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Wie finanziert sich das österreichische Gesundheitssystem?

Das österreichische Gesundheitswesen gewährleistet ein hohes Maß an Zugangsgerechtigkeit und besitzt ein starkes ethisch fundiertes solidarisches Krankenversicherungssystem.

In Österreich besteht für alle Erwerbstätigen (egal ob unselbständig oder selbständig) die Pflichtversicherung. Durch diese Versicherungspflicht ist auch sichergestellt, dass jede(r) Erwerbstätige ihre/seine Krankenversicherungsbeiträge einzahlt. Deshalb spricht man auch, dass das österreichische Gesundheitssystem beitragsfinanziert ist. Dieses Modell wurde 1883 in Deutschland von Otto von Bismarck eingeführt. Weitere Länder mit einer sozialen Pflichtversicherung sind neben Österreich u. a. Frankreich, Belgien oder auch Luxemburg.

Bei unselbständig Erwerbstätigen besteht der Krankenversicherungsbeitrag aus einem Dienstnehmer- und einem Dienstgeberanteil. Der Dienstnehmeranteil (DN) wird direkt vom Gehalt abgezogen und vom Arbeitgeber mit der Sozialversicherung verrechnet. Dieser Beitrag ist explizit auf jedem Lohn-/Gehaltszettel ersichtlich. Der Dienstgeberanteil (DG) hingegen scheint dort nicht auf, wird aber ebenso vom Arbeitgeber an die Sozialversicherung weiterverrechnet.

Österreichischer Krankenversicherungsbeitrag bei unselbständig Erwerbstätigen

Dienstnehmeranteil an der KV

3,825 % bei Angestellten bzw. 3,95 % bei Arbeitern

Dienstgeberanteil an der KV

3,825 % bei Angestellten bzw. 3,7 % bei Arbeitern

Höchstbeitragsgrundlage der gesamten Sozialversicherung
(PV (10,25 %) + KV (3,83 – 3,95 %) + AIV (3 %)) Dienstnehmer monatlich

€ 5.370

Höchstbeitragsgrundlage

Bei der Höchstbeitragsgrundlage handelt es sich um eine Einkommensschwelle, bis zu deren Höhe Sozialversicherungsbeiträge bezahlt werden müssen.

Im österreichischen System der Pflichtversicherung müssen alle Erwerbstätigen ab einem gewissen Einkommen Versicherungsbeiträge bezahlen. Diese müssen nur für jenen Teil des Einkommens entrichtet werden, der unter der Höchstbeitragsgrundlage liegt. Der Teil des Einkommens, der über der Höchstbeitragsgrundlage liegt, bleibt sozialversicherungsbeitragsfrei.

Im Jahr 2020 beträgt die Höchstbeitragsgrundlage 5.370 Euro brutto monatlich (das sind 179 Euro täglich).

Das heißt, die Finanzierung der Sozialversicherung speist sich fast vollständig aus den arbeitsbezogenen Bruttogehältern/-löhnen.

Daraus wiederum folgt: Je höher die Bruttolohnsumme der Arbeitnehmer ist, desto mehr Mittel fließen Monat für Monat in das Sozialversicherungssystem.

Im Umkehrschluss bedeutet das: Mit sinkender Bruttolohnsumme, etwa durch geringere Löhne/Gehälter, wie in etwa durch Kurzarbeit oder/und einer geringeren Anzahl von Beschäftigten, reduzieren sich im selben Ausmaß die Krankenversicherungsbeiträge.

Die logische Folge davon ist: Dem Gesundheitssystem stehen weniger Finanzmittel für seine Versicherungsleistungen zur Verfügung.

Bei Gewerbetreibenden wird der Krankenversicherungsbeitrag durch die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) ermittelt.

Österreichischer Krankenversicherungsbeitrag bei Gewerbetreibenden

Beitragssatz

8,53 %

Höchstbeitragsgrundlage monatlich

€ 6.265

Die Corona-Krise zeigt deutlich auf, wie sehr unser Gesundheitssystem von der Anzahl und dem Einkommen der Beschäftigten abhängig ist und es daher höchst an der Zeit ist, über eine breitere Basis als nur der Bruttolohnsumme nachzudenken. Denn dieser höchst kritische Zustand der Leistungserbringung gebietet rechtzeitig eine Anpassung der Dotierung unseres Gesundheitssystems vorzunehmen um weiterhin ein starkes ethisch fundiertes solidarisches Krankenversicherungssystem zur Verfügung zu haben.

Als zukunftsfähiges Modell einer autarken Finanzierung unseres Gesundheitssystems bietet sich mehr und mehr eine teilweise Abkehr von der Bruttolohnsumme hin zu einer an der Produktivitätsleistung orientierten Wertschöpfungsabgabe an.

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Gesellschaftspolitischer Frühschoppen "Wertschöpfungsabgabe" ->

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