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EU-Arzneimittelpolitik: EU-Abgeordnete unterstützen umfassende Reform 

Presseinformationen ENVI 13.4.2024
  • Förderung von Innovation und Zugang zu erschwinglichen Arzneimitteln
  • Spezifische Vorschriften für neuartige Arzneimittel wie Arzneimittel für seltene Leiden und antimikrobielle Mittel
  • Medikamente sollen ökologisch nachhaltiger werden

Die Abgeordneten verabschiedeten ihre Vorschläge zur Überarbeitung des EU-Arznei­mittel­rechts, zur För­derung von Inno­vationen und zur Ver­bes­serung der Ver­sorgungs­sicher­heit, der Zugäng­lich­keit und der Er­schwing­lich­keit von Arznei­mitteln.

Am Dienstag hat der Ausschuss für Umwelt­fragen, Volks­gesund­heit und Lebens­mittel­sicher­heit seinen Stand­punkt zur neuen Richt­linie (66 Ja-Stimmen, zwei Nein-Stimmen und neun Ent­hal­tungen) und der Ver­ord­nung (67 Ja-Stimmen, sechs Nein-Stimmen und sieben Ent­hal­tungen) über Human­arznei­mittel fest­gelegt.

Regulatorische Daten und Marktschutz: Anreize für Innovationen

Um Innovationen zu belohnen, wollen die Abgeordneten eine Mindes­tfrist für den regu­la­to­rischen Daten­schutz (in der andere Unter­nehmen nicht auf Produkt­daten zu­greifen können) von sieben­ein­halb Jahren ein­führen, zusätz­lich zu zwei Jahren Markt­schutz (in der Generika, Hybrid- oder Bio­similar-Produkte nicht ver­kauft werden dürfen) nach einer Markt­zulassung.

Pharmazeutische Unternehmen hätten Anspruch auf zusätzliche Daten­schutz­fristen, wenn das je­weilige Produkt einen un­ge­deckten medizi­ni­schen Be­darf deckt (+12 Monate), wenn ver­glei­chende klini­sche Studien für das Pro­dukt durch­ge­führt werden (+6 Monate) und wenn ein erheb­licher Teil der For­schung und Ent­wicklung des Pro­dukts in der EU und zumin­dest teil­weise in Zu­sammen­arbeit mit EU-For­schungs­ein­rich­tungen statt­findet (+6 Monate). Die Ab­geord­neten for­dern auch eine Decke­lung des kombi­nierten Daten­schutz­zeit­raums von acht­ein­halb Jahren.

Eine einmalige Verlängerung (+12 Monate) der zweijährigen Markt­schutz­frist könnte gewährt werden, wenn das Unter­nehmen eine Markt­zu­las­sung für eine zu­sätz­liche thera­peu­tische Indi­ka­tion er­hält, die im Ver­gleich zu be­ste­henden Thera­pien einen signi­fi­kanten klini­schen Nutzen bietet.

Orphan Drugs (Arzneimittel, die zur Behandlung seltener Krank­heiten ent­wickelt wurden) würden von einer Markt­exklu­sivi­tät von bis zu 11 Jahren profi­tieren, wenn sie einen "hohen un­ge­deckten medi­zi­ni­schen Bedarf" decken.

Intensivierung des Kampfes gegen antimikrobielle Resistenzen (AMR)

Die Abgeordneten betonen, dass die Forschung und Entwicklung neu­ar­tiger anti­mikro­biel­ler Mit­tel ge­fördert werden muss, ins­be­son­dere durch Markt­ein­tritts­prämien und Meilen­stein­prämien (z. B. finan­zielle Unter­stützung in der Früh­phase bei Er­rei­chen be­stimmter FuE-Ziele vor der Markt­zu­lassung). Diese würden durch ein auf dem Abon­nement­modell basie­rendes frei­wil­li­ges ge­mein­sames Be­schaf­fungs­sys­tem er­gänzt, um Inves­ti­tio­nen in anti­mikro­bielle Mittel zu fördern.

Sie befürworten die Einführung eines "Exklusi­vi­täts­gut­scheins für über­trag­bare Daten" für prio­ri­täre anti­mikro­bielle Mit­tel, der einen zu­sätz­lichen Daten­schutz von maxi­mal 12 Monaten für ein zu­ge­las­senes Pro­dukt vor­sieht. Der Gut­schein könne nicht für ein Pro­dukt ver­wendet werden, das bereits in den Genuss eines Höchst­maßes an regu­la­to­ri­schem Datens­chutz ge­kommen sei und nur ein­mal auf einen ande­ren Zu­las­sungs­in­haber über­tragbar sei.

Zu den neuen Maßnahmen zur Förderung des um­sich­tigen Ein­satzes von Anti­biotika ge­hören strengere An­for­derungen, wie z. B. die Be­gren­zung der Ver­schrei­bungen und der Ab­gabe auf die für die Be­hand­lung er­forder­liche Menge und die Be­gren­zung der Ver­schrei­bungs­dauer.

