AZ-Neu

Die Informationsplattform für ArbeiterInnen, Angestellte, KMUs, EPUs und PensionistInnen

Schauplätze der Macht 

Geheimnisse, Menschen, Machenschaften

von Manfred Matzka

ISBN: 9783710607363
Verlag: Brandstätter Verlag
Umfang: 240 Seiten
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft,
Wirtschaft/Gesellschaft
Erscheinungsdatum: 16.10.2023
Einband: Hardcover E-Book
Preis: € 28,00 € 21,99
Kurzbeschreibung des Verlags

Wenn Wände sprechen könnten, wüssten wir, was sich in der eins­tigen Döb­linger Präsi­den­ten­villa, im Palais Traut­son, im Kriegs­minis­te­rium am Stu­ben­ring, in der Her­ren­gas­se, im Winter­palais des Prin­zen Eugen, am Ball­haus­platz, in ver­bor­ge­nen Win­keln des Parla­ments, in tradi­tions­rei­chen Par­tei­zen­tra­len und staat­li­chen Schlös­sern rund um Wien al­les ab­spielte. Denn wo Macht und Men­schen zu­sam­men­kom­men, sind ku­ri­o­se Per­sön­lich­kei­ten eben­so nah wie große Skan­dale, ab­sur­de In­tri­gen, revo­lutio­närer Elan und schick­sal­hafte Be­geg­nungen.

Mit Manfred Matzka, der Österreichs poli­ti­schen Be­trieb von in­nen kennt wie wenig an­dere, blicken wir nun durch Schlüs­sel­lö­cher und durch ver­hängte Fens­ter hin­ter die Archi­tek­tur der Macht – und be­geg­nen je­nen oft ganz spe­ziel­len Charak­teren, die von hier aus mal bes­ser, mal schlech­ter ge­wal­tet und ge­schal­tet ha­ben. In die­sem Buch kom­men Ge­schich­ten an das Licht der Öf­fent­lich­keit, die es in der Re­gel nicht tun: fun­diert recher­chierte, span­nen­de und er­hel­lende Ein­blicke hin­ter die Fas­sa­den der Macht in Öster­reich, Zu­sam­men­hän­ge und Ana­ly­sen, wie man sie bis­lang kaum kannte.

Manfred Matzka

Autor

Manfred Matzka, langjähriger Präsi­dial­chef des Bundes­kanz­ler­amtes, Mini­ster- und Kanzler­be­rater, zu­letzt auch von Bundes­kanz­lerin Bier­lein, ist ein fun­dier­ter Ken­ner des wirk­li­chen poli­ti­schen Tages­ge­schäfts in Öster­reich. Der pro­mo­vier­te Jurist ar­bei­tete seit 1980 im Bun­des­dienst, war für Perso­nal, Recht, Ver­wal­tungs­re­form und Ko­ordi­nie­rung zu­stän­dig, am­tier­te zehn Jahre im In­nen­minis­te­rium, war Ka­bi­netts­chef, wurde von der Po­li­tik als In­sider ak­zep­tiert und res­pek­tiert und hält mit sei­ner stets eben­so gut be­grün­de­ten wie poin­tier­ten Mei­nung nicht hin­ter dem Berg. Er ist Kunst­lieb­ha­ber und Kul­tur­ma­na­ger, hat zahl­rei­che Fach­publi­ka­tio­nen ver­fasst und ist Autor der Best­sel­ler „Die Staats­kanzlei“ sowie „Hof­räte, Ein­flüs­terer, Spin­dok­toren“.

Posted by Wilfried Allé Wednesday, October 11, 2023 8:20:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft/Gesellschaft
Rate this Content 0 Votes

Politik mit der Angst 

Die schamlose Normalisierung rechts­extremer und rechtspopulistischer Diskurse

von Wodak Ruth

ISBN: 9783902968562
Verlag: Edition Konturen
Umfang: 256 Seiten
Genre: Sprachwissenschaft, Literaturwissenschaft/Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft
Erscheinungsdatum: 29.09.2020
Einband: Hardcover
Preis: € 29,80
Kurzbeschreibung des Verlags

Ruth Wodak hat ihren Bestseller „Politik mit der Angst“ grund­legend neu ge­fasst und die vie­len Ent­wick­lungen der letz­ten fünf Jahre ein­ge­arbeitet.
Was an sprachlichem Rowdytum, an Belei­di­gung und Aus­gren­zung von Min­der­heiten, an Ver­logen­heit noch vor weni­gen Jah­ren un­denk­bar war, ist heu­te in den Main­stream vor­ge­drun­gen. Hass und Ras­sis­mus sind salon­fä­hig ge­wor­den. Für Lü­gen muss man sich nicht mehr ent­schul­di­gen, schlech­tes Be­neh­men wird als an­spre­chen­des, attrak­ti­ves Mit­tel zur Be­kämp­fung so­ge­nann­ter „Eli­ten“ ge­schätzt.
Neu sind die Ab­schnitte zu den The­men Norma­li­sie­rung, Anti-Gen­de­ris­mus, Über­schrei­tung und Ver­let­zung von Ge­sprächs­maxi­men und Höf­lich­keits­kon­ven­tio­nen, Links­popu­lis­mus, Ein­fluss von Social Media und „Anti-Soro­sis­mus“, also der dis­kur­si­ven Kons­truk­tion alter/neuer anti­semi­ti­scher Feind­bil­der. Ein wei­te­res neu­es Ka­pi­tel be­fasst sich mit den mas­si­ven Heraus­for­de­rungen der libe­ra­len Demo­kra­tie in den EU-Mit­glied­staaten und da­rüber hinaus.

Univ.Prof.in Dr.in Ruth Wodak

Sprachsoziologin, Diskurs­forscherin, emeri­tier­te Pro­fes­so­rin für an­ge­wandte Sprach­wis­sen­schaf­ten an der Uni­ver­si­tät Wien und der Lan­cas­ter Uni­ver­sity und Au­torin "Poli­tik mit der Angst: Die scham­lose Nor­ma­li­sierung rechts­ex­tre­mer und rechts­popu­lis­ti­scher Dis­kurse"

„A Waunsinn normal“, sagte Hans Orsolics an­ge­sichts eines Lebens, in dem der ehe­ma­lige Boxer viel er­lebt hat. An das Fazit, wel­ches ge­lernte Öster­reicher­Innen ken­nen, könnte man sich er­innern, da in der Poli­tik in Öster­reich der­zeit über das „Normale“ und ver­schie­dene Ge­gen­pole dis­ku­tiert wird. Schein­de­bat­ten da­rüber, was nor­mal ist und was nicht, wer­den Öster­reich nicht weiter­hel­fen, wäh­rend das Land im inter­natio­na­len Ver­gleich ab­rutscht, die Wett­bewerbs­fähig­keit sinkt, die In­fla­tion bleibt zu hoch. Die ÖVP hielt sich frü­her ein­mal für eine bür­ger­liche Par­tei, das Bür­ger­tum war im 18. Jahr­hun­dert ge­zwun­gen, stra­te­gi­sche Bünd­nis­se mit Künst­ler­Innen und Den­ker­Innen ein­zu­gehen. Die ge­sell­schafts­poli­ti­sche Be­deu­tung der Kunst mit Recht stän­dig zu be­tonen und gleich­zei­tig von je­der Poli­tik tren­nen zu wol­len, wirkt wie Heuche­lei. Die Tren­nung der Be­völ­ke­rung in nor­male und an­dere Men­schen ist nicht nur ein grund­sätz­li­ches ge­sell­schaft­li­ches Prob­lem, son­dern kann auch fa­ta­le Fol­gen haben. Eine Ge­sell­schaft braucht die brei­te Mehr­heit der ver­meint­lich „Normalen“, aber in ei­ner Mi­schung aus Sta­bi­li­tät und Dy­namik auch die Men­schen, wel­che die Nor­men bre­chen. Die „Nor­ma­li­tät“ wird zum Kampf­be­griff der Poli­tik, da­bei sind es Anders­den­kende, die Nor­men hin­ter­fra­gen, mit Ge­wohn­hei­ten bre­chen und die Ge­sell­schaft voran­treiben.

