Österreich kommt wirtschaftlich schlecht durch die Corona-Krise. Die Hilfsmilliarden dürften nicht sehr wirksam gewesen sein. Der Klimaschutz sollte eine größere Rolle spielen.
von Franz Nauschnigg [1]
Von Oktober bis Dezember ist die Wirtschaft in Österreich fast acht Mal so stark geschrumpft wie im EU-Schnitt. Österreich wies nach vorläufigen Eurostat Daten für 11 EU-Länder damit die schlechteste Performance dieser Länder auf.
Eine Besserung ist nicht leider nicht in Sicht. Das WIFO rechnet auch im auch im laufenden Quartal 2021 mit einem weiteren Rückgang des Bruttoinlandsprodukts. Obwohl Österreich im 3. Quartal 2020 mit einem Wachstum von 12 % gegenüber dem Vorquartal im Mittelfeld der EU-Länder lag, liegt es über das Gesamtjahr 2020 gesehen sehr schlecht. Mit einem Minuswachstum von 7,8 % im 4. Quartal gegenüber dem gleichen Quartal des Vorjahres, vor Corona, liegt es in der EU an vorletzter Stelle, vor Spanien mit 9,1 %. Das Minuswachstum in den Tourismusländern Italien 6,6 %, Portugal 5,9 %, Frankreich 5 %, ist wesentlich geringer, ganz zu schweigen von Deutschland 3,9 %, Schweden 2,6 %, oder dem EU-Besten Litauen 1,3 %.
Wie Finanzminister Gernot Blümel im Rahmen einer Pressekonferenz am Dienstag von einem "geringeren Wirtschaftseinbruch", sofern man die Lage mit anderen Ländern mit starkem Tourismus-Sektor vergleicht, sprechen konnte, ist mir nicht klar. Auch seine Bemerkung "Das zeigt, dass unsere Hilfsmaßnahmen gewirkt haben" ist von den Daten nicht gestützt.
Die Hilfsmilliarden der österreichischen Regierung, dürften nicht sehr wirksam gewesen sein, wenn mit einem der größten Hilfspakete der EU-Länder in Relation zum BIP 2020 das zweit schlechteste wirtschaftliche Ergebnis der EU-Länder erzielt wird. Zur Abfederung der Coronakrise wurden in Österreich für 2020 und 2021 Sofort-Hilfsmaßnahmen im Umfang von 49,6 Mrd. Euro (12,5% des BIP 2019) gesetzt. Dazu kommen 11,6 Mrd. für konjunkturbelebende Maßnahmen. Der größte Posten ist die Kurzarbeit mit 13,5 Mrd. Euro, gefolgt vom Fixkostenzuschuss mit 12 Mrd., den COFAG-Garantien und Haftungen mit 8 Mrd., den Gemeindehilfen mit knapp 3 Mrd. und dem Härtefallfonds mit 2 Mrd., wie eine Zusammenstellung des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) zeigt.
Die Bundesregierung hat die 50 Milliarden Euro aus den Hilfspaketen nicht konjunktureffektiv eingesetzt. Nur ein kleiner Teil der Mittel dient der Konjunkturankurbelung, über Investitionen. Daher entwickelt sich der österreichische Arbeitsmarkt schlecht. Die krisenbedingte Arbeitslosigkeit wurde erst zu gut einem Drittel abgebaut und verfestigt sich. Die Langzeitarbeitslosigkeit nahm markant zu.
Nach den Rettungspaketen sind nunmehr, um eine Depression, bzw. jahrelange Stagnation zu vermeiden, große Konjunkturpakete erforderlich. Die meisten EU-Länder machen große Stabilisierungs- und Konjunkturprogramme. Österreich leider nicht. Nach der EU-Frühjahrsprognose brach das Wachstum in Deutschland 2020 stärker ein –6,5 %, als in Österreich –5,5 %. Mit der EU-Herbstprognose hat Deutschland durch Konjunkturprogramme den Einbruch 2020 auf –5,6 % verringert. Österreich fällt wirtschaftlich zurück und verschlechtert sich auf –7,1 %. Dies zeigt, Deutschland dämpft Rezession durch Konjunkturpakete, Österreich leider nicht. Ich habe daher schon früher für Konjunkturpakete der Bundesländer argumentiert.
Auch für die Mittel aus dem EU-Wiederaufbaufond „Next Generation EU“ 750 Mrd. Euro, davon 3 bis 4 Mrd. Euro für Österreich, haben die meisten EU-Länder schon Programme in Brüssel eingereicht. In Österreich hat Finanzminister Blümel eine Zusammenarbeit mit den Bundesländern, welche ja im Energiebereich sehr stark verankert sind, in den ein wesentlicher Teil dieser Mittel fließen soll, abgelehnt. Auch hier wird Österreich, wenn nicht bald ein gutes Programm präsentiert wird, zu den Nachzüglern gehören.
Im Unternehmenssektor kommt es teilweise zu Überförderungen durch den Umsatzersatz, wo einzelne Branchen und Unternehmen überfördert werden. Der Interessenvertretung der Unternehmer, der WKO, die Verteilung der Hilfsgelder zu überlassen, ist inkompatibel. Sie muss die Interessen ihrer Mitglieder vertreten und nicht auf den sparsamen Einsatz von Hilfsgeldern achten, das ist ein klarer Interessenkonflikt. Das wäre so, wie wenn die Gewerkschaft die Arbeitslosengelder auszahlen würde. Dazu gibt es eine staatliche Behörde, das AMS.
