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Alles, was man wissen muss, in 50 Grafiken

von Esther Gonstalla

»Gründliche Recherche, nüchterne Grafiken, glasklare Informationen und die knallharten Erkenntnisse der Klimaforschung vereinen sich in „Das Klimabuch“ zu einer nachwirkenden Lektüre.« Susanne Billig, Deutschlandfunk Kultur (online)

Dürre und Hitzewellen, aber auch Kälteeinbrüche, Überflutungen und Starkregen: Die Klimakrise ist zu einem globalen Thema geworden, das niemand mehr ignorieren kann.

Hier setzt »Das Klimabuch« an: Mit der Unterstützung zahlreicher Wissenschaftler hat Esther Gonstalla die komplexen Zusammenhänge und wissenschaftlichen Daten zur globalen Erwärmung zu leicht verständlichen Infografiken verarbeitet – für alle, die nicht nur begreifen, sondern auch handeln wollen.

Das Schöne am "Klimabuch": Es zeigt auch, wie es gehen kann.

Vorwort: Hans-Joachim Schellnhuber
Verlag: oekom verlag
Genre: Umwelt
Umfang: 128 Seiten
Erscheinungsdatum: 05.08.2019
ISBN-13: 978-3-96238-124-0
Preis: € 24,70
erhältlich als e-Book € 18,99

Rezension aus FALTER 41/2019

Klimawandel für Einsteiger

Klima: Esther Gonstallas Atlas serviert die Klimakrise fein garniert in leicht bekömmlichen, gut strukturierten Infohappen

Der Klimawandel mag das Thema der Stunde sein, aber wer hat ihn wirklich verstanden? Wer kann tatsächlich erklären, wie das Klimasystem funktioniert? Wer weiß, wie sich die Klimakrise wie konkret auswirkt? Die Infografikerin Esther Gonstalla verspricht, mit 50 Grafiken alles zu erklären, was man über das Klima wissen muss. Das ist eine starke Ansage. Schließlich gehört es in der Berichterstattung über die Klimakrise zu den fundamentalen Schwierigkeiten, sie so zu illustrieren, dass es dem Thema gerecht wird, aber trotzdem verständlich bleibt. Gonstalla gelingt genau das.

Gut strukturiert leitet sie den Laien von Anfang bis zum Ende durch das Buch. Die Autorin vermittelt zunächst physikalisches Grundlagenwissen, bevor sie die verschiedenen Einflüsse des Menschen auf das Weltklima beschreibt, die Folgen davon sichtbar macht und schließlich Lösungen anbietet. Der Bogen, den Gonstalla spannt, reicht vom natürlichen Treibhauseffekt bis zum nachhaltigen Konsum. In wohlportionierten Infohappen nimmt sie sich Thema um Thema vor, garniert alles mit schlüssigen, eleganten und simpel gehaltenen Grafiken und fügt das Ganze jeweils zu einem geschlossenen Erklärstück auf einer Doppelseite zusammen.

Man sieht dem Werk nicht nur Liebe zum grafischen Detail an, sondern auch die Recherche. Gonstalla destilliert aus Studien und Umweltberichten griffige Vergleiche und interessante Details. Eine bunte Auswahl daraus liest sich so: Der weltweite E-Mail-Verkehr erzeugt genauso viele CO2-Emissionen wie sieben Millionen Autos. Die zehn größten Flüsse Asiens würden ohne Gletscher – je nach Region – zwischen 20 und 80 Prozent schrumpfen. In den letzten 18 Jahren wurde weltweit eine Waldfläche gerodet, die flächenmäßig größer war als Indien. Im Sommer sinkt auf der Nordhalbkugel regelmäßig die CO2-Konzentration. Der Grund: „Je grüner es wird, desto mehr CO2 wird bei der Photosynthese von Blättern aufgenommen und als Kohlenstoff gespeichert.“

Gonstalla macht viel richtig, wenn auch nicht alles. So führt sie die Quellen für ihre Grafiken und Texte zwar an, aber nur gesammelt auf der Doppelseite. Eine genaue Zuordnung der einzelnen Zahlen und Textpassagen wird dadurch nicht ermöglicht. Manche Überschrift bleibt im Gegensatz zu den Grafiken einfallslos, nicht jedes Argument, nicht jede Grafik sitzt. Etwa, wenn Gonstalla beim Thema Agrarwende die Belastungen der Landwirtschaft in CO2-Emissionen misst, die möglichen Einsparungen allerdings wiederum für das klimaschädliche Gas Methan berechnet. Da werden Äpfel mit Birnen vermischt.