„Normal ist, morgens aufzu­stehen und sei­nen Job zu machen, nor­mal ist eine Hei­mat, sind si­che­re Gren­zen, ja, und nor­mal ist auch Deutsch­land“ heißt es in be­tont har­mo­nis­tisch ins­ze­nier­ten Kam­pagnen­vi­deos der AfD mit je­der Menge Deu­tun­gen ei­nes neu­en Leit­be­griffs. Hier die „Nor­malen“, dort die „Ab­nor­malen“, hier das „Wir“, dort „die ande­ren“, statt ernst­haf­ter Poli­tik be­kom­men die Men­schen in Öster­reich dümm­li­che Schlag­worte vor­ge­setzt. Bundes­prä­si­dent Ale­xan­der Van der Bellen hat die drei größe­ren Par­la­ments­par­teien da­vor ge­warnt, den poli­ti­schen Dis­kurs auf eine ge­fähr­li­che Ebe­ne zu ver­schie­ben. An­ge­sichts gu­ter Um­frage­werte und jüngs­ter Wahl­er­folge links und rechts wie etwa der FPÖ in Nieder­öster­reich und der KPÖ in Graz und Salz­burg sucht die ÖVP das poli­ti­sche Heil in der „Mit­te der Ge­sell­schaft“. Johanna Mikl-Leitner, Karl Nehammer und die ÖVP sind mit die­sem Ver­such in Eu­ro­pa nicht allei­ne, das geo­gra­fisch am nächs­ten lie­gen­de Bei­spiel ist in Deutsch­land bei einer Par­tei zu fin­den, die keine christ­lich-sozia­len Wur­zeln wie die ÖVP hat, son­dern die laut dem Ver­fas­sungs­schutz An­lass zur Beo­bach­tung rechts­ex­tre­mer Um­trie­be gibt. Der Vize­kanz­ler be­zeich­ne­te das Buh­len um „die große Mehr­heit der Normal­den­ken­den“, wie diese Nieder­öster­reichs Landes­haupt­frau nennt, als „prä­fa­schis­toid und brand­ge­fährlich“.

Posted by Wilfried Allé Monday, October 2, 2023 10:45:00 AM Categories: Literaturwissenschaft/Allgemeine Sprachwissenschaft Sprachwissenschaft/Vergleichende
Rate this Content 0 Votes

Die ungleiche Welt 

Migration, das Eine Prozent und die Zukunft der Mittelschicht

von Branko Milanović

ISBN: 9783518470855
Verlag: Suhrkamp
Umfang: 311 Seiten
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Erscheinungsdatum: 14.09.2020
Einband: Taschenbuch
Übersetzung: Stephan Gebauer
Preis: € 16,50
Kurzbeschreibung des Verlags

Extreme soziale Ungleich­heit ist eines der drän­gend­sten Pro­ble­me der Gegen­wart. An­hand neuer, haus­halts­ba­sier­ter Da­ten zu Ein­kom­men und Ver­mö­gen unter­sucht Branko Mila­no­vić ihre Ur­sa­chen und Fol­gen dif­fe­ren­zier­ter als al­le an­de­ren For­scher vor ihm. Er zeigt, dass zwar der Ab­stand zwi­schen ar­men und rei­chen Staa­ten ge­rin­ger ge­wor­den ist, das Ge­fäl­le in­ner­halb ein­zel­ner Na­tio­nen je­doch dra­ma­tisch zu­ge­nom­men hat. Zu­dem ana­ly­siert er den Zu­sam­men­hang zwi­schen Un­gleich­heit und Mi­gra­tion und plä­diert für ein li­be­ra­les Ein­wan­de­rungs­recht. Ein ak­tuel­les, ein enga­gier­tes Buch, das die Art und Wei­se, wie wir über un­sere un­glei­che Welt den­ken, verändert.

Klappentext

Aus dem Englischen von Stephan Gebauer. 1.760.000.000.000 US-Dollar. In Worten: eins­komma­sieben­sechs Bil­li­o­nen. Auf diese Sum­me schätz­te Ox­fam kürz­lich das Ver­mö­gen der 62 wohl­ha­bend­sten Men­schen der Welt. Ein paar Dut­zend Mil­liar­däre ver­fü­gen über so viel Geld wie die är­mere Häl­fte der Welt­be­völ­ke­rung - oder wie 3.600.000.000 Men­schen. Von Barack Obama bis zu Thomas Piket­ty, die füh­ren­den Köpfe un­se­rer Zeit sind sich ei­nig: Un­gleich­heit ist ei­nes der drän­gends­ten Pro­bleme der Ge­gen­wart. An­hand neuer, haus­halts­ba­sier­ter Da­ten zu Ein­kom­men und Ver­mö­gen unter­sucht Branko Mila­no­vic die Ur­sa­chen und Fol­gen. Er zeigt, dass zwar der Ab­stand zwi­schen ar­men und rei­chen Staaten ge­rin­ger ge­wor­den ist, das Ge­fäl­le in­ner­halb ein­zel­ner Na­tion­en je­doch dra­ma­tisch zu­ge­nom­men hat. Ar­mut und Per­spek­tiv­lo­sig­keit sind trei­ben­de Kräf­te für in­ter­na­tio­nale Mi­gra­tions­be­we­gun­gen. Noch im­mer ist das Ge­burts­land ei­nes Kin­des der ent­schei­den­de Fak­tor für die Höhe sei­nes zu­künf­ti­gen Ein­kom­mens. Mila­no­vic ana­ly­siert den Zu­sam­men­hang zwi­schen Un­gleich­heit und Mi­gra­tion - und plä­diert für ein radi­kal libe­ra­les Ein­wan­de­rungs­recht. Ein ak­tuel­les, ein en­ga­gier­tes Buch, das die Art und Wei­se, wie wir über un­sere un­glei­che Welt den­ken, ver­än­dern wird.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung

Rezensent Bernhard Edmunds freut sich über ein neues Buch des ser­bisch-ameri­ka­ni­schen Öko­no­men Branko Mila­no­vic, den er in einem Atem­zug mit Thomas Piket­ty oder Anthony B. At­kins nennt. Des­sen Über­blick über die Ent­wick­lung der glo­ba­len Ver­tei­lung seit Ende der 1980er Jahre liest der Kri­ti­ker mit Ge­winn. Zwar ver­misst er in Mila­no­vics Ana­ly­se, wa­rum die Un­gleich­heit seit rund dreißig Jah­ren in den In­dus­trie­län­dern wie­der an­steigt, Ori­gi­na­li­tät und theo­re­ti­sches Fun­da­ment, die Schlüs­se des Öko­no­men fin­det Ed­munds je­doch "an­re­gend": Um ei­nen dro­hen­den Ver­lust der Mit­tel­schich­ten zu ver­hin­dern, schlägt Mila­no­vic et­wa eine brei­te Streu­ung des Kapi­tal­be­sit­zes vor, so der Re­zen­sent. Mit der Idee, die Le­bens­be­din­gun­gen in är­me­ren Län­dern da­durch zu ver­bes­sern, dass man die öko­no­mi­sche Mi­gra­tion er­heb­lich er­leich­tert, die Mi­gran­ten in Folge aber etwa durch einen be­schränk­ten Zu­gang zu So­zial­leis­tun­gen oder zu­sätz­liche Steu­ern "recht­lich dis­krimi­niert", kann der Kri­ti­ker al­ler­dings nur we­nig an­fangen.

Branko Milanovic

Branko Milanović, geboren 1953 in Bel­grad, ist ein ser­bisch-ameri­ka­ni­scher Wirt­schafts­wis­sen­schaft­ler und zählt zu den welt­weit an­ge­se­hens­ten Ex­per­ten auf dem Ge­biet der Ein­kom­mens­ver­tei­lung. Er war unter an­de­rem lei­ten­der Öko­nom der For­schungs­ab­tei­lung der Welt­bank. Mila­no­vić hat­te Gast­pro­fes­suren an der Uni­ver­sity of Mary­land, Col­lege Park, an der Johns Hop­kins Uni­versity und ar­bei­tet seit 2014 als Visi­ting Presi­den­tial Pro­fes­sor am City Uni­ver­sity of New York Gra­duate Center.

Posted by Wilfried Allé Saturday, September 23, 2023 10:54:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
Rate this Content 0 Votes

Politik von unten 

Wie die Sozialdemokratie aus ihrer Sackgasse kommt

von Robert Misik

ISBN: 9783711721402
Verlag: Picus Verlag
Umfang: 144 Seiten
Genre: Politikwissenschaft/Politische Theorien, Ideengeschichte
Erscheinungsdatum: 13.09.2023
Einband: Hardcover
Preis: € 20,00
Kurzbeschreibung des Verlags

Österreich steht vor der Ge­fahr ei­ner end­gül­ti­gen Or­ba­ni­sie­rung, doch aus­ge­rech­net in die­sem Mo­ment tau­melt die So­zial­demo­kra­tie in eine schwe­re Kri­se. Nach der rum­peln­den Lö­sung ihrer Füh­rungs­fra­ge wird die große, tra­di­tio­nel­le demo­kra­ti­sche und so­zia­le Re­form­par­tei SPÖ ihre Iden­ti­tät zu klä­ren ha­ben. Die Sozial­demo­kra­tie muss glaub­wür­di­ge Schutz­macht der Schwächs­ten sein und An­wäl­tin der ganz ein­fa­chen, nor­ma­len Leu­te, die nicht mit gol­de­nen Löf­feln im Mund ge­bo­ren wur­den – aber auch Boll­werk von Demo­kra­tie, Li­bera­li­tät und Mo­der­ni­sie­rung. Robert Misik, jahr­zehnte­lan­ger Ken­ner der öster­rei­chi­schen und der euro­pä­ischen Sozial­demo­kra­tie, be­schreibt, wie es zur Skle­ro­se der pro­gres­si­ven Par­teien ge­kom­men ist, wie sehr die Iden­ti­täts­kri­se des »Drit­ten Weges« noch nach­wirkt und wie in eine orien­tie­rungs­lose Ap­pa­rat­schik­par­tei wie­der Le­ben hinein­kom­men kann.