Auch bei der AUA Rettung gab die Österreichische Regierung 150 Mio. Euro verlorenen Zuschuss für Standortgarantien. Deutschland verhandelte wesentlich besser. Es erhielt für 300 Millionen Euro eine Beteiligung von 20 Prozent an der Lufthansa. Bei der AUA haben ÖVP Finanzminister eine Verstaatlichung der Verluste, Privatisierung der Gewinne betrieben.
Deutschland und die meisten anderen EU-Länder haben auch bei den Corona Tests besser verhandelt und sie daher billiger beschafft.
Auch hat sich die Regierung nicht auf die nach dem Auslaufen der Schuldenmoratorien drohende Pleitewelle vorbereitet. Das GBI Model würde sich anbieten. Die GBI war ein staatliches Unternehmen das in den 1980er und 1990er Jahren regional wichtige Pleiteunternehmen rettete und sanierte und damit tausende Arbeitsplätze ohne budgetäre Kosten rettete.
Dafür ist die Regierung bei den Arbeitnehmern knausrig, die Lohnersatzquote bei Arbeitslosigkeit ist bei den niedrigsten in vergleichbaren Ländern. Dies, obwohl die Arbeitnehmer über Steuern und Abgaben den Großteil der Corona Lasten tragen werden.
Früher hat Österreich Krisen besser bewältigt.
Als wir in den 1980 Jahren die Krisen Tschernobyl, Weinskandal bewältigten (ich war damals in Kabinetten im Wirtschafts-, später Landwirtschaftsministerium und in den Krisenstäben) haben wir parallel zu administrativen gesundheitlichen Maßnahmen immer auch schon Maßnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen diskutiert und beschlossen. Dies oft in intensiven Diskussionen mit den Kollegen im Gesundheitsministerium, die natürlich die wirtschaftlichen Auswirkungen ihrer Maßnahmen nicht so beurteilen konnten. Habe dazu in Addendum Artikel veröffentlicht - Krisenbewältigung einst und jetzt.
Die Krise als Chance nutzen
Als wir unter Minister Schmidt den Weinskandal nutzten um den Umbau der österreichischen Weinwirtschaft von Massen- zu Qualitätsproduktion (Änderung der Ausbildung, Produktion, Marketing, Besteuerung mit Banderole, Kontrollen) voranzutreiben, gab es auch viele Widerstände, aber wir überwanden diese. Heute sind alle stolz auf den guten österreichischen Wein. Ohne Weinskandal wäre es uns vielleicht nicht gelungen, die Widerstände zu überwinden.
Heute sollten wir die Krise als Chance nutzen, um einen Umbau des Energiesystems zum Klimaschutz voranzutreiben.
Die Corona Krise hat kurzfristig den CO2 Ausstoß durch den wirtschaftlichen Einbruch gesenkt. Mittel- und langfristig aber die Klimakrise verschärft, da fossile Brennstoffe, insbesondere Öl dramatisch billiger wurden.
Während die EU-Kommission einen Green Deal erarbeitet, den CO2 Preis im EU-Handelssystem durch Maßnahmen stabilisierte und Deutschland eine CO2 Steuer einführte und andere wirksame Klimamaßnahmen setzte, passierte in Österreich nicht sehr viel. Praktische alle Experten sind sich einig, dass Österreich mit den bisher von der Regierung vorgeschlagenen Maßnahmen seine Klimaziele nicht erreichen wird. Die Sozialdemokraten in der deutschen Regierung tun mehr fürs Klima als die Grünen in der österreichischen.
Ökostrom-Abgabe abschaffen, dafür fossile Energie belasten.
Österreich welches im EU-Vergleich sehr niedrige Treibstoffsteuern hat, sollte das Dieselprivileg (8,5 Cent niedrigere Steuer) abschaffen. Weiters einen Zuschlag von 10 Cent auf alle fossilen Treibstoffe und Heizöl einführen. Dieser sollte, wenn der Ölpreis wieder über 75 Euro/Barrel steigt, um 5 Cent und ab 90 Euro/Barrel um weitere 5 Cent reduziert werden.
Diese Mittel sollten für den Ökostrom-Ausbau und die Förderung der Umstellung der Heizsysteme genutzt und dafür die Ökostrom-Abgabe abgeschafft werden. Die Ökostrom-Abgabe erhöht den Strompreis und macht Strom damit gegenüber fossilen Brennstoffen weniger wettbewerbsfähig – der LKW profitiert, die Bahn wird belastet. Die Ökostrom-Abgabe erhöht auch die Ungleichheit, da ärmere durch sie stärker belastet werden und den CO2 Ausstoß, da mehr LKW, weniger Bahntransporte. Dies alles sollte sehr rasch, schon vor einer umfassenden ökologischen Steuerreform erfolgen.
Zusammenfassend muss ich daher leider feststellen, dass Österreichs Regierung Corona Krise wirtschaftlich leider schlecht bewältigt und sie auch nicht für einen Umbau des Energiesystems zur Klimarettung nutzt.
[1] War von 1987 bis 2019 in der Oesterreichischen Nationalbank, seit 1999 Abteilungsleiter der Internationalen Abteilung. War wirtschaftspolitischer Berater der Finanzminister Staribacher, Klima, Edlinger. Mitglied der Task Force on Carbon Pricing in Europe und des Finanzbeirates des Landes Burgenland.