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Ein CO2-Preis für den Klimaschutz 

Eine eigene Steuer hätte mehr Vorteile als ein Handelssystem für Treibhausgasemissionen
Posted by Wilfried Allé Saturday, February 8, 2020 7:06:00 PM
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von Franz Nauschnigg, 24.01.2020

Franz Nauschnigg war bis bis zu seiner Pensionierung im Mai 2019 Abteilungs­leiter für Inte­grations­angelegen­heiten und Inter­natio­nale Finanz­organi­sationen in der Oester­reichischen National­bank (OeNB). In den 1990er Jahren beriet er die Finanz­minister Andreas Stari­bacher, Viktor Klima und Rudolf Edlinger.

https://www.wienerzeitung.at/meinung/gastkommentare/2047237-Ein-COsub2-sub-Preis-fuer-den-Klimaschutz.html?em_no_split=1

Die Einführung eines CO2-Preises hätte gleich mehrere posi­tive Effekte: Er würde klima­schädliche Güter teurer machen und da­durch deren Konsum re­du­zieren. Außer­dem würden öko­lo­gischere Alter­na­tiven kon­kurrenz­fähiger werden. Ein­nahmen könnten direkt in öko­logische Maß­nahmen - wie den Aus­bau des öffent­lichen Ver­kehrs - in­ves­tiert wer­den. Eine Zu­satz­be­lastung ein­kommens­schwacher Haus­halte könnte durch einen Öko-Bonus und die För­derung der Be­nut­zung des öffent­lichen Ver­kehrs, durch niedri­gere Ab­gaben auf den Fak­tor Ar­beit oder durch Sen­kung re­gres­si­ver Ab­gaben wie der Öko­strom­ab­gabe ab­ge­fe­dert wer­den.

Ein CO2Preis könnte durch eine CO2-Steuer oder CO2-Handels­system erreicht werden. Ich habe mich schon in der Oester­reichischen National­bank mit dem Thema be­schäf­tigt, noch be­vor in den ver­gan­genen Jahren die Dis­kussion zu "Green Finance" - was der Finanz­sek­tor zur Klimarettung betragen kann - an Aktualität gewann. Bereits 2013 argumentierte ich in einem Beitrag zum Buch "Powerlines - Energiepolitische Entwicklungslinien Euro­pas" für eine CO2-Steuer statt eines CO2-Handels­systems, ver­bunden mit Grenz­aus­gleichen.

Eine EU-weite CO2-Steuer - aber keine un­differen­zierte

Jetzt arbeite ich in der "Task Force on Carbon Pricing in Europe", die sich unter der Lei­tung des ehe­maligen Französischen Finanz­minis­ters Edmond Alphandéry für einen CO2-Preis in Eu­ro­pa ein­setzt und auch mit anderen Gruppen etwa in China zu­sammen­ar­beitet, um dieses Ziel zu er­reichen. Nach Kon­ferenzen in Paris und Berlin wird die Task Force nun auch in Wien eine öffent­liche Panel­dis­kussion ab­halten, und zwar am 27. Jänner ab 17 Uhr im Haus der Eu­ro­päischen Union. Dabei wird es um einen CO2-Preis in Europa und Grenz­aus­gleiche gehen. Die Task Force strebt einen CO2-Preis an und ist neu­tral, ob dieser durch eine CO2-Steuer oder ein CO2-Handels­system erreicht wird.

Ich persönlich sehe mehr Vor­teile in einer CO2-Steuer als in einem CO2-Handels­sys­tem, weil sie fair, ein­fach, trans­pa­rent und sta­bil wäre. Durch eine CO2-Steuer würden die Preise für fos­sile Ener­gien er­höht und da­durch deren nega­tive Ex­ter­nali­täten be­kämpft. Sie würde den In­ves­toren in Energie­sys­teme eine lang­fris­tige Planung der Kosten er­lauben. Eine CO2-Steuer sollte idealer­weise EU-weit ein­ge­führt wer­den. Sollte dies nicht mög­lich sein, könnte Öster­reich, so wie bei der Finanz­trans­aktions­steuer, mit gleich­gesinnten EU-Län­dern voran­gehen oder sogar eine Vor­reiter­rolle ein­nehmen.