Leseprobe ->

Posted by Wilfried Allé Monday, September 18, 2023 2:05:00 PM Categories: Ideengeschichte Politikwissenschaft/Politische Theorien
Rate this Content 1 Votes

Gebirgswasser für die Stadt 

Die I. Wiener Hochquellenleitung

von Peter Payer

ISBN: 9783854397229
Verlag: Falter Verlag
Umfang: 128 Seiten
Genre: Sachbücher / Natur & Technik
Erscheinungsdatum: 04.09.2023
Personen: Mit Fotos von Johannes Hloch
Einband: gebundenes Buch
Preis: € 24,90

Eine technische und architektonische Meisterleistung

Am 24. Oktober 1873 wurde die Ⅰ. Wiener Hoch­quellen­lei­tung mit einer feier­lichen Zere­mo­nie am Schwarzen­berg­platz er­öffnet. Eine tech­ni­sche Meister­leis­tung, die fri­sches Ge­birgs­was­ser aus dem Rax-Schnee­berg-Gebiet im freien Ge­fäl­le über eine Län­ge von 95 Kilo­me­ter nach Wien lei­tete. Bis heute stellt die Hoch­quellen­lei­tung für die Was­ser­ver­sor­gung Wiens eine zen­tra­le Infra­struk­tur dar.

Das Buch würdigt dieses Pionierprojekt, dessen Inbetrieb­nahme sich im Herbst 2023 zum 150. Mal jährt.

Textlich beleuchtet werden:

  • die baugeschichtlichen Anfänge und Herausforderungen
  • ebenso wie die Vermarktung
  • die damit einhergehende Mythisierung des ehr­gei­zigen Vor­habens

Unzählige Quellfassungen, Stollen, Wasser­schlös­ser, Aquä­dukte und nicht zu­letzt drei rie­sige Was­ser­be­häl­ter im Stadt­ge­biet selbst stell­ten das tech­ni­sche Rück­grat des in nur drei Jah­ren fertig­ge­stell­ten Bau­vor­habens dar.

Die wichtigsten Bauwerke vom Hoch­ge­birge bis zu den Was­ser­be­häl­tern der Groß­stadt sind in Form eines Bild­essays doku­men­tiert. Die Fotos zei­gen ein­drucks­voll die tech­ni­sche und archi­tek­to­ni­sche Meis­ter­leis­tung der Kon­struk­tio­nen und die da­durch ent­stan­dene land­schafts­prä­gende Wir­kung in Wien und Um­gebung.

Nicht zuletzt geht es auch um die aktuelle Be­deu­tung der Hoch­quellen­lei­tung und ihrer Krisen­resis­tenz an­ge­sichts des Klima­wandels.

Kommentar von David Manolo Sailer in der Wiener Zeitung vom 25.04.2023

Posted by Wilfried Allé Tuesday, September 12, 2023 6:04:00 PM Categories: Sachbücher/Natur&Technik
Rate this Content 1 Votes

Das Ende des Kapitalismus 

Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind – und wie wir in Zukunft leben werden

von Ulrike Herrmann

ISBN: 9783462002553
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
Umfang: 352 Seiten
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Erscheinungsdatum: 08.09.2022
Format: Hardcover
Preis: € 24,70

 

Kurzbeschreibung des Verlags

Demokratie und Wohlstand, ein längeres Leben, mehr Gleich­be­rech­ti­gung und Bil­dung: Der Kapi­ta­li­smus hat viel Posi­ti­ves be­wirkt. Zu­gleich rui­niert er je­doch Klima und Um­welt, sodass die Mensch­heit nun exis­ten­ziell ge­fähr­det ist.
»Grünes Wachstum« soll die Rettung sein, aber Wirt­schafts­ex­per­tin und Best­seller­au­torin Ulrike Herr­mann hält da­ge­gen: Ver­ständ­lich und mes­ser­scharf er­klärt sie in ihrem neuen Buch, wa­rum wir statt­dessen
»grünes Schrumpfen« brauchen.

FALTER-Rezension

Gerlinde Pölsler in FALTER 47/2022 vom 25.11.2022 (S. 51)

Sie regt an - und auf: Ulrike Herrmanns neues Buch "Das Ende des Kapi­ta­lis­mus" stürmte bei sei­nem Er­schei­nen so­fort auf Platz eins der Best­sel­ler­lis­ten, schon mit frü­he­ren Ti­teln wie "Hurra, wir dür­fen zah­len" über den "Selbst­be­trug der Mit­tel­schicht" lös­te die Ber­li­ner taz-Re­dak­teu­rin hef­tige Debat­ten aus. Auch dies­mal er­zür­nen ihre The­sen viele Men­schen: So ge­nügte ein nicht ein­mal ein­mi­nü­ti­ges Video auf der Face­book-Seite des deut­schen Sen­ders NDR, dass die­ser seine Kom­men­tar­funk­tion ein­schrän­ken musste. Der Aus­löser? Herr­mann hat­te ge­sagt: "Das Elek­tro­auto ist die to­ta­le Sack­gasse."
Nicht dass die Wirtschafts­re­dak­teu­rin ge­gen er­neuer­bare Ener­gie wäre. Sie ist nur über­zeugt, dass diese für un­se­ren der­zei­ti­gen Lebens­stan­dard nicht aus­rei­chen werde, und schon gar nicht für einen wei­ter wach­sen­den. Daher müss­ten wir un­sere Wirt­schaft kon­trol­liert schrump­fen, und das be­deu­te das Ende des Kapi­ta­lis­mus. Herr­mann selbst lebt in einer Zwei­zim­mer­woh­nung, hat kein Auto und "kann nicht mehr flie­gen". Diese Woche kommt die dis­putier­freu­dige Au­torin nach Wien.

Falter: Frau Herrmann, wie schlimm ist der Aus­gang der Welt­klima­kon­fe­renz, die nicht ein­mal den Aus­stieg aus Öl und Gas be­schlos­sen hat?

Ulrike Herrmann: Dieses Scheitern war zu er­warten. Es ist nicht mög­lich, Öl und Gas ein­fach mal schnell zu er­set­zen. Denn dann würde die ge­samte Welt­wirt­schaft so­fort still­ste­hen, weil die Ma­schi­nen nicht mehr lau­fen, Schif­fe nicht mehr fah­ren und Flug­zeu­ge nicht mehr flie­gen. Fridays for Future hat recht mit ihrem Slo­gan "System Change, Not Climate Change". Man muss sich vom Kapi­ta­lis­mus ver­ab­schie­den, wenn der Klima­schutz ge­lingen soll.

Immerhin haben es die ärmeren Länder erst­mals schrift­lich, dass ein Fonds zum Aus­gleich von Klima­schä­den in ihren Län­dern kom­men soll

Herrmann: Natürlich ist es richtig, die ärmeren Länder zu unter­stüt­zen. Was aber gern ver­ges­sen wird: Die Klima­krise ver­schärft sich un­auf­hör­lich. In vie­len Län­dern wird man schon 2070 gar nicht mehr le­ben kön­nen, wenn wir weiter­machen wie bis­her, weil es zu heiß ist. Da hel­fen Aus­gleichs­maß­nah­men dann auch nicht mehr.

Sie haben einen Lösungsvorschlag auf den Tisch gelegt. Aber warum muss da­bei gleich das ge­samte Wirt­schafts­sys­tem weg?

Herrmann: Erst einmal vorweg: Ich bin keine Kapi­ta­lis­mus­kri­ti­kerin. Ganz im Gegen­teil, ich finde die­ses Sys­tem außer­ordent­lich fas­zi­nie­rend, weil es das ein­zige Sozial­system in der Men­schheits­ge­schichte war, das für Wachs­tum und Wohl­stand sorgte. Und da­von ha­ben wir auch alle pro­fi­tiert. Vor 250 Jahren lag die Lebens­er­war­tung in Öster­reich bei 35 Jah­ren, heute steht sie bei über 80. Das ein­zi­ge Prob­lem am Kapi­ta­lis­mus ist, dass er ste­tes Wachs­tum be­nö­tigt, um sta­bil zu sein und nicht in schwere Kri­sen zu ge­ra­ten. Jetzt ha­ben wir aber das Prob­lem, dass die grüne Ener­gie nicht rei­chen wird, um weiter­hin Wachs­tum zu be­feuern. Wir brau­chen also grünes Schrump­fen, und Schrump­fen geht im Kapi­ta­lis­mus nicht. Dann bricht er zu­sammen.

