit dem Gießen nicht nachkommt. Auch Nährstoffe sind in größeren Gefäßen länger verfügbar.
Die richtige Wahl
Wer in der Horizontalfläche beschränkt ist, schwinge sich in die Höhe: Windsicher befestigte Rankgerüste funktionieren auf Balkonen und Terrassen als ideale Senkrechtgärten. Feuerbohnen, Erbsen, Gurken, essbare Blüten wie Kapuzinerkresse oder auch viele Paradeiser kann man nach oben ziehen und dabei auch für Blattgrünkühlung von Mauern sorgen. Insgesamt gilt: Beim Einkauf kleinwüchsige Sorten wählen, bei Obst zu schlankem Säulenobst greifen und nach Balkonsorten fragen.
Eine Fundgrube für Sorten, die auf kleinstem Raum gedeihen, ist Birgit Lahners Buch „Bio-Gärtnern am Fensterbrett“. Die Wiener Nutzpflanzenexpertin bietet auch eintägige Workshops zum Thema an (www.birgitlahner.at). Gute Adressen für den Kauf von Bio-Gemüsejungpflanzen und Bio-Samen von samenfesten Sorten, also Sorten, von denen man Samen gewinnen und im Folgejahr wieder anbauen kann, sind z.B. Reinsaat, Sativa oder Arche Noah (siehe Spalte).
Einige erprobte Mischkulturen für Töpfe, wie sie Andrea Heistinger empfiehlt, sind: Salat und Radieschen, Knoblauch und Erdbeeren, Erdmandeln und Paradeiser, Salat und Kohlsprossen, Basilikum mit Paprika, Paradeiser oder Aubergine, Schnittlauch und Karotte.
Gutes Gerät
Drei Werkzeuge braucht man zum Balkongärtnern jedenfalls: Handschaufel, Gartenschere und ein „Heindl“, sprich: eine kleine, gestielte Handhacke. Damit deckt man alles vom Jäten übers Graben und Stutzen bis zum Töpfe-mit-Erde-Befüllen ab. Man kann dabei jeweils zur Billigausführung greifen und Glück haben oder sich gleich etwas Stabiles zulegen, zum Beispiel eine Gartenschere von Felco (Modell ist Geschmackssache) sowie eine Handschaufel und eine Kleinhaue von „PKS Bronze-Gartenwerkzeuge“ aus Bad Ischl (kupferspuren.at).
Beschriftete Pflanzetiketten, die man neben frisch Gesätem oder Gesetztem in die Erde steckt, gehören ebenfalls zur Grundausstattung, weil man schneller, als man glaubt, vergisst, was man wo gesetzt hat. Ideal – und billiger als Plastiketiketten – sind hölzerne Mundspateln. Mit Bleistift beschriften, der hält am längsten!
Weil es immer etwas hoch- und festzubinden gibt, braucht es eine Rolle reißfesten, nicht zu dünnen Gartenspagats. Und wer einmal in einer betörenden Auswahl von Qualitätsgartenwerkzeug schwelgen möchte, kann dass auf dictum.com tun.
Erde und Wasser
Weil man in Balkonien nur in Pflanzgefäßen gärtnert, ist die Erde umso wichtiger. Hier bei der Qualität zu sparen rächt sich später. Oberstes Gebot: Die Erde darf keinen Torf enthalten! Bio und Torf gehen ohnehin nicht zusammen. Beim Torfabbau werden nämlich jede Menge Moore zerstört.
Ein sehr gutes, torffreies Bio-Substrat aus Niederösterreich ist Alfred Grands Bio-Erde aus Kompost, Rindenhumus, Lavasand und Regenwurmhumus: www.vermigrand.eu.
Für die Anzucht von Samen, die nährstoffarme Erde zum Keimen brauchen und erst nach dem Vereinzeln in gehaltvolleres Substrat gesetzt werden, gibt es eigene Anzuchterde. Sie eignet sich auch gut für Kräuter.
Ein Wort noch zum Gießen: Gemüse braucht vor allem als frisch gesetzte Jungpflanze und während der Frucht-entwicklung regelmäßige Wasserversorgung. In Hitzephasen muss man deshalb mitunter zweimal pro Tag gießen. Eine Mulchschicht oben auf der Topferde – etwa aus Stroh – hilft gut gegen das Austrocknen.
Nun der finale Geheimtipp: Sammeln Sie Regenwasser! Das erspart Gießkanneschleppen, und wie alle Pflanzen mögen auch Gemüse und Kräuter weiches Regenwasser am liebsten
Carsten Fastner in FALTER 15/2021 vom 16.04.2021 (S. 44)
Weiters in dieser Rezension besprochen:
Bio-Gärtnern am Fensterbrett - Wie auf kleinstem Raum das ganze Jahr Gemüse, Kräuter, Salate und Obst wachsen (Birgit Lahner)
Handbuch Bio-Balkongarten - Gemüse, Obst und Kräuter auf kleiner Fläche ernten (Andrea Heistinger, Verein ARCHE NOAH)