Verschärfte Anforderungen an die Umweltverträglich­keits­prüfung

Diese neuen Vorschriften würden Unternehmen dazu ver­pflichten, bei der Be­an­tragung einer Geneh­mi­gung für das In­verkehr­bringen eine Um­welt­ver­träg­lich­keits­prüfung vor­zu­legen. Um eine an­ge­mes­sene Bewer­tung der Umwelt­ver­träg­lich­keits­prü­fungen zu gewähr­leisten, for­dern die Ab­geord­neten die Ein­richtung einer neuen Ad-hoc-Arbeits­gruppe für Umwelt­ver­träg­lich­keits­prüfungen inner­halb der Euro­päischen Arznei­mittel-Agentur. Die Ab­geord­neten beste­hen darauf, dass die Maß­nahmen zur Risi­ko­min­derung (zur Ver­meidung und Begren­zung von Emis­sionen in Luft, Wasser und Boden) den ge­samten Lebens­zyklus von Arznei­mit­teln ab­decken sollten.

Größere Unabhängigkeit des EU-Gremiums für gesundheitliche Notlagen

Um die Herausforderungen im Bereich der öffentlichen Gesund­heit wirk­sam anzu­gehen und die euro­päische For­schung anzu­kurbeln, fordern die Ab­geord­neten, dass die Euro­päische Be­hörde für die Krisen­vor­sorge und -reak­tion im Gesund­heits­wesen (HERA, derzeit eine Dienst­stelle der Kom­mis­sion) zu einer eigen­stän­digen Struk­tur inner­halb des Euro­päischen Zen­trums für die Prä­ven­tion und die Kon­trolle von Krank­heiten (ECDC) wird. HERA sollte sich in ers­ter Linie auf den Kampf gegen die drin­gend­sten Gesund­heits­bedro­hungen kon­zen­trieren, ein­schließ­lich anti­mikro­biel­ler Resis­tenzen und Medi­kamenten­knappheit.

Weitere Einzelheiten zu den konkreten Vor­schlägen der Ab­geord­neten fin­den Sie in diesem Hinter­grund­dokument.

Kommentare

Die Berichterstatterin für die Richtlinie, Pernille Weiss (EVP, DK), erklärte: "Die Über­arbei­tung der EU-Arznei­mittel­ge­setz­gebung ist für Patienten, die Indus­trie und die Gesell­schaft von ent­schei­dender Be­deutung. Die heutige Ab­stimmung ist ein Schritt auf dem Weg zur Be­reit­stellung von Instru­menten zur Bewäl­ti­gung gegen­wär­tiger und künf­tiger Heraus­for­derungen im Gesund­heits­wesen, ins­beson­dere im Hin­blick auf unsere Markt­attrak­tivi­tät und den Zu­gang zu Arznei­mitteln in allen EU-Län­dern. Wir hoffen, dass der Rat unseren Ehr­geiz und unser Enga­gement zur Kenntnis nimmt, einen soli­den Rechts­rahmen zu schaffen, der die Vor­aus­setzungen für rasche Ver­hand­lungen schafft."

Der Berichterstatter für die Verordnung, Tiemo Wölken (S&D, DE), erklärte: "Diese Über­ar­beitung ebnet den Weg für die Be­wäl­tigung kriti­scher Heraus­for­de­rungen wie Arznei­mittel­knapp­heit und Anti­biotika­resis­tenz. Wir stär­ken unsere Gesund­heits­infra­struk­tur und stär­ken unsere kollek­tive Wider­stands­fähig­keit gegen­über künf­tigen Gesund­heits­krisen – ein wich­tiger Meilen­stein in unserem Stre­ben nach einer ge­rech­teren und zu­gäng­licheren Gesund­heits­ver­sorgung für alle Euro­päer­innen und Europäer. Maß­nahmen, die den Zugang zu Arznei­mit­teln ver­bes­sern und gleich­zeitig An­reize für Be­reiche mit un­ge­decktem medi­zi­ni­schem Bedarf schaffen, sind ent­schei­dende Bestand­teile dieser Reform."

Nächste Schritte

Die Abgeordneten sollen auf der Plenartagung vom 10. bis 11. April 2024 über den Stand­punkt des Parla­ments de­bat­tieren und ab­stimmen. Das neue Parla­ment wird sich nach den Europa­wahlen vom 6. bis 9. Juni mit dem Dossier befassen.

 

Hintergrund

Am 26. April 2023 legte die Kommission ein "Arznei­mittel­paket" zur Über­arbei­tung des EU-Arznei­mittel­rechts vor. Er ent­hält Vor­schläge für eine neue Richt­linie und eine neue Ver­ord­nung, die darauf ab­zielen, Arznei­mittel ver­füg­barer, zu­gäng­licher und er­schwing­licher zu machen und gleich­zeitig die Wett­bewerbs­fähig­keit und Attrak­tivität der pharma­zeu­tischen Indus­trie in der EU durch höhere Umwelt­standards zu fördern.
 

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Artikel-Nr.: 20240318IPR19419

zum Original:
https://www.europarl.europa.eu/news/en/press-room/20240318IPR19419/eu-pharmaceutical-policy-meps-support-comprehensive-reform

Posted by Wilfried Allé Tuesday, March 19, 2024 7:39:00 PM Categories: Lebensmittelsicherheit Umwelt Volksgesundheit

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