Aber warum soll denn die grüne Energie nicht reichen? Die wird doch über­all, be­schleu­nigt auch durch die Folgen von Putins Ukraine-Über­fall, ge­rade aus­ge­baut.

Herrmann: Ja, viele Leute haben das Ge­fühl, da stehe doch schon eine Men­ge rum, zu­mal in Deutsch­land sieht man ja be­reits viele Wind­rä­der. In Wahr­heit ste­hen wir noch ganz am An­fang. Es wird ja im­mer vor­ge­rech­net, dass fast die Hälfte der Strom­er­zeu­gung be­reits klima­neu­tral sei. Aber Strom macht nur ein Fünf­tel des End­ener­gie­ver­brauchs aus, und künf­tig müs­sen wir auch Ben­zin, Öl und Gas er­set­zen. Und beim End­ener­gie­ver­brauch hat die Wind­kraft erst ei­nen An­teil von 4,7 Pro­zent, die Solar­kraft einen von 2,2 Pro­zent.

Was ist mit der Wasser­kraft, zäh­len Sie die nicht mit?

Herrmann: Die deckt in Deutsch­land 0,8 Pro­zent des End­energie­ver­brauchs ab.

In Österreich, aber auch in großen Län­dern wie China ist sie durch­aus wichtig.

Herrmann: Aber China hat dem­nächst Dauer­dürre! Die Was­ser­kraft lebt von den Nieder­schlägen und den Glet­schern. Durch den Klima­wandel ver­schwin­den aber die Glet­scher, und die Trocken­heit nimmt zu. Da wer­den wir mit der Was­ser­kraft nicht mehr weit kommen.

Wäre noch die Biomasse.

Herrmann: Ja, die macht in Deutsch­land den größ­ten Teil der klima­neu­tra­len Ener­gie­pro­duk­tion aus. Aber das sind meist Mono­kul­turen aus Mais und Raps, die viel Was­ser, Dün­ger und Pes­ti­zi­de be­nö­ti­gen. Die haben ja über­haupt kei­ne Zu­kunft, die­se Ener­gie­pflan­zen muss man ja zu­rück­fahren, um das Arten­ster­ben zu brem­sen. Das Ein­zi­ge, was sich wirk­lich aus­bauen lässt, sind eben Solar­panels und Wind­räder.

Aber angenommen, es gibt eine globale Kraft­an­stren­gung, wir stel­len über­all Wind­räder auf, pflas­tern alle Dä­cher, Wä­nde und Park­plät­ze mit Solar­an­lagen zu: Reicht es dann nicht irgend­wann?

Herrmann: Erstens geht das nicht ohne eine rie­sige Mate­rial­schlacht. Zwei­tens gibt es im Win­ter prak­tisch keine Son­nen­ener­gie, zu­min­dest nicht bei uns im Nor­den, und dummer­wei­se kommt es auch beim Wind zu Flau­ten, die lange dau­ern kön­nen. Also müs­sen wir zwi­schen­spei­chern, und da wird es auf­wen­dig. Batte­rien und grü­ner Was­ser­stoff sind rich­tig teuer, bis 2045 muss da erst eine Riesen­infra­struk­tur auf­ge­baut werden.

Sie sprechen 2045 an, weil Deutsch­land bis da­hin klima­neu­tral sein will; Öster­reich hat das sogar bis 2040 vor.

Herrmann: Genau, so steht es im Klima­ge­setz. Aber so, wie wir jetzt wirt­schaf­ten, wird das nichts. Um kein Miss­ver­ständ­nis auf­kom­men zu las­sen: Ich bin sehr für den Aus­bau der Er­neuer­baren. Aber die Vor­stel­lung vom grü­nen Wachs­tum ist wie der Traum, man könne Ku­chen fut­tern, so viel man will, und nehme trotz­dem ab. Wir ver­brau­chen im Augen­blick drei Pla­ne­ten. Aber es gibt nur eine Erde. Also müs­sen wir wie­der in die Gren­zen der Na­tur zu­rück­finden.

Warum aber muss der Kapitalismus, wie Sie sagen, zwin­gend wach­sen? Was, wenn wir auf dem jetzi­gen Niveau blieben?

Herrmann: Auch bei einer Stagnation tauchen be­reits all die Pro­ble­me auf, die sich ein­stel­len, wenn Wachs­tum aus­bleibt oder gar ein Schrump­fen ein­setzt. Ein ers­ter Grund: Wachs­tum kann es nur ge­ben, wenn es mit Kre­di­ten fi­nan­ziert wird. Um­ge­kehrt kön­nen die­se Kre­dite aber auch nur zu­rück­ge­zahlt wer­den, wenn das er­hoffte Wachs­tum ein­tritt. Hin­zu kommt: Unter­neh­men in­ves­tie­ren nur, wenn sie zu­sätz­li­che Ge­winne er­war­ten. Volks­wirt­schaft­lich ge­se­hen sind die­se Ge­win­ne aber das Glei­che wie Wachs­tum. Ohne Wachs­tum gibt es keine Ge­win­ne und da­mit kei­ne In­ves­ti­tio­nen, die Wirt­schaft ge­rät ins Stru­deln.

Laut Ihnen muss die Wirt­schaft nicht nur ein biss­chen schrump­fen, son­dern so­gar bis zur Hälfte. Wie kom­men Sie auf diese Zahl?

Herrmann: Das ist eine Schätzung. Ich habe mir über­legt, was wohl das Worst-Case-Sze­na­rio wäre, wenn es mit der Öko­ener­gie rich­tig, rich­tig knapp würde

Es reicht also vielleicht auch ein Viertel? Oder ein Zehntel?

Herrmann: Das könnte sein. Nur ist das für den Kapi­ta­lis­mus egal. In dem Mo­ment, da das Sys­tem nicht mehr wächst, ist er vor­bei. Das Ende des Kapi­ta­lis­mus ist aller­dings nicht das Ende der Mensch­heit und auch nicht des Wohl­stands. Wir müs­sen nicht zu­rück in die Stein­zeit und auch nicht in Fellen herum­lau­fen. Ein Schrump­fen um die Hälfte be­deu­tet für Öster­reich oder Deutsch­land, dass man un­ge­fähr im Jahr 1978 lan­det. Wenn ich in mei­nen Le­sun­gen sage: Da­mals waren wir doch genau­so glück­lich, dann nicken im­mer alle. Man­che sagen so­gar: Wir waren glück­licher.

Weil es weniger stressig war?

Herrmann: Genau. Und manche Scherz­kekse rufen dann: Das ist aber nur, weil wir da­mals jün­ger waren. Die Er­inne­rung an 1978 ist außer­ordent­lich gol­den bei al­len, die da­bei waren. Es gab zwar keine Erd­beeren im Win­ter und keine ein­ge­flo­ge­nen Man­gos, und man ist auch nicht für zwei Tage nach Mal­lorca ge­jet­tet, aber dann eben drei Wo­chen mit dem Auto nach Ita­lien an den Strand ge­fahren. Für alle, die nicht da­bei waren: 1978 war das Jahr, in dem Ar­gen­ti­nien Fuß­ball­welt­meis­ter wurde und der erste Teil von "Star Wars" in die Ki­nos kam. Vieles war gut.

Aber seither hat sich die Welt sehr ver­ändert.

Herrmann: Natürlich, es haben sich auch außer­ordent­lich posi­tive Dinge ent­wickelt. In den 1970ern sind zum Bei­spiel elf Pro­zent aller deut­schen Frauen an Brust­krebs er­krankt, und das en­dete oft töd­lich. Heute gibt es viel wirk­samere Krebs­thera­pien, auf die wir nicht zu ver­zich­ten bräuch­ten. Eine gute Nach­richt für die Ju­gendl­ichen: Wir könn­ten auch das Smart­phone be­halten.

Nun gibt es die Wachstumskritiker ja schon länger. Was ist bei Ihrem Ansatz anders?

Herrmann: Derzeit gibt es zwei Lager: Das eine sind die vie­len Leute, die das grüne Wachs­tum pro­pa­gie­ren. Das an­dere sind die Wachs­tums­kri­ti­ker, die liebe­voll die Idee einer Kreis­lauf­wirt­schaft aus­ge­stal­ten, in der wir nicht mehr ver­brau­chen, als wir re­cyceln kön­nen. Das finde ich auch wich­tig, nur ma­chen sie den Feh­ler, ihre Vi­sion gleich­zei­tig für den Weg zu hal­ten. Sie fra­gen sich nie, wie wir aus einem dy­na­mi­sch wach­sen­den Kapi­ta­lis­mus in eine Kreis­lauf­wirt­schaft kom­men, ohne dass es zum to­ta­len Chaos und Mil­lion­en von Arbeits­lo­sen kommt. Da­bei wis­sen Deut­sche und Öster­rei­cher ja per­fekt, was dann pas­siert: dann kommt ein rechts­radi­ka­ler Dik­ta­tor an die Macht, so wie Hitler 1933.

Und Sie haben den Weg gefunden?