Oder wenn die Autorin erklärt, Klimaschutz beginne zu Hause, und sie neben Maßnahmen wie Gebäudedämmungen zu Handlungen rät, wie Recyclingpapier zu verwenden und beidseitig zu beschreiben. Da wird sehr Großes mit sehr Kleinem vermengt. Mit Minimalaktionen rettet man nicht die Welt, sondern sorgt eher dafür, Menschen mit kaum wirksamen Aktionen fehlzuleiten. Und während uns Fridays for Future lehrt, dass die wichtigste individuelle Tat nicht zu Hause beginnt, sondern auf der Straße, verkommt der Protest im Klimabuch zur Randnotiz.

All das ist Kritik auf hohem Niveau. Gonstalla hat ein großartiges Buch geschaffen, das in Happen genießbar und leicht zu verdauen ist. Sie bricht nicht nur Komplexes verständlich herunter, sondern setzt auch auf die richtigen Themen. Widmet sie sich auf der einen Seite ausführlich schauderhaften Bedrohung – die einzelnen Kipppunkte im Klimasystem, die die Klimakrise schlagartig verschärfen können, werden ausführlich behandelt –, so bleibt auf der anderen Seite auch genügend Platz für Hoffnung. Exemplarisch dafür die „Weltkarte des Wandels“, die Klimaschutz-Vorreiter auf der ganzen Welt verortet. Darunter San Francisco, wo 80 Prozent des Mülls wiederverwertet werden, die autofreie Stadt Houten in den Niederlanden und Costa Rica, das bereits zu 99 Prozent erneuerbare Energie nützt.

Wer den Klimawandel verstehen will, sich aber aufgrund der Komplexität des Themas bislang vor der Lektüre fürchtete, der bekommt mit dem „Klimabuch“ den richtigen Einstieg serviert.

Benedikt Narodoslawsky in FALTER 41/2019 vom 11.10.2019 (S. 34)
 

Ein Weckruf in Grafiken

In den letzten Monaten ist der Kampf für die Stabilisierung des Weltklimas – und für die Erhaltung der Lebensgrundlagen der Menschheit – auf spektakuläre Weise in die Hände der Jugend übergegangen. Bei der Fridays-for-Future-Bewegung erleben Erkenntnisse durch die etablierten politischen Kräfte von den Heranwachsenden nicht mehr hingenommen wird, ja einen ebenso zornigen wie unschuldigen Sturm des Protests entfacht hat. Die Mädchen und Jungen haben erkannt, dass die Zeit für eine radikale Minderung des Ausstoßes von klimaschädlichen Treibhausgasen im Sinne des Pariser Abkommens von 2015 fast abgelaufen ist und dass ihre Zukunft und die ihrer Kinder auf diesem Planeten von den älteren Generationen verjubelt wird. Durch Medien, Schulunterricht, eigene Forschung und nicht zuletzt direkten Kontakt mit Wissenschaftler*innen haben die Schüler*innen von Fridays for Future sich die entscheidenden Informationen angeeignet und die richtigen Konsequenzen daraus gezogen. Als Klimaforscher, der zu diesem Wissensfundus ein wenig beigetragen hat, schaue ich auf diese jüngste Entwicklung mit großer Spannung, kleinem Stolz und vorsichtiger Hoffnung. Denn auf einen derartigen Aufschrei haben wir seit dem Jahr 1990, als der erste Bericht des Weltklimarats (IPCC) veröffentlicht wurde, hinsichtlich Politik, Industrie und der erwachsenen (westlichen) Zivilgesellschaft vergeblich gewartet.