Eine undifferenzierte EU- oder öster­reichische CO2-Steuer würde aller­dings nur die euro­päischen beziehungs­weise öster­reichischen Ex­porte be­lasten, die Im­porte nicht belasten und im End­effekt, wie das CO2-Handels­system der EU, zur Ver­lagerung der Pro­duk­tion ins Aus­land führen. Die Ein­führung einer Steuer auf CO2-Emis­si­onen muss daher mit einem Er­stattungs- und Ab­schöpfungs­system an der EU-Außen­grenze kom­bi­niert werden. Die Steuer sollte in der Größen­ord­nung von 30 Euro je Tonne liegen, mit einer Steige­rung um zum Bei­spiel 4 bis 6 Euro jähr­lich, um lang­fris­tige Planungs­sicher­heit zu geben. Auch die anderen Treib­haus­gase sollten, wenn mög­lich, mit ihren CO2-Äqui­va­lenten be­steuert werden.

Ökostromabgabe und Lohnnebenkosten senken

Die CO2-Steuer muss durch ein Er­stattungs­sys­tem für Ex­porte und ein Ab­schöpfungs­sys­tem für Im­porte er­gänzt werden. Ein der­artiges Sys­tem hat vor dem öster­reichischen EU-Bei­tritt für Agrar­pro­dukte gut funk­tio­niert, auch bei der Mehr­wert­steuer existieren derartige Systeme, Einfuhrumsatzsteuer beziehungsweise Erstattung der bezahlten Umsatzsteuer beim Export. Dadurch würde die internationale Wett­be­werbs­neutra­li­tät einer CO2-Steuer her­ge­stellt und eine Ver­la­gerung der Pro­duk­tion ins Aus­land ver­hin­dert. Die Regeln der Welt­handels­or­gani­sation (WTO) er­lauben es, Kon­sum­steuern auch auf Im­porte, etwa in Form einer Ein­fuhr­um­satz­steuer, ein­zu­heben, um Wett­be­werbs­neu­tralität zwi­schen hei­mi­schen Pro­du­zen­ten und Im­porten her­zu­stellen. So konnte ich in den 1980er Jahren im Kabinett von Land­wirt­schafts­mi­nis­ter Erich Schmidt meine GATT-Kennt­nisse nutzen, um die Rahmen­be­din­gungen für eine För­derung der Öl­saaten­pro­duk­tion in Öster­reich zu schaf­fen, was zu einer Ex­plo­sion der Öl­saaten­pro­duktion führte. Nach dem Muster des Finanz­sek­tors könnte die EU jenen Län­dern, die einen ver­gleich­baren CO2-Peis be­sitzen, Äqui­va­lenz ge­währen, wo­durch für Ex­porte aus diesen Län­dern keine Grenz­aus­gleiche an den EU-Außen­grenzen er­forder­lich wären.

Die Einnahmen könnten zur Senkung re­gres­siver Ab­gaben wie der Öko­strom­ab­gabe - der Zu­schlag zum Strom­preis be­las­tet vor allem ärmere Haus­halte, weil viele andere Be­reiche be­freit sind - oder der Lohn­neben­kos­ten ver­wendet werden. Letzteres durch Ab­schaffung des Wohn­bau­förderungs­bei­trages würde zu mehr Be­schäf­tigung und ge­ringerer Arbeits­losig­keit führen. Die OECD kommt zum Schluss, dass eine Sen­kung der Lohn­neben­kosten zu mehr Be­schäf­tigung ins­be­sondere bei ge­rin­ger quali­fi­zier­ten Arbeit­nehmern führt. Die Sen­kung der Lohn­neben­kosten um 10 Pro­zent könnte die Arbeits­losig­keit um 2,8 Pro­zent­punkte sen­ken. Auch der IWF plä­diert seit Jahren für Ener­gie­steuer­er­höhungen.