Herrmann: Als Historikerin ist es nahe­lie­gend zu gucken, wo eine kapi­ta­lis­ti­sche Wirt­schaft be­reits ein­mal ge­schrumpft wur­de, ohne dass das Chaos aus­ge­bro­chen ist. Und da fällt die bri­ti­sche Kriegs­wirt­schaft ab 1939 ins Auge. Davon kann man viel lernen.

Und was?

Herrmann: Die Briten hatten den Zwei­ten Welt­krieg nicht wirk­lich kom­men se­hen. Als er aus­brach und klar war, dass Hit­ler Groß­bri­tan­nien an­grei­fen wür­de, blieb den Bri­ten nichts an­de­res üb­rig, als ihre zi­vi­le Wirt­schaft zu schrump­fen: da­mit sie in ihren Fa­bri­ken statt­des­sen Waf­fen, Radar­ge­räte und U-Boote bauen konnten. Da­bei wurde nichts ver­staat­licht, alles blieb pri­vat. Die Eigen­tümer und Mana­ger konnten in den Fa­bri­ken wei­ter agie­ren, wie sie das für rich­tig hiel­ten. Der Staat gab Pro­duk­tions­ziele vor; wie die er­reicht wur­den, blieb den Mana­gern über­lassen.

Nun wurden aber weniger Nahrung, Kleidung, Möbel her­ge­stellt

Herrmann: Genau. Die Briten haben nicht ge­hungert, aber es wurde eben alles knapp. Und diese nun knap­pen Güter wur­den ratio­niert. Jeder hat das Gleiche be­kom­men, es wur­de ab­so­lut ge­recht ver­teilt. Den Armen ging es plötz­lich bes­ser als vor­her, weil sie jetzt auch ihren ge­rech­ten An­teil an Milch, Fleisch, But­ter und so weiter be­kamen. Des­wegen war die Ratio­nie­rung auch wahn­sin­nig po­pu­lär. Was man ganz drin­gend be­to­nen muss: Wenn wir nun so eine Art Kriegs­wirt­schaft ein­füh­ren wür­den, dann wären wir nicht so arm wie die Briten 1939, son­dern wir wären wie anno 1978.

Aber wie soll das konkret funktionieren? Soll es wieder Lebens­mittel­karten geben?

Herrmann: Klar wäre jedenfalls, dass man das Fleisch ratio­niert. Nie­mand braucht Vege­ta­rier zu wer­den, weil es ja Flä­chen gibt, wo nur Gras wächst, das der Mensch nicht ver­dauen kann. Hier müs­sen wir also den Um­weg über das Tier neh­men. Aber ja, es muss weni­ger wer­den, und das müsste man dann wahr­schein­lich über Lebens­mittel­kar­ten machen. Auch Wohn­raum müsste ratio­niert wer­den. In Deutsch­land leben wir der­zeit im Schnitt auf 47 Qua­drat­me­tern pro Kopf. Das reicht. Auf Neu­bau müs­sen wir künf­tig ver­zich­ten, wir kön­nen nicht mehr alles ver­sie­geln.

Klingt kompliziert und schwer administrierbar.

Herrmann: Ja. Ich verspreche ja nicht das Para­dies. Aber immer wenn ein exis­ten­ziel­les Gut knapp wird, inter­es­siert sich kein Mensch mehr für Markt und Prei­se, son­dern alle ste­hen direkt beim Staat und wol­len, dass der das re­gelt. Beim Was­ser wird das ganz von selbst kom­men, denn die Trocken­heit wird zu­neh­men und das Was­ser knapp wer­den. Aus ganz an­de­ren Gründ­en, durch den Ukra­ine-Krieg, könn­ten wir Ratio­nie­rung schon in die­sem Win­ter er­leben: Wenn es noch sehr kalt wird, dann wird in Deutsch­land und Öster­reich der Staat ent­schei­den müs­sen, wo das Gas hin­fließt.

Wie würden Sie das Autofahren regeln?

Herrmann: Autos werden nur noch für jene sein, die krank sind und nicht in den Bus stei­gen kön­nen. So viel Öko­ener­gie wird es nicht ge­ben, um unse­re rie­si­ge Pkw-Flot­te noch zu be­feuern.

E-Autos bilden keine Ausnahme?

Herrmann: Der Tunnelblick auf die Antriebs­arten über­sieht, dass das Auto an und für sich eine ex­tre­me Ver­schwen­dung ist. Auch ein E-Auto wiegt bis zu zwei Ton­nen, und im Durch­schnitt sit­zen nur 1,3 Men­schen drin. Außer­dem ver­schlingt die rie­sige Bat­te­rie schon bei der Her­stel­lung viele Res­sour­cen. Auch Zug­fahren müsste ratio­niert wer­den, vor allem die Schnell­züge ver­brau­chen zu viel Ener­gie. Eigent­lich dürf­ten alle Züge nur noch maxi­mal 100 km/h fahren.

Die meisten Menschen werden das alles sehr extrem finden.

Herrmann: Wenn jemand einen besseren Vor­schlag hat, wie wir das Schrumpfen or­ga­ni­sie­ren kön­nen: Ich bin da ganz offen.

Fliegen sei sowieso nicht mehr drin, sagen Sie. Sie selbst fliegen auch gar nicht mehr.

Herrmann: Stimmt. In dem Moment, da man sich mit dem Thema ernst­haft be­fasst, kann man nicht mehr flie­gen. Das ist to­tal un­prak­tisch: Mein bes­ter Freund lebt seit einem Jahr in Washing­ton, lädt mich im­mer ein, und ich kann nicht hin. Aber es ist nicht wich­tig, ob ich flie­ge oder nicht, wich­tig ist: Wir brau­chen eine makro­öko­no­mi­sche Lö­sung, denn allein in Deutsch­land sind di­rekt und in­di­rekt 850.000 Men­schen in der Flug­zeug­in­dus­trie be­schäf­tigt: all die Leute bei Air­bus, die Stewar­des­sen, Pi­lo­ten und Reise­büro­mit­ar­beiter. Sie alle brau­chen dann ja an­dere Jobs, ge­nau­so wie die Be­schäf­tig­ten der Auto­mobil­in­dus­trie und vie­ler an­derer Branchen.

Und was sollen die dann alle machen?

Herrmann: Die Arbeit wird nicht ausgehen, denn der Klima­schutz ist sehr auf­wen­dig. Es müs­sen Häu­ser ge­dämmt, Wärme­pum­pen ein­ge­baut, Solar­an­la­gen in­stal­liert und Wind­kraft­räder er­rich­tet wer­den. Das Pro­b­lem ist: Vie­les fin­det nicht dort statt, wo die Leute jetzt le­ben. Das er­for­dert also ex­tre­me Um­orien­tie­rungen und funk­tio­niert nur, wenn die Ge­sell­schaft das will. Auf gar kei­nen Fall will ich eine Dik­ta­tur, son­dern je­der muss ein­sehen, dass das lei­der un­aus­weich­lich ist. Und der Ver­zicht muss ko­or­di­niert pas­sie­ren, sonst bricht das Sys­tem zu­sam­men. Mit einer wich­ti­gen Aus­nahme: Jeder sollte so­fort wenig Fleisch es­sen und Öko­pro­dukte kaufen. Da­mit würde nichts zu­sam­men­bre­chen, die Land­wirt­schaft müsste sich nur um­stellen.

Achim Wambach, Präsident des Zentrums für Euro­pä­ische Wirt­schafts­for­schung, ver­tritt in sei­nem neuen Buch "Klima muss sich loh­nen" The­sen, die teils kon­trär zu den Ihren sind: Ohne Wirt­schafts­wachs­tum be­kämen wir die Klima­wende nicht hin. Und wenn Län­der wie In­dien und Chi­na schrump­fen, wäre so­wie­so alles vorbei.

Herrmann: In vielen Ländern kann die Wirt­schaft so­wie­so noch wach­sen, zum Bei­spiel in Ma­la­wi. Des­sen Ein­wohner emit­tie­ren im Augen­blick nur 100 Kilo CO2 pro Kopf und Jahr, laut Welt­klima­rat ist aber eine Ton­ne er­laubt. In­dien emit­tiert ak­tu­ell 1,8 Ton­nen pro Kopf und Jahr. In­dien müsste also erst 2090 klima­neu­tral sein, weil es das Klima pro Be­woh­ner nur ein Vier­tel so stark be­las­tet wie etwa Deutsch­land oder Öster­reich. Das Prob­lem an der Klima­krise sind die rei­chen kapi­ta­lis­ti­schen Län­der und sonst nie­mand: USA, Kana­da, Euro­pa, Russ­land, Aus­tra­lien und auch China. Die müs­sen bei den Emis­sio­nen runter.

In letzter Zeit ist viel davon die Rede, eine Ent­koppe­lung von Wirt­schafts­wachs­tum und Emis­sio­nen sei durch­aus mög­lich, das zeig­ten so­wohl Euro­pa als auch die USA und Kana­da be­reits. Was sagen Sie dazu?