Für mich ist die Fridays-for-Future-Bewegung der bisher sichtbarste Beweis der Entstehung einer neuartigen Allianz zwischen Wissenschaft, Jugend und – wie in diesem Buch von Esther Gonstalla so klar dargestellt – Kunst. Wenn ich mir die wis-senschaftlich fundierten und höchst originellen Grafiken der Autorin ansehe, erkenne ich die Arbeit von zahlreichen Kolleg*innen und auch von mir selbst wieder. Und gleichzeitig bin ich davon beeindruckt, wie aussagekräftig und ausdrucksstark diese Erkenntnisse werden, wenn sie kreativ aufgearbeitet werden. Ich glaube fest daran, dass ohne die »Übersetzungsarbeit« von Künstler*innen und Medien-Gestalter*innen die Anzahl von jungen Menschen, die sich nun der Fridays-for-Future-Bewegung und den zahlreichen Folgebewegungen anschließen, deutlich geringer wäre. Ich stehe fast tagtäglich vor der Herausforderung, die neuesten und manchmal auch die wohl-etablierten wissenschaftlichen Ergebnisse in Bezug auf den Klimawandel einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln – in Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Editorials oder Artikeln. Dabei erlebe ich, wie wichtig es ist, Konzepte und konkrete Zahlen so in Bilder, Symbole und Geschichten zu übersetzen, dass die essenziellen Infor-mationen nicht nur transportiert, sondern auch memoriert werden können. Letzten Endes wird nicht jede*r einen Vortrag von mir oder von einem meiner Kolleg*innen hören bzw. ein tabellenschwangeres Buch über den Klimawandel lesen können – die Urfakten dahinter müssen viral werden

Dem Buch von Esther Gonstalla gelingt es, sowohl die globale als auch die regionale Sicht auf den Klimawandel einzunehmen und die Ursachen, Auswirkungen sowie mögliche Lösungsansätze in einem Panorama darzustellen. Für mich ist die Visuali-sierung des Beitrags des Klimawandels zur wachsenden Armut in Afrika besonders ergreifend. Anhand der Darstellung der historischen nationalen Treibhausgas-emissionen wird mehr als eindeutig klar, wie die Erderwärmung ein krasser Beleg für das Versagen der modernen Gesellschaft geworden ist. Die Verheißungen der globalisierten Moderne lösen sich spätestens mit diesen Betrachtungen endgültig in Luft auf: Gerade die Länder und Bevölkerungen, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben, stehen in der Schusslinie und leiden am meisten unter dessen zum Teil drastischen Konsequenzen. Gonstallas Appell für einen persönlichen, aber auch einen weltwirtschaftlichen Wandel wird an dieser Stelle zu einem moralischen Gebot – mit der vollen Unterstützung der aktuellsten Wissenschaft.Die Dringlichkeit des Kampfes gegen die Klimakrise und für einen radikalen Wandel der globalen Wirtschaft ist seit dem Abschluss der Arbeit an diesem Buch keinesfalls geringer geworden. Der Wirbelsturm »Idai« in Südostafrika und die jüngste Rekordhitzewelle in Australien sind nur zwei von vielen Desastern, vor denen Esther Gonstalla in ihren Grafiken warnt. Die Botschaften und Fakten in diesem wichtigen Buch sind ebenso elementar wie apodiktisch.Ich bin davon überzeugt, dass damit ein mächtiger Multiplikator für das Wissen über den Klimawandel geschaffen, aber auch ein gangbarer Weg zu einem stabili-sierten Erdsystem aufgezeigt wurde. Ich hoffe, Gonstallas Buch wirkt wie ein Blase-balg, der die legitime Empörung in der Gesellschaft weiter anfeuert und die Allianz mit der Wissenschaft befeuert.

Prof. Hans Joachim Schellnhuber, Potsdam, Mai 2019

Posted by Wilfried Allé Sunday, September 15, 2019 9:13:00 PM Categories: Umwelt/Ökologie
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