Klimaschutz darf nicht die Un­gleich­heit er­höhen

Der Anstieg der Energie­preise würde zu Sub­sti­tutions­effekten und einer Re­duktion der Energie­inten­sität führen, wie wir es schon nach den Öl­krisen der 1970er und 1980er Jahre er­lebten. Ein Bei­spiel dafür sind die Steuern auf Treib­stoffe, die in der EU wesent­lich höher sind als in den USA. Dies hat dazu ge­führt, dass der Fahr­zeug­bestand in der EU wesent­lich energie­effi­zien­ter ist als in den USA.

Der Klima­schutz ist so zu ge­stal­ten, dass er die Un­gleich­heit nicht er­höht, sonst droht ein Backlash wie in Frank­reich. Ein nega­tives Bei­spiel ist die Öko­strom­ab­gabe zur Fi­nan­zierung der Öko­strom­er­zeugung, die den Strom­preis, die Un­gleich­heit (ärmere Kon­su­menten werde be­lastet, Pro­du­zenten kas­sieren hohe Ren­diten) und den CO2-Aus­stoß (die Eisen­bahn büßt Wett­bewerbs­fähig­keit gegen­über dem Lkw ein) er­höht. Wir brauchen einen ge­rechten Über­gang, der die Kosten nicht wieder vor allem den ärmeren Kon­su­menten auf­bürdet.

 

 

Kommentare

saubertl 25.01.2020, 11:50 Uhr

Steuer heißt Steuern
Ich hoffe dieser Beitrag verdient das Attribut „Anregung”. - weil es mich so aufregt.
„Steuer” im Sinne von Gebühren die der Staat einhebt heißt Steuern Prof. Dr. Bruckmann* (Ehemals Prof an einigen Unis, "Wahl- Hochrechner im ORF" - Abgeordneter der ÖVP im Österreichischen Nationalrat und vieles mehr) (aus dem Buch die Mega-Trends, Überroiterverlag ISBN 3-8000-3303-8) hat vor Jahrzehnten (1988) ein Modell entworfen und niedergeschrieben) Ich versuche hier den Inhalt wiederzugeben. Steuern heißt steuern

Steuerung Tranche 1 Entnahme von Rohstoffen der Erde besteuern Je einzigartiger (unwiederbringlicher) desto höher Nicht- nachwachsende- oder sehr langsam nachwachsende Rohstoffe (im Zeitmaß von Menschenleben) (Metalle - Erdöle - Gase) am meisten. Steuern auf nachwachsende "Rohstoffe " z.B. Holz, 30 - 50 Jahre, mittel -Stroh, Gras, Gurken (ein bis zwei Mal im Jahr), wenig, die menschliche Arbeitskraft - gar nicht.

saubertl 25.01.2020, 11:49 Uhr

Steuerung Tranche 2 Die Wiederverwertung müsste belohnt werden. Nicht wiederverwertbare Waren müssten am meisten, - restlos wiederverwertbare Stoffe mit der zweiten Tranche gar nicht besteuert werden. Täglich nachwachsende (Arbeitskraft) also gar nicht. Aus dieser Logik wäre Salat ganz wenig besteuert (Gesäht - Gesetzt - Geerntet - Gegessen - Gekackt... - = Retoure innerhalb eines Jahres restlos wieder verwertet und wenn möglich nur wenige km transportiert. (Erde zu Erde - Staub zu Staub)

Steuerung Tranche 3 Entfernungen besteuern (Je weiter jemand - etwas fährt) desto teurer müsste das Werk - die Ware werden. Kartoffel aus Israel - Wein aus Kalifornien oder Platten (die so tun als wären sie Möbel) aus Schweden ... usw..

Steuerung Tranche 4 Der Handelszuschlag: Auch der Handel mit Geld und dessen Produkte müsste besteuert werden. Die Schlussfolgerungen aus diesem System kann sich jeder selbst ausmalen.

Grüße der Saubertl

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