Herrmann: Die USA emittieren immer noch mehr als 14 Ton­nen CO2 pro Kopf und Jahr - das ist dop­pelt so viel wie Deutsch­land oder Öster­reich. Es ist ein Witz, aus­ge­rech­net die USA als Vor­bild an­zu­prei­sen. Zu­dem wird da­bei über­sehen, dass kleine Fort­schrit­te nicht weiter­hel­fen. Wir müs­sen 2045 abso­lut klima­neu­tral sein. Und die­ses Ziel wird nir­gend­wo er­reicht.

Warum unterstützen nicht einmal die Grünen Ihre Ideen? Die Grü­nen-Poli­ti­kerin Steffi Lemke sagt, sie kön­ne mit Ihrem Buch wenig an­fan­gen: Es sei ein Lu­xus, dass "die Gene­ra­tion, die es ver­bockt hat, nun den jun­gen Leu­ten sagt: Das geht nicht mehr."

Herrmann: Dass die grüne Führung weiter­hin so tut, als wäre grü­nes Wachs­tum mög­lich, ver­stehe ich. Die Mehr­heit der Wäh­ler will das hören, und in einer Demo­kra­tie füh­ren Par­teien nicht, son­dern fol­gen ihren Wäh­lern. Da­her muss erst ein­mal die Mehr­heit der Bür­ger ver­ste­hen, dass es tat­säch­lich um ihr Über­leben geht. Die heute 20-Jäh­rigen ha­ben genau eine Wahl: in einer Welt zu le­ben, die weit­ge­hend zer­stört ist, oder aus dem Kapi­ta­lis­mus aus­stei­gen. Die Option, es könne al­les blei­ben, wie es ist, exis­tiert nicht.

Warum sind Sie so sicher, dass Sie recht haben?

Herrmann: Weil wir in 22 Jahren klimaneutral sein müssen. Das ist ver­dammt we­nig Zeit. Da hilft nur noch "grü­nes Schrump­fen". Der Ti­tel meines Buches ist auch keine For­de­rung nach dem Mot­to "Schafft den Kapi­ta­lis­mus ab!", son­dern eine Be­schrei­bung. Der Kapi­ta­lis­mus wird en­den, ob wir das wol­len oder nicht.

Posted by Wilfried Allé Sunday, September 3, 2023 1:30:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
Rate this Content 1 Votes

Gekippt 

Was wir tun können, wenn Systeme außer Kontrolle geraten

von Nils Goldschmidt, Stephan Wolf

ISBN: 9783451387432
Verlag: Verlag Herder
Umfang: 272 Seiten
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Erscheinungsdatum: 12.10.2021
Format: Hardcover
Preis: € 24,70

Kurzbeschreibung des Verlags

Wir leben in einer Zeit, in der vieles be­droht ist, was lange als selbst­ver­ständ­lich galt: öffent­li­che Ge­sund­heit, Demo­kra­tie und Friede, so­zia­le Sicher­heit, wirt­schaft­li­cher Wohl­stand und eine in­tak­te Um­welt. So­ge­nannte Kipp­mo­mente be­zeich­nen sol­cher­lei Si­tua­tio­nen, in de­nen sich ein Sys­tem (öko­lo­gisch, poli­tisch oder so­zial) plötz­lich und un­um­kehr­bar än­dert. Das Wis­sen um sie ist für das Ver­ständ­nis un­se­rer kom­ple­xen Ge­gen­wart essen­ziell.

Nils Goldschmidt und Stephan Wolf machen deut­lich, dass Kipp­mo­men­te keine un­ab­änder­baren Schick­sale sind, son­dern be­ein­flusst und ab­ge­wen­det wer­den kön­nen. Ein Buch, das zeigt, wie wir un­sere Zu­kunft in einer sich im­mer schnel­ler wan­delnden Welt ge­stal­ten kön­nen, an­statt uns vor der nächs­ten Krise zu fürchten.

Posted by Wilfried Allé Thursday, August 24, 2023 3:20:00 PM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
Rate this Content 1 Votes

Mensch, Erde! Wir könnten es so schön haben 

Der Bestseller zum Klimawandel jetzt im Taschenbuch

von Eckart von Hirschhausen

Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
Umfang: 528 Seiten
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft,
Wirtschaft
Erscheinungsdatum: 20.07.2022
Format, ISBN, Preis: Taschenbuch 9783423351904     € 15,50
  Hardcover 9783423282765     € 24,70
  Audio-CD | Der Hörverlag, 2021 9783844534481     € 16,82

 

Kurzbeschreibung des Verlags

»Wir müssen nicht die Welt retten, sondern uns.«

Was bedeutet der Klima­wandel für unsere Ge­sund­heit? Wir le­ben im­mer ge­sün­der und län­ger, zu­gleich ist nur noch we­nig Zeit, die­se Erde für uns be­wohn­bar zu hal­ten. Seit der Flut­katas­trophe 2021 ist klar: Wir müs­sen uns mit der Erd­er­hit­zung aus­ein­an­der­set­zen. Die Klima­krise be­trifft nicht nur künf­ti­ge Gene­ra­tio­nen, son­dern je­den von uns schon heute. Eckart von Hirsch­hausen macht sich auf die Su­che nach Ideen für eine bes­sere Welt: Ver­brau­chen wir so viel, weil wir nicht wis­sen, was wir wirk­lich brau­chen? Bringt uns aus­ge­rech­net der Wunsch nach in­di­vi­duel­ler Un­sterb­lich­keit kol­lek­tiv um? Und kann man über all die­se mensch­lichen Wider­sprü­che nicht auch la­chen? In Heraus­for­de­run­gen Lö­sun­gen zu fin­den, kann nie­mand so gut wie Eckart von Hirsch­hausen.

»Und wir müssen end­lich auf­hören, über Eis­bären zu sprechen.«

mehr dazu hier: https://www.derstandard.at/story/3000000180749/kabarettist-hirschhausen-hitze-ist-gift-fuer-unser-hirn-podcast

Posted by Wilfried Allé Sunday, August 6, 2023 9:51:00 AM Categories: Gesellschaft Sachbücher/Politik Wirtschaft
Rate this Content 1 Votes

Systemsturz 

Der Sieg der Natur über den Kapitalismus | Der internationale Bestseller aus Japan

von Kohei Saito

ISBN 9783423283694
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
Umfang: 320 Seiten
Format: Hardcover
Genre: Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Übersetzung: Gregor Wakounig
Erscheinungsdatum: 17.08.2023
Preis: € 25,70

 

Kurzbeschreibung des Verlags

Mit Marx in die Zukunft

Wenn wir glauben, die Welt durch nach­hal­ti­gen Kon­sum vor der Klima­ka­tas­trophe zu ret­ten, be­trü­gen wir uns selbst, sagt der ja­pa­ni­sche Philo­soph Kohei Saito. Denn der Ka­pi­ta­lis­mus ist nicht zu­kunfts­fä­hig. Klar und über­zeu­gend ver­tritt Saito die These: Nichts, was die Welt jetzt braucht, lässt sich in­ner­halb eines kapi­ta­lis­ti­schen Sys­tems rea­li­sie­ren. Grü­nes Wachs­tum ist un­mög­lich. Was wir statt­des­sen brau­chen? Ei­nen neu­en Kom­mu­nis­mus. Ge­nau­er ge­sagt: ei­nen Öko­sozia­lis­mus, der nicht auf Wachs­tum aus­ge­rich­tet ist, der das Pro­duk­tions­tem­po he­run­ter­fährt und Wohl­stand um­ver­teilt. Schon Marx plä­dier­te für eine nach­hal­ti­ge Wirt­schafts­ord­nung. Und nur da­mit wird es uns ge­lin­gen, die Na­tur – un­se­re Le­bens­grund­lage – zu er­halten.

FALTER-Rezension

Das Manifest für den "Degrowth-Kommunismus"

Ulrich Brand in FALTER 37/2023 vom 15.09.2023 (S. 19)

Dass der Kapitalismus sich in einer Viel­fach­krise be­findet und ins­be­son­dere die Klima­krise kaum lös­bar scheint, hat sich herum­ge­spro­chen. Und doch blei­ben die poli­ti­schen Ini­tia­tiven, der exis­ten­ziel­len Be­dro­hung der Mensch­heit bei­zu­kom­men, meist zag­haft. Der ja­pa­ni­sche Wis­sen­schaft­ler Kohei Saito, Pro­fes­sor an der Uni­ver­si­tät Tokio, greift mit ei­nem ori­gi­nel­len Buch in die De­bat­te um die Reich­weite von Klima­poli­tik ein. In sei­nem Heimat­land hat sich der Band schon 500.000 Mal ver­kauft und ist auf dem Weg, ein glo­ba­ler Best­sel­ler zu werden.
"Systemsturz" ist der provokante Titel der gerade er­schie­ne­nen deut­schen Über­set­zung. Der Autor for­dert nichts an­deres als einen "Degrowth-Kom­mu­nis­mus" und macht da­für kon­kre­te Vor­schläge.

