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in der Corona-Krise und die Spitalsbettenproblematik

Die Corona-Krise hat gezeigt, dass Österreichs Gesundheitssystem eine schwierige Bewährungsprobe – bislang – bemerkenswert gut bestanden hat. Die in zahlreichen gesundheitsökonomischen Studien heftig kritisierte „Spitalslastigkeit“ des österreichischen Gesundheitssystems hat sich dabei tendenziell als Vorteil in Form eines breiter gespannten Sicherheitsnetzes erwiesen.

Es mutet seltsam an, wenn manche Gesundheitsökonominnen und -ökonomen unbeirrt an ihren alten Empfehlungen festhalten, die Spitalsbettenzahl (noch) weiter zu reduzieren.

Wie kam es zur Meinung, im Gesundheitswesen lägen Milliarden an Einsparungspotenzialen bereit?

Der Rechnungshof hatte in der Ära Moser in einer Presseaussendung eine Zahl publiziert, die sich in der Folge (wie in den letzten Wahlkämpfen zu beobachten war) wie ein medialer Virus verbreitete: Es gäbe, so der Rechnungshof damals, ein Umschichtungspotenzial aus den Spitälern von 4,75 Mrd. Euro. Dieses „Umschichtungspotenzial“ wurde anhand einer Milchmädchenrechnung ermittelt.

Der Rechnungshof war natürlich nicht so naiv zu glauben, dass man von den (damals) etwa 11 Milliarden (heute etwa 14 Milliarden), die der Staat jährlich für das Spitalswesen ausgibt, 4,75 Milliarden Euro durch Bettenreduktion „einsparen“ könne, ohne umfangreiche (und sehr kostspielige!) Begleitmaßnahmen zu setzen (massiver Ausbau der Nachbetreuung von PatientInnen durch ambulante Dienste, Ausbau von Gesundheitszentren, um die Spitalsambulatorien zu entlasten, mehr Pflegeheimplätze etc.). Deshalb sprach er ja explizit von „Umschichtungsmaßnahmen“! In allen Medien (auch in den sogenannten „Qualitätsmedien“) hat man allerdings diese Zahl flugs (und in Schlagzeilengröße!) mit einem absoluten, unbedingten „Einsparungspotenzial“ gleichgesetzt.

Leider hat der Rechnungshof diesen Fehldeutungen nicht aktiv widersprochen, und so konnte ein Bundespräsidentschaftskandidat seinerzeit noch eins draufsetzen und in einem Interview ein „Einsparungspotenzial“ von 4,75 Mrd. (mehr als 1 Prozent des BIP im Jahr 2019!) damit begründen, „dass einfach zu viele Leute im falschen Bett“, also im Krankenhaus statt im fehlenden Pflegeheimbett, „liegen“.

Fazit: Das öffentliche Gesundheitssystem in Österreich ist eher unterfinanziert als überteuert

Bei repräsentativen EUROSTAT-Befragungen von NutzerInnen schneidet Österreichs öffentliches Gesundheitssystem im internationalen Vergleich (derzeit noch) sehr gut ab. Damit es so bleibt, sollte mittelfristig eher für eine verstärkte, sozial gestaffelte Mittelzufuhr aus höheren Beiträgen sorgen, will man die bereits sichtbaren Tendenzen in Richtung Klassenmedizin eindämmen.

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Posted by Wilfried Allé Tuesday, May 26, 2020 9:18:00 AM
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