Saito startet mit einer scharfen Kritik an jenen Stra­te­gien ge­gen die Klima­krise, wel­che die ex­pan­si­ven Dy­na­mi­ken unse­res Wirt­schafts­sys­tems nicht in­frage stel­len: "grü­nes" Wachs­tum, grü­ner Keynesia­nis­mus oder öko­lo­gi­scher Kon­sum. Er räumt mit dem My­thos der "Ent­kopplung" von Wirt­schafts­wachs­tum und Res­sour­cen­ver­brauch auf und nimmt - das kommt nicht oft vor in die­ser Art von Bü­chern - immer wie­der die kon­kre­ten Aus­wir­kun­gen der öko­lo­gi­schen Ra­serei der In­dus­trie­län­der auf den glo­ba­len Süden in den Blick.

Degrowth, übersetzt als "Post-Wachstum", heißt vor allem: raus aus dem Wachs­tums­wahn und Um­bau einer Ge­sell­schaft - So­zial­sys­teme, Ar­beits­plätze, In­ves­ti­tionen -, die vom im­mer­wäh­ren­den Wachs­tum ab­häng­ig ist.

Brillant ist das Kapitel "Marx im Anthropozän". Saito zeigte vor eini­gen Jah­ren in sei­ner viel be­ach­teten Dis­ser­ta­tion, dass Karl Marx sich in sei­nen letz­ten 15 Lebens­jah­ren in­ten­siv mit der öko­lo­gi­schen Krise be­fasste. Er publi­zierte seine Über­le­gungen kaum, hat aber um­fang­rei­che Notiz­hefte an­ge­legt, ins­be­son­dere zur Krise der Land­wirt­schaft.

Saito argumentiert überzeugend, dass der "späte" Marx sich der Pro­bleme des in­dus­tri­el­len Pro­duk­ti­vis­mus sehr be­wusst war. Die Alter­na­tive zum Kapi­ta­lis­mus sah er im­mer we­ni­ger in der Revo­lu­tion des In­dus­trie­pro­le­ta­riats, son­dern in den Dorf­ge­mein­schaften, in denen ge­mein­schaft­liche und nach­hal­tige Lebens­formen vor­herrsch­ten. Hier wur­den Lebens­mit­tel ge­mein­schaft­lich pro­du­ziert und Saito gibt unter dem Be­griff "commons" - Ge­mein­schafts­güter - viele ak­tu­elle Bei­spiel dafür.

Bei den "fünf Säulen des Degrowth-Kommunismus" unter­streicht der Au­tor die Not­wendig­keit, mehr Ge­brauchs­werte her­zu­stel­len und nicht die am Pro­fit orien­tier­ten Waren. Er möchte die sys­tem­rele­van­ten Be­rufe wie Pflege und Bil­dung auf­ge­wer­tet se­hen - und die für das Wohl­er­gehen der Ge­sell­schaft nutz­losen Jobs im Marke­ting und Finanz­sek­tor we­ni­ger pres­tige­reich und gut be­zahlt. In der Ar­beits­zeit­ver­kür­zung sieht er einen Schlüs­sel für eine bes­sere Ge­sellschaft.

So weit, so von vielen vertreten. Doch Saito geht weiter und for­dert eine Ver­än­de­rung der be­ste­hen­den Ar­beits­tei­lung, dass also nicht ei­nige Men­schen die "bullshit jobs" machen und an­dere die inter­essanten. Schließ­lich, so seine fünfte "Säule", müssten Pro­duk­tions­pro­zes­se demo­kra­ti­siert wer­den - damit wür­den sie auch ver­langsamt.

Im Kapitalismus schaffen die privaten Unter­nehmen vor al­lem Knapp­heit und pro­du­zie­ren das, was sich gut ver­kauft. Das geht not­wen­diger­weise mit der Aus­beu­tung von Mensch und Na­tur bis hin zur Zer­stö­rung einher.

Ein spannendes Argument Saitos lautet, dass wir neue For­men des Über­flus­ses be­nö­tigen: nicht den Über­fluss von Fast Fashion, schlech­tem indus­triel­lem Es­sen und sinn­lo­sem Enter­tain­ment, son­dern Über­fluss in einer ent­schleu­nig­ten Ge­sell­schaft, in der Ver­trauen, ge­gen­sei­ti­ge Hilfe, aber auch lang­le­bige Ge­brauchs­gü­ter ein siche­res und sinner­fülltes Le­ben er­mög­lichen.

Der Staat spielt dabei eine wichtige Rolle, sollte aber nicht über­schätzt wer­den die Men­schen müs­sen selbst aktiv wer­den. Der hier ver­tre­tene "Kom­mu­nis­mus" hat gar nichts mit den auto­ri­tär-büro­kra­ti­schen Sys­temen des realen So­zia­lis­mus zu tun.

Saito hat ein lesenswertes Buch vor­gelegt, das wich­tige Im­pul­se gibt. An man­chen Stel­len ar­gu­men­tiert er et­was schema­tisch, wenn "das Kapital" als Gegen­über "der Men­schen" dar­ge­stellt wird. Als ge­schul­ter Marxist weiß er na­tür­lich, dass das Kapi­tal selbst die Men­schen ein­bin­det und vie­len ein ma­teriell aus­kömm­liches Le­ben er­mög­licht. Die Fra­ge, wie an­dere und nicht­zer­stö­re­rische Be­dürf­nis­se ent­stehen kön­nen, lässt er außen vor. Auch die Tat­sache, dass "der" glo­ba­le Sü­den nicht nur ein Ort der Aus­beu­tung ist, son­dern dass dort höchst un­gleich ge­lebt wird, spielt keine Rolle.

Ein einziges Buch kann nicht alles bieten. Aber Saito hat schon viele An­regungen im Angebot.
 

Autorenportrait

Kohei Saito, geboren 1987, ist Associate Profes­sor für Phi­lo­­so­­phie an der Uni­­ver­­si­tät von To­kio. Er pro­­mo­vier­­te 2016 an der Hum­boldt-Uni­­ver­­si­­tät zu Ber­lin, ist Mit­­heraus­­ge­ber der Marx-Engels-Ge­­samt­­aus­­ga­be und wurde 2018 mit dem Isaac-Deut­­scher-Preis aus­­ge­­zeich­­net. Saitos »Systemsturz­« wurde in Ja­pan ein großer Er­folg, das Buch ver­kaufte sich dort mehr als 500.000 Mal.

In diesem Buch analy­siert der ja­pa­ni­sche Philo­soph Kohei Saito die Ver­flech­tung von Kapi­tal, Natur und Ge­sell­schaft im Anthro­po­zän. Ent­ge­gen der her­kömm­li­chen Les­art ent­deckt er die Ge­dan­ken von Karl Marx neu und ent­wickelt mit ihrer Hil­fe das Mo­dell ei­nes de­growth-Kom­mu­nis­mus. Er kri­ti­siert den in­ne­ren Wachs­tums­zwang des Kapi­ta­lis­mus als eine Grund­pro­ble­ma­tik der heu­ti­gen men­schen­ge­mach­ten und kapi­tal­ge­trie­be­nen Klima­krise.

Saito entdeckt alter­na­tive Pfade der Dis­kus­sion bei Marx und plä­diert für eine De­kar­bo­ni­sie­rung un­ter an­de­rem durch kür­ze­re Ar­beits­zei­ten und Pri­ori­sie­rung auf lebens­wich­tige Pro­duk­tion. Er be­nennt die Nach­hal­tig­keits­zie­le der Ver­ein­ten Nati­onen als neues «Opium des Volkes» und for­dert die Ver­ge­sell­schaf­tung der großen Öl­kon­zerne, Groß­banken und der di­gi­ta­len In­fra­struk­tur.

Das Buch machte in Japan mit über 500.000 ver­kauf­ten Exem­pla­ren Furore und wurde nun von Gregor Wakounig für den dtv Verlag über­setzt.

Posted by Wilfried Allé Friday, August 4, 2023 10:31:00 AM Categories: Sachbücher/Politik
Rate this Content 3 Votes

Auf Schiene 

33 Bahnreisen durch Österreich und darüber hinaus. Ein Reisebuch

von Othmar Pruckner

EAN: 9783854397076
Verlag: Falter Verlag
Umfang: 320 Seiten
Reihe: Kultur für Genießer
Sammlung: Aktuelle Bücher aus dem Falter Verlag Bücherpost 2023 Nachhaltig reisen
Erscheinungsdatum: 24.05.2022
Preis: € 29,90

 

Achtung, Zug fährt ab!

Mit der Bahn geht es ans Schwäbische Meer und ins liebenswerte Kamptal, auf die Spitze der Zugspitze, für ein Budweiser nach Budweis,  mit dem Reblausexpress von Retz ins kleine Drosendorf sowie mit der Wachaubahn nach Spitz. Das weltberühmte Hallstatt wird per Zug und Schiff erreicht. Fritz von Herzmanovsky-Orlando begleitet uns auf einer Waldbahn-Radtour im Hintergebirge, wir besuchen mit Thomas Bernhard Schloss Wolfsegg, reisen auf den Spuren von Ferdinand Raimund nach Gutenstein und mit Gustav Klimt an den Attersee. Die kleine Taurachbahn im Lungau ist ebenso Ziel wie die Zahnradbahn auf den Schneeberg. Eine Pilgerreise nach Mariazell und eine Begehung der Semmeringstrecke sind weitere Höhepunkte im Fahrplan dieses Buchs.

Für all, die zur Abwechslung einen Ausflug, eine kurze Reise, ein Weekend, eine Vergnügungsfahrt mit der Bahn absolvieren wollen. Dieses Buch beschreibt schöne Bahnstrecken und empfiehlt diverse Anschlussprogramme: Stadt- und Landbesichtigungen, Spaziergänge, Wanderungen, Radtouren quer durch Österreich, vom Neusiedler- bis zum Bodensee, von Südkärnten bis zum nördlichen Waldviertel, vom hohen Schneeberg bis zum fröhlichen Zillertal. Natürlich, man kommt mit Zügen nicht überall hin, aber es überrascht immer wieder, wie viele funktionierende Verbindungen es gibt, wohin überall man bequem auto-, stau- und abgasfrei reisen kann.

 

Inhaltsverzeichnis

1 Der Semmering, eine Bahnlandschaft                                    17

Die Ghega-Bahn – Kurort Semmering – Südbahnhotel – Kurhaus –Bahnwanderweg zu Tale – Payerbach-Reichenau und weitereWanderziele

2 Ans Schwäbische Meer                                                           28

Bodensee – Bregenz – Lindau – Rhein und Bregenzerwald –Das Schweizer Bahnparadies – Bludenz – Arlberg

3 König Schneeberg                                                                  38

Wiener Neustadt – Hohe Wand – Puchberg am Schneeberg –Der Schneeberg mit seiner Zahnradbahn

4 Das Marchfeld. Eine Reise in die Frühgeschichte der Bahn    46

Deutsch-Wagram – Das Heizhaus in Strasshof – Ein Abstecher an die March – Valtice und Lednice – Brno

5 Gutenstein und Ferdinand Raimund.                                      56

Das Piestingtal – Bad Fischau – Gutenstein –der Raimundsitz am schönen Mariahilfberg

6 Im Arbeiter- und Arbeiterinnenparadies                                 63

Triestingtal – Krupp-Stadt Berndorf – Aufs Hocheck

7 Ein Spaziergang von Mödling nach Baden                            71

Mödling und seine Künstler – Die Wanderung über den Anninger –Südbahnwein – Die Welt-Kurstadt Baden bei Wien

8 Wiener Melange                                                                     83

Der Hauptbahnhof – der Westbahnhof – Otto Wagners Stadtbahn –das Technische Museum – die Liliputbahn und ein Modellbahn-Königreich im Prater

9 Alle Wege führen nach Bratislava                                          92

Petronell-Carnuntum – Hainburg und der Braunsberg –Bratislava-Petržalka – Marchegg und seine Störche –Stadtbummel in Bratislava

10 Kleine Klösterrundfahrt                                                       101

Stift Klosterneuburg – Strandbad Kritzendorf – Tulln –Stift Göttweig –Eine Nebenbahn zwischen zwei Hauptstädten –Stift Herzogenburg – St. Pölten

11 Die drei Hauptstädte des Burgenlands                                110

Neusiedl am See – Um den See – Esterházy-Stadt Eisenstadt – Sopron und ein Abstecher nach Győr

12 Die Donau abwärts                                                             118

Von Passau nach Linz – Linzer Lokalbahn – Pöstlingbergbahn – Die Reste der Donauuferbahn – Grein – Melk – Wachaubahn und Wachau – Krems und Stein

13 Weinviertel, du schönes                                                     129

Sonderzug nach Ernstbrunn – Die Leiser Berge – Nitsch in Mistelbach – Um die Staatzer Klippe – Laa an der Thaya

14 Die große Runde in den Norden                                         138

Die Nordwestbahn – Retz und sein herrlicher Hauptplatz – Der Reblaus Express nach Drosendorf – Stippvisiten in Znojmo/Znaim und Mikulov/Nikolsburg

15 Lovely Kamptal                                                                  147

Mit Bahn und Rad durchs Tal – Die Weinstadt Langenlois – Zöbing und der Heiligenstein – Sommerfrische in Gars – Die stolze Rosenburg und Stift Altenburg – Kunststadt Horn

16 Hinauf ins Waldviertel                                                        157

Die Franz-Josefs-Bahn – Eggenburg am Manhartsberg – Radfahren auf alten Gleisen – Kulturstadt Slavonice

17 Gmünd und die Waldviertelbahnen                                   164

Die Grenzstadt Gmünd und die berühmte Blockheide – Die Waldviertler Schmalspurbahnen nach Weitra, Groß-Gerungs, Litschau und Heidenreichstein

18 Auf ein Budweiser nach Budweis                                      174

České Velenice – Třeboň – Budweis – Die Reste der Pferdeeisenbahn von Budweis nach Linz – Das Mühlviertel im Eilzugstempo

19 Durch das Hintergebirge                                                    182

Steyr – Reichraming – Eine Radtour auf der Trasse der Hintergebirgs-Waldbahn – Waidhofen an der Ybbs

20 Hinein in den Attersee                                                       190

Mit der Atterseebahn nach und zum Attersee – Unterwegs mit dem Rad, zu Fuß und zu Schiff – Seewalchen und Gustav Klimt

21 Hallstatt und das Salzkammergut                                      197

Gmunden und die Traunseetram – Kaiserstadt Bad Ischl – Herrliches Hallstatt – Obertraun – Bad Aussee und der Grundlsee

22 Im Hausruck                                                                       206

Eisenbahn- und Bergbaumuseum Ampflwang – Der Hausruck – Mit Thomas Bernhard nach Wolfsegg, Ungenach und Ohlsdorf

23 Das Hochhausdorf und die Tauernbahn                             215

Bad Gastein – Sportgastein, das Niedersachsenhaus und andere Hütten – Die Heilstollenbahn von Böckstein – Die Tauernbahn und ihre „Südrampe“

24 Innsbrucker Bahnerkundungen                                          226

Hungerburgbahn – Mittelgebirgsbahn nach Igls – Stubaitalbahn nach Fulpmes – Das Wipptal, der Brenner und der Basistunnel

25 Tiroler Schönheiten und die deutsche Zugspitze               233

Inn-Radweg – Zillertalbahn und Zillertal – Achensee-Zahnradbahn – Karwendelbahn – Seefeld, Garmisch-Partenkirchen und die Zugspitze

26 Das Vulkanland und die Riegersburg                                 241

Feldbach – Gleichenberger Bahn und Bad Gleichenberg – Bad Radkersburg – Die Riegersburg

27 Fürstenfelder Erkundungen                                                250

Die Aspangbahn und der Wechsel – Fürstenfeld und das Thermenland – Therme Bad Blumau – Radrunde durch die Oststeiermark

28 Auf den Erzberg                                                                 258

Leoben, Donawitz, Vordernberg – Eisen- und Stahlproduktion – Die Bahn auf den Präbichl – Der Erzberg – Eisenerz und Leopoldsteiner See

29 Die schmale Spur entlang der Mur                                    267

Mit der Murtalbahn, planmäßig und mit Dampf – Murau – Tamsweg – Dampfen auf der Taurachbahn – Der Murtalradweg

30 Im stillen Osten des freundlichen Südens                         275

Von Graz über die Pack nach Wolfsberg – Wolfsberg und Christine Lavant – Bleiburg und Werner Berg – Die Petzen – Die neue Koralmbahn

31 Lustiges Villach, schönes Gailtal und zwei hübsche Seen 284

Eisenbahnerstadt Villach – Villacher Alpe – Mit der Gailtalbahn zum Presegger See – Faaker See – Radstadt Villach

32 Süd-Osttiroler Abfahrt und die Kärntner Seenwelt             293

Sextener Dolomiten – Drautal-Radweg – Weißensee – Millstätter See – Ossiacher See – Von Villach nach Klagenfurt – Am noblen Wörthersee

33 Pilgerreise nach Mariazell                                                 303

Die Pilger und die Bahn – Das Pielachtal und die Bergstrecke – Die Basilika und die Gnadenmutter – Die Museumstramway und der Erlaufsee – Der Ötscher und die Heimfahrt nach St. Pölten

Posted by Wilfried Allé Tuesday, August 1, 2023 12:16:00 AM Categories: Kultur für Genießer Nachhaltig reisen
Rate this Content 1 Votes
Page 4 of 30 << < 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 > >>

Statistics

  • Entries (292)
  • Comments (5